Protocol of the Session on April 10, 2003

Meine Frage richtet sich an Senator Dr. Sarrazin: Ist Ihnen bekannt, dass Abgeordnete der Regierungskoalition offensichtlich den Jahresabschluss der Bankgesellschaft vor dessen Ad-hoc-Veröffentlichung am 31. März kannten?

Die Bank befindet sich bei der Sanierung auf einem guten Weg. Sie können gern warten, bis am Sonntag die Bilanzen beschlossen und am Montag veröffentlicht werden. So sind die Personal- und Sachkosten stärker gefallen als geplant, und das operative Ergebnis ist weit günstiger, als vorherzusehen war.

In welcher Welt leben Sie denn? – Weitere Zurufe]

Wir bemühen uns, den Mangel auf die einzelnen Bereiche so zu verteilen, dass er möglichst sachgerecht verteilt wird. Das bedeutet, dass wir bei der Sozialhilfe und bei den Hilfen zur Erziehung nach den Fallzahlen verteilen.

Dazu sind noch zwei Punkte zu nennen: Das Modell der relativen Fallzahlenverteilung stammt von der Verwaltung für Bildung, Jugend und Sport. Das haben wir angewandt, was die relative Verteilung angeht. Was das absolute Niveau angeht haben wir uns daran orientiert, dass wir in Berlin bezogen auf die Zahl gleichaltriger Jugendlicher doppelt so viele Fälle und Kosten für stationäre Unterbringung haben wie in Hamburg und im übrigen Bundesgebiet. Auch auf die einzelnen Bezirke verteilt sich das extrem unterschiedlich. Da überall das gleiche Bundesrecht angewandt wird und die sozialen Lagen bei uns auch nicht anders sind als in Hamburg oder woanders – bezogen auf die Zahl der Jugendlichen –, ist dies offenbar auf unterschiedliches Verwaltungsverhalten einzelner Sozialämter oder Bearbeiter zurückzuführen. Dazu haben wir jetzt eine Hilfe gegeben und das fallzahlengerecht zugeteilt, so dass es einer bundesweit vergleichbaren Anwendung entspricht. Wenn man also das Jugendhilferecht so anwendet, wie es bundesweit üblich ist, wird man auch mit diesen Geldern auskommen.

Im Übrigen – und das ist vielleicht interessant – sind das Mehrausgaben in Berlin nur für diesen Bereich – also stationäre Unterbringung, Hilfen zur Erziehung – von jährlich 180 Millionen €. Das ist ein wesentlicher Teil der gesamten Berliner Mehrausgaben, auf die wir nachher noch im Rahmen der Beratung zum Nachtragshaushalt kommen.

Frau Dr. Barth, Sie haben das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte!

Herr Senator! Ich frage Sie: Teilen Sie meine Auffassung, dass im Hinblick auf die Erfüllung gesetzlich vorgeschriebener Aufgaben nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz eine Abstimmung zwischen den Senatsverwaltungen nicht nur aus finanzieller Sicht, sondern auch aus fachlicher Sicht erfolgen muss?

Herr Senator Dr. Sarrazin!

Ich teile natürlich diese Auffassung. Wir haben auch nicht vorgegeben, wie das Gesetz anzuwenden ist, sondern wir sind nur bei unserer Zumessung davon ausgegangen, dass es bundeseinheitlich angewandt wird – also bei uns genauso wie woanders und in allen Bezirken einheitlich.

Das Wort zur nächsten Anfrage hat Herr Meyer. – Bitte!

Herr Senator Dr. Sarrazin!

Nein, Herr Abgeordneter, das ist mir nicht bekannt! Er war mir selbst übrigens auch nicht eher bekannt.

[Heiterkeit bei der CDU – Zimmer (CDU): Das hat nichts zu sagen!]

Herr Meyer, Sie haben das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte!

Wie bewerten Sie dann die Äußerung des Kollegen Dr. Flemming in der letzten Plenarsitzung? – ich zitiere dazu aus dem Plenarprotokoll vom 27. März 2003:

[Dr. Lindner (FDP): Hört, hört!]

Herr Senator Dr. Sarrazin – bitte schön!

Das sind Tendenzen gewesen, die bereits seit dem letzten Dezember bekannt waren. Die konnte man relativ einfach fortschreiben, Herr Abgeordneter!

[Doering (PDS): Einfach Zeitung lesen! – Frau Dott (PDS): Das stand schon in der Zeitung!]

Nun hat Frau Ströver das Wort zu einer Anfrage. – Bitte schön!

Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister: Wie beurteilen Sie – vor allem vor dem Hintergrund einer möglichen Interessenkollision – die Tatsache, dass der Medienbeauftragte für Berlin-Brandenburg und Hertha-BSC-Präsident Bernd Schiphorst, der sich um Standortakquise in Medienbereichen unserer Region kümmern soll, nunmehr gemeinsam mit dem ehemaligen Chef der „Bild“-Zeitung HansHermann Tietje eine Medienberatungsfirma mit Sitz in Hamburg – „an der Spitze der Reeperbahn“, wie Herr Tietje in der Zeitung „Kabel und Satellit“ zitiert ist – eröffnet hat?

[Wieland (Grüne): Ein Hochhaus!]

Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Die andere Frage ist, wie sich bestimmte Tätigkeiten mit der Beauftragung vereinbaren lassen, und diese werden wir klären. Aber Ihre Usancen, ob da jemand ein Kollege von der „Bildzeitung“ war oder ob da ein Kollege von der FDP-Fraktion dabei ist – das ist wirklich im Bereich Polemik. Und ich bitte doch, das voneinander zu trennen. Denn sonst könnten sich leicht auch Menschen, die der Region helfen wollen und dies ehrenamtlich tun, einmal die Frage stellen, ob sie es eigentlich nötig haben, dafür auch noch beschimpft zu werden.

Die erste Runde nach der Stärke der Fraktionen ist damit beendet. Nun können wir die weiteren Meldungen im freien Zugriff berücksichtigen. Alle Meldungen sind gelöscht. Ich eröffne die nächste Runde mit dem Gongzeichen. Schon mit dem Ertönen des Gongs haben Sie die Möglichkeit, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Der spannende Moment kommt jetzt.

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Ströver! Ich habe diese Mitteilung eben von Ihnen gehört.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Das stand in der Zeitung!]

Stellen Sie sich einmal vor, Frau Klotz – ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht – –

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Sie haben doch Hunderte von Mitarbeitern!]

Das macht doch nichts. Wollen Sie von mir eine ehrliche Antwort haben? – Dann sage ich Ihnen: Ich habe es gerade eben von Frau Ströver gehört.

Wir haben aber in einem anderen Zusammenhang – der Ministerpräsident von Brandenburg wie auch meine Person – ein Gespräch mit Herrn Schiphorst über seine Aktivitäten in seinem beruflichen Bereich und seine Aktivitäten als Medienbeauftragter für die Region BerlinBrandenburg. Wir werden dann selbstverständlich dieses Thema auch mit ihm erörtern.

Frau Ströver hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte!

Dann können Sie ihn bei der Gelegenheit vielleicht auch noch fragen, ob es ein Erfolgsmerkmal für seine bisherige Arbeit als Medienbeauftragter in der Region Berlin-Brandenburg ist, dass in den Vorstand dieser Firma mit dem Namen WMP EuroCom AG ausgerechnet Günter Rexrodt berufen wurde, den er nun wie sich selbst nach Hamburg verlegen will.

[Heiterkeit bei der CDU und der FDP – Wieland (Grüne): Das wäre gut!]

Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ströver! Ich glaube, man muss hierbei doch langsam einmal etwas klarstellen, und ich finde auch den Unterton, den Sie dabei haben, nicht angemessen: Herr Schiphorst hat für einen Euro eine Tätigkeit ausgeübt, nämlich als Beauftragter der beiden Bundesländer im Medienbereich etwas für die Region BerlinBrandenburg zu leisten. Nach meiner Auffassung hat Herr Schiphorst hier eine hervorragende Arbeit geleistet und hat mit dazu beigetragen, dass sich einige Bereiche hier angesiedelt haben – zum Wohle der Medienregion BerlinBrandenburg –, und er hat dies ohne ein staatliches Salär getan.

[Beifall bei der SPD und der FDP]

Zu berücksichtigen ist auch, dass bestimmte Menschen – ich weiß nicht, wie es bei den Grünen ist, jedenfalls in der Privatwirtschaft ist es so – irgendwie Geld verdienen müssen.

[Zuruf der Frau Abg. Ströver (Grüne)]

Insofern ist es Herrn Schiphorst selbstverständlich auch unbenommen zu arbeiten. Wir sind ja wohl nicht in einer

Diskussion, wo wir jemandem vorwerfen, dass er arbeitet und Geld dafür bekommt.

[Zurufe von der CDU]

[Beifall bei der SPD und der FDP – Dr. Lindner (FDP): Sehr richtig!]

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

[Gongzeichen]

Frau Hertlein ist die Erste, die sich gemeldet hat. – Bitte schön, Frau Hertlein, Sie haben das Wort!

Vielen Dank! – Ich habe eine Frage an den Herrn Finanzsenator Sarrazin. Warum ist es nicht möglich, den guten Willen von Bürgerinnen und Bürgern zu nutzen, die bereit wären, ab und zu oder auch, wenn sie z. B. geerbt haben, zu spenden, um die Verschuldung der Stadt zu senken? – Es wird in den Medien immer wieder berichtet, es gehe nicht. Ich würde gern wissen, ob es ernsthaft geprüft worden ist.

Bitte schön, Herr Finanzsenator Dr. Sarrazin!

Es geht natürlich. Es wird auch vom Staat gewünscht. Und es wird ernsthaft geprüft. Was wir allerdings sagen, wenn sich an uns ein Rentner wendet, weil er uns im Monat oder im Jahr 500 € überweisen will: Dann stellen wir ihm anheim, ob er nicht besser an eine von ihm ausgewählte staatliche Einrichtung wie z. B. den Zoo oder eine Universität unmittelbar überweisen will, denn da bekommt er auch eine Bescheinigung und hat eine andere Verbindung zwischen dem, was er tun will, und dem Zweck. Das ist das Thema.

Danke schön, Herr Senator! – Dann eine Nachfrage von der Frau Hertlein; bitte, Sie haben das Wort!