Protocol of the Session on April 10, 2003

Die lfd. Nrn. 9 und 10 stehen als vertagt auf der Konsensliste.

lfd. Nr. 9:

d) Antrag

Ausbildung für alle (2) – Ausbildungsplätze in Gesundheitsfachberufen erhalten

Antrag der Grünen Drs 15/1534

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 11:

Beschlussempfehlungen

Aufhebung der vereinbarungswidrigen Kürzungen bei den Mitteln für den Religionsunterricht an Berliner Schulen

Beschlussempfehlungen Kult und Haupt Drs 15/1213 Antrag der CDU Drs 15/942 Änderungsantrag der CDU Drs 15/942-1

Hierzu gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/942-1. Schon zu Beginn des Tagesordnungspunkte weise ich darauf hin, dass die CDU die namentliche Abstimmung beantragt hat. Dieser Tagesordnungspunkt wurde mehrfach vertagt. Auf unserer Sitzung am 20. Februar 2003 haben wir die Beratung auf den heutigen Termin gelegt. Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU. – Bitte sehr, der Kollege Apelt hat das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag über den Erhalt des Religionsunterrichts eignet sich nicht für einen Parteienstreit. Ich wünschte sehr, dass über dem Antrag nicht nur die CDU stünde, sondern auch die Namen aller Parteien. Bis zum Schluss hatte ich die Hoffnung, dass es so sein würde. Mein Dank gilt jenen, die versucht haben, gemeinsam eine überparteiliche Lösung zu finden. Ich sehe die FDPKollegin Frau Senftleben, Gregor Hoffmann von der CDU, Frau Fugmann-Heesing und Torsten Hilse von der SPD. Auch Herr Wieland und Frau Ströver von den Grü

Wir sind eine Gesellschaft mit christlich-abendländischen Wurzeln, die wir nicht verleugnen können. Jeder Schüler kann unsere Geschichte, die Kunst und die Literatur nur dann verstehen, wenn man ihm diese unsere Wurzeln auch näher bringt. Wie wollen Sie sonst Gemälde von Bosch und Dürer bis Dix und Penck verstehen, wie die großen Romane der deutschen Klassik oder die Lyrik des Expressionismus, ohne die Kenntnis der religiösen Substanz? – Oder: Wir können doch gar kein Interesse daran haben, die christlichen Feiertage wie Ostern – das steht ja vor der Tür – ihrer substantiellen Bedeutung zu berauben und sie auf das Schenken zu reduzieren, –

– weil kein Schüler mehr weiß, welch tiefe Bedeutung diese Feiern haben. Auch deshalb bietet die Kirche – die sich den Unterricht 7 Millionen € jährlich kosten lässt – eine Art Handreichung an im Umgang mit unserer Geschichte und Tradition, mit unseren Werten und denen anderer, aber auch im Umgang mit uns selbst, die wir doch voll mit Hoffnung und Sehnsucht sind.

nen haben versucht, eine gemeinsame Lösung zu finden. Diese Lösung ist uns versagt geblieben. So bleibt es ein leidiges Thema. Es ist leidig, weil der Senat mitten im Schuljahr den Kirchen notwendige Mittel für die Durchführung des Unterrichts gestrichen hat, obgleich es eine Vereinbarung gibt. Das ist eine rechtliche Frage, werden Sie sagen. Es wird Sie nicht verwundern, dass die CDU voll und ganz hinter der Klage der Evangelischen Kirche steht. Und doch ist es eine Frage des Anstands und Umgangs miteinander. Was wollen wir von anderen erwarten, wenn sich die öffentliche Hand nicht selbst an Verträge hält, die sie abgeschlossen hat. Hätte nicht der Senat auch hier eine Vorbildfunktion?

Was ist die Folge? Die einseitige Kürzung wird insbesondere im Ostteil der Stadt und in Gegenden mit hohem Ausländeranteil zum Verlust des Angebots von Religionsunterricht führen. Mehrere Hundert Lerngruppen mit Tausenden von Teilnehmern werden wegfallen. Das wird die weltanschauliche Spaltung der Stadt nur vertiefen. Eltern werden sich sehr genau überlegen, ob sie ihre Kinder in Friedrichshain oder Hellersdorf einschulen, weil dieser Unterricht für viele Menschen von elementarer Bedeutung ist. Glauben ist eben auch in Berlin nicht etwas, was von Randgruppen zelebriert wird, sondern es gibt 1,1 Millionen Christen in dieser Stadt.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Wollen Sie vor die Eltern treten, die diesen berechtigten Wunsch haben, und sagen: Zieht doch nach Steglitz oder Spandau oder Reinickendorf? – Das wäre zynisch und eine hohe Form der Missachtung der Gefühle von Menschen.

Die CDU ist gegen die Kürzung und für den Erhalt des Religionsunterrichts,

[Beifall bei der CDU]

am liebsten als Unterrichtsfach, als Wahlpflichtfach. Wir stehen zu dieser wichtigen Form von werteorientiertem Unterricht, der auch im Osten von vielen Kindern aus nichtchristlichen Elternhäusern besucht wird, weil der ethisch-moralische Zustand der Gesellschaft uns Anlass zur Sorge gibt. Wir stehen dazu, weil der Unterricht auch ein Stück Sinngebung sein kann. Wir teilen deshalb auch die Auffassung des Bischofs Huber, der sich gestern noch einmal mit einem Schreiben an uns alle gewandt hat, in dem es heißt:

Wir brauchen die qualifizierte Orientierung in den Fragen nach der Würde der menschlichen Person, den Werten des Zusammenlebens und der Bedeutung von religiösen Traditionen, die unsere Kultur prägen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

So Bischof Huber. Ich habe gehofft, dass wenigstens bei dem Zitat des Bischofs auch einige andere Parteien einmal klatschen.

[Zurufe von der SPD und der PDS – [Doering (PDS): Wenn wir eine andere Auffassung haben?]

[Unruhe]

Verzeihen Sie, Herr Kollege! – Ich darf doch um etwas mehr Ruhe bitten auf der Linken des Hauses, damit wir besser zuhören können. – Bitte schön!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Es geht um die Grundlagen unserer Gesellschaft, aber es geht auch um die Grundlagen unseres Selbstverständnisses in einer modernen, aufgeklärten Gesellschaft, der nicht das Recht zur Verachtung des anders Denkenden, religiös anders Fühlenden, zukommt.

[Zurufe von der PDS]

Es geht auch um die Toleranz gegenüber diesem Anderen, diesem Nächsten, dessen Wunsch nach Werteorientierung – und sei es nach religiöser Hinwendung – wir nicht zu ignorieren haben.

Deshalb ist diese Abstimmung nicht nur eine Frage: Wie gehen wir künftig mit Religionsunterricht um? –, sondern sie ist auch eine Gewissensfrage. Ich wünschte mir, dass von Berlin, das in wenigen Wochen würdiger Gastgeber von Hunderttausenden Christen aus ganz Deutschland zum Kirchentag sein wird, eine versöhnlichere und ebenso würdige Botschaft ausgeht, die da heißt: Religionsunterricht – und sei es nur der freiwillige – findet auch weiterhin die volle Unterstützung aller politisch Verantwortlichen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Herr Kollege Apelt, die Redezeit!

Dieses ist auch passiert. Es ist unter Herrn Stölzl begonnen und schon in allen Ausästelungen vorbereitet worden. Es ist dann unter Frau Goehler diesem Parlament auch unterbreitet worden. Und der letzte Stand – weil es nur im Einvernehmen mit den Kirchen hergestellt werden kann –, der uns hierzu zugegangen ist, war die rote Nummer aus dem letzten Dezember, in der die verschiedenen Modelle, der Verhandlungsstand mit den Kirchen und auch das Einvernehmen mit den Kirchen nach einem Gespräch mit dem Regierenden Bürgermeister dargestellt worden sind. An dieser Stelle sind wir mitten in einem Verfahren der Einigung und der Verhandlung zwischen den Kirchen und dem Senat.

Ich bitte Sie: Lassen Sie uns gemeinsam diese Botschaft rechtzeitig vor diesem Kirchentag aussenden! – Danke sehr!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Apelt! – Für die SPD erhält das Wort Frau Kollegin Dunger-Löper. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Dem ersten Satz, den Sie hier gesagt haben, Herr Apelt, hätte ich glatt zustimmen können. Danach haben Sie leider das Thema verlassen, über das wir heute mit diesem Antrag reden.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Wir können uns gern an anderer Stelle über das Für und Wider von Religionsunterricht unterhalten.

[Hoffmann (CDU): Sie müssen es hier machen!]

Das ist ein weites Feld. Das haben wir gemeinsam mit Herrn Huber auch schon an vielen Stellen getan, aber das steht heute nicht zur Debatte. Deswegen kann ich Ihnen nur sagen: Ziehen Sie diesen Antrag zurück!

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Dieser Antrag ist verwirrend, dieser Antrag macht hier im Grunde genommen einen Scheinkampf um den Religionsunterricht auf, den wir an dieser Stelle gar nicht führen.

Es geht um etwas völlig anderes an dieser Stelle, nämlich um die Finanzierung des Religionsunterrichtes – so, wie sie im Augenblick im Land Berlin passiert. Das System dieser Finanzierung fußt auf einer Situation, die mit der heutigen überhaupt nicht mehr vergleichbar ist. Es fußt auf einer Situation, in der zwei Religionsgemeinschaften in dem alten Westberlin bei einer sehr viel größeren Quote von Teilnehmern den Religionsunterricht angeboten haben. Heute haben wir eine völlig andere Situation, und wir haben sehr viel mehr Anbieter, die werteorientierenden Unterricht anbieten.

[Borgis (CDU): Aber nicht Religionsunterricht!]

Ich befinde mich hier auf den Aussagen des Verfassungsgerichtes. Vielleicht sollten Sie sich auch dahin begeben, dann können wir auf gleicher Ebene diskutieren.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Wir machen das Verfahren hier nicht etwas deshalb, weil wir so große Lust und Laune dazu haben, sondern um die Versäumnisse der Senatsverwaltung unter der Führung eines CDU-Senators Radunski aufzuarbeiten. Denn es hat bereit 1994 ein Oberverwaltungsgerichtsurteil gegeben, das das Land Berlin aufgefordert hat, ein Verfahren der Finanzierung herbeizuführen, das die verschiedenen Anbieter von entsprechenden Unterrichtsformen gleichstellt. Das ist bis heute nicht geschehen. Das ist in der Senatsverwaltung verschleppt worden, bis wir es 1999 im