Zeit für Taten – die Vorschläge der Expertenkommission „Staatsaufgabenkritik“ endlich umsetzen III (Strukturreform bei Gerichten und Staatsanwaltschaften)
Zeit für Taten – die Vorschläge der Expertenkommission „Staatsaufgabenkritik“ endlich umsetzen IV (Vorgesetzte zu Führungskräften entwickeln)
Für die gemeinsame Beratung aller vier Anträge steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu 5 Minuten zur Verfügung. Die Wortmeldungen beginnen mit der CDU. Das Wort hat Herr Kollege Wambach. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über die Beschlussempfehlungen aus dem Hauptausschuss und unsere Anträge. Die Anträge, die wir eingebracht haben, sind im Prinzip alte Bekannte, denn die Texte, die in diesem Anträgen vorkommen, sind die Originaltexte aus dem Abschlussbericht der Expertenkommission Staatsaufgabenkritik, die – man höre und staune – im November des Jahres 2001 vorge
Dritter Antrag: Strukturreform bei Gerichten und Staatsanwaltschaften. Wir haben im Zuge der Antragsberatungen in den Ausschüssen erfahren, dass hier wohl Arbeitskreise bei der Senatsverwaltung für Justiz gebildet wurden, die bei der Arbeit sind. Es gibt allerdings für die Umsetzung einer entsprechenden Strukturreform keinen verbindlichen Zeitplan – auch bedauerlich, auch abgelehnt mit Stimmen von SPD und PDS, auch hier kein Bericht ans Parlament.
Vierter Antrag: Vorgesetzte zu Führungskräften entwickeln. Nicht nur der Antrag liegt auf dem Tisch, es gab derweil auch den Bericht des Rechnungshofes, der ganz eindeutig und sehr explizit angemerkt hat, dass die Teilnahme von Führungskräften an dem Angebot des Instituts für Verwaltungsmanagement äußerst unzureichend ist und dass es großen Nachholbedarf gibt. Die Koalition sagt, es werde alles gemacht und getan. In der letzten Ausgabe des Verwaltungsmagazins „direkt“ lesen wir einen sehr zugespitzten Artikel „Alles bestens“ über die Frage: Vorgesetzte zu Führungskräfte entwickeln. Es wird sehr stark von der Redaktion bemängelt – die übrigens aus der Senatsverwaltung des Inneren stammt –, dass es hier sehr viel zu tun gibt. Leider sind wir auch dazu nicht gekommen. Ich frage mich, was Ihr Abstimmungsverhalten von Seiten der Koalition zu bedeuten hat.
legt worden sind. Wir haben uns gesagt, wir wollen mal einen Bericht über den Stand der Umsetzung haben. Es sind inzwischen viele Monate vergangen. Zum Jahrestag im November des Jahres 2002, nach einem Jahr, haben wir diese Anträge mit der Intention eingebracht, ein Stück mehr Verpflichtung und Verbindlichkeit in die Umsetzung der Vorschläge der Kommission hereinzubekommen, auch ein Stück Druck aus dem Parlament heraus zu entwickeln. Denn der Eindruck war der – und daran hat sich nach den Beratungen in den Ausschüssen auch nichts geändert –, dass in diesem Bereich zu wenig passiert ist.
Ich schicke noch eines vorweg: Diese Kommission Staatsaufgabenkritik ist damals von der großen Koalition, also auch gemeinsam mit Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD, eingesetzt worden. Es bestand Einigkeit darüber, dass diese Kommission ihre Arbeit macht und Empfehlungen herausgibt, die dann entsprechend umgesetzt werden sollen. Sie sind jetzt noch an der Regierung und insofern auch ein Stück in der Verantwortung geblieben für diesen Prozess der Aufgabenkritik, der, wie ich denke, unstreitig zwischen allen Parteien im Land Berlin vollzogen werden muss. Selbst der deutsche Beamtenbund, selbst Beschäftigtenvertreter sind dafür, mahnen sogar in den derzeitigen aktuellen Diskussionen an, dass die Staatsaufgabenkritik vollzogen wird und das Portfolio der Aufgaben des Landes Berlin auch auf das Maß zurückkommt, wo es umsetzbar ist. Wir sind davon ausgegangen, dass nach einem Jahr Vieles auf dem Weg sein muss, denn Sie im Senat scheinen zumindest den Eindruck zu erwecken, fleißig daran interessiert zu sein und auch daran zu arbeiten, Dinge zu verändern. Und nun schauen wir uns die Anträge mal im Einzelnen an.
Unser erster Antrag, ein zukunftsfähiges Datenverarbeitungssystem für den Bereich Gesundheit und Soziales in Ergänzung oder als Ersatz des bisherigen BASISSystems einzuführen, um gerade hier ausgabewirksame Transferleistungen auch betriebswirtschaftlich zu durchleuchten, wurde von Ihnen mit fadenscheinigen Begründungen im Ausschuss für Verwaltungsreform und auch im Hauptausschuss abgelehnt. Es wurde von Ihnen ja selbst abgelehnt – und das haben alle Anträge gemeinsam –, dem Abgeordnetenhaus einen Bericht bis Ende März über den Stand der Umsetzung vorzulegen.
Zum zweiten Antrag: Effektivierung der öffentlichen Bauaufgaben. Wir haben ja vorhin von dem Kollegen Hillenberg aus dem Petitionsausschuss gehört, was es für Anekdoten, teilweise bittere Geschichten auf Grund von Kompetenzüberlagerungen zwischen unterschiedlichen Behörden in dieser Stadt gibt. Es wird uns aber – sowohl im Verwaltungsreformausschuss als auch im Hauptausschuss – mitgeteilt, es gebe keine Redundanzen, die abzubauen seine – allein mir fehlt der Glaube, dass es so sei. Auch ein entsprechender Zeitplan, dem Parlament überhaupt einmal mögliche Redundanzen aufzuzeigen, auf dass man hier nachsteuern kann, ist mit Mehrheit von SPD und PDS abgelehnt worden – sehr bedauerlich. Der Berichtsauftrag ist natürlich ebenso abgelehnt worden.
Alle Anträge abgelehnt in der Sache. Wir sollen bis Ende März keine Berichte im Parlament erhalten – hier zeichnet sich übrigens ein Trend ab, was die Berichte angeht, denn nicht nur der Doppelhaushalt, den Sie für 2004/2005 planen, ist ja ein Stück Entrechtung des Parlaments.
Auch die Tatsache, dass Sie mit der Änderung des Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetzes Berichtsaufträge aus der Verwaltungsreform der Umsetzung für das Parlament streichen wollen, spricht für sich.
Ja! – Es sind inzwischen 16 Monate vergangen, die Staatsaufgabenkritik ist im Unverbindlichen geblieben. Aufgabenkritik und Haushaltskonsolidierung sind zwei Seiten einer Medaille, es muss etwas geschehen, wir müssen raus aus der Unverbindlichkeit. Ich bitte daher noch einmal eindringlich alle Fraktionen, unseren Anträgen zuzustimmen. – Herzlichen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Wambach! – Für die SPD erhält und ergreift das Wort die Frau Kollegin Flesch. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wambach! Es ist ja ein netter Versuch, aber ein untauglicher Versuch, durch
Ich möchte nur auf einen der vier Anträge explizit eingehen, da die anderen von der Realität bereits völlig überholt sind. Das ist der Antrag, in dem die CDU vorschlägt, den Scholtz-Vorschlag aufzunehmen, aus dem Landgericht Berlin drei Landgerichte zu machen. Beide, sowohl der CDU-Antrag als auch der Scholtz-Vorschlag, kranken an der Nichtkenntnis des Rechts. Wenn man aus einem Landgericht drei Landgerichte macht, muss man auch noch drei Staatsanwaltschaften anhängen, da in Berlin die Einheit von Landgericht und Staatsanwaltschaft
gilt. Dies heißt also auch drei Gerichtspräsidenten, drei Generalstaatsanwälte, drei Mal der sonstige Overhead. Ich denke, das macht in der Situation des Landes Berlin keinen Sinn. Was Sinn macht, ist das, was die Justiz im Moment betreibt, nämlich eine Binnenorganisationsreform: Dezentralisierung der Amtsgerichte, dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung im Amtsgericht Neukölln, im Amtsgericht Hellersdorf und nicht bei einem Amtsgerichtspräsidenten, der fern von den Realitäten dieser Amtsgerichte ist, Schaffung von Serviceteams, wie es das Verwaltungsgericht schon seit längerem vormacht. Das sind Erfolg versprechende Organisationsreformen, die tatsächlich bei der Justiz im Gange sind. Zu Recht wurde der Vorschlag der Scholz-Kommission vom Senat nicht übernommen, zu Recht werden wir diesen und die anderen Anträge heute ablehnen. – Danke!
Danke, Herr Präsident! Kurzinterventionen macht man üblicherweise nicht, schon gar nicht, wenn es alle eilig haben.
Auslassung von Daten und Realitätsverweigerung den Eindruck eigener Aktivität und des Nichtstun des Senats darzustellen. Wollen wir doch mal auf die Datenlage zurückkommen.
Ihr geliebter 6. November 2002, an dem Sie heroisch diese mannhaften Taten eingefordert haben: Ist Ihnen völlig entgangen, dass diesem Hause die Schlussfolgerungen des Senats aus der Expertenkommission schon ein halbes Jahr vorlagen, dass dieses Haus es nicht geschafft hat, sich mit den Umsetzungsvorschlägen des Senats zu befassen? Nein, Sie reden heute noch so, als hätten wir eben nicht mit der Ablehnung Ihrer Anträge die Umsetzungsvorschläge des Senats für die Scholtz-Kommission zur Kenntnis genommen. Das ist völlige Realitätsverweigerung. Wir haben beschlossen – durch Kenntnisnahme –, dass der Senat das, was er von Scholtz umzusetzen beschlossen hat, auch umsetzt. Ihre Anträge kamen 1. ein halbes Jahr zu spät, 2. sind sie reine Schaufenster-Aktionismusanträge und 3. sind sie durch die Realität schon längst überholt. Also Zeit für Taten – weiß ich nicht. Zeit für´s Rückwärtschauen, das passt wohl eher. Dass dieses Haus fast ein Jahr gebraucht hat, um sich mit diesen Vorschlägen zu beschäftigen, lässt mich eher über unsere eigene Arbeitsweise nachdenken als in diesem konkreten Fall über die Arbeitsweise des enats. S
Der Senat kann allerdings mit der Behandlung in den Ausschüssen sehr zufrieden sein – kaum Stellungnahmen, kaum inhaltliche Auseinandersetzungen damit. Wenn der Senat Kaufmann wäre, könnte er von kaufmännischem Schweigen sprechen. Sie sind alle einverstanden – warten wir mal ab, wenn es um einzelne Umsetzungen geht, wie groß das Geschrei dann sein wird.
Als Verwaltungsreformer fanden wir es äußerst traurig, dass die Fachausschüsse sich wenig mit diesen Sachen beschäftigt haben. Wir sind der Meinung, sie haben die Chance vergeben, über die zukünftige Aufgabenwahrnehmung der Verwaltung mitzuentscheiden. Das ist keine fachliche Auseinandersetzung mit solchen Themen wie Aufgabenkritik. Dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung muss in diesem Haus auch noch kräftig geübt werden, nicht nur in der Verwaltung.
Wir hatten letztens ja auch andere Vorgänge, die in der Tendenz zeigen, dass die Verantwortung in den Fachausschüssen für ihre Ressorts nicht wahrgenommen werden.
Danke schön, Frau Kollegin! – Herr Kollege Wambach erhält das Wort für eine Kurzintervention. – Bitte schön, drei Minuten maximal!
Aber ich lasse mir keine Realitätsverdrängung oder Realitätsverlust von der verehrten Kollegin Flesch vorwerfen, wenn es ungerechtfertigt ist.
Realitätsverluste kommen manchmal vor, aber in dem Fall zumindest nicht. Die Stellungnahme des Senats, die dem Haus hier vorliegt und auch in den Ausschüssen behandelt wird, enthält in den meisten Punkten Aussagen wie „ist geplant“, „ist beabsichtigt“, „wird längst gemacht“ und Sonstiges. Natürlich bin ich auch nicht glücklich über die Resonanz aus vielen Ausschüssen. Darüber sind wir uns, glaube ich, über alle Fraktionen hinweg – zumindest in unseren Bereichen – im Klaren. Aber die Unverbindlichkeit, mit der sich dieser Senat in der Verantwortung in diesem Bereich bewegt, ist auch fast nicht zu überbieten. Deshalb haben wir mit den Anträgen gefordert, verbindliche Fahrpläne bis zum 31. März 2003 für diese Teilbereiche vorzulegen. Diese verbindlichen Fahrpläne gibt es nicht. Die Gründe dafür würden uns sehr interessieren. Ist es vielleicht Ihr Parteitag im Mai, wo Sie sich zunächst einmal intern unterhalten müssen, inwieweit Sie überhaupt an die Aufgabenkritik herangehen oder in vielen Bereichen an Ihrer Klientel scheitern? Sind es andere Punkte? – Ich weiß es nicht. Jedenfalls macht es keinen Sinn, Frau Flesch, hier das Parlament zu beschimpfen. Beschimpfen Sie lieber den Senat für seine Untätigkeit!
Das Dritte: Es stimmen sachliche Hintergründe nicht. Sie erwecken den Eindruck, als müsse die Sozialsenatorin durch die CDU gezwungen werden, endlich ein zukunftsfähiges Datenverarbeitungssystem für ihren Verantwortungsbereich einzuführen. Die Realität – das wissen Sie – ist völlig anders, denn alle intensiven Bemühungen der entsprechenden Senatsverwaltung – nicht erst seit heute – waren deshalb noch nicht erfolgreich, weil ein tatsächlich zukunftsfähiges EDV-System nirgends angeboten wird, weil es das nirgends gibt. Es haben sich jetzt ein paar Großstädte zusammengeschlossen und Eigeninitiativen eingeleitet, aber es gibt bisher kein betriebsreifes System. Das alles wissen Sie, aber Sie schreiben es erst einmal in den Antrag hinein, um diesen Eindruck zu erwecken.
Herr Kollege Wambach! Ich sage es noch einmal: Der Senat tut schon längst etwas. Haben Sie nicht zur Kenntnis genommen, dass die bauenden Bereiche der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung – zugegeben auf dem Papier, weil das Personal noch da ist – –
Meine Güte, Sie schmeißen die Leute doch auch nicht raus! Was soll das? Tun Sie doch nicht so! – Die Umstrukturierung ist dort erfolgt, die Menschen sind noch da, sie sind im Überhang der Stadtentwicklungsverwaltung. Ignorieren Sie doch bitte nicht die Tatsachen! Das nenne ich Realitätsverweigerung. Dazu stehe ich.
Danke schön! – Für die PDS hat das Wort Herr Kollege Zotl. Ich bitte um Aufmerksamkeit und gebannte Stille. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben vor drei Wochen – wie schon gesagt worden ist – im Ausschuss für Verwaltungsreform diese Anträge der CDU behandelt, und wir haben sie alle abgelehnt. Dafür gibt es vier Gründe – erstens: Alle von der CDU genannten Sachverhalte – das ist sicherlich klar – sind wichtige Fragen, um die Verwaltung zu modernisieren.
Aber es sind Einzelfragen, und es kommt auf das Gesamtkonzept an. Deshalb hat der Senat – wie schon mehrfach betont worden ist – bereits im April 2002 – das ist fast ein Jahr her – Schlussfolgerungen aus dem Bericht der Expertenkommission Staatsaufgabenkritik verabschiedet, die auch alle diese Einzelfragen und viele weitere, die Sie in Ihrer Serie noch aufgeworfen haben, behandeln.
Diesen Schlussfolgerungen haben wir im Verwaltungsreformausschuss – vom Hauptausschuss weiß ich es nicht – einstimmig unsere Zustimmung gegeben – alle Fraktionen, mit ein paar Auflagen, die aber keines dieser Probleme betreffen. Deshalb sind Ihre Einzelanträge in der Sache erledigt, und Ihr separates Vorgehen ist direkt kontraproduktiv gegenüber der Notwendigkeit, das Gesamtkonzept durchzusetzen. Sie waren nicht bereit, angesichts dieser Situation und dieser Abstimmungssituation Ihre Anträge zurückzuziehen. eshalb lehnen wir sie jetzt ab. D