Protocol of the Session on March 13, 2003

lfd. Nr. 6:

I. Lesung

Mehr Berlin, weniger Staat (22) – Gesetz zur Änderung des Berliner Betriebegesetzes

Antrag der FDP Drs 15/1422

Beratung wird nicht mehr gewünscht. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags – federführend – an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie sowie – mitberatend – an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. Ich höre dazu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 6 A:

Dringliche I. Lesung

Vorschaltgesetz zum Gesetz über die Umstrukturierung der Hochschulmedizin im Land Berlin (HS-Med-G)

Antrag der SPD und der PDS Drs 15/1444

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen. Beratung wird wohl gewünscht. Zur I. Lesung des Antrags liegt mir eine Wortmeldung des Kollegen Dr. Flemming vor, der hiermit das Wort erhält. – Bitte schön, Herr Kollege Flemming!

[Goetze (CDU): Die peitschen das hier durch wie im Bundestag!]

Die Differenzen zwischen Expertenkommission und Wissenschaftsrat bestehen darin, dass die Expertenkommission vorgeschlagen hat, es solle zwei Gremien geben, die miteinander kooperieren. Der Wissenschaftsrat sagt, es müsse eine Brücke zwischen beiden geben – einen Vorstand, in dem beide vereint sind. Wir haben uns dafür entschieden, dass wir einen Vorstand bilden, der aus dem Vorsitzenden, dem Dekan und dem Leiter des Krankenhauses besteht. Diese drei müssen miteinander kooperieren, bei ihnen fließen alle Haushaltsmittel zusammen, und diese müssen gemeinsam den Wirtschaftsplan aufstellen.

Darunter muss es eine Leitung der Fakultät geben. Das hat es immer gegeben. Ein Dekanat, das Aufgaben der Fakultät übernimmt und die Mittel verwaltet. Umgekehrt muss es eine Verwaltung des Klinikums geben, und in dieser Verwaltung des Klinikums ist neben dem Direktor des Klinikums der Pflegedirektor angesiedelt, der Ärztliche Direktor und der kaufmännische Leiter. Das entspricht auf der anderen Seite dem Fakultätsvorstand.

Es gibt allerdings Diskussionen über das Gesetz zwischen den Beteiligten. Ich möchte die Knackpunkte auch gern darlegen. Zunächst geht es um den Namen. Hier können Sie sich vorstellen, dass es bei den Beteiligten differente Vorstellungen gibt. Das Zweite ist das nach

Sie setzen eine Arbeitsgruppe ein, in der es um die rechtlichen Regelungen geht, um die rechtliche Konstruktion. Die Arbeitsgruppe tagt ein erstes Mal Anfang April und wird mit Freude zur Kenntnis nehmen, dass das Gesetz heute schon eingebracht wurde, ohne den dortigen Sachverstand abzuwarten.

Der zentrale Punkt ist die Frage, wie das Klinikum in die Universitätsstrukturen eingebunden wird. Ich nehme ausdrücklich nicht so sehr Bezug auf die Frage der Namensgebung. Da hat jeder seine eigenen Ansichten, und man kann Pro und Contra Einiges vorbringen. Das Entscheidende ist aber, dass wir eine Konstruktion schaffen müssen, die sich in der praktischen Umsetzung auch bewährt. Wenn wir zum Beispiel einen Vorstand dieses Klinikums haben, der vom Aufsichtsrat eingesetzt wird, und großer Wert darauf gelegt wird, dass dieser Aufsichtsrat sehr staatslastig zusammengesetzt wird und die Universitätspräsidenten dabei keine Rolle spielen sollen, bleibt die Frage offen, was das für die Einbindung des Klinikums in den Universitätshaushalt bedeutet. Gibt es hier Einwirkungsmöglichkeiten der Universitätspräsidenten oder nicht? Wie sind diese beabsichtig? Das ist eine der Fragen, die diese Vorlage offen lässt, Herr Flemming.

Das gilt auch für andere Fragen, wie zum Beispiel der disziplinarrechtlichen Seite. Das gilt für die Fragestellungen, wo Sie mit dem vorgeschlagenen Verfahren ganz offensichtlich nicht nur den medizinischen Bereich tangieren, sondern auch andere universitäre Teilbereiche ansprechen. Sie kennen die Punkte, und ich muss das nicht im Einzelnen aufzählen. So etwa die Frage des Wahlrechts der Privatdozenten oder was eine Teilrechtsfähigkeit für das Klinikum bedeutet. Alle diese Fragen lassen sich – für mich zumindest – aus der Vorlage nicht befriedigend beantworten.

vollziehbare Begehren der Universitätspräsidenten, dass sie in das Geschehen eingreifen und Stimmrecht im Aufsichtsrat haben möchten.

[Matz (FDP): Richtig so!]

Das haben aber sowohl die Expertenkommission als auch der Wissenschaftsrat sowie fast alle Beteiligten für ungünstig erachtet, weil damit automatisch Standortdiskussionen in ein falsches Gremium gelangen würden.

[Matz (FDP): Sie bauen eine medizinische Hochschule!]

Drittens gibt es eine Diskussion, ob der Leiter des Krankenhauses Arzt sein muss oder nur Arzt sein kann. Differenzen ergeben sich daraus, dass die Ärzte sagen, es müsse ein Arzt sein, und diejenigen, die keine Ärzte sind, es könne ein Arzt sein. Schließlich gibt es eine Diskussion über die Frage, wo die Pflegedienstleitung angesiedelt ist. Der Wissenschaftsrat ist der Meinung, es sollte gar nicht angesiedelt sein, und die Expertenkommission schlägt wie wir vor, dass es bei der Klinikumsleitung angesiedelt sein soll.

Diese Diskussionen werden wir in den Anhörungen im Wissenschaftsausschuss aushalten und auch führen müssen. Hier sind auch noch Änderungen möglich. Wir sind sehr interessiert daran, die gegenseitigen Meinungen zu hören. Ich bin auch sehr gespannt, was die anderen Fraktionen vorschlagen und welche Lösung sie bei den vorliegenden, von ihnen begrüßten Gutachten der Expertenkommission und des Wissenschaftsrats und des zeitlichen Ablaufs anbieten. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Vielen Dank, Herr Kollege Flemming! Das Wort für die CDU erhält Peter Kurth. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines an dem Gesetz überrascht nicht: Dass es als Tischvorlage – holterdiepolter – vorliegt, am Dienstag in der SPD-Fraktion, am Mittwoch auf der Tagesordnung, und heute soll es behandelt werden.

[Zuruf aus der PDS: Ist das alles an Kritik? Beifall bei der CDU, der FDP und den Grünen]

Das ist wenig überraschend, wenn man sich die Wissenschaftspolitik betrachtet. Wenn man aber bedenkt, dass es sich um eine der wichtigsten Vorlagen zur Neuordnung der Universitätsmedizin handelt, ist das Verfahren unangemessen. Es ist unangemessen, was den Umgang mit dem Parlament angeht. Wichtiger ist aber, dass es auch unangemessen ist, was den Umgang mit wesentlichen Betroffenen angeht.

[Gaebler (SPD): Die kennen das ja alles schon!]

Das macht ja Sinn, wenn Sie sich mit den Vertretern zusammensetzen. Dass Sie praktisch keine der wesentlichen Vorschläge zum Beispiel von Seiten der Universitätspräsidenten aufnehmen, ist ein Problem, auf das ich später noch eingehen werde. Diese Vorgehensweise müssen Sie letztlich selbst vertreten.

Auch deshalb wird das Vorhaben noch einer rechtlichen Überprüfung unterzogen werden müssen. Ich bin gespannt, ob es den erforderlichen Kriterien standhalten wird. Die relevanten rechtlichen Regelungen, an denen die Prüfung ausgerichtet sein wird – sowohl bundesverfassungsgerichtlicher Natur als auch das Berliner Hochschulgesetz –, sind Ihnen bekannt.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Flemming?

Selbstverständlich gern!

Herr Kollege! Sie sagten, dass der Haushalt über die Universität abgegeben wird. Bei den Universitätsklinika war es immer so und ist es auch jetzt, dass sie einen eigenen Haushalt haben, der von der Universität getrennt ist. Die Haushalte sind auch in den Hochschulverträgen getrennt. Sind Sie der Meinung, dass diese nun in die Universitäten integriert werden sollten?

Wir haben, als wir den ersten Entwurf erarbeitet haben, diesen allen Betroffenen, den Klinikumsleitungen, den Hochschulleitungen, der Krankenpflegekommission, den Fakultäten und anderen, zur Verfügung gestellt sowie allen Fraktionen, auch den Oppositionsfraktionen selbstverständlich, zugeleitet. Ich selbst bin durch die Fraktionen gegangen und habe jeder Oppositionsfraktion ein Exemplar des ersten Entwurfs dieses Hochschulmedizinstrukturgesetzes gegeben, damit sich auch diese mit dem Entwurf auseinander setzen und sich an diesem ausrichten können. In der Unterlage war beschrieben, welches Verfahren, auch Anhörungsverfahren, wir vorschlagen. Die Verfahrenskritik, die Frau Paus in ihrer stetigen Unzufriedenheit immer wieder verdeutlicht, ist fehl am Platz. Wir haben für ein parlamentarisches Verfahren einen Gesetzentwurf bereits in der ersten Entwurfsfassung auch den Oppositionsfraktionen zur Verfügung gestellt, um eine Auseinandersetzung damit zu ermöglichen. Ich kann nicht erkennen, dass wir hier die Opposition ausgeschaltet und das parlamentarische Verfahren ins Leere haben laufen lassen. Andererseits ist es wahrscheinlich so, dass Sie als Opposition strukturell mit dem Verfahren unzufrieden sein müssen. Dann ist das so. Einen Verfahrensfehler kann ich nicht erkennen.

Von dem Kollegen Kurth ist moniert worden, dass eine rechtliche Beratung erst später erfolgt. Um es in der Öffentlichkeit noch einmal aufzuklären, damit es keine Legendenbildung gibt, stelle ich es noch einmal dar. Wir haben uns auch wieder als Koalitionsakteure überlegt, dass wir für die Vorbereitung des regulären Hochschulmedizinstrukturgesetzes Juristen zu Rate ziehen und uns mit ihnen darüber unterhalten wollen, wie das nächste Gesetz gestaltet werden kann. Diese Beratung wird Anfang April stattfinden. Möglicherweise wird das eine oder andere dort zu Besprechende noch Ausfluss auf die Beratung des Gesetzes im Ausschuss haben. Der hauptsächliche Grund des Treffens ist aber die Organisierung des regulären Hochschulmedizinstrukturgesetzes. Deshalb ist es nicht so, dass wir erst ein Gesetz erarbeitet haben und dann rechtliche Beratung einholen. Der Legendenbildung muss man vorbeugen. Ich bin jedoch auf Änderungsanträge gespannt und würde mich freuen, wenn es den einen oder anderen Hinweis gibt, weil das gesamte Parlament mit diesem Gesetz Neuland betritt. Diese hier zu schaffende Struktur, die medizinische Gliedkörperschaft zweier Universitäten, hat es im gesamten Bundesgebiet noch nicht gegeben. Wir sollten alle ein Interesse daran haben, eine gemeinsame, funktionierende Struktur zu schaffen. Wenn es entsprechende Hinweise gibt, bin ich sehr daran interessiert.

Nein! Aber ich frage: Wenn Sie 98 Millionen € pro Jahr Einsparungen erzielen wollen, wenn Sie den Haushalt des Klinikums offensichtlich den Einwirkungsmöglichkeiten der Universitätsleitung der Universitätspräsidenten entziehen wollen, dann stellt sich für mich die Frage, wie dieses realisiert werden kann. So, wie Sie sich die Verantwortlichkeit von Aufsichtsrat und Vorstand vorstellen – und das ist dann in der Tat ein Gremium, das, anders als bisher, ausdrücklich auch gewollt die Leitung übernehmen soll –, bleibt für mich als Folgerung nur, dass die beabsichtigte Einsparung in keiner Weise als belastbar und prognostizierbar erscheint. Als zweites bleibt die Frage, in welcher Verantwortung die Universitätsleitungen in der praktischen Umsetzung stehen. Das wird einer der Knackpunkte sein, mit denen wir uns in der Zukunft befassen müssen.

Zusammengefasst: Die Vorlage zu diesem Vorschaltgesetz entspricht dem Vorgehen der Koalition in diesen Fragestellungen insofern, als die Vorlagen dem parlamentarischen Gesetzgeber mehr beiläufig zur Kenntnis gegeben werden, als dass eine ordentliche vorherige Beratung und Klärung der relevanten Punkte vor Einbringung des Gesetzes erfolgt. Erst nach der Einbringung wird die rechtlich relevante Prüfung vorgenommen. Wir werden auch darauf bestehen, dass die Kritikpunkte der Universitätsleitungen in angemessener Form berücksichtigt werden. Ich begrüße es, dass Sie angekündigt haben, dass Änderungen an der Vorlage erwünscht sind. Sie sind nach unserer Meinung auch dringend erforderlich. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU, der FDP und den Grünen]

Vielen Dank, Herr Kollege Kurth! – Für die PDS spricht Herr Benjamin-Immanuel Hoff. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

[Matz (FDP): Jetzt kommt der stellvertretende Wissen- schaftssenator! Hoff (PDS): Vielen Dank, Herr Matz, aber das ist zu viel der Ehre! [Matz (FDP): Aber der Senat versteckt sich!]

Wenn das bei der nächsten Wirtschaftsrede gleich noch zu Senator Wolf auch noch gesagt wird, würde es mich wirklich verlegen machen – gleich zweimal als stellvertretender Senator gehandelt zu werden.

Wir sollten statt über künftige Senatorenposten eher über das Vorschaltgesetz reden. Ich halte es für einen Gesetzentwurf, hinter dem sich die Koalition nicht verstecken muss. Auch muss sie sich nicht des Verfahrens schämen. Wir wollen und werden damit ganz offensiv umgehen. Die Koalition bezieht sowohl die parlamentarischen Akteure als auch die Akteure beim Senat mit ein, denn wir haben in diesem Gesetzentwurf – und wir meinen in diesem Fall wirklich die Koalitionsakteure auf der parlamentarischen und der Senatsseite – sehr intensiv zusammengearbeitet. Wir haben gemeinsam überlegt,

welche Initiativen wir in dieses Vorschaltgesetz mit übernehmen wollen.

Auch das von uns in der vergangenen Woche gewählte Verfahren, mit allen Beteiligten noch einmal Gespräche zu führen, hat dazu geführt, dass es bei einer Gegenüberstellung des ersten Entwurfs sowie des heute eingebrachten Entwurfs noch Verschiebungen und noch eine Menge

Ich möchte noch einen einzigen Satz anfügen. – Bei der Krankenpflegekommission haben wir im ersten Entwurf wirklich geschludert. Wir hatten § 80 und § 80 a zunächst in eine Sammlung von Streichpunkten aufgenommen, haben uns dann aber gar nicht erst überzeugen lassen müssen, sondern sofort eingesehen, dass das ein Fauxpas ist, den man sich nicht leisten darf, und haben die Krankenpflegekommission in diesem Gesetz selbstverständlich aufgenommen. Wir haben auch die Krankenpflegedirektoren mit ausreichenden Rechten in diesem Gesetz vertreten. Wir haben aber auf Grund der Gesamtarchitektur dieser Einrichtung und dem Gleichgewicht zwischen Wissenschaft und Krankenversorgung in diesem Gesetz uns nicht den Vorschlag angeeignet, die Krankenpflegedirektoren als nicht stimmberechtigte Mitglieder mit in den Vorstand zu übernehmen. Darüber werden wir inhaltlich noch einmal reden müssen. Vor allem wird es darum gehen, inwiefern sich im Bewusst