Protocol of the Session on November 14, 2002

Es ist wenig hilfreich von der Opposition, nur auf die Maßnahmen hinzuweisen, die auf Grund der Haushaltsnotlage notwendig waren, also ausschließlich fiskalische Bedeutung haben, wie die Anpas

sung der Gruppengröße im Hort an die hortähnliche Betreuung der Schule und die Absenkung des Leitungsschlüssels. Auch darüber ist schon hinreichend gesprochen worden.

Jetzt noch ein Wort zu den Tagespflegestellen, die in der Großen Anfrage angesprochen worden sind. Die Tagespflegestellen sind ausschließlich Angelegenheit der Bezirke. Das heißt, die Bezirke richten sie ein und wenn sie es für notwendig erachten, geben sie sie auch auf. In SchönebergTempelhof konnten alle Pflegestellen erhalten bleiben, es gibt hier also kein Problem mit den Tagespflegestellen. Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wurden nur die Einrichtungen aufgelöst, in denen Kinder älter als drei Jahre betreut wurden. Damit waren die Einrichtungen nicht mehr kostengünstiger als Kitas, sondern wesentlich teurer. Das muss man bei solchen Fragen beachten und sich vorher ein Stück informieren.

Der Antrag der Fraktion der FDP liegt mir auch ein Stück am Herzen, wenn es darin um das Mentorenprogramm für Berliner Kindertagesstätten geht. Aber natürlich ist auch darüber bereits im Ausschuss gesprochen worden. Der Antrag richtet sich, wie die Anträge der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS – auf die Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher. Dass sie notwendig ist, ist festgestellt worden. Aber vieles, was in diesem Antrag gefordert wird, ist bereits umgesetzt.

[Frau Senftleben (FDP): Nein!]

Ja! In jedem Bezirk gibt es ein Fachberaterteam, zu dessen Aufgaben es unter anderem gehört, das Kitapersonal fort- und weiterzubilden.

[Frau Jantzen (Grüne): Der Antrag der FDP hatte noch eine andere Idee, das dürfen Sie nicht unterschlagen!]

Es ist aber erst einmal eine gute Einrichtung. Ich weiß, wie einige Kitaberaterteams funktionieren und welche wertvolle Hilfe und Anleitung Sie für die Erzieherinnen sind.

Frau Abgeordnete! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Senftleben?

Nein, meine Redezeit ist zu Ende und ich möchte mir nicht Ihren Unmut zuziehen.

[Frau Senftleben (FDP): Schade, Frau Müller!]

Darüber hinaus bietet die sozialpädagogische Fortbildungsstätte Am Rupenhorn hochwertige Weiterbildungsangebote an. Ebenfalls beteiligt sich Ber

lin an der nationalen Qualitätsoffensive im System der Tageseinrichtungen für Kinder. Hierbei handelt es sich um eine Initiative, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend entwickelt worden ist. Dieses Projekt dient der Qualitätssicherung und -entwicklung von Tageseinrichtungen aller Trägergruppen. Ein darüber hinausgehendes Mentorenprogramm ist somit nicht mehr erforderlich.

Wir können feststellen, dass sich das Kitaangebot in Berlin quantitativ- und qualitativ durchaus sehen lassen kann. Das gilt bundesweit und auch im internationalen Vergleich. Wir brauchen uns hier nicht zu verstecken. Dennoch ist diese Tatsache kein Anlass, sich zufrieden zurückzulehnen. Es gibt noch sehr viel zu tun. Ich habe eingangs die wichtigsten Handlungsfelder erwähnt. Die Koalition ist angetreten, hier viel zu verändern. Kitas müssen konsequent als eigenständige Lebens- und Lernorte verstanden werden. In diesem Sinne bedarf es der Unterstützung aller Jugendpolitikerinnen und Jugendpolitiker, denen es um eine ehrliche Verbesserung der Kitastandards geht. Polemische und populistische Äußerungen helfen uns dabei nicht viel. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön! – Das Wort für eine Kurzintervention hat jetzt Frau Abgeordnete Senftleben – bitte!

Vielen Dank! Frau Präsidentin! Verehrte Frau Kollegin Müller! Ich möchte mich zu Ihrem Beitrag bezüglich unseres Antrags über Mentorenprogramm für Berliner Kindertagesstätten äußern, denn ich glaube, hier haben Sie etwas nicht verstanden. Es geht darum, dass das Mentorenprogramm jetzt greift, damit jetzt vor Ort Erzieher und Erzieherinnen ausgebildet werden für den Bereich Deutsch als Zweitsprache. Da mangelt es doch gerade.

[Sen Böger: Tun wir doch!]

Insofern ist es absolut merkwürdig, dass Sie hier erzählen, das fände schon statt, Wenn es so wäre, woher kommen dann die miserablen Ergebnisse wie in der Studie „Bärenstark“ und in der Studie davor? – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön! Frau Müller! Sie hätten jetzt die Möglichkeit zur Erwiderung! – Nein. Dann fahren wir fort in der Redeliste. Zunächst hat das Wort für die PDS-Fraktion Frau Abgeordnete Dr. Barth!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute die Große Anfrage der CDU zu behandeln und sieben weitere Anträge. Beim Lesen der Großen Anfrage musste ich mich an eine Anzeigenkampagne der CDU erinnern. Darin hieß es: „Wir tun was für die Kinder.“ – Es ist schon ein paar Jahre her, Herr Steuer. Meine Damen und Herren von der CDU, Sie haben in Ihrer Regierungszeit allerdings sehr viel für die Kinder getan. Die Berlinerinnen und Berliner haben Ihnen das nicht vergessen.

[Beifall bei der PDS und der SPD – Zuruf von der CDU]

Ihnen verdankt die Stadt die Abschaffung der Ganztagsbetreuung als Regelfall.

[Beifall bei der PDS]

Ihnen verdankt die Stadt die Standardabsenkungen. Ihnen verdankt die Stadt die Personalkürzungen und nicht zuletzt mehrfache Erhöhungen der Elternbeiträge.

[Zurufe der Abgn. Borgis (CDU), Frau Herrmann (CDU), Frau Senftleben (FDP) und Frau Jantzen (Grüne)]

Ja, hören Sie genau zu, Herr Steuer! – Zu weiteren Wohltaten von Ihnen gehörten auch die Stagnation im Übertragungsprozess und der mehr als desolate bauliche Zustand der Berliner Kitas. Ich spreche jetzt ganz bewusst die CDU an, denn die CDU hat die Große Anfrage eingebracht, und Herr Steuer hat sich hier hingestellt und hat einen unfairen Schlagabtausch gegenüber Herrn Böger gezeigt.

[Beifall bei der PDS – Beifall der Frau Abg. Dr. Tesch (SPD) – Oh! von der CDU – Zuruf des Abg. Borgis (CDU)]

Das ist das Erbe, was ich aufgezählt habe, was wir beim Amtsantritt vorgefunden haben.

[Zurufe von der CDU und der FDP]

Ja, Herr Steuer, jetzt hören Sie ruhig zu! – Ihnen, die Sie maßgeblich an dem heutigen Finanzdesaster dieser Stadt erhebliche Mitschuld tragen, Ihnen, die Sie jahrelang den Kitabereich als Sparbüchse für Ihre desaströse Unternehmung benutzt haben, steht es nicht zu, sich heute als Retter und Rächer Berliner Kinder aufzuspielen.

[Beifall bei der PDS – Zurufe der Abgn. Frau Herrmann (CDU) und Borgis (CDU)]

Das nimmt Ihnen auch keiner ab! Wer, wenn nicht Sie, sollte am besten die Fragen beantworten können, die Sie mit der Großen Anfrage vorgelegt haben? – Die Fragen 5, 6, 7, 8 und 10 können Sie doch selbst beantworten. Sie wissen doch, wie die Situation dazu war. Nein, meine Damen und Herren von der CDU, hier kann und will ich Sie nicht aus der Verantwortung entlassen.

[Zurufe der Abgn. Hoffmann (CDU) und Borgis (CDU)]

Und wenn Sie den Begriff „Scherbenhaufen“ benutzen, wie Sie das auch in der vorigen Großen Anfrage gemacht haben, dann wird deutlich, mit welchem unerträglichen Populismus Sie an die ganze Sache herangehen.

[Beifall des Abg. Dr. Arndt (SPD) – Frau Senftleben (FDP): Oh!]

Ich bedauere nur zutiefst, dass Sie in diesem Populismus nicht einmal vor dem sensibelsten Bereich Halt machen, nämlich vor dem Kitabereich. Ich denke, wir sind uns in der Stadt einig, es geht nicht um irgendwelche Luftschlösser, es geht um die Realität. Und die Realität der Finanzlage unserer Stadt war es auch, die die PDS gezwungen hat, die Kürzungen im Kitabereich zuzulassen. Da will und werde ich nichts beschönigen. Das ist übrigens ein Unterschied zu Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU! Ich kann mich noch genau an 1995 erinnern. Sie haben Ihre Kürzungsorgien stets geleugnet und Proteste der Öffentlichkeit und der Opposition als Missverständnisse und Folgen von Fehlinformationen abgetan.

[Zuruf des Abg. Borgis (CDU)]

Ich kann Ihnen versichern, dass meine Fraktion, im Gegensatz zu Ihnen – – Ja, Herr Borgis, schreien Sie nur! Es wäre gut, Sie hörten zu, denn Sie waren damals auch schon im Abgeordnetenhaus. –

[Zuruf des Abg. Borgis (CDU)]

Deshalb ist es notwendig, dass wir uns heute inhaltlich weiter verständigen. Das nehme ich zur Kenntnis, dass wir stets statt der Kürzungen auch hier in dieser Stadt endlich Zukunftsvisionen entwickeln müssen und überfällige Strukturveränderungen in Angriff nehmen. Das geschieht nämlich jetzt!

[Beifall bei der PDS]

Zur Beschlussfassung liegen Ihnen heute unsere Anträge zur Neuordnung der Kitalandschaft, zur Reform der Erzieher- und Erzieherinnenausbildung und zur Qualifizierung und Weiterbildung von Erzieherinnen und Erziehern in der Sprachförderung vor.

Im Geschäftsgang befinden sich außerdem noch Anträge zur Qualifizierung der vorschulischen Förderung und des Übergangs in die Grundschule sowie zu einem Gesamtkonzept für die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern. Sie sehen, wir verfolgen ein festes Ziel.

[Beifall der Frau Abg. Dr. Tesch (SPD)]

Senator Böger und auch Staatssekretär Härtel haben sich dazu bereits öffentlich positioniert und deutlich gemacht, wohin die Reise gehen soll. Es ist uns klar, meine Damen und Herren von der Opposition, dass diese Vorhaben auf Widerstand stoßen können und vor allem auf viele berechtigte Fragen.

[Zuruf der Frau Abg. Jantzen (Grüne)]

Veränderungen, gerade solche von so grundsätzlicher Art, haben es anfangs immer schwer, sich durchzusetzen. Doch im Gegensatz zu Ihnen werden wir die Auseinandersetzung nicht scheuen. Wir haben den Mut, den langjährigen Reformstau endlich in Angriff zu nehmen.

[Beifall bei der PDS und der SPD – Dr. Lindner (FDP): Ganz sicher nicht! Ihr seid schwach ohne Ende! Der Sarrazin hat Mut, aber Sie nicht!]

Ich will noch zu vier Schwerpunkten Stellung nehmen – erstens zur Notwendigkeit der Neuordnung in der Kitalandschaft, zweitens zur Notwendigkeit der Umgestaltung der vorschulischen Förderung und des Übergangs in die Schule, drittens zum Ausbau der Ganztagsbetreuung für die Grundschulkinder und viertens zur Reform der Erzieher- und Erzieherinnenausbildung.