Protocol of the Session on October 31, 2002

Bereits 1976 wurde in Berlin das erste Frauenhaus gegründet; weitere folgten in den nächsten Jahren. Die politische Unterstützung und Förderung ihrer Arbeit wurde durchgesetzt und ausgebaut. Lange Zeit standen Beratung und Hilfe für die Opfer im Zentrum. Seit 1993, seit der Fachtagung "Sag mir, wo die Männer sind", können wir aber einen Paradigmenwechsel verzeichnen. Zunehmend geht es um wirksame Sanktionen gegen häusliche Gewalt und um gesellschaftliche Prävention. Dreh- und Angelpunkt, das wurde schon gesagt, wurde die Arbeit des 1995 gegründeten Interventionsprojekts gegen häusliche Gewalt, das BIG. In ihm arbeiteten zuletzt 150 Beteiligte aus staatlichen Institutionen und gesellschaftlichen Projekten zusammen.

1999 wurde die Hotline des BIG geschaffen. Hier finden Betroffene telefonische Hilfe und Beratung. Seit Mai 2001 ist die mobile Intervention der Hotline hinzugekommen. Allen an dem Projekt und seinem Umfeld Beteiligten danken wir für ihr Engagement und für die erzielten Erfolge. Für die Weiterarbeit als Berliner Interventionszentrale bei häuslicher Gewalt im Rahmen des Berliner Aktionsplans wünschen wir alles Gute!

Die Frage der häuslichen Gewalt berührt Grundwerte unserer Gesellschaft und Verfassung. Im Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes heißt es: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." Das gilt umfassend für alle Menschen, für Männer, für Frauen, für Kinder, unabhängig von der Nationalität in allen Lebensbereichen auch am Arbeitsplatz, auch in Ehen und Familien, im sozialen Nahbereich insgesamt. Die Menschenwürde ist vom Staat zu achten. Ihm ist untersagt, sie zu verletzen. Er muss aber alles Notwendige und alles Mögliche tun, die Menschenwürde durch aktive Maßnahmen zu schützen und Gefahren von ihr abzuwenden.

Dem entsprach die deutsche Rechtsordnung lange nicht. Die letzten Korrekturen konnten erst in jüngster Zeit nach heftigen Auseinandersetzungen durchgesetzt werden. Ich nenne dazu drei Beispiele:

1. Erst seit 1997 wurde die Vergewaltigung in der Ehe als solche unter Strafe gestellt gegen den Widerstand eines beträchtlichen Teils von CDU und CSU.

[Frau Dr. Tesch (SPD): Unmöglich!]

Richtig akzeptiert ist das aber immer noch nicht von allen. So schrieb einer der führenden Strafrechtler noch 1999, ich zitiere:

Immerhin sind die Ehegatten einander zur eheähnlichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Dazu gehört auch der Geschlechtsverkehr. Nun bedeutet dies natürlich nicht, dass sich ihn der Ehemann zu jeder beliebigen Zeit nehmen kann, sondern er ist auf die Zustimmung der Frau angewiesen.

- Das ist ein Zitat von einem Strafrechtler. Es geht noch weiter:

Es fragt sich doch, ob es sich bei diesem Verhalten eher um eine Art Selbsthilfe, eine Art Nötigungsunrecht handelt und nicht um das typische Vergewaltigungsunrecht.

[Frau Dr. Tesch (SPD): Unglaublich!]

Er unterscheidet also zwischen typischem und untypischem Vergewaltigungsunrecht, wobei für ihn das untypische Vergewaltigungsunrecht in der Ehe stattfindet und legitimiert ist. Was ist das für eine Denkweise im Jahr 1999!

2. Erst im Jahr 2000 wurde der Satz in das Bürgerliche Gesetzbuch eingeführt, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben. Der nachfolgende Satz lautet: "Körperliche Bestrafung, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig." Dabei wird der Zusammenhang zwischen Gewaltanwendung und Entwürdigung, Verletzung der Menschenwürde aufgenommen. Eine solche Regelung war in der Wahlperiode davor an der damaligen Mehrheit von CDU, CSU und FDP gescheitert.

3. Erst Anfang 2002 traten das Gewaltschutzgesetz und eine entsprechende Änderung des BGB in Kraft. Jetzt können Opfer von Gewalttaten wirksam vor neuer Gewalt, vor Bedrohung und Belästigung geschützt werden. So kann durch gerichtliche Entscheidung eine gemeinsame Wohnung dem Gewaltopfer zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden, nach dem Grundsatz: Wer schlägt, muss gehen. Das Opfer bleibt in der Wohnung.

Jetzt geht es darum, die erzielten Erfolge auf der ganzen Linie auszubauen. Dazu möchte ich vier Punkte benennen. 1. Da häusliche Gewalt nicht mehr als private Streitigkeit missverstanden wird, gewinnt strafrechtliches Vorgehen an

Wirksamkeit. Das wird auch die Anzeigebereitschaft steigern. Mehr konsequentere strafrechtliche Sanktionen aber werden nicht ohne Eindruck und nicht ohne nachhaltige Verhaltensänderung bleiben. 2. Die anfänglichen Schwierigkeiten beim zivilrechtlichen Gewaltschutz sind überwunden. Jetzt kommt es darauf an, die weitere Praxis aufmerksam zu begleiten, gegebenenfalls müssen Nachbesserungen etwa im Verhältnis zum Sorgerecht vorgenommen werden. 3. Die polizeiliche Wegweisung der Gewalttäter aus der Wohnung hat sich bewährt. Um sie noch wirksamer zu machen werden wir das ASOG um § 29 a ergänzen. Damit werden wir die zeitliche Lücke bis zum Greifen von Maßnahmen des zivilrechtlichen Gewaltschutzes schließen. 4. So wichtig rechtliche Regelungen und Sanktionen auch sind, reichen sie allein nicht aus. Beratung und Unterstützung der Opfer müssen wir ausbauen, Schulungen der Verantwortlichen sowie Aufklärung und Information der Bevölkerung intensivieren. Für Gewalt, auch für Gewalt im häuslichen Bereich, darf es weder Verständnis noch Gleichgültigkeit geben. - Danke!

Danke schön, Frau Kollegin Neumann! - Für die Fraktion der CDU hat der Kollege Hoffmann das Wort! - Bitte schön, Herr Kollege Hoffmann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich bei den Anmerkungen der Kollegin Neumann gefragt, woran sie sich eigentlich abarbeitet. Das Problem an sich ist ernst genug. Die häusliche Gewalt ist kein Problem, das nur Frauen betrifft und das immer offen diskutiert werden kann, sondern das sich meistens hinter verschlossenen Türen abspielt und von einer Mauer des Schweigens umgeben ist.

Zum Sichtbarwerden der körperlichen Folgen hört man häufig zahlreiche Ausreden: "Ich bin die Treppe hinuntergefallen. Ich habe mich im Dunkeln am Schrank gestoßen." Aber an den seelischen Folgen tragen die Opfer im Geheimen. Die häusliche Gewalt betrifft auch Behinderte; das wird oft nicht diskutiert. Es betrifft natürlich auch Kinder, Frauen und auch Männer. Dass die Täter dabei in einem engen Verhältnis stehen, wurde auch schon gesagt. In den von Ihnen hier vorgetragenen Ausführungen so zu tun, als wäre die CDU diejenige, die das zu verantworten hätte, ist wirklich lächerlich.

[Beifall des Abg. Gram (CDU)]

Es geht darum, die Probleme zu lösen. So, wie Sie es darstellen, sind alle Probleme gelöst. Dazu

kann ich nur sagen, dass es mitnichten so ist. Die Probleme sind noch nicht gelöst. Es bedarf auch weiterhin der finanziellen Mittel. Man hat regelrecht den Eindruck, dass Sie die Kürzungen hier schon vorbereiten, indem Sie sagen, Sie hätten die Probleme gelöst. Das ist wirklich falsch.

Wir haben die Situation, dass Sie schon darstellen, was alles passiert. Wie lange schmort denn die Vorlage zur Änderung des ASOG im Rechtsausschuss? Die Frage ist durchaus berechtigt. Unstrittig ist, dass nach der Statistik mehr Frauen als Männer häuslicher Gewalt ausgesetzt sind. Wir haben hier nicht nur 450 000 Frauen, sondern auch ebenso viele Kinder zu verzeichnen. Dafür benötigen wir dringend auch die Frauenhäuser. Aus diesem Umstand ergibt sich auch, dass wir hier eine vielschichtige Dimension haben, mit der wir umgehen müssen.

Deshalb muss es auch gestattet sein, nach den männlichen und weiblichen Anteilen beim Entstehen von häuslicher Gewalt zu fragen. Wir haben in den Forschungsergebnissen in den 80er Jahren bereits gesehen, dass es in fast jeder dritten Familie seit der Eheschließung zu Gewalttaten gekommen ist - beider Partner bemerkenswerterweise, ebenso vieler Frauen wie Männer.

Aber nicht nur gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Ehe- und Lebenspartnern zählen zur innerfamiliären Gewalt, sondern auch die Gewalt bei der Erziehung der Kinder und die Gewalt zwischen den Generationen. Hier stehen wir in der Forschung und Betrachtung des Problems erst am Anfang, insbesondere was die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Kindern und Eltern betrifft und die Gewalt gegenüber alten und gebrechlichen Familienmitgliedern. Außer Acht wird oft gelassen, dass sich auch ein Großteil der häuslichen Gewalt zwischen Geschwistern abspielt. Das zeigt, wie wichtig es ist, den Blick für das Gesamtproblem zu schärfen und im Auge zu haben, dass die Gründe zur Entstehung häuslicher Gewalt vielschichtig und multikausal sind und alle entsprechend im Gesamtkonzept verändert werden müssen. Das Berliner Interventionsprojekt BIG wurde bereits vorhin erwähnt. Die entscheidende Frage, die dabei auftaucht, ist: Wie lange erhält es noch die notwendigen Zuschüsse, um Rettungsanker zu sein, um Möglichkeiten für den Ausweg aufzuzeigen?

Auch die Lebenssituation vieler Migrantinnen dieser Stadt ist von häuslicher Gewalt geprägt: Zwangsverheiratungen, sexuelle Gewalt unter Benachteiligung ihres Geschlechts bestimmen

vielfach ihren Lebensalltag. Um diesen Frauen wirksam bei ihren Problemen zu helfen, bedarf es spezieller Beratungsangebote, die für diese Frauen entwickelt wurden. Diese dürfen auch nicht dem Sparstift zum Opfer fallen.

Damit Sie das nicht "in den falschen Hals" bekommen, erwähne ich hier noch einmal ausdrücklich, dass auch die CDU dem Gewaltschutzgesetz, das 2002 in Kraft getreten ist, zugestimmt hat. Das eigentliche Problem: Dieses Gesetz führt zwar eine räumliche Trennung der Streitparteien herbei, es wird aber keine Konfliktlösung - eine Versöhnung - damit erreicht. Hier haben wir im Anschluss die größte Problematik. Um auch in Zukunft Gewalt zu verhindern, muss es zu Beratungsangeboten kommen; denn meistens kommen die Personen doch wieder zusammen, und alles geht wieder von vorn los. Das muss verhindert werden.

Den Schwerpunkt - das ist auch die wesentliche Voraussetzung - sehen wir ganz klar in der Gewaltprävention. Dazu gehört aber genauso die Vermittlung von Werten für das Zusammenleben und von dem, was für die Gesellschaft ganz besonders wichtig ist: von Toleranz, von Anerkennung des anderen, auch von Anerkennung anderer Meinungen. Hierfür ist es nicht nur Grundlage, das im Rahmen dieser Situation zu besprechen, sondern es greift viel tiefer.

Ich zeige nur ein Beispiel auf, das auch im Gesamtkontext zu sehen ist, das ist die soziale Wertschöpfung im Miteinander, wie sie bereits in den Sportvereinen praktiziert wird. Gerade die Vereine sollen dafür sorgen, dass es zu Toleranz und zu Anerkennung kommt. Wenn man hier nicht aufpasst, wird man auch nicht in der Gesamtheit dafür sorgen, dass diese Gewalt zurückgeht. - Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Hoffmann! - Nunmehr hat für die Fraktion der PDS die Frau Kollegin Baba das Wort. - Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Gewalt zu ächten ist eine der vornehmsten und vordringlichsten Aufgaben der Menschen. Amnesty International hat im letzten Jahr eine Studie über Folter und Misshandlung von Frauen vorgelegt, in der das weltweite Ausmaß von Menschenrechtsverletzungen gegen Frauen belegt wird. Es ist ein Fakt: Gewalt gegen Frauen ist eine der häufigsten Menschenrechtsverletzungen. Das ist in Deutschland nicht anders, auch wenn das veröffentlichte

Bild von Frauen und Männern, von Familien mit Kindern und Großeltern Harmonie und Frieden vermitteln will.

Der gewalttätige Mann ist ein normaler Mann. Diese Erkenntnis hatte es schwer, sich durchzusetzen. Hier ist ausdrücklich den Aktivistinnen aus der Frauenbewegung zu danken.

[Beifall bei der PDS]

Ohne die praktische Lebenshilfe, die sie den Frauen in Gewaltbeziehungen gegeben haben, ohne ihre Forderungen nach finanzieller staatlicher Unterstützung von Frauenhäusern, ohne ihr engagiertes Auftreten in der Öffentlichkeit hätte es den Paradigmenwechsel nie gegeben.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Gewalt in der "guten Stube" - das sind nicht nur Schläge, Schütteln und Schubsen bei einem Streit, auch Drohungen mit Gewalt oder Selbstmord. Die Drohungen, die Kinder wegzunehmen oder zu verletzten, gehören dazu. Die Dunkelziffer ist hoch, weil die psychische Situation von Frauen besonders schwierig ist. Sie werden von ihren eigenen Partnern oder Ehemännern misshandelt. Das Gewaltschutzgesetz, das seit dem 1. Januar dieses Jahres gilt, erleichtert es der Frau, ihre Rechte gegen den Mann durchzusetzen. Aber diesen Schritt muss die Frau erst einmal bereit sein, zu gehen. Es ist deshalb besonders wichtig, der verdeckten Gewalt nachzuspüren und damit die Dunkelziffer weiter aufzuhellen. Insofern ist es ein Erfolg, wenn wir in diesem Bereich steigende Zahlen verzeichnen können. Sie künden nicht vom Anstieg häuslicher Gewalt, sondern sind Ausdruck einer sinkenden Dunkelziffer. Hier darf nicht verkannt werden, welche Auswirkungen zunehmende Arbeits- und Perspektivlosigkeit von Männern und Frauen in der globalisierten und flexibilisierten Arbeitswelt künftig noch auf das Gewaltpotential in der Familie haben werden.

Abhängigkeit vom Mann ist der Dreh- und Angelpunkt. Diese Erkenntnis muss ich nicht weiter untermauern, wenn ich auf die besondere Situation von Migrantinnen und behinderten Frauen zu sprechen komme. Migrantinnen werden nicht häufiger geschlagen als andere Frauen, aber sie befinden sich in ganz besonderen Abhängigkeitsverhältnissen. Gewalt gegen Frauen ist ein Problem von Männern. In Abhängigkeit vom Herkunftsland und von Migrationsbedingungen haben Migrantinnen unterschiedlichen rechtlichen und sozialen Status. Wenn sie sich aus der Gewaltsituation lösen wollen, müssen sie oft ihre Eingebundenheit in

ihre ethnische Gemeinschaft aufgeben. Sie riskieren mehr als andere Frauen - ein Leben in existenzieller und materieller Unsicherheit. Das geltende Ausländerrecht zwingt Migrantinnen in die totale Abhängigkeit vom Mann. Frauen, die ihrem Mann nach Deutschland folgen, werden auf ihrer Suche nach Unterstützung auf Grund ihrer sprachlichen, kulturellen und religiösen Zugehörigkeit oder Herkunft oder auf Grund ihrer Hautfarbe diskriminiert und sind besonderen Vorurteilen ausgesetzt. Selbst wohlmeinende Beschäftigte in den Behörden sind hilflos, wenn sie mit den Problemen von Migrantinnen konfrontiert werden, die sich in diesem Sozialsystem der Sprache und der deutschen Gepflogenheiten nicht auskennen und manchen guten Rat auch missverstehen oder nicht in der Lage sind, wohlmeinende Unterstützung anzunehmen.

Schon immer haben sich die Frauenhäuser besonders um diese Bevölkerungsgruppe gekümmert. Der Anteil von Migrantinnen in den Berliner Frauenhäusern, der mit 40 bis 50 % angegeben wird, war immer hoch, weil Migrantinnen weniger Möglichkeiten hatten, bei Freunden oder Familienmitgliedern Unterschlupf zu finden. Wir sind froh, dass mit dem interkulturellen Frauenhaus und der Beratungsstelle in Zehlendorf endlich ein Projekt auf den Weg gebracht wurde, das sich speziell um diese Frauen kümmert. Hier sind die Mitarbeiterinnen besonders geschult. Sie sprechen mehrere Sprachen. Sie haben selbst Migrationserfahrung und genießen dadurch schon einen Vertrauensvorschuss. Anders als deutsche Frauen haben Migrantinnen keine Sicherheit, kein soziales Netz. Oft sind sie ohne Beruf und ohne Arbeitserlaubnis. Bei ihnen bedeutet die Trennung vom Mann in der Regel Trennung von der ganzen Familie.

Neuerdings verweisen Sozialämter gern auf die Möglichkeit des Gewaltschutzgesetzes, den Täter aus der Wohnung zu verweisen. Aber gerade bei Migrantinnen ist es häufig wichtig, aus dem alten Umfeld herauszukommen. Sie brauchen dann aber als mittellose Frauen auch die Unterstützung des Sozialamtes, um eine Wohnung für sich und ihre Kinder zu finden. Im interkulturellen Frauenhaus hängt ein Plakat mit dem ermutigenden Slogan: "Seine Sprache heißt Gewalt - Sie muss nicht sprachlos bleiben". Aber die Migrantinnen beherrschen oft die deutsche Sprache nur ungenügend und sind auf besondere Vermittlungshilfen angewiesen. Deshalb sind als präventive Einrichtungen auch solche Vereine und Initiativen unverzichtbar, die der sozialen Isolation und Diskriminierung von Migrantinnen entgegen wirken. Gleiches gilt für Frauen, die es wegen

ihrer physischen und psychischen Verfassung besonders schwer haben, sich gegen Gewalt zur Wehr zu setzen. Hier ist besondere Hilfe gefragt, und wir werden uns dem Thema auch noch besonders zuwenden müssen. Nach dem Berliner Aktionsplan gegen häusliche Gewalt, der im März diesen Jahres auf den Weg gebracht wurde, soll es als erstes ein stationäres Angebot für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen in der Psychiatrie geben.

Die dritte bei häuslicher Gewalt besonders betroffene Gruppe sind die Kinder. Hier besteht aus meiner Sicht weiterer Regelungsbedarf. Das betrifft das Sorge- und Umgangsrecht, aber auch ein eigenständiges Antragsrecht für die Kinder. Das Gewaltschutzgesetz ist erst seit ein paar Monaten in Kraft, aber aus gutem Grund gibt es einen rechtstatsächlichen Forschungsauftrag zum Gewaltschutzgesetz, worum sich Berlin auch beworben hatte. Etwa notwendige Nachbesserungen sind überhaupt nicht ausgeschlossen. Wir sollten darauf achten, die besonderen Umstände bei Kindern gebührend zu berücksichtigen.

Damit bin ich schon bei der Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes. Dass mit Wirkung zum 1. Januar 2002 das Gewaltschutzgesetz verabschiedet wurde, ist ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung gewesen. Nicht alles, was aus Berliner Sicht auf Grund der Erfahrungen von BIG und dem Runden Tisch als geboten erachtet wurde, ließ sich durchsetzen. Dazu gehören beispielsweise auch die Zuständigkeit sowohl von Familien- als auch von Zivilgerichten. Es ist jedenfalls positiv zu bewerten, wenn die anfänglichen Schwierigkeiten in den Rechtsantragstellen von Gerichten, wo verschiedentlich Frauen nicht richtig beraten oder hin- und hergeschickt wurden, weitgehend überwunden sind. Hier ist die entsprechende Fortbildung und Sensibilisierung unerlässlich. Dennoch erscheint mir der Gedanke, die Zuständigkeit zu konzentrieren, nicht abwegig und sollte einer gründlichen Prüfung unterzogen werden. Wir sollten genau beobachten, ob die Frist von 14 Tagen, die wir für die Wegweisung nach ASOG ins Auge gefasst haben, ausreicht, um eine gerichtliche Entscheidung nach dem Gewaltschutzgesetz zu erwirken, welche Probleme es beim Vollzug der Verweisung gibt und wie solche Anordnungen eingehalten werden.

Der Frauenausschuss hat gestern gerade aus frauenpolitischer Sicht wichtige Änderungen zum ASOG beschlossen. Was die Aufgabenfelder der Justiz betrifft, so hat eine Umfrage bei den Gerichten ergeben, dass selbst bei starkem Publikumsandrang eine Wartezeit von höchstens

zwei Stunden vorkommt. Es soll sogar möglich sein, die gerichtliche Entscheidung noch am selben Tag zu erlassen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Hier erwarten wir von der Justizsenatorin, Frau Schubert, dass sie dies weiter streng kontrolliert.

[Gram (CDU): Ja, das tun wir!]

Verzögerungen, die sich daraus ergeben können, dass nach einer polizeilichen Wegweisung aus der Wohnung die Anschrift des Tätern nicht bekannt ist, braucht es künftig nicht zu geben, wenn der Rechtsausschuss der gestern im Frauenausschuss verabschiedeten Beschlussempfehlung folgt. In Anbetracht dessen, dass wir uns im Zusammenhang mit der ASOG-Änderung nun schon mehrfach auf die Frist von 14 Tagen verständigt haben, will ich dazu jetzt nichts weiter sagen und mich zum Schluss den Interventionsmöglichkeiten zuwenden, vor allem in der Täterarbeit.

Frau Kollegin! Sie müssten bloß bitte zum Ende kommen.