Herr Senator Böger! Warum betrachten Sie die Eltern als Einnahmequelle oder – wie der Berliner sagt – als Melkkühe und überlegen nicht stattdessen, wie man den Eltern helfen kann oder wie man die Familien entlasten kann?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Rabbach! Ich bin nicht für den Agrarbereich zuständig. Melken käme mir nie in den Sinn. Im Übrigen scheint mir das ein Problem vorformulierter Fragen zu sein. Hätten Sie mir zugehört, hätten Sie feststellen können, dass ich gerade das Gegenteil gesagt habe. Ich wiederhole es aber gern: Wenn ich mich im Bereich des Wünschbaren bewegen darf – das muss einem Senator auch gestattet sein –, dann halte ich es aus gesellschafts- und bildungspolitischen Gründen für kreuzverkehrt, ausgerechnet in den Kitas Gebühren zu nehmen. Das ist eine Struktur, die wir in der Bundesrepublik Deutschland haben. Das hat nichts mit CDU, SPD, Grünen, FDP oder PDS zu tun, sondern das ist überall so geregelt. Ich halte das bildungsund gesellschaftspolitisch für nicht richtig.
Das Zweite ist: Wenn wir nun Gebühren nehmen wie alle anderen Städte und Gemeinden auch, sind wir in unserer Gebührenstaffelung eher im unteren Mittelfeld.
Dabei muss man Folgendes beachten: Auch in diesem Bereich darf der Kindergartenbesuch nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sei.
Wir brauchen dringend eine soziale Komponente. Wir können bei denjenigen, die leistungsfähiger sind, entsprechend mehr nehmen. Das sieht das Gesetz, das – ich glaube, auch mit Ihrer Stimme, Herr Kollege – beschlossen wurde, vor.
Hier soll niemand gemolken werden, sondern die Eltern sollen ermuntert werden, ihre Kinder in gut ausgestattete Kitas – dabei können wir noch eine Menge tun – mit gutem pädagogischen Personal zu bringen. Das ist bildungspolitisch sinnvoll und erwünscht. [Beifall bei der SPD]
Danke schön, Herr Senator! – Das Wort zu einer weiteren Anfrage hat nun der Kollege Brauer von der PDS-Fraktion zum Thema
1. Wie schätzt der Senat die Folgen der vorläufigen Haushaltswirtschaft – 2. HWR der Senatsverwaltung für Finanzen vom 24. Juli 2002 – auf die Berliner Kulturlandschaft ein?
2. Was wird unternommen, um drohenden Substanzverlusten für die freie Szene und der problematischen Situation in den Bezirken zu begegnen?
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Brauer! In der Tat können auf Grund der vorläufigen Haushaltswirtschaft derzeit nur solche Maßnahmen und Förderungen durchgeführt werden, zu denen das Land Berlin rechtlich oder vertraglich verpflichtet ist. Somit
konnten aber immerhin alle im Haushaltsplan 2002 vorgesehenen institutionellen Zuschüsse und Zuwendungen grundsätzlich ohne Einschränkung bewilligt werden.
Durch die mit dem Haushaltswirtschaftsrungschreiben des Finanzsenators vom 24. Juli erneut verfügte Haushaltssperre würden vor allem die Künstlerförderung und die Projektförderung im Bereich der freien Gruppen getroffen. Zur Kulturlandschaft Berlins gehören aber eben nicht nur die institutionell geförderten Einrichtungen, sondern ebenso als ein wesentlicher Bestandteil die freie Szene in den verschiedenen Kunstsparten. Ohne eine öffentliche Förderung, die im Vergleich zu den institutionell geförderten Kultureinrichtungen relativ gering ist, und ohne ein Mindestmaß an Planungssicherheit können das künstlerisch hohe Niveau und die Experimentierfreudigkeit der freien Szene nicht erhalten bleiben.
Zu Ihrer zweiten Frage: Die Förderung der freien Szene und die Beachtung der problematischen Situation in den Bezirken sind Schwerpunkte seit Übernahme meines Amtes. Ich habe bereits zu Beginn des Jahres veranlasst, dass trotz der damaligen vorläufigen Haushaltswirtschaft die Vorbereitung auf die zahlreichen Ausschreibungen und Auswahlverfahren, die Voraussetzung für die Fördermaßnahmen der freien Szene sind, durchgeführt werden konnten. Obwohl die Mehrzahl der freien Projekte traditionell für das zweite Halbjahr vorgesehen sind, wurde auch ein Großteil der für das erste Halbjahr vorgesehenen Projekte freigegeben. Dies betrifft beispielsweise die Arbeitsstipendien für bildende Künstlerinnen und Künstler und für Autorinnen und Autoren oder laufende Veranstaltungsreihen, wie die „Unerhörte Musik“ in der BKA und Ähnliches. Ebenso wurden – in Übereinstimmung mit den haushaltswirtschaftlichen Vorgaben – alle Projekte freigegeben, bei denen die Finanzierung mindestens zu 50 % aus Drittmitteln geleistet wurde.
Der Senat hat auf seiner letzten Sitzung – auf Vorschlag des Kultursenators – eine Vorlage beschlossen, wonach 500 000 $ für die Förderung der freien Kulturszene unter den Bedingungen der Haushaltswirtschaft entsperrt werden. Damit können insbesondere in den Bereichen, die von der Haushaltssperre betroffen wurden – eben die freie Szene –, Akzente gesetzt werden. Dies betrifft insbesondere die Förderung der Literatur, das freie Theater und die Musikszene, Künstlerinnen und Künstler aus dem Ausland und das Künstlerinnen- und Künstlerprogramm. Insgesamt können mit diesen Mitteln in diesem Jahr noch 38 Stipendien, 16 Veranstaltungsreihen und 12 Projekte finanziert werden.
Zur Situation in den Bezirken: Es ist ein Bezirkskulturfonds in Höhe von 511 000 $ eingerichtet worden, der nach dem bekannten Verteilungsschlüssel auf die Bezirke verteilt wird. Diese Mittel wurden den Bezirken zur Selbstbewirtschaftung überlassen. Die Bezirke sind bei der Bewirtschaftung dieser Mittel gehalten, sich an die Grundsätze der Haushaltswirtschaft zu halten.
Danke schön, Herr Senator! – Der Kollege Brauer hat keine Nachfrage. Frau Ströver hat aber eine. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Senator! Angesichts der Tatsache, dass bekannt geworden ist, dass mit den von Ihnen beantragten Entsperrungsmitteln nicht die gesamte Summe freigegeben wurde, möchte ich gerne wissen, welche Projekte akut gefährdet sind und wie es sein kann, dass eine Vielzahl der Bezirksprojekte, die durch den Landestopf kofinanziert werden, nicht stattfinden können, weil weder die Bezirke noch das Land die Mittel freigegeben haben.
Um mit der letzten Frage zu beginnen: Es ist nicht Sache des Landes, diese Mittel freizugeben, sondern sie sind – wie ich darstellte – Selbstbewirtschaftungsmittel der Bezirke. Es liegt in der Verantwortung der Bezirke, diese in Übereinstimmung mit den haushaltswirtschaftlichen Grundsätzen freizugeben.
Bezüglich der Auswahlkriterien ist klar, dass es, wenn ein Fördervolumen von 750 000 $ durch die Jurys bewilligt wurde, kompliziert ist, nachträglich die im Senat durchgesetzte Summe in Höhe von 500 000 $ umzusetzen. Wir haben uns von folgenden Kriterien leiten lassen: Gibt es Veranstaltungen darunter, die auch ohne den gekürzten beziehungsweise gestrichenen Zuschuss durchgeführt werden können? – Es hat sich gezeigt, dass es davon einige gibt. – Gibt es die Chance, für die Projekte anderweitig Mittel zu akquirieren? Welche Projekte sind in diesem Jahr absehbar noch nicht realisierbar oder zuwendungsreif? – Solche Projekte hat es auch im Theaterbereich gegeben. – Welche Vorhaben können auch zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden? Das sind vorläufige Kriterien. Wenn es darum geht, den Mangel zu verwalten, gibt es Ungerechtigkeiten. Trotzdem haben wir versucht, uns mit großer Rationalität an diese Aufgabe zu machen. In den nächsten Tagen wird es entsprechende Zuwendungs- und Ablehnungsschreiben geben. Ich hoffe, dass die freie Szene Verständnis dafür hat und zu würdigen weiß, dass diese Mittel zu 75 % freigegeben wurden. Außerdem werden wir darauf hinweisen, dass die von der Jury bereits positiv bewerteten Projekte bei der Vergabe des nächsten Jahres entsprechend berücksichtigt werden.
Herr Senator! Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass angesichts der Entwicklung der freien Szene nur fünf Prozent der Mittel, die für Kulturförderung insgesamt zur Verfügung stehen, bereitstehen? Halten Sie es nicht auch für ein großes kulturpolitisches Problem, dass immer weniger Mittel für die freie Kultur und immer mehr Mittel für die institutionelle Kultur zur Verfügung stehen?
Im Grundsatz stimme ich Ihrer Einschätzung zu. Ich verweise aber darauf, dass die Strukturen in dem Haushalt und in der Kulturlandschaft seit Jahren verfestigt sind. Es bedarf eines längeren Prozesses und einer breiten Akzeptanz – auch hier im Haus –, um entsprechende Veränderungen vorzunehmen. Sie wissen, dass gerade im institutionellen Bereich die vertraglichen und rechtlichen Bindungen lang sind. Es wird eine Aufgabe sein, im Rahmen einer zu verabredenden kulturpolitische Strategie des Senats Umsteuerungen vorzunehmen. Die Koalitionsvereinbarung hat sich dazu deutlich bekannt. Im Unterschied zu den Vorgängerregierungen – auch zur unmittelbaren – wurden inzwischen deutlich mehr Mittel für die freie Szene freigegeben. Verschiebungen der früheren Jahre konnten vermieden werden. Das Grundproblem bleibt jedoch bestehen. Da haben Sie Recht.
Ich rufe nun die Frage 9 statt der Frage 4 auf. Der Kollege Schmidt von der Fraktion der FDP hat das Wort zu einer Frage über
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich frage den Senat: Wann will der Senat dem Urteil des OVG Berlin nachkommen, die Zweite Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum als aufgehoben anzuerkennen und dementsprechend zu handeln?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Wir vertreten die Auffassung, dass es in Berlin in bestimmten Segmenten der Wohnungsversorgung tatsächlich noch einen Wohnungsmangel gibt und es deshalb sinnvoll ist zu unterbinden, dass gute Wohnungen in Gewerberäume umgewandelt werden. Das hat einen Preiseffekt für die Mieter. Das hat aber auch etwas mit der Wohnraumversorgung selbst zu tun. Deswegen hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eine Revisionsnichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Über diese ist noch nicht entschieden. Erst wenn das der Fall ist, kann über das weitere Vorgehen beraten werden.
Herr Senator! Ihre Position hat auch Frau Senatorin Schubert diese Woche im Ausschuss vertreten. Ich frage Sie nur: Teilt der Senat Ihre Auffassung, oder wie ist zu bewerten, dass Ihr Kollege Körting die Zweckentfremdungsverbotsverordnung an Punkt 6 seiner 68 Vorschläge zur Vereinfachung und Entbürokratisierung der Berliner Verwaltung aufgeführt hat?
Herr Abgeordneter! Sie haben es versucht. Es ist aber kein Dissens. In dem Papier hat der Kollege Körting vorgeschlagen, dass die Zweckentfremdungsverbotsverordnung so verändert wird, dass man sie für einzelne Gebiete einsetzen kann und nicht nur wie gegenwärtig für das gesamte Stadtgebiet.
Das wäre eine gute Möglichkeit, eine solche Bundesratsinitiative ist allerdings bisher nicht erfolgreich gewesen. Gleichwohl wäre es natürlich sinnvoll, in monostrukturierten Gebieten zu sagen: Lasst dort Arbeitsplätze entstehen, wenn ihr die Wohnungen nicht voll bekommt, um dort entsprechende Dienstleistungen unterzubringen. Da das aber nicht möglich ist und wir das Gesamtinteresse der Stadt im Auge haben müssen, muss es dabei bleiben, dass die Zweckentfremdungsverbotsverordnung weiterhin für das gesamte Stadtgebiet gilt.
Des Weiteren frage ich den Senat: Ist es richtig, dass Senator Körting diese Liste allein entworfen hat? Und geschah dies, weil es in seiner Senatsverwaltung, wie zu hören war, niemand gegeben hat, der Entrümpelungsbedarf in den Berliner Gesetzen und Verordnungen feststellen konnte?
Wer möchte antworten? Ich habe Mühe, den Sachzusammenhang mit der Frage zu erkennen. Aber bitte, wenn der Senat die Beantwortung wünscht. – Herr Senator Strieder!
Selbstverständlich wollen wir diese Frage beantworten. Sie sehen, Herr Kollege Schmidt, der Senat arbeitet persönlich. Und der Innensenator hat sich mit seinen 68 Vorschlägen sehr verdient gemacht. Ich sehe sogar noch weiteren Entrümpelungsbedarf in den Vorschriften der Berliner Bürokratie. Wir müssen nämlich aufpassen, dass wir nicht, wenn wir sozial schützen wollen und deswegen staatliche Rahmenbedingungen aufstellen, vom Schutz zur