Meine Frage richtet sich ebenfalls an Herrn Strieder. Wie steht der Senat zu den bevorstehenden und sich zeitweise überlagernden Verkehrseinstellungen bzw. -einschränkungen auf der S-Bahnstrecke nach Wannsee – Wannseebahn – und der U-Bahnstrecke nach Krumme Lanke? Inwieweit kommt darin eine kundenfreundliche Koordination von Baumaßnahmen im ÖPNV-Netz zum Ausdruck?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Nach der Teilung der Stadt und der damit verbundenen Sanierungsnotwendigkeit großer Teile des öffentlichen Personennahverkehrs ist der Senat in erster Linie froh und glücklich darüber, dass diese Sanierungsmaßnahmen nun endlich zügig vorangehen, auch der Abschluss dieser Sanierungsmaßnahmen zügig erwartet werden kann. Ich finde, wir sollten diejenigen, die wir über Jahre hinweg aufgefordert haben, endlich das Nahverkehrssystem zu modernisieren, jetzt nicht kritisieren, wenn sie es tun.
Die technischen Notwendigkeiten, den Verkehr dabei zu sperren, liegen auf der Hand. Wir haben in der Tat versucht, andere Maßnahmen zu ergreifen, diese hätten jedoch zu weiteren Verzögerungen geführt. Ich sage auch ganz deutlich an die Berlinerinnen und Berliner gewandt: Wir werden im Zusammenhang mit der Umlegung der Gleisanschlüsse für den jetzt noch so genannten Lehrter Bahnhof erhebliche Probleme in der Stadt bekommen. Wir freuen uns darüber, dass das, was schon längst fertig sein sollte, jetzt endlich kommt. Wir sind auch bereit, für einige Wochen Behinderungen hinzunehmen, weil der Gewinn davon sein wird, dass wir ein leistungsfähiges und modernes Nahverkehrssystem in Berlin haben werden.
Ist es dabei der Beliebigkeit der Verkehrsträger überlassen, wann und wie sie das machen? Diese Überschneidungen führen ja nun wirklich zu katastrophalen Verhältnissen.
Herr von Lüdeke! Ich sage noch einmal: Wenn jetzt im Sommer, in der Sommerpause, diese Arbeiten durchgeführt werden, dann stehen die Verkehrssysteme wieder zur Verfügung, wenn alle Berlinerinnen und Berliner wieder aus den Ferien zurück sind und der Berufsverkehr einsetzt. Unser Interesse war die Beschleunigung dieser Maßnahmen und nicht eine weitere Verzögerung dadurch, dass man sie in Salamitaktik zerstückelt und nacheinander abarbeitet. Es gibt ein paar Behinderungen, das gebe ich zu, es gibt Ersatzverkehre, die sind nicht so bequem wie die U- und die S-Bahn. Aber wenn wir jetzt schnell machen, haben wir mehr Gewinn für die Stadt, als wenn wir selbst dafür sorgen, es weiter hinaus zu zögern.
Meine Frage richtet sich an den Bildungssenator Böger. Ich möchte wissen: Was hält der Bildungssenator von der Ankündigung des Bundeskanzlers in seiner heutigen Regierungserklärung eine Kommission zum Thema Bildung einzurichten?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Ja, lächeln Sie nicht, Herr Kollege Wieland! Diese Frage ist unter Föderalismusaspekten eine sehr schwierige,
aber ich gehe einmal davon aus, dass meine Kollegen aus der Kultusministerkonferenz mir nicht zuhören. Ich verantworte und begrüße es außerordentlich, dass sich der Bund für Bildungspolitik zunehmend interessiert und, um Standards zu setzen und Vergleichbarkeit herzustellen, eine Bildungskommission einrichten wird. Noch mehr, Herr Kollege Wieland und Frau Abgeordnete, begrüße ich allerdings die konkrete Aussage der Bundesregierung, dass im Haushaltsplan für die kommenden Jahre 4 Milliarden $ eingestellt sind, um Gesamtschulen in Deutschland voranzubringen. Das finde ich eine sehr begrüßenswerte Tat.
Sie meinten Ganztagsschulen, Herr Senator. Ich begrüße es ebenfalls, dass 4 Milliarden $ zur Verfügung gestellt werden sollen. Haben Sie eine Vorstellung, in welcher Größenordnung Berlin davon profitieren könnte?
Ich höre gerade, der Kollege Wieland, der sich ja auch für ein Bundestagsmandat bewirbt, wird dafür sorgen, dass wir 45 % bekommen.
In dem Sinne wünsche ich Ihnen ausnahmsweise, Herr Kollege Wieland, dafür guten Erfolg. Allein, ich befürchte, dass die Aufteilung einer solchen Summe sich nach Bevölkerungsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland richtet. Da gibt es ja bekannte Schlüssel, von denen ich nicht hoffe, dass sie angewendet werden, weil ich glaube, man muss hier auch die besonders schwierige Situation in Großstädten in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt berücksichtigen. Insofern erhoffe ich mir, dass Berlin bei dieser Einrichtung von Ganztagsschulen einen größeren Batzen abbekommt.
Ich habe eine Frage an den Senator Strieder. Mich würde die Rechtsauffassung des Herrn Senators zur Zweckentfremdungsverbotsverordnung interessieren in Anbetracht dessen, dass heute ein Gerichtsurteil zu erwarten ist. In welcher Form wird der Senat dann mit diesem Urteil umgehen?
In der Tat verhandelt das Oberverwaltungsgericht derzeit über die Gültigkeit der Zweckentfremdungsverbotsverordnung in Berlin. Diese Verordnung hat zwei wesentliche strukturelle Gründe. Der eine ist, dass die Umwandlung von Wohnraum in Gewerberaum natürlich den
Mieterinnen und Mietern Möglichkeiten entzieht, Wohnraum zu mieten. Das wird gern gemacht, weil die Gewerberäume viel teurer zu vermieten sind als die Wohnungen. Das heißt, das dient einfach nur dem besseren Geldverdienen der Eigentümer dieser Häuser.
Und auf der anderen Seite hat es einen strukturellen Hintergrund. Wir sind nämlich der Auffassung, dass es richtig ist, an dem Leitbild der gemischten Stadt festzuhalten, einer Stadt, die auch von den Funktionen her gemischt ist und wo Wohnen und Arbeiten zusammen ist. Es nützt niemandem, wenn in Berlin ganze Straßenzüge in der Innenstadt entstehen, in denen nur gearbeitet wird,
wo um 20 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden und wo Menschen nicht mehr wohnen. Das ist auch ein Grund, weshalb wir an der Zweckentfremdungsverbotsverordnung festhalten wollen. Im Übrigen will ich auch darauf hinweisen: Es gibt keinen Anlass zu behaupten, dass alle Marktsegmente des Mietwohnungsbaus in Berlin etwa zu gut ausgestattet seien. Es gibt durchaus Segmente im preiswerten Wohnungsbau, wo wir sagen, dass wir einen Bedarf haben, obwohl an anderer Stelle teurere Wohnungen leer stehen.
Was das Gericht entscheiden wird, weiß ich nicht. Ich will auch dem Gericht nicht vorgreifen. Wir werden uns mit jeder Entscheidung des Gerichts dann entsprechend auseinander zu setzen haben.
Mich würde noch interessieren, Herr Senator Strieder, ob Ihnen bewusst ist, dass die Ermächtigung für eine Zweckentfremdungsverbotsverordnung auf dem Vorliegen der Knappheit an dem Gut Wohnung beruht. Sind Sie der Meinung, dass es in Berlin in der Gesamtheit eine Knappheit an dem Gut Wohnung gibt?
Herr Schmidt, ich habe gerade schon darauf Bezug genommen, indem ich dem landläufigen Urteil entgegentreten wollte, wenn 100 000 Wohnungen in der Stadt leer seien, bedeute das, es gebe einen entspannten Wohnungsmarkt in jedwedem Segment. Wir haben keinen entspannten Wohnungsmarkt in dem Segment der sehr preiswerten Wohnungen. Und da wir in einer Stadt mit einer hohen Arbeitslosigkeit, einer hohen Zahl von Sozialhilfeempfängern und einer geringen Kaufkraft sind, ist das Interesse zumindest dieses Senats, sicherzustellen, dass preiswerter Wohnraum in der Stadt weiterhin vorhanden ist.