Wenn es stimmt, dass Frankfurt am Main als deutsche Bankenmetropole eine höhere gewerbliche Dichte hat – was wird der Senat in Umsetzung dieser Erkenntnisse tun, die auch Kritik an bisherigen Einschätzungen darstellen?
Herr Abgeordneter Pewestorff! Es gibt eine Reihe von Förderinstrumenten, die bisher ausschließlich auf das produzierende Gewerbe ausgerichtet sind. Einstweilen bleibt das auch so. Da beschweren sich auch häufiger der Handel und Dienstleistungen bei uns, dass sie in bestimmte Fördermaßnahmen nicht hineinkommen. Das heißt, im Bereich der Fördermaßnahmen hat das produzierende Gewerbe weiterhin ein gewisses Prä.
Sie kennen auch das Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich. Auch das ist ein Versuch, insbesondere dem produzierenden Gewerbe, das in bestimmten Bereichen nicht eine so hohe Wertschöpfungsquote wie andere Bereiche hat, Standortmöglichkeiten zu geben. Das sind zwei Beispiele dafür, dass auch dieser Bereich weiterhin unsere Aufmerksamkeit genießt.
Beteiligungsrechte der freien Jugendhilfe bei anstehenden Kürzungen bei Kitas durch das Haushaltsentlastungsgesetz 2002/2003 eingehalten?
1. Ist der Senat der Überzeugung, dass bei den anstehenden Kürzungen bei Kitas durch das Haushaltsentlastungsgesetz 2002/2003 die frühzeitige Beteiligung der Vertreter der freien Jugendhilfe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie dem Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz abgesichert wurde?
2. Wie wird der Senat sicherstellen, dass die Stellungnahmen der Träger der freien Jugendhilfe in das weitere Gesetzgebungsverfahren einbezogen werden, und wie erhalten die Fraktionen rechtzeitig vor der Verabschiedung des Haushaltsentlastungsgesetzes im Hauptausschuss davon Kenntnis?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Steuer! Zu 1: Weder das Sozialgesetzbuch VIII – Kinder- und Jugendhilfegesetz – noch das Ausführungsgesetz enthält Vorschriften über eine Beteiligung der Träger der freien Jugendhilfe. Es gelten hier die gleichen Regelungen für das Gesetzgebungsverfahren wie in anderen betroffenen Bereichen. Dennoch wurde dieses Thema im Sinne einer wohlverstandenen Partnerschaft in Zusammenarbeit und Umgangsweise von Anfang an auch mit Trägervertretern kommuniziert. So hat die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport im Landesjugendhilfeausschuss frühzeitig die anstehenden Änderungen und Vorhaben angesprochen und hierüber berichtet. Die Träger haben auch in großem Umfang uns gegenüber die aus ihrer Sicht drohenden Schwierigkeiten angesprochen. Und natürlich sind diese Hinweise und Stellungnahmen aufgenommen und im Rahmen der Entscheidungen auf Ebene des Senats im Rahmen der erforderlichen Haushaltskonsolidierung diskutiert und bewertet worden. – Es steht dem Abgeordnetenhaus im Übrigen frei, Träger der freien Jugendhilfe bzw. deren Vertreter im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens anzuhören. Wenn ich mich richtig erinnere, ist das auch schon im Bildungsausschuss geschehen.
Zu 2: Gemäß Senatsbeschluss vom 21. Mai 2002 müssen die erforderlichen Beteiligungsverfahren der Verbände und die Stellungnahmen des Rates des Bürgermeister parallel zur Gesetzeseinbringung erfolgen und deren Ergebnisse nachgereicht werden. Die zu beteiligenden Verbände wurden am 24. Mai 2002 um Stellungnahme gebeten. Bis heute ist mit Schreiben vom 10. Juni 2002 erst eine Stellungnahme der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin eingegangen. Die Liga nimmt insbesondere Stellung zur Veränderung des Personalschlüssels und der Öffnungszeiten der Horte, der Freistellung der Leiterinnen und der Übertragung der Kindertageseinrichtungen auf freie Träger. Nach eigenem Bekunden der Liga liegen den Fraktionen des Abgeordnetenhauses bereits mehrere entsprechende Stellungnahmen seitens der Liga vor.
Herr Senator! Verstehen Sie es als eine wohlverstandene Umgangsweise, wenn die Träger erst am 24. Mai von Ihnen ein Schreiben erhalten über einen Sachverhalt, der
schon seit Wochen in der Stadt diskutiert wird? Der 24. Mai war ein Freitag. Am darauf folgenden Mittwoch – also im Prinzip nach nur zweieinhalb Arbeitstagen – fand die 2. Lesung dieses Haushaltstitels im Hauptausschuss statt. Finden Sie nicht, dass dieser Zeitraum etwas knapp war? Und hätte dieser Brief nicht schon Wochen vor dem 24. Mai verschickt werden können?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Steuer! Abgeordnete leben in dieser unserer Stadt und die Verbände auch. Wir alle diskutieren über die hier in Rede stehenden Konsolidierungsmaßnahmen im Grunde genommen schon zwei bis drei Monate. Insofern ist es ein Höchstformalismus, wenn jetzt insinuiert wird, dass die Wohlfahrtsverbände mit Datum vom 24. Mai zu ihrer kompletten Überraschung zum ersten Mal hören, dass der Senat auf diesem Gebiet leider Veränderungen vornehmen muss. Das kann so nicht zutreffen.
Im Übrigen hat mein Haus – auch ich persönlich – Treffen mit den Spitzenverbänden gehabt, in denen über die gedachten Vorhaben informiert und auch diskutiert wurde. Insofern ist diese kurze Frist deshalb vertretbar, weil der Sachverhalt schon längst allen bekannt war.
Herr Senator, meinen Sie, dass die Folgen eines solchen Umgangs mit den Trägern – nämlich eventuelle Kitastreiks, wie sie unter dem rot-grünen Senat 1989 stattfanden – für die Stadt verträglich sind?
Herr Präsident! Herr Steuer! Es kann keine Rede davon sein, dass das eine gerechtfertigte Folge eines – im Übrigen rechtswidrigen – Streiks sei. Das Land Berlin befindet sich nicht in Tarifverhandlungen. Insofern gibt es keine Ebene für einen Streik. Dieser Anlass kann nicht gegeben sein, weil eine sehr intensive Information und Auseinandersetzung mit den verschiedensten Trägern stattgefunden hat. Dass sie eine andere Auffassung haben, die auch beachtenswert ist, bestreite ich nicht. Auch diese Einwände wurden erwogen aber dann zurückgestellt. Im Übrigen hat das zu einigen Verbesserungen geführt. – Insofern kann davon keine Rede sein.
Wenn ich es richtig sehe, handelt es sich bei dem angedrohten Streik um eine Erzwingungsstreik gegenüber dem Parlament, nämlich mit der Absicht – das müsste aber der Senator für Inneres beantworten –, dass in Tarifverträgen – was es nirgendwo gibt – Gruppengrößen festgeschrieben werden. Wenn dies neuerdings die Haltung der Union wäre, würde mich das sehr interessieren. Das wäre revolutionär.
Doktor oder nicht – vielleicht haben Sie mich mit Frau Dr. Barth verwechselt, aber die bin ich – Gott sei Dank! – nicht.
Herr Böger, wer wurde – neben der Liga – noch angeschrieben? Halten Sie es wirklich für demokratisch, wenn eine Frist für eine Stellungnahme gesetzt wird und dann schon einmal ein Ausschuss über das besagte Gesetz entscheidet, und zwar bevor die Frist abgelaufen ist? Ist Ihnen
bewusst, dass dieses Verfahren, nämlich Stellungnahmen einzuholen, viele Protestschreiben zu bekommen und dennoch unverändert zu entscheiden, in großem Maß zur Politikverdrossenheit der Eltern in dieser Stadt beiträgt?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Ich kann Ihnen mitteilen, wer angeschrieben wurde: Verdi, GEW, die Liga der Spitzenverbände, der Dachverband der Berliner Kinder- und Schülerläden und der Landeselternausschuss. Das sind die, die mir bekannt sind. Das sind Dachverbände, die ihre einzelnen Mitglieder informieren. Die Information und das Gespräch jenseits dieser formalen Zeitabläufe haben längst stattgefunden.
Zudem will ich auf ein hier weit verbreitetes Missverständnis aufmerksam machen, nämlich dass Beteiligung und Mitwirkung nicht heißt, dass die zuständigen Stellen sagen: Ja, so machen wir es. – Vielmehr bedeutet es die vernünftige und verantwortungsvolle Erörterung der Meinungen und Interessen dieser Fachverbände. Da wir hier wissen, worüber wir reden, weise ich darauf hin, dass ich keinen Fachverband in Deutschland kenne, der jemals zu einer wie auch immer zu beurteilende Konsolidierungsmaßnahme gesagt hat, darauf hätte er gewartet. Das gibt es nicht. Insofern nehme ich das sehr ernst – ich möchte auch, dass Sie wissen, dass mir das als verantwortlichem Senator nicht leicht fällt –, aber ich bin nicht bereit, Weiteres hinzunehmen. Wir haben einige Ideen weggedrückt. Ich bitte Sie ernsthaft: Man darf Interessenverbände nicht überfordern. – Wir haben das entgegengenommen, und es ist klar, dass die das nicht wollen können – übrigens mit aus ihrer Sicht guten Argumenten. Die haben aber auch nicht die Verantwortung für einen katastrophalen Finanzhaushalt. Beides in Übereinstimmung zu bringen, ist die Aufgabe von Politik.
2. Was sind die fünf häufigsten Ursachen für schwere und sehr schwere Verkehrsunfälle in Berlin, welche Art der Verkehrsteilnehmer bzw. Verkehrsmittel sind am häufigsten in schwere und sehr schwere Verkehrsunfälle verwickelt, und wie gestaltet sich in diesen Fällen die Schuldfrage?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Matuschek! Nach den bisher vorliegenden statistischen Daten für die Zeit vom 1. Januar bis zum 11. Juni – einschließlich – kam es in Berlin im Jahr 2002 zu 33 Verkehrsunfällen mit 39 getöteten Personen.
Als Unfallursachen wurden registriert: in 10 Fällen falsches Verhalten von Fußgängern – insbesondere Fehler bei Betreten der Fahrbahn, Missachtung von Lichtzeichen, aber auch Alkoholkonsum von Fußgängern –, in 23 Fällen falsches Verhalten von Fahrzeugführern einschließlich Fahrradfahrern – darunter jeweils achtmal Fehler beim Abbiegen und das Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit.
Zu Ihrer zweiten Frage: Die fünf häufigsten Ursachen für Verkehrsunfälle mit Personenschäden – und zwar Leicht- und Schwerverletzte sowie Getötete – sind: 1. ungenügender Sicherheitsabstand, 2. Nichtbeachtung der Vorfahrtsregelung bzw. der Regelung durch Lichtzeichenanlagen, 3. Fehler beim Abbiegen, 4. überhöhte Geschwindigkeit, 5. falsches Verhalten von Fußgängern.