Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr von Lüdeke! Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Begründung dieser Großen Anfrage, denn es ist noch einmal deutlich geworden, dass nicht zusammengehen konnte, was wirklich nicht zusammengehört.
[Beifall bei der SPD und der PDS – Beifall des Abg. Ritzmann (FDP) – Zurufe von der CDU und der FDP]
sage ich: Selbst dazu, wenn Sie das in Ihrer Fraktion erreichen wollten, gehört, dass man die Informationen, die einem angeboten werden, auch wirklich annimmt. Wenn Sie teilgenommen, gelesen und mitdiskutiert hätten, dann wüssten Sie, worüber am runden Tisch geredet wird, und müssten hier nicht fabulieren, was denn geredet werden könnte.
Die Arbeiten am Stadtentwicklungsplan Verkehr sind Auftrag dieses Parlaments. Im Übrigen hat uns dieses Parlament dabei sogar konkrete Rahmenbedingungen und Ziele aufgegeben, die in dem StEP Verkehr zu berücksichtigen sind. Es ist etwas Neues, Herr von Lüdeke, weil wir erstmalig versuchen, eine verkehrspolitische Strategie für diese Stadt zu entwickeln, die diesen Namen verdient
und die den wirksamen Maßnahmen klare Ziele zuordnet. Verkehrspolitik ist immer auch ein Stück Städtebaupolitik, Wirtschaftspolitik und Umweltpolitik. Deswegen müssen die Ziele notwendig das Spektrum nachhaltiger Entwicklung umfassen. Es ist eine Verkehrspolitik von gestern, wollte man verlangen, dass wir nur noch die Verkehrsbewältigung des bereits entstandenen Verkehrs zu unserer Aufgabe machen. Es gibt andere verkehrspolitisch wichtige Handlungsfelder, die einbezogen werden müssen.
Was die Fraktion der FDP, wie ich finde, in ungehöriger Oberflächlichkeit als Anspruch behördlicher Allzuständigkeit und Generalintervention brandmarken möchte, ist in Wirklichkeit und bei Lichte betrachtet der Anspruch eines integrativen Politikansatzes, im Übrigen eines Politikansatzes, wie er in anderen Großstädten Europas, in Wien, London oder Paris, zum Standard gehört. [Zuruf des Abg. Borgis (CDU)]
Es gibt in dieser Stadt – besonders führt uns das die FDP-Fraktion hier im Hause vor – jede Menge festgelegte Auffassungen über die richtige Verkehrspolitik. Und diese festgelegten Auffassungen sind so zementiert, dass sie noch nicht einmal durch gegenteilige konkrete Tageserfahrungen in Frage gestellt werden. [Zuruf des Abg. Dietmann (CDU)]
Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass wir eine längerfristig tragfähige verkehrspolitische Strategie für Berlin nur entwickeln können, wenn es einen ausreichenden gesellschaftlichen Konsens darüber gibt. Und das ist der Anspruch des runden Tisches. Ich will denen, die daran mitarbeiten, herzlich danken für die viele Arbeit, die sie sich dort machen.
[Beifall bei der SPD und der PDS – Dr. Lindner (FDP): Es gibt Ausschüsse, Enquetekommissionen u. a., was die Verfassung vorsieht!]
Die wichtigen übergeordneten Ziele des StEP Verkehr sind vom Abgeordnetenhaus vorgelegt worden. Der runde Tisch versucht, in diesem Rahmen mitzuarbeiten. Er ist ein wichtiges projektbegleitendes Beratungsgremium im Vorfeld der Formulierung dieser Konzeption.
Dieses Parlament hat uns beauftragt, das Agendaforum für diese Stadt zu koordinieren. Die Enquetekommission dieses Hauses hat uns mit allen Fraktionen, als Sie noch nicht dabei waren, aufgefordert, das Agendaforum zu koordinieren. Auch das ist ein runder Tisch. [Dr. Lindner (FDP): Das sind vordemokratische Instrumente!]
Das erfahren wir gerade in diesen Tagen. Ihr Appell an Ressentiments ist nicht die Politik, die wir mit Ihnen machen werden. Das sage ich Ihnen in aller Klarheit!
[Anhaltender Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Dr. Lindner (FDP): Sie sind unfähig, Entscheidungen zu treffen! Deswegen verstecken Sie sich hinter Kommissionen, weil Sie unfähig sind!]
Meine Damen und Herren! Das Parlament wird den Stadtentwicklungsplan Verkehr im Herbst zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt bekommen. Ich glaube, dass es auch diesem Haus gut ansteht zu wissen, was die gesellschaftlichen Gruppen im Rahmen der verkehrspolitischen Strategie beizutragen haben.
Wissenschaftliche Beratung in der Politik – das haben wir hier gerade gehört – tut Not, in bestimmten Fraktionen ganz besonders! [Beifall bei der SPD und der PDS – Zuruf des Abg. Cramer (Grüne)]
Ich bitte die beteiligten Herrschaften, das Mittel der Zwischenfrage zu nutzen und nicht die Lautstärke. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Stadtentwicklungspolitik in welchem Sektor auch immer muss sich mit den finanziellen Grundlagen dieser Stadt befassen. Einen Plan aufzustellen, der unabhängig von der heutigen Finanzlage, die auch die Finanzlage der nächsten Jahre sein wird, Vorstellungen fabuliert, ist nichts anderes als die vorproduzierte, vorprogrammierte Enttäuschung der Bürgerinnen und Bürger über uneinhaltbare Versprechen der Politik. Das würde unserer Glaubwürdigkeit nicht zuträglich sein.
Wir haben einen mittelfristigen Zeithorizont in unseren Infrastrukturmaßnahmen. Es muss bestimmte Komplettierungen geben. Aber im Unterschied zu Ihnen wollen wir überprüfen, ob alle diese Infrastrukturmaßnahmen, die Anfang der neunziger Jahre geplant worden sind, heute noch notwendig sind. Natürlich werden bestimmte strategisch wichtige Einflussfaktoren bei der Nahverkehrsplanung auch diesem Stadtentwicklungsplan Verkehr zu entnehmen sein. Aber der Stadtentwicklungsplan Verkehr hat einen integrativen Ansatz. Wirtschaftsverkehr, öffentlicher Nahverkehr, Individualverkehr werden eine Rolle spielen, aber auch die wirtschaftliche Basis dieser Stadt und der Umweltschutz werden dort als Zielfaktoren benannt werden.
Bei genauerer Betrachtung bleibt keine Substanz für den Generalverdacht, den die FDP hier geäußert hat. Ich bin sicher, der Mentalitätswechsel wird sehr viel gründlicher vollzogen werden, als Sie sich das überhaupt vorstellen können.
Er wird allerdings nicht die Leitbilder der Vergangenheit wieder aufleben lassen, die Ihnen offenbar zur Orientierung dienen. Der Stadtentwicklungsplan Verkehr wird den Weg für eine nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität in der Stadt vorbereiten.
Ich will noch kurz auf die einzelnen Anträge der FDP eingehen. Wir müssen, wie ich schon anmerkte, vor dem Hintergrund der tatsächlichen Bevölkerungsentwicklung stärker auf die Innenentwicklung als auf die Außenentwicklung der Stadt setzen.
Das bedeutet auch, dass wir die tangentialen Verbindungen Nord und Ost kritisch überprüfen müssen, ob sie noch notwendig sind. [Beifall der Frau Abg. Dott (PDS)]
Die Teile, die davon notwendig sind, werden wir realisieren. Aber das, was nicht notwendig ist, muss weder realisiert werden noch müssen die Flächen dafür freigehalten werden.
Des Weiteren sagt die FDP in ihrem Antrag, wir müssten alle Stadt-Umland-Straßenverbindungen überprüfen und neue bauen nach dem Motto: Wenn Brandenburg im nicht besiedelten Raum baut wie wild, dann muss auch Berlin wie wild im innerstädtischen Raum bauen.