Protocol of the Session on May 16, 2002

Bei der Unterstützung vorhandener Unternehmen und bei der Ansiedlung neuer Unternehmen arbeiten die Senatsverwaltungen eng mit der Wirtschaftsförderung Berlin GmbH, der Investitionsbank Berlin, der IHK sowie mit dem Medienbeauftragten zusammen.

Die Vielzahl der Einrichtungen zeigt, dass die Medienbranche hohe Aufmerksamkeit genießt. Aber ich sage auch ganz offen: Quantität allein sagt noch nichts über die Qualität der Leistungen und über mögliche Reibungsverluste.

[Frau Ströver (Grüne): So ist es!]

Und da sind wir bei einer Frage, die mir persönlich, aber auch dem Senat insgesamt sehr wichtig ist. Der Senat hat sich zum Ziel gesetzt, die Institutionen der Wirtschaftsförderung neu zu ordnen. Das betrifft die externen Einrichtungen, aber insbesondere auch die verwaltungsinternen Abläufe.

Der Senat hat sich vor kurzem auf Leitprojekte der Verwaltungsmodernisierung verständigt, die drei Ziele miteinander verbinden sollen: mehr und bessere Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger sowie für Investoren, Abbau von Regulierungen und eine nachhaltige Kostensenkung. Eines der Leitprojekte wird die Einrichtung einer One-Stop-Agency auf dem Gebiet der Wirtschaftsförderung sein. Wir werden die Zuständigkeiten bündeln und eine zentrale Anlaufstelle für Investoren schaffen. In diesem Zusammenhang werden wir in Kürze auch eine abschließende Entscheidung über die Zuständigkeiten für den Medienbereich im Senat treffen. Ich darf allerdings auch darauf hinweisen: Eine zentrale Anlaufstelle heißt nicht, dass einer für alle Teilbereiche alles können muss. Das kann sich auch aufsplitten, weil einer allein die Kompetenzen nicht haben kann; aber es muss gebündelt werden.

Eines kann ich schon heute klarstellen: Ansiedlungen genießen für den Senat höchste Priorität. Die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden im Medienbereich klappt bestens. Darauf

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RBm Wowereit

können sich auch Investoren verlassen. Es spielt keine Rolle, ob bestimmte Investoren zuerst zum Regierenden Bürgermeister kommen und dann zum Wirtschaftssenator oder umgekehrt, da gibt es keine Rivalitäten und Eitelkeiten, sondern einen engen Informationsaustausch. Wir arbeiten gemeinsam mit den anderen Zuständigen für die Umsetzung dieser Ansiedlungspolitik und vor allem, um Pakete zu schnüren. Es ist ein harter Job. Wir führen sehr viele Gespräche. Wir versuchen, alles zu tun, Unternehmen neu nach Berlin zu holen. Wir haben erste Erfolge, wir haben viele Projekte in der Entwicklung, aber die Konkurrenten schlafen nicht. So einfach ist es heute nicht. Wir müssen auch sehen, welche Mittel wir dafür aufwenden können. Nicht alle Forderungen von Investoren können von der öffentlichen Hand erfüllt werden. Aber was wir machen können, werden wir tun, und an fehlenden Mitteln ist eine Investition in Berlin in diesem Bereich noch nie gescheitert.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Zu einem modernen Medienstandort gehört auch der selbstverständliche Umgang breiter Teile der Bevölkerung mit den neuen Medien. Die Schulen haben eine wichtige Aufgabe bei der Vermittlung wertvoller Medienkompetenzen. Das Lernen mit neuen Medien ist deshalb ein zentraler Bestandteil unserer Bildungspolitik. Berlin steht im Vergleich der Länder bei der Ausstattung mit Computern und Internetanschlüssen ganz weit vorn.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Sen Böger: Mein Werk!]

Da hat sich auch der Bildungssenator gefreut! – Im Rahmen des Landesinitiative „CidS! – Computer in die Schulen“ haben sämtliche Schulen einen Internetanschluss erhalten. Alle Schulen setzen mittlerweile PC-Technik im Unterricht ein. Immer mehr moderne, multimediagerechte Geräte kommen zum Zuge.

Ich nenne die Fakten, um deutlich zu machen: Wir stärken den Medienstandort Berlin dort, wo die jungen Leute auf die Zukunft vorbereitet werden – in den Schulen. All das leisten wir gemeinsam mit Unternehmen, Stiftungen und freien Trägern in dieser Stadt. Und wir werden in diesen Anstrengungen nicht nachlassen. Mehr als 1,5 Millionen Berlinerinnen und Berlin über 14 Jahre nutzen heute regelmäßig das Internet. Die Bedeutung dieses Mediums für eine Stadt wie Berlin wird in Zukunft noch steigen. [Dr. Lindner (FDP): Hört, hört!]

Berlin stellt sich dieser Herausforderung. Der Internetauftritt Berlin.de wurde überarbeitet. Innerhalb der nächsten Wochen werden wir einen Relaunch vornehmen. Berlin.de, das Stadtinformationssystem des Landes Berlin, und BerlinOnline, das Berlin-Portal der BerlinOnline Stadtportal GmbH & Co KG, werden ihre Internetportale zukünftig gemeinsam betreiben. Damit entsteht das größte Online-Informationsangebot für die Hauptstadt mit monatlich rund 24 Millionen Seitenabrufen. Das ist der Stand von Februar 2002. Berlin.de wird sich noch stärker als bisher zum eigentlichen Landesserver des Landes Berlin profilieren. Dort werden die offiziellen Inhalte und Dienste des Landes zu finden sein, einschließlich eines umfasenden Bürgerservices, sowie Informationen zum Wirtschaftsstandort, zum Tourismus und zum überregionalen Kulturangebot.

Die Präsenz Berlins im Netz wird erheblich gestärkt. Das ist ein Beitrag zur Modernisierung der Stadt, das schafft neue Kommunikationsmöglichkeiten, und es verbessert die Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger.

[Niedergesäß (CDU): Aha!]

Medienstadt kann man nur sein, wenn man über eine exzellente Infrastruktur verfügt. Auch hier steht Berlin sehr gut da. Bereits vor dem gescheiterten Verkauf der Kabelnetze hat die Telekom das Kabelnetz nachhaltig ausgebaut, so dass sich mehr als 800 000 Haushalte im Kaubelausbaugebiet befinden.

In diesem Zusammenhang fällt auch die Digitalisierung der terrestrischen Ausstrahlung und der dann folgenden Abschaltung der analogen Fernsehkanäle, die für den Sommer nächsten Jahres vorgesehen ist. Dies ist ein bundesweit einzigartiges Pilotprojekt. Die Möglichkeit der terrestrischen Ausstrahlung wurde im 6. Rundfunkänderungsstaatsvertrag geschaffen, der

zurzeit dem Abgeordnetenhaus zur Beratung vorliegt. Die I. Lesung hat bereits stattgefunden. Die analoge Ausstrahlung wird eingestellt, wenn preiswerte Geräte in ausreichender Stückzahl im Handel sein werden und der Umstieg für einkommensschwache Haushalte, die derzeit ausschließlich über Dach- oder Zimmerantenne versorgt sind, sozialverträglich gestaltet werden kann. Zunächst ist es die Aufgabe der Sender und der Medienanstalt, die Bevölkerung über den Umstieg zu informieren. Voraussetzung für den Umstieg ist, dass er sozialverträglich gestaltet werden kann.

Und, Frau Ströver, da sind Ihre Bedenken – ich glaube, Sie haben die Zahl von 25 000 Haushalten gesagt – ja richtig, dass Menschen, die nicht einfach das Geld zur Verfügung haben, nicht abgeschaltet werden dürfen. Darin liegt noch eine Aufgabe, dies tatsächlich sicherzustellen.

Die Überlegungen der Beteiligten über die Form der Unterstützung einkommensschwacher Haushalte sind deshalb noch nicht abgeschlossen.

[Frau Ströver (Grüne): Oh! – Zuruf des Abg. Wieland (Grüne)]

Berlin nimmt bei der Digitalisierung eine Modellfunktion wahr. Das Projekt ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Ausschöpfung der Möglichkeiten, die die New Economy bietet. Durch die Digitalisierung wird das Frequenzschwerpunktzentrum deutlich effektiver genutzt.

[Wieland (Grüne): Nochmal vorlesen, den Satz!]

Ja, das muss ich noch einmal. – Durch die Digitalisierung wird das Frequenz s p e k t r u m deutlich effektiver genutzt. – Hast du es jetzt verstanden? –

[Wieland (Grüne): Jetzt habe ich es verstanden! – Allgemeine Heiterkeit]

Zukünftig kann etwa das bis zu Vierfache an Programmen übertragen werden. – Wenn man Zeit hat, es zu sehen. – Damit können die Rundfunkgebührenzahler, die ausschließlich über Hausoder Dachantenne versorgt sind, erstmals alle Programme empfangen, für die sie bereits heute Gebühren bezahlen.

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft und die Medienanstalt Berlin-Brandenburg haben eine gemeinsame Initiative für ein zukunftsweisendes Projekt im Bereich der DVB-T-Technik gestartet. Ziel ist es, die Wirtschaft dafür zu gewinnen, die neuen DVB-T-Technik auch in Verbindung mit – jetzt wird es noch besser – GPRS oder UMTS für mobile Anwendungen zu nutzen. Damit wird die Möglichkeit geboten, in Berlin und Umgebung neue Dienste und Geschäftsmodelle zu entwickeln.

[Heiterkeit – Wieland (Grüne): Was ist das?]

Ja, wenn man detailliert fragt, muss man auch detaillierte Antworten kriegen.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Frau Ströver (Grüne): Aber können Sie erklären, was das ist?]

Aber Frau Ströver, warum sollte ich Ihnen denn etwas erklären, was Sie schon wissen?

[Dr. Lindner (FDP): Nein, Frau Ströver, lassen Sie es ihn kurz machen!]

Außerdem: Seit wann fragen Sie in Anfragen das, was sie wirklich beantwortet haben wollen und nicht schon vorher wissen?

[Heiterkeit]

Der junge Werbeunternehmer Sebastian Turner hat kürzlich über die Stärken Berlins gesagt:

Berlin hat vielleicht nur zwei Prozent vom Werbekuchen, aber ein Viertel vom Kreativkuchen.

Auf dieses kreative Potential setzen wir – gerade in der Medienbranche. Viele Kreative sind schon hier, aber wir wollen die unerkannten Talente fördern und noch mehr nach Berlin holen. Wir wollen Berlin als Hauptstadt der Talente entwickeln. Günstige Rahmenbedingungen für die Medienbranche sind hier eine zentrale Voraussetzung.

[Dr. Lindner (FDP): Bravo!]

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RBm Wowereit

Medienpolitik für die Region Berlin-Brandenburg ist ein großes Kooperationsprojekt. Allen, die daran heute schon mitwirken, danke ich an dieser Stelle für ihre wichtige Arbeit. Aber gute Arbeit allein reicht nicht aus, wir müssen und werden die Strukturen verbessern. Ansiedlungswillige Unternehmen sollen das: Berlin handelt einheitlich, hier müssen sie nicht von Amt zu Amt laufen, um Genehmigungen zu bekommen, Berlin bietet Dienstleistung und Beratung aus einer Hand. Das ist es, was wir mit dem roten Teppich meinen. Der Medien- und Kommunikationssektor ist eine wichtige Zukunftsbranche in Berlin. Lassen Sie uns gemeinsam die Chancen nutzen.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Dr. Lindner (FDP): Sehr schön!]

Herr Regierender Bürgermeister, ich danke Ihnen. Wir kommen nunmehr zur Fortsetzung der Aussprache – – Ja, ich will den Beifall überhaupt nicht unterbrechen.

[Wolf, Harald (PDS): Haben Sie aber! Schon passiert!]

Wir sind aber gehalten, langsam etwas auf die Zeit zu achten, angesichts des wohl späten Endes unserer Sitzung. – Ich erteile somit ohne Zögern der Fraktion der Grünen das Wort, und zwar dem Herrn Abgeordneten Eßer. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Regierender Bürgermeister! Man kann die Dinge ja drehen und wenden, wie man will, ich habe schon zu Herrn Branoner immer gesagt: In dieser Frage steht fest, dass von den vier großen Städten Berlin, Hamburg, München und Köln Berlin im Medienbereich die kleinste ist. Wir müssten die Zahl der Beschäftigten im Mediensektor um gut und gerne ein Drittel steigern, um den Beschäftigungsanteil an der Bevölkerung zu erreichen, den die drei konkurrierenden deutschen Städte aufzuweisen haben. Dass wir dabei Fortschritte gemacht haben, das haben Ihre Zahlen ja gezeigt. Sie beziehen sich auf den Zeitraum 1997 bis 2000 und liegen auch völlig richtig. Trotzdem hat Frau Ströver Recht, wir haben Glück gehabt in der jetzigen Krise, wir haben praktisch kaum Betriebe verloren, aber wir haben Beschäftigte in diesen Betrieben verloren. Insofern haben Sie beide Recht mir Ihren Zahlen, es kommt eben darauf an, ob man sich auf den Zeitraum bis 2002 bezieht oder nur auf den bis 2000, den Ihnen die schlauen Leute aus der Verwaltung natürlich möglichst günstig aufgeschrieben haben.

Sie haben dennoch in letzter Zeit Erfolge gehabt. Wenn die Ansiedlung von SAP und Universal z. B. eine Entwicklung weiter in die Aufwärtsrichtung einleiten soll, dann ist das der Opposition genauso recht wie der Regierung.