Wir wollen keine Flickschusterei am alten und mittlerweile in weiten Teilen überholten Schulgesetz, und wir wollen das neue Schulgesetz auch nicht peu a` peu, in lauter Einzelteilen, in Form von Vorschaltgesetzen verabschieden.
Wir wollen endlich ein neues Schulreformgesetz aus einem Guss. Dazu bedarf es endlich eines endgültigen, fertigen Entwurfs, der unter Beteiligung der entsprechenden Mitbestimmungsgremien und Interessenverbände abschließend diskutiert und zur Beratung im Parlament eingebracht werden kann. Angesichts der Dringlichkeit von Reformen in der Berliner Schule können wir weitere Verzögerungen nicht hinnehmen und fordern den Senat auf, seiner Pflicht nachzukommen und dem Parlament endlich eine abgestimmte Vorlage des Schulgesetzes zur Beratung vorzulegen.
Zum Schluss noch zwei Sätze zum Inhaltlichen. PISA hat in aller Deutlichkeit gezeigt, wie es um die deutsche Schullandschaft steht. PISA hat die in Deutschland vorherrschende Auffassung, dass möglichst leistungshomogene Lerngruppen einen Garant für schulischen Erfolg darstellen, eindrücklich widerlegt. Bildungspolitische Stoßrichtung sollte daher sein, das deutsche Schulsystem so zu verändern, dass es konstruktiv mit der Heterogenität der Schülerschaft umgehen kann.
Die Bedeutung des Grundschulgutachtens als Auswahlkriterium beim Übergang in die Oberschule zu stärken, ist aus diesem Grund – da ist die Fraktion der Grünen einer Meinung – ein Schritt in die falsche Richtung. Es kann und darf nicht allein darum gehen, einen Vorgang gerichtsfest zu machen, es muss um Inhalte gehen. Die Aufgabe lautet: qualitative Weiterentwicklung der Berliner Schule, nicht mehr und nicht weniger.
Zum Fremdsprachenerwerb ab der 3. Klasse will ich nicht viel sagen. Ich will Sie nur daran erinnern, dass wir genug Probleme damit haben, Abertausenden Schülern und Schülerinnen in Berlin Deutsch beizubringen. Pisa hat uns gezeigt, dass unter unseren 15-Jährigen ein sehr großer Anteil – nämlich 24 Prozent – lediglich die unterste Kompetenzstufe erreicht. Das heißt, sie können gerade einmal lesen und schreiben. Und nun wollen Sie, nach all diesen Ergebnissen und Erkenntnissen, noch eins draufpacken.
Und wenn es nach Frau Senftleben geht, die will noch weitere Fremdsprachen haben – – Das wollen Sie doch, noch eins draufpacken?
Dann habe ich Sie wohl missverstanden. – Noch eine Fremdsprache draufpacken, das ist jedenfalls ein Ding der Unmöglichkeit. Ich meine, der Weisheit letzter Schluss ist das nicht. – Ich danke Ihnen.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport, worüber ich abstimmen lasse. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Auch keine, dann ist damit die Überweisung so positiv beschlossen.
I. Lesung des Antrags der Fraktion der Grünen über Haushaltsentlastung mit sozialem Gesicht (III) – Einstellungskorridor statt Zulagen
I. Lesung des Antrags der Fraktion der Grünen über Haushaltsentlastung mit sozialem Gesicht (IV) – Krankenversicherung ohne Zuzahlung
Antrag der Fraktion der Grünen über Haushaltsentlastung mit sozialem Gesicht (I) – Einstieg in den Solidarpakt ermöglichen
Antrag der Fraktion der Grünen über Haushaltsentlastung mit sozialem Gesicht (II) – freiwillige Arbeitszeitverkürzung konsequent umsetzen
Für die gemeinsame Beratung aller vier Vorgänge steht uns nach unserer Geschäftsordnung eine Redezeit bis zu 5 Minuten pro Fraktion zur Verfügung. Ich eröffne damit auch die I. Lesung. Wortmeldungen liegen von allen vor. Das Wort erhält für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Herr Kollege Schruoffeneger. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie es sich für eine konstruktive und verantwortungsbewusste Opposition gehört, versuchen wir mit diesem Antragspaket der Koalition jetzt etwas aus der Patsche zu helfen.
Lachen nicht, husten, Herr Kollege! Zum Lachen ist das wahrlich nicht, was Sie uns zum Thema Solidarpakt bieten, das ist eher zum Weinen und zum Verschlucken. Sie haben diese Solidarpaktverhandlungen, bevor sie begonnen haben, schon an die Wand gefahren. Und die Einladung, die Sie jetzt den Gewerkschaften übermittelt haben – wiederum ohne Tagesordnung, ohne konkrete Punkte, ohne Gesamtkonzept –, lässt nicht auf Besserung hoffen.
Wir versuchen hiermit, einige Bausteine für einen solchen Solidarpakt darzustellen, weil für uns ganz klar ist: Solidarpaktverhandlungen können nur erfolgreich sein, wenn auch das Land Berlin, wenn auch der Senat nicht nur über Lohnverzicht redet, sondern auch über eine Veränderung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsstrukturen in der öffentlichen Verwaltung. Dazu ist der Senat bisher anscheinend nicht bereit. Dazu hat er keine Ideen, sondern der einzige, der sich zum Solidarpakt äußert, immer wieder äußert, ist der Finanzsenator, und der äußert sich nur zu Lohnverzichten.
Völlig klar ist: Kern eines jeglichen Solidarpakts muss die Frage sein, wie weit Tarifzuwächse umgewandelt werden können in Arbeitsplatzsicherung. Das ist völlig klar. Das können wir hier aber nicht parlamentarisch diskutieren und entscheiden. Das ist Sache der Tarifpartner. Was wir hier diskutieren können, sind die Bausteine, die dort drumherum aufgebaut werden müssen. Für uns ist es ganz wichtig, dass man auch mit dem Bund, mit der Bundesregierung verhandelt um die Frage, wie weit Mittel der Bundesanstalt für Arbeit für das Land Berlin herangezogen werden können, um die notwendigen Umstrukturierungen abzufedern. Es macht keinen Sinn, dass für alle Angestellten im Land Berlin jährlich dreistellige Millionenbeträge an die Bundesanstalt für Arbeit gezahlt werden, diese das ja mit ihrem Arbeitgeberanteil auch selber tun, das Land Berlin und die Arbeitnehmer der öffentlichen Verwaltung aber nicht profitieren von Instrumenten der Bundesanstalt für Arbeit. Wir halten es für sinnvoll, mit dem Bund darüber zu reden, ob für Länder mit anerkannten Haushaltsnotlagen eine Öffnung in dem Sinne geschaffen wird, dass Mittel der Bundesanstalt für Arbeit für Beschäftigungsgesellschaften oder eben auch Kurzarbeitsregelungen eingesetzt werden können, ohne hier gleich mit betriebsbedingten Kündigungen drohen zu müssen.
Der zweite für uns wesentliche Punkt ist die Frage, ob es ein Gesamtkonzept für den Stellenabbau gibt. Springen wir weiter wie in den letzten Jahren, wie jetzt auch im Haushalt 2002/ 2003 von Jahr zu Jahr, stellen immer wieder fest, es müssen neue Stellen abgebaut werden, oder entwickeln wir zu Anfang dieser Wahlperiode ein aufgabenkritisches Konzept, wo alle jetzt schon wissen, was in vier, fünf Jahren ansteht, welche Aufgaben, welche Stellen wegfallen. Damit ist erst die Chance gegeben, mittelfristig einen Personalmanagementprozess anzustoßen, der es auch ermöglicht, sich vorzubereiten auf Umqualifizierung, auf Umsetzung in der Verwaltung. Dazu braucht man die aufgabenkritischen Konzepte jetzt und nicht in zwei Jahren.
Der dritte für uns wesentliche Punkt ist der Überstundenabbau im öffentlichen Dienst. Wenn man heute genau dieselbe Antwort wie vor sechs Jahren auf die Frage bekommt, wie viele Überstunden im öffentlichen Dienst anfallen und wie sie ausgeglichen werden, nämlich „Das wissen wir nicht. Und es macht zu viel Arbeit, das zu ermitteln.“, dann hat man schlichtweg seine eigenen Hausaufgaben, die eine Basis für die Solidarpaktgespräche sein könnten, nicht gemacht. Es muss klar sein: Überstundenausgleich durch Bezahlung darf es in der jetzigen Situation in Berlin nicht geben.
Der zweite Eckpunkt unseres Antragspakets – ich gehe jetzt nicht durch alle Punkte – besteht in den freiwilligen Instrumenten der Arbeitszeitverkürzung, Teilzeitarbeit, Altersteilzeit etc. Das muss weiter ausgebaut werden, das geht nur in den Gesprächen mit den Gewerkschaften.
Der dritte Punkt – und damit komme ich zu dem schwierigsten Punkt – betrifft die Dienstaufwandsentschädigungen und die Amts- und Stellenzulagen. Wir schlagen Ihnen vor, Dienstaufwandsentschädigungen und Zulagen zu streichen. Dienstaufwandentschädigungen betreffen insbesondere den Schulbereich, Lehrer mit bestimmten zusätzlichen Funktionen. Das sind Zulagen, da muss man ehrlich zugeben, die kriegen die nicht für nichts, sondern weil sie zusätzliche Aufgaben machen. Wir halten es im Rahmen von Solidarpaktgesprächen für möglich, dieses um 50 Prozent in der Gesamtsumme zu kürzen für einen befristeten Zeitraum, gleichzeitig aber – und da knüpft es an das an, was wir eben diskutiert haben – die Verteilung und den Einsatz der Mittel in die Verantwortung der Schulen zu geben, die dann selber entscheiden können, in welcher Form von Leistungsprämien, Leistungszulagen etc. sie diese Mittel in ihrem Kollegium verteilen wollen.
Die letzte Anmerkung zum letzten Antrag – hier leuchtet die Lampe schon, ich sehe es – bezieht sich noch einmal auf die Beihilfen, die wir eben diskutiert haben. Jeder weiß, der normale Privatpatient in Deutschland wird mit dem 2,3-fachen Gebührensatz abgerechnet. Beamtinnen und Beamte im öffentlichen Dienst kriegen in der Regel – 80 Prozent – Rechnungen, da steht nicht 2,3-facher, sondern da steht 2,7- oder 3,5-facher Gebührensatz. Es macht keinen Sinn, und es ist auch überhaupt für die Gesundheitsversorgung nicht notwendig, diese Gebührensätze zu zahlen. Das ist ein interessantes Zubrot für die Ärztinnen und Ärzte, aber es ist überhaupt nicht einzusehen, dass die Steuerzahler das dann ausgleichen. Deswegen unser Vorschlag, ganz klar in den Beihilfeordnungen im Landesbeamtengesetz zu regeln: Beihilfe wird erstattet bis zur normalen 2,3-fachen Gebührensatzregelung. Das ist die normale Abrechnung eines Privatpatienten. Mehr muss nicht sein.
Vielen Dank, Herr Kollege Schruoffeneger! – Für die SPD spricht Frau Kollegin Iris Spranger, bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegen hier vier Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, wo ich erst gedacht habe, die Überschriften klingen ja eigentlich ganz gut.