Protocol of the Session on June 28, 2001

Wann und wo geht Senator Böger baden?

Bitte sehr, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Hält der Senat die Berliner Bäder nicht mehr für unverzichtbare Freizeit- und Erholungseinrichtungen, insbesondere für Jugendliche und Familien sowie den Vereinssport in dieser Stadt, oder warum will er mir nichts, dir nichts mindestens 18 Bäder schließen?

2. Warum behandelt der Senat das Bäderbetriebskonzept als Geheimsache, indem er es dem Parlament vorenthält und selbst dafür sorgt, dass es nur bruchstückhaft in der Öffentlichkeit bekannt wird, oder ist das Konzept dem Senat peinlich?

[Doering (PDS): Tolle Frage!]

Herr Böger erklärt jetzt, wo er baden geht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Rabbach! Ich gehe regelmäßig schwimmen, aber nicht baden, hoffe ich jedenfalls. Wenn Sie es genauer wissen wollen, Herr Abgeordneter Rabbach: in der Regel im Bezirk SteglitzZehlendorf. Dort kann man sehr gut auch schon frühzeitig um

7 Uhr schwimmen gehen. Wir haben ja sichergestellt, dass in jeder Region in Berlin im Sommer mindestens ein Bad um 7 Uhr öffnet.

Aber um zum Kern Ihrer Fragestellung zu kommen: Vor zwei Tagen habe ich den Superferienpass für Kinder vorgestellt. Damit erhalten alle Kinder und Jugendlichen in Berlin unter anderem kostenlosen Eintritt zu den Frei- und Hallenbädern. Ich sage dies deshalb, Herr Abgeordneter, damit Sie ermessen können, dass dem Senat nach wie vor und selbstverständlich der Schwimmsport und die Bäder insgesamt ein wichtiges, ja ich würde sagen unverzichtbares Angebot für Freizeit, Sport und aus gesundheits- und stadtpolitischer Sicht sind. Daran hat sich überhaupt nichts geändert.

Zur Frage 2: Ich glaube nicht, dass der Senat irgendetwas geheim hält. Fakt ist, dass dieses Parlament – und ich glaube, Sie auch persönlich, Herr Abgeordneter, genauso wie ich – seinen letzten Haushalt verabschiedet hat, in dem unter anderem die Zuschüsse zu den Bäderbetrieben gekürzt wurden. Ich habe als Aufsichtsratsvorsitzender der Bäderbetriebe den neuen Vorstandsvorsitzenden beauftragt, mir ein Konzept und eine Statusanalyse vorzulegen, was diese Zuschüsse insgesamt bedeuten. Dabei ist zunächst einmal festzuhalten, dass die Bäderbetriebe in den letzten Jahren durch beständig sinkende Zuschüsse zwischenzeitlich ein aufgelaufenes Minus von über 27 Millionen DM haben. Deshalb ist es wichtig, dass im Nachtragshaushalt die Bäderbetriebe erneut einen Zuschuss von 27 Millionen DM bekommen, damit sie überhaupt weiter arbeiten können.

Zum Zweiten hat der Vorstandsvorsitzende eine solche Untersuchung vorgelegt, ein Statuspapier und ein Konsolidierungskonzept. Dieses Konzept ist den Aufsichtsratsmitgliedern zugegangen. Das halte ich auch für die normale, richtige Übung. Ich habe gebeten, es auch den sportpolitischen Sprechern dieses Hauses zukommen zu lassen. Von Geheimhaltung kann überhaupt keine Rede sein.

Ich finde nur, Herr Abgeordneter, wir müssen in diesem Land dazu kommen, dass, wenn eine Untersuchung vorliegt, über die dann zu diskutieren ist, dies nicht von vornherein niedergemacht oder dagegen polemisiert wird. Dann habe ich nämlich die Sorge, dass das Land insgesamt ins Trudeln gerät, weil wir einmal klar machen müssen, dass man mit vorhandenen Mitteln auskömmlich arbeiten können muss, oder man muss die Mittel erhöhen. In diesem Untersuchungsstadium sind wir gegenwärtig.

Ein letzter Hinweis: Es gibt keinen feststehenden Beschluss des Aufsichtsrates über Schließung von Bädern und schon gar nicht eine endgültige Schließung; das geht überhaupt nicht, auch nicht vom Aufsichtsrat her. Das müsste das Berliner Parlament gemäß Sportfördergesetz beschließen.

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage des Abgeordneten Rabbach! – Bitte schön!

Ganz abgesehen davon, Herr Böger, dass ich ein solches Konzept als sportpolitischer Sprecher der CDUFraktion natürlich bisher nicht habe – „natürlich“ sage ich deswegen, weil es ja so üblich ist, so mit uns umzugehen –, frage ich Sie: Mit was haben die Badefreunde und Schwimmsportler, die vielen Kinder und Senioren das von Ihnen angerichtete Bäderchaos in Berlin eigentlich verdient? Warum wird nach dem Bäderchaos im Frühjahr mit den häufig wechselnden Schließungs- und Öffnungszeiten und mit den ganz allgemein wechselnden Ankündigungen, Bäder zu schließen, erneut für ein solches Chaos gesorgt? Gehen Sie davon aus, dass auf das Frühjahrschaos und dieses Sommerchaos hinsichtlich der Bäderschließung und -öffnung auch ein Herbstchaos folgt?

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Rabbach! Gestatten sie mir die Bemerkung: Sie haben das Wort „Chaos“ relativ viel

(A) (C)

(B) (D)

Bm Böger

benutzt; ich vermute, dass bei Ihnen chaotische Vorstellungen herrschen. Ansonsten kann man davon nicht ausgehen. Richtig ist, dass der Interimsvorstandschef der Berliner Bäder-Betriebe sich eben wegen der aufgelaufenen Schulden gezwungen sah, sehr kurzfristig Bäderöffnungszeiten zu ändern. Dies hat der neue Vorstand eben geändert. Wir haben jetzt sehr stabile und klare Öffnungszeiten. Sie wissen auch sehr genau, dass es durch private Initiative gelungen ist, die Natursommerbäder fast durchgängig zu öffnen. Das halte ich auch für den richtigen Weg. Ich bin entschieden der Auffassung, dass in diesem Bereich private Initiative sehr wohl möglich und machbar ist. Des Weiteren befindet sich der Vorstandschef der Bäderbetriebe in einem intensiven Gespräch mit dem Landessportbund – dieser empfindet es auch nicht als chaotisch – und mit den Sportvereinen über neue Öffnungs- und Nutzungszeiten für Vereine und Sportinteressierte. Ich weise auch noch darauf hin, dass wir gerade in Berlin für Sporttreibende und Vereine eine im Vergleich zum Bundesgebiet einmalige Situation haben. Dies ist nämlich für die Vereine kostenlos. Das will ich auch halten. Es gibt also keinen Anlass, von Chaos zu sprechen.

Eine weitere Nachfrage – Herr Kollege Rabbach! Bitte!

Die Antworten reichen noch nicht ganz, Herr Senator Böger! Ich frage Sie: Ist zu erwarten, dass das vollständige Bäderschließungskonzept – wir kennen bisher noch gar keins konkret, sondern nur bruchstückhaft aus der Zeitung – zu Beginn der Sommerferien bekannt gegeben wird? Werden die Berlinerinnen und Berliner durch diese Vorgehensweise nicht an die peinliche ersatzlose Aufgabe der Eissporthalle Jaffe´straße genau vor einem Jahr, zu Beginn der Sommerferien, erinnert? Erinnern Sie sich auch an die Folge, nämlich dass die CDU-Fraktion durchgesetzt hat, dass die Deutschlandhalle wiedereröffnet wird, auch gegen den heftigen Widerstand des damaligen SPDFraktionsvorsitzenden Wowereit?

Herr Kollege Böger!

Herr Präsident! Herr Kollege Rabbach! Ich bewundere Ihre Fähigkeit zum Vergessen. Ich nehme an, dass die Bevölkerung in Berlin so schnell nicht vergessen wird – gestatten Sie mir diese Aussage! Alle von Ihnen beschriebenen Sachverhalte sind kompletter Unfug. Die vergangene Regierung unter Vorsitz des damaligen Regierenden Bürgermeisters Diepgen und auch des Finanzsenators Kurth hat vollkommen anders agiert, als Sie es jetzt hier hinstellen. Das haben wir gemeinsam getragen. Ich finde es beschämend, wenn man solche Aktionen gewissermaßen tageweise wechselt. Auch die Opposition hat Verantwortung für die Stadt, Herr Abgeordneter! interjection: [Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Zuruf der Frau Abg. Birghan (CDU)] Dies in dieser Art und Weise hier zu charakterisieren, finde ich beschämend. Die Sachverhalte hinsichtlich der Deutschlandhalle treffen überhaupt nicht zu. Die nächste Frage wird sich mit der Deutschlandhalle beschäftigen. Auch dort sind wir auf gutem Wege. Alle diese Unterstellungen weise ich zurück. Die Tatsachen sind komplett anders. Ich sage noch etwas: Wenn dieses Parlament ein Bäderanstaltsgesetz beschlossen hat, dann gibt es zu diesem Gesetz verantwortliche Gremien. Wenn Sie wollen, dass das wieder Eigenbetriebe werden und das Parlament unmittelbar zuständig ist, dann müssen Sie das sagen! Dann kommen Sie allerdings in Konflikt mit einem Kollegen von Ihnen, der kürzlich in der Zeitung gefordert hat, man solle die Bäder privatisieren. Ich bitte, zunächst einmal Ordnung in Ihre Gedanken, in Ihre Fraktion zu bringen. interjection: [Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Eine Nachfrage des fraktionslosen Abgeordneten Volk. – Bitte schön, Herr Volk!

Herr Senator Böger! Sie haben vor ein paar Jahren die Bäderchefs entlassen – aus berechtigtem Grund. Sie haben jetzt auch Ihren Staatssekretär entlassen. Meine Frage ist – weil Sie hier den Eindruck vermitteln, dass Sie in Sachen Bäder Betriebe alles im Griff haben –: Wie oft waren Sie in dieser Legislaturperiode im Unterausschuss Sport und haben dort Rede und Antwort gestanden? interjection: [Heiterkeit bei der CDU – Frau Birghan (CDU): Als Lehrer weiß er das!]

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Volk! Zunächst einmal stelle ich etwas richtig, was hier in die Drucksachen eingeht: Ich habe mitnichten meinen Staatssekretär entlassen, sondern ich bin einer alten Regel der Grünen-Fraktion, der Sie bislang angehörten, gefolgt und habe sie ernst genommen, dass man pro Ressort nur einen Staatssekretär haben sollte. interjection: [Vereinzelter Beifall bei der SPD] Aber das war mein Versuch. Dieser Staatssekretär war sehr intensiv auch im Sportausschuss engagiert und hat dort Rede und Antwort gestanden. Ich glaube im Übrigen – bei allem Respekt vor dem Sportausschuss: Wenn man sich insgesamt einen Eindruck von der Situation der Bädern machen will, muss man die Bäder insgesamt in Augenschein nehmen. Dabei bin ich. Ich kann sagen, dass ich zwischenzeitlich sowohl über die Unternehmensdaten der Bäder Betriebe ganz gut informiert bin wie ich auch punktuell – was manchmal nötig ist – durch In-Augenschein-Nahme nachkontrolliere.

Eine weitere Nachfrage der Frau Abgeordneten Seidel-Kalmutzki!

Herr Senator! Sie hatten das kurz erwähnt: Inwieweit wird abgesichert, dass das neue Bäderkonzept mit dem Landessportbund und mit den Bezirken einvernehmlich geregelt werden kann?

Bitte schön, Herr Senator Böger!

Frau Abgeordnete Seidel-Kalmutzki! Dieser Prozess läuft gegenwärtig. Ich habe den Chef der Bäderbetriebe gebeten, dass er mit dem Landessportbund in Gespräche eintritt. Diese Gespräche laufen. Es ist wahr: Der Interimschef der Bäderbetriebe hatte diese Notmaßnahme der Öffnungszeiten ohne Kontakt mit den regionalen Beiräten verkündet. Dies war ein Fehler; dafür hat er sich entschuldigt. Es findet das Gespräch mit den regionalen Beiräten statt. Dann stelle ich noch etwas klar: Es gibt gegenwärtig noch kein abgeschlossenes Konzept der Bäderbetriebe. Die Ausschüsse und der Aufsichtsrat haben überhaupt noch nicht getagt. Sie werden sich damit vermutlich intensiv beschäftigen, und ich denke, dass wir zum Herbst hin auch ein klar strukturiertes Konzept haben werden. Wichtig ist aber bei diesem Punkt – und dafür werbe ich in diesem Hause –: Wenn die Fraktionen generell davon überzeugt sind – was ich für richtig halte –, dass Bäder unter anderem auch eine öffentliche Aufgabe sind, dann muss man nach sorgfältiger betriebswirtschaftlicher Prüfung auch bereit sein, diese Mittel im Haushalt zur Verfügung zu stellen, sonst belügt man sich selbst. Das wird spätestens mit der Fragestellung des Haushalts 2002 beginnen, wie hoch wir den Zuschuss für die Bäderbetriebe im Haushalt festlegen.

Dann rufe ich auf die Mündliche Anfrage Nr. 2. Frau Abgeordnete Seidel-Kalmutzki von der Fraktion der SPD fragt nach der Nutzung der Deutschlandhalle für den Eissport

Bitte schön, Frau Seidel-Kalmutzki! Sie haben das Wort.

(A) (C)

(B) (D)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Ist sichergestellt, dass der Eissport zu Beginn der kommenden Saison die Deutschlandhalle nutzen kann?

2. Gibt es bereits Vorstellungen, wie die Aufteilung für die einzelnen Eissportarten erfolgen soll, und ist der Kinder- und Jugendsport angemessen berücksichtigt?

Danke schön, Frau Kollegin! – Für den Senat hat Herr Senator Böger das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Seidel-Kalmutzki! Meine Damen und Herren! Ich beantworte Ihre Frage 1 mit Ja. Nach dem aktuellen Stand der Umbauarbeiten der Deutschlandhalle ist die bauaufsichtliche Abnahme für den 26. Juli 2001 vorgesehen. Der Beginn des Eissportbetriebs in der Deutschlandhalle ist einvernehmlich zwischen der Messe Berlin GmbH und dem Berliner Eissport-Verband e. V. sowie den Berlin Capitals für den 15. August 2001 vereinbart worden.

Zur Frage 2: Es ist beabsichtigt, die Nutzungspläne der Eissporthalle Jaffe´straße aus der Saison 2000/2001 für die Deutschlandhalle zu übernehmen. Damit können alle Nutzer des Eissports weiterhin ausreichend versorgt werden.

Ich mache noch einmal darauf aufmerksam, dass Wortmeldungen für Nachfragen erst zulässig sind, wenn wenigstens der antwortende Senator sich gemeldet hat, nicht davor. – Frau Seidel-Kalmutzki hat eine Nachfrage. Bitte schön!

Herr Senator! Ich möchte mich noch einmal herzlich für das Engagement bedanken. Wir sind jetzt zu einer hervorragenden Lösung gekommen. Ich möchte auch Herrn Rabbach noch einmal korrigieren. Auch die SPD-Fraktion hat sich damals sehr für diese Lösung eingesetzt.

[Zurufe von der CDU: Nachfrage stellen!]

Es soll sich niemand hier beschweren. Ich habe eben solche Zwischenbemerkungen auch zugelassen! Aber eigentlich sind sie nicht richtig.

Eine Nachfrage, Herr Senator: Was passiert, wenn sich, wie bei der damaligen bauaufsichtlichen Abnahme der Max-Schmeling-Halle auch, bauliche Mängel bei der Deutschlandhalle einstellen sollten?

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Man kann natürlich bei Bauvorhaben niemals etwas ausschließen, aber ich bin sehr guten Mutes, weil kürzlich eine Baubesichtigung mit den fachlichen Vertretern des Senates und auch meines Hauses in der Messe stattgefunden hat, wobei zugesichert wurde, dass die angesprochenen Termine eingehalten werden. Ich habe darüber hinaus die Messe Berlin gebeten, mir schriftlich mitzuteilen, dass, wenn diese Termine nicht eingehalten werden können, die Messe für entsprechende Ersatzmaßnahmen verantwortlich ist. Die Messe hat mir mit Schreiben vom 27. Juni verbindlich zugesichert, dass sie in diesem Fall die erforderlichen Mehraufwendungen aller bisherigen Nutzer finanziell ausgleichen würde. Prinzipiell aber, Frau Abgeordnete, bin ich optimistisch, dass dies gelingt, und will nicht gleich darauf spekulieren, dass Schwierigkeiten auftreten. Wir sind insofern vorbereitet und haben die rechtlichen Fragen geklärt.