Protocol of the Session on March 15, 2001

Vor allem, meinen Sie, dass in der Zukunft noch jemand Finanzdienstleistungen dieses Konzerns in Anspruch nehmen würde, wenn das Bankgeheimnis nicht angemessen gewahrt bleibt?

[Beifall bei der CDU]

Auf diese Fragen müssen Antworten gefunden werden im Gange der Untersuchungen.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident! – Der Untersuchungsausschuss darf nicht dem Ruf der Bankgesellschaft weiter schaden. Ich habe noch die Worte der Kollegen Wowereit und Strieder in den Ohren als diese in der vergangenen Woche ihren Untersuchungsauftrag der Presse vorgestellt haben. Da sagten Sie: Wir wollen keine Schlammschlacht. Gut, wir nehmen Sie beim Wort, meine Herren!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege! Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung der Anträge an den Hauptausschuss. Dazu höre ich keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass für die Tagesordnung der nächsten Sitzung ein w e i t e r e r A n t r a g a u f E i n s e t z u n g e i n e s U n t e r s u c h u n g s a u s s c h u s s e s vorliegt und zwar von der F r a k t i o n d e r C D U mit der D r u c k s a c h e n n u m m e r 14/1071. Als Dringlichkeit konnte dieser Antrag heute wegen der Bestimmungen in § 42 der Geschäftsordnung nicht beraten werden. Auf Wunsch der Fraktion der CDU habe ich diesen Antrag vorab zur Beratung ebenfalls an den Hauptausschuss überwiesen, wie es im Interesse der Arbeitsökonomie geboten ist. Die Möglichkeit ergibt sich nach § 32 Absatz 4 der Geschäftsordnung. Damit können alle vier Anträge gemeinsam beraten und vom Hauptausschuss behandelt werden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2, Drucksache 14/1049:

I. Lesung des Antrags der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD über Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin (UZwG Bln)

Nach der Geschäftsordnung ist eine Beratung mit bis zu fünf Minuten pro Fraktion vorgesehen. Die I. Lesung ist eröffnet.

Als Wortmeldungen liegt die Meldung des Kollegen Gewalt für die Fraktion der CDU vor. Bitte schön, Herr Kollege Gewalt, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Polizei in Österreich und der Schweiz setzen es mit großem Erfolg seit 1996 ein, in Bayern seit 1998: Capsaicin, im Volksmund auch „Pfefferspray“ genannt. Auch die Polizei in Berlin hat es seit langem gefordert im Objektschutz. Wir kennen die Probleme, die wir bei den Anschlägen auf jüdische Einrichtungen erleben mussten, aber auch bei der Festnahme gewalttätiger Verbrecher bis hin zum Sondereinsatzkommando der Berliner Polizei. Dort kann dieses „Pfefferspray“ mit hoher Wirksamkeit eingesetzt werden. Ich bin deshalb froh, dass die große Koalition in Berlin sich zu einem Gesetzentwurf entschlossen hat, um die Polizei mit diesem wirksamen Mittel in Berlin auszurüsten. Es ist zuverlässiger als CN- oder CS-Reizgas. Es wirkt im Gegensatz zu den genannten Stoffen auch bei Betrunkenen und Drogenabhängigen, im Übrigen auch bei einem sehr aktuellen Problem, im Einsatz gegenüber Kampfhunden.

Vor allem die Sicherheit in der Anwendung war für uns das entscheidende Kriterium für die Änderung des UZwG. Da das Mittel nicht als Sprühnebel eingesetzt wird, besteht auch keine Gefahr, dass bei Änderung der Windrichtung der Polizeibeamte statt des Täters außer Gefecht gesetzt wird. Das war für uns ein entscheidendes Kriterium, das Pfefferspray in den Waffenkatalog des UZwG aufzunehmen.

Dennoch – da muss ich die Hoffnungen der Grünen enttäuschen – wird das Pfefferspray CS-Reizgas nicht vollständig ersetzen können,

[Wieland (Grüne): Das ist aber unbefriedigend!]

weil es nur wirkt, wenn es dem Täter direkt ins Gesicht gesprüht wird. Bei gewalttätigen Demonstrationen – ich blicke dabei besonders auf die leider wieder zu erwartenden Ausschreitungen am 1. Mai – wird daher weiterhin von der Polizei auch CNund CS-Reizgas eingesetzt. In Zukunft können wir mit dem Pfefferspray hoffentlich ausschließen, dass – wie bei einem Angriff auf einen jüdischen Gottesdienst in der Vergangenheit geschehen – private Wachschützer mit Pfefferspray Polizeibeamten zu Hilfe eilen müssen. Wir sind verpflichtet – auch die Opposition –, die Polizei so auszurüsten, dass sie die Bürger und sich selbst schützen kann. Die große Koalition ist hierzu entschlossen. Wir werden dieses Gesetz umsetzen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege! – Nun hat die Kollegin Seelig für die Fraktion der PDS das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gewalt, man könnte ja meinen, dass das, was lange währt, endlich gut wird. Sie haben seit Jahren angekündigt, eine Änderung des Gesetzes zu machen, weil Sie meinen, Pfefferspray wäre nun das neue Allheilmittel für die Berliner Polizei.

[Gewalt (CDU): Nicht seit Jahren, seit Monaten!]

Wenn es tatsächlich um Abrüstung gehen würde – also darum, ein weniger aggressives Mittel statt eines gefährlicheren einzusetzen –, hätten Sie völlig unideologisch mit uns über Pfefferspray diskutieren können. In diesem sogenannten Gesetzentwurf von Ihnen befindet sich aber leider davon nichts. Sie führen den völlig undefinierten Begriff Reiz- und Betäubungsstoffe ein. Das geht bei Grundrechtseingriffen nicht so einfach, wie Sie sich das vorstellen. Darunter könnte alles Mögliche fallen. Dieser Begriff ist beliebig ausfüllbar. Was meinen Sie damit? Pfefferspray? Das steht aber nicht da.

Sie stellen in Ihrer Begründung fest, dass Reizgas – also Pfefferspray – im Vergleich zum bisher verwandten CS-Gas – auch Tränengas genannt – mit geringeren Gesundheitsgefahren verbunden ist. Immerhin sind CN- und CS-Gase krebsfördernd und können Kurz- oder Langzeitschäden der Gene bewirken. Das wissen Sie offensichtlich und haben trotzdem kein Problem mit dessen Einsatz. Aber der Einsatz dieses Mittels – das haben Sie eben bestätigt – findet weiter statt. Er ist in der Bezeichnung Reiz- und Betäubungsstoffe auch enthalten. Im bisherigen Gesetz war der Begriff Reizstoff eindeutig als Tränengas definiert. Das war wenigstens nachvollziehbar. Übrigens haben Sie auch versäumt, den alten Begriff aus dem § 21 zu streichen. Das ist schlampig wie der gesamte Gesetzentwurf. Wir haben also das gefährliche Tränengas und zusätzlich vermutlich – es steht nirgends – das nicht ungefährliche Pfefferspray.

Die medizinische Wirkung von Pfefferspray beim Sprühen ins Gesicht sieht folgendermaßen aus: starkes Augenzwinkern, ungewolltes Schließen der Augen, Entzündungen der Atemwege, Husten, Atemnot, mühsames Atmen, Hautirritationen, je nach Konzentration zeitweilige Kehlkopflähmung und kurzzeitige Sprachstörungen. Bei amerikanischen Untersuchungen über Todesfälle im Zusammenhang mit OC – wie der Wirkstoff genannt wird – sollen Begleitumstände – wie Atemlähmung durch Drogenkonsum – Todesursache gewesen sein. Das heißt aber im Umkehrschluss, Herr Gewalt und meine Damen und Herren von der CDU beziehungsweise auch von der SPD, dass Drogenkonsumenten durch dieses so harmlose Mittel möglicherweise erheblich verletzt oder getötet werden können. Auch für Asthmatiker ist die Gefahr erheblich, da bei der Verwendung von Aerosolsprays Kleinstpartikel in die Lunge gelangen. Es geht nicht um das vermeintlich mildere Mittel.

Darum geht es auch in einem anderen Punkt nicht. Natürlich würde auch ich sagen, dass statt des Einsatzes einer Schusswaffe lieber Pfefferspray verwendet werden sollte – das wird von Ihnen der Öffentlichkeit zum Teil auch suggeriert –; doch ich frage mich, warum die jetzt so genannten Reiz- und Betäubungsstoffe nicht mehr wie zuvor als Waffe neben den Schusswaffen

und Schlagstöcken aufgezählt sind – zumal CS-Gas noch darunter fällt –, sondern plötzlich unter den milderen Hilfsmittel der körperlichen Gewalt – wie Fesseln, Dienstpferde und technische Sperren – rangieren. Diese Herabstufung kann nur bedeuten, dass die gefährlichen CS-Gase und zusätzlich das Pfefferspray nicht alternativ zum möglichen Schusswaffengebrauch als milderes Mittel zum Einsatz kommen sollen, sondern weit im Vorfeld, nämlich da, wo noch nicht einmal Schlagstöcke eingesetzt werden.

Sehr gut gefällt mir Ihre Begründung für die Einführung von Revolvern als Polizeiwaffen – das ist auch geändert worden –:

Gegenüber den anderen Dienstwaffen der Polizei verringern Revolver als polizeiuntypische Waffen das Entdekkungsrisiko für verdeckt eingesetzte Beamte.

Nach diesem Gesetzentwurf werden die Revolver zu polizeitypischen Waffen, was sich auch unter den Ganoven herumsprechen könnte. Folglich werden Sie das Gesetz bald wieder ändern müssen und nach der nächsten polizeiuntypische Waffe suchen. Oder wie darf ich den Quatsch verstehen?

Weiterhin haben Sie den Einsatz von Sprengmitteln, der vorher schon in den Ausführungsvorschriften der Polizei geregelt war – deren Einsatz in konkreten Fällen unbestritten notwendig ist –, den Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt zugeordnet. Der Grund dafür dürfte allein Ihnen bekannt sein. Wo ist die körperliche Gewalt bei Sprengmitteln, die – Gott sei Dank – noch nicht gegen Personen eingesetzt werden dürfen? Treffe ich die Eisentür jetzt körperlich mit einer Sprengung, und gilt die Grundrechteeinschränkung der körperlichen Unversehrtheit für die Tür? Was haben Sie sich dabei gedacht?

Ich schlage vor, diesen unausgegorenen Gesetzesantrag noch einmal an die Verursachen zurückzugeben, um ihn sauber zu formulieren und klar von Pfefferspray als Ersatz von Tränengas zu sprechen, damit wir uns im Innenausschuss darüber sachlich unterhalten können. Dann werden Sie auch unsere Mitarbeit haben. – Danke schön!

[Beifall bei der PDS]

Das Wort hat nun der Abgeordnete Lorenz aus Spandau für die SPD-Fraktion!

[Wieland (Grüne): Er ist ein Berliner Volksvertreter!]

Herr Präsident Momper – Berlin!

Ich soll das jetzt kraftvoll vortragen. Ich weiß allerdings nicht, ob mir das gelingt. Ich finde, dass sowohl Herr Gewalt als auch Frau Seelig die Dinge ein bisschen dramatisch gestaltet haben. Ich kann sie nicht so betrachten.

Wir machen ein Gesetz über die Ausübung des unmittelbaren Zwangs. Wir führen dabei neue Mittel – z. B. Pfefferspray – ein, und wir regeln den Einsatz von Sprengmitteln. Darum hat weniger die Berliner Polizei als die Feuerwehr dringend gebeten, da die Feuerwehr ungern vor verschlossenen Eisentüren steht, wenn Leute gerettet werden müssen und sie nicht öffnen kann. Ich finde das undramatisch.

Es ist zwar nicht besonders aufregend, aber es ist ein weiteres Mittel, um den Gefahren, die von der Polizei und der Feuerwehr bekämpft werden müssen, angemessen zu begegnen. Das ist das Ziel und der Sinn der Regelung. Es würde dem Abgeordnetenhaus gut anstehen, den Sachverhalt unideologisch zu sehen. Es ist keine Großtat, sondern nur eine Anpassung des Gesetzes an die Bedürfnisse – nicht mehr und nicht weniger.

Damit kann man es bewenden lassen. Wir hätten dazu normalerweise gar nicht geredet, aber es gab hier wohl den einen oder anderen, der das besonders wichtig fand. Zu denen gehöre ich nicht.

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Kollege! – Für die Fraktion der Grünen hat nun Herr Wieland das Wort!

(A) (C)

(B) (D)

Herr Präsident Momper – Kreuzberg! Ich habe drei Bemerkungen. Ich sehe es ähnlich wie der Kollege Lorenz. Es gibt keine Notwendigkeit, dieses Gesetz hier in I. Lesung zu debattieren, außer dass Herr Gewalt sich als Einbringer eines guten Gesetzes selbst darstellen wollte.

[Klemm (PDS): Handlungsfähigkeit der CDU!]

Zweitens: Das Gesetz ist nicht gut. Dazu hat Frau Seelig einiges gesagt. Es überzeugt systematisch nicht. Beispielsweise darüber, dass die Reizstoffe nicht mehr als Waffen fungieren, muss man reden und nacharbeiten.

Drittens: Es geht um Mittel des unmittelbaren Zwanges, und die sind eigentlich nie ganz harmlos. Darauf hat Frau Seelig hingewiesen. Die Presseerklärung der SPD vom gestrigen Tage in dem Sinn, jetzt kommt die ökologische Wende bei der Bewaffnung der Polizei, hat mich richtig gerührt. Da wäre ich ja dabei, wenn es so wäre: Weg von CN/CS, hin zu Pfeffer, da wären wir doch die ersten, die Hurra schrien, Herr Kollege Lorenz. Aber wir beide wissen, ganz so ist es nicht. Auch dieses Pfefferspray ist problematisch in seinen gesundheitlichen Auswirkungen.

[Molter (CDU): Lieber grünen Pfeffer!]