Protocol of the Session on June 14, 2019

Wenn man einordnen will, an welcher Stelle unser Gründerge schehen steht, empfehle ich, in den aktuellen Gründungsmoni tor der KfW zu schauen. Brandenburg ist demnach auf Rang 3 aller Bundesländer. Dieser Platz liegt unter anderem auch in dem begründet, was Sie gerade angeführt haben: dass Bran denburg vom Berliner Gründungsboom profitiert.

Bei den Start-ups liegt es ein Stück weit auf der Hand, dass ei ne Fokussierung auf Ballungsräume wie Berlin, Hamburg und München stattfindet. Im Vergleich zu anderen Flächenländern hat sich Brandenburg aber gut behauptet. Um dafür einen wei teren Indikator anzugeben: Die Risikokapitalinvestitionen be tragen 2,8 % der Gesamtinvestitionen in Deutschland. Sie sind damit höher als der Anteil Brandenburgs am Bruttoinlandspro dukt mit 2,1 %. Auch in diesem Punkt dürfte Brandenburg von der Berlinnähe profitieren.

Für Weiteres verweise ich auf die ausführliche Antwort der Landesregierung zu Frage 3 der von Ihnen und dem Abgeord neten Wiese gestellten Kleinen Anfrage 4084. - Ich bedanke mich.

Vielen Dank. - Gibt es noch Fragen? - Frau Abgeordnete Scha de, bitte.

Herr Minister, was kann die Landesregierung tun, um noch mehr Risikokapital zur Verfügung zu stellen?

Wir haben in dem Sinne keinen Auftrag, über den Betrag, den wir über die ILB und die Programme, die wir bei der WFBB

haben, zur Verfügung stellen, hinaus Bank zu spielen. Im Ge genteil: Wir sind vor diesem Hause schon einmal heftig dafür kritisiert worden, dass die Gründungskredite, die wir gegeben haben, nicht in jedem Fall zu einer erfolgreichen, dauerhaft le benden Gründung geführt haben und damit auch Mittel ver brannt wurden.

Ich sehe im Augenblick keine Möglichkeit, über die Gründer darlehen, die wir zurzeit vergeben, und die normalen Mecha nismen hinaus Kapital zur Verfügung zu stellen.

(Zuruf der Abgeordneten Schade [AfD])

- Ja, Venture-Capital.

(Frau Schade [AfD]: Sie haben gerade von Programmen gesprochen!)

- Ja, es gibt dort ein Programm. Es gibt eine Förderlinie. Dort kann das beantragt werden. Es ist genau für diesen Zweck ge dacht.

Okay, kein Dialog. Danke schön. - Wir kommen zum nächsten Fragesteller. Abgeordneter Raschke stellt Frage 1735 (Neu ausrichtung von Pachtverträgen landeseigener Flächen als Bei trag zum Erhalt der Artenvielfalt). Bitte.

Vielen Dank. - Thema Artenvielfalt und Pestizide: Es gibt eine große Diskussion über den dramatischen Rückgang der Arten vielfalt weltweit und auch in Brandenburg. Deswegen hatten wir im April dieses Jahres eine Debatte darüber. Wir sind mit unserem Antrag zwar gescheitert, es gab aber einen Entschlie ßungsantrag von Rot-Rot. Mit dem wurde festgelegt, dass bei der Vergabe und Ausgestaltung künftiger Pachtverträge Maß nahmen zum Artenschutz umzusetzen sind. Diese umfassen unter anderem den Verzicht auf Pestizidausbringung oder ihre Minderung sowie die Anlage von Gewässerrandstreifen und Strukturelementen auf ebensolchen Flächen.

Ich frage die Landesregierung: Wie viele Pachtverträge für lan deseigene Flächen wurden seither unter Berücksichtigung sol cher Artenschutzbelange neu aufgesetzt oder zumindest daraufhin geprüft?

Darauf antwortet gerne Herr Minister Vogelsänger.

Ich mache das gern, und ich mache es kurz. - Der Beschluss ist vom April 2019. Das ist so lange nicht her. Bei den Pachtver trägen gibt es fünf Neuabschlüsse. Da wird das berücksichtigt. Es sind 19,7 ha Ackerland und 4,8 ha Grünland. Bei weiteren Pachtverträgen werden wir das machen. Ich sehe dazu jetzt keine weitere Notwendigkeit, weil viele Dinge in den beste henden Pachtverträgen schon berücksichtigt sind. Die Kündi gung von Pachtverträgen, Herr Abgeordneter Raschke, ist im mer ein sehr komplizierter Vorgang. Insofern wird das sukzes

sive gemacht. Selbstverständlich nehme ich den Beschluss des Landtags sehr ernst. Wie gesagt, von April bis Juni sind fünf Pachtverträge geändert worden.

Vielen Dank. - Herr Abgeordneter, Sie haben noch Nachfragen, nehme ich an.

Herzlichen Dank. - Das freut mich sehr, Herr Minister. Nach frage eins: Was konkret wurde denn in den neuen Pachtverträ gen festgehalten? Es gab ja verschiedene Aufträge: Minimie rung von Pestiziden, Reduzierung oder auch Verzicht auf die Ausbringung, Gewässerrandstreifen.

Frage zwei: Wie viele Verträge stehen dieses Jahr noch an, in denen man das berücksichtigen kann?

Frage drei: Wie wird kontrolliert, ob das auch umgesetzt wird?

Herr Abgeordneter Raschke, ich habe das umfassend beant wortet. Der Beschluss des Landtages wird bei diesen Pachtver trägen umgesetzt, und wenn Pachtverträge auslaufen, werden sie neu geschlossen und die Sachbestimmungen aufgenommen.

Vielen Dank. - Wir sind damit am Ende der Fragestunde ange langt, die ich hiermit schließe. Ich entlasse Sie in eine Mittags pause. Die Sitzung wird um 13 Uhr fortgesetzt. - Vielen Dank.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.20 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.01 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die Sitzung fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Weg mit dem Plastikmüll

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 6/11435

Des Weiteren liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/11573 vor.

Die Aussprache wird für die SPD-Fraktion von der Abgeordne ten Fischer eröffnet.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Es gibt im Leben - bei mir ist das manchmal so - Bilder, die einem nicht mehr aus dem Kopf ge

hen, die hängen bleiben und auch etwas mit einem machen. Beim Thema Plastikmüll habe ich persönlich ganz viele sol cher Bilder im Kopf. Ich denke an riesige Plastikmüllinseln, die durch die Weltmeere schaukeln und schwimmen, an völlig vermüllte Strände, an denen man kein einziges Sandkorn mehr sieht, an Meeresflächen, in denen man durch Plastikmüll schwimmt oder auf einem Stand-up-Paddling-Board steht, oder auch an Tiere, die völlig von Plastik eingeschnürt sind, schon völlig deformiert aufgewachsen sind, oder an dieses Bild einer Schildkröte, der ein Plastikstrohhalm in der Nase steckt. Das sind Bilder, die etwas mit einem machen.

Wenn man sich überlegt, sehr geehrte Kollegen, dass nirgend wo in der EU mehr Verpackungsmüll anfällt als bei uns hier in Deutschland, dann ist das doch der Punkt, an dem man sagt: Wir müssen mal einen Moment innehalten und fragen, ob uns das wundert oder ob uns das überhaupt, wenn wir ehrlich sind, verwundern kann.

Wenn man einkaufen geht, egal wo, kommt man als erstes, wie es üblich ist, in die Obst- und Gemüseabteilung und sieht: Al les ist eingeschweißt oder in Plastik verpackt, ob das die Gurke ist, Erdbeeren aus Brandenburg in Plastikschälchen, Zitronen in Plastiknetzen, der Salat natürlich auch. Das Ergebnis ist, dass wir in Deutschland weit über 200 kg Plastikverpackungen pro Kopf produzieren, die Hälfte davon als private Verbraucher im haushaltsnahen Bereich. Wir sind verantwortlich, wir hier alle.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie diese Zahlen hören und wenn Sie an diese Bilder denken. Aber da kann man nur sagen: Das kann wirklich nicht so weitergehen!

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Wir haben uns eingangs überlegt: Was kann man tun? Warum verwenden wir alle so viele Plastikverpackungen? Können wir keine Alternativen nutzen? Wie kann man den Müll wirksam reduzieren? Oder sind wir alle viel zu bequem in unseren Kom fortzonen und sagen: Ach, na ja, das landet ja vielleicht woan ders?

Bei der Antwort auf die große Frage, warum wir so viel Plastik, so viele Kunststoffe verwenden, muss man ehrlich sein und sa gen: Es gibt natürlich auch Vorteile. Kunststoff ist solide und langlebig, er ist zuverlässig und vielseitig nutzbar. Er ist in der Brotdose und der Zahnbürste enthalten, er wird für die Kom munikation und die medizinische Versorgung sowie - nicht zu vergessen - in der Elektromobilität oder auch im Leichtbau be nötigt. Wenn man ehrlich ist, muss man an der Stelle sagen: Es gibt auch sinnvolle Verwendungen.

Deswegen gehen wir in unserem Antrag an zwei Punkten vor aus und fragen: Wie können wir den vermeidbaren Plastikmüll reduzieren - jetzt, heute und sofort -, und zwar ohne diese glo bale große Verantwortung, die wir auch hier haben, wieder auf einzelne Branchen abzuwälzen?

Die zweite Frage ist: Wie können wir mittelfristig mehr bioba sierten, mehr nachwachsenden Kunststoff verwenden - Stich wort: Materialforschung? Es fehlt uns ja nicht an alternativen Verpackungen. Wir haben viele Bio-Supermärkte, die darauf achten. Wir haben die ersten Unverpackt-Läden, auch hier in

Potsdam. Ich bin froh und finde es gut, dass der Trend in diese Richtung geht.

Wie lässt sich Plastikmüll effektiv reduzieren? Ich glaube, dass es nicht die eine Lösung, die eine Handlung geben kann, son dern es gibt eine Vielzahl von kleineren und größeren Maßnah men. Er lässt sich auch nur dadurch vermeiden, dass sich mög lichst viele Menschen daran beteiligen.

Wenn man sich überlegt, dass wir 2016 die erste freiwillige Vereinbarung hatten, die im Dialog entstanden ist, und sich fragt, was damals eigentlich in Bezug auf Plastiktüten los war, und das mit der Situation nur ein Jahr später vergleicht, dann merkt man, dass schon ein Drittel dieser Kunststofftrageta schen weniger im Handel war - in Stückzahlen: 1,3 Milliarden Tüten weniger im Umlauf. - Da muss ich sagen: Wow! Es bringt tatsächlich etwas, dass man beim Einkaufen gefragt wird: Wollen Sie für 20 Cent eine Plastiktüte kaufen?

(Vogel [B90/GRÜNE]: Ja!)

Es bringt etwas, dass sich viele Händler freiwillig beteiligen und sagen: Raus mit den Plastiktüten! - Als gutes Beispiel: Ganz aktuell sagt nun auch Aldi: Weg mit diesen kostenlosen kleinen Tüten, in denen man seine Äpfel und drei Zitronen ver staut.

Es stimmt mich zuversichtlich, dass wir auch auf Bundesebene weitere Verabredungen getroffen haben, was den Verzicht auf Einwegverpackungen und Einwegprodukte betrifft. Denn es ist doch klar: Wir brauchen mehr Mehrweg- und weniger Einweg- und vor allem umweltfreundlichere Verpackungen. Genau das ist auch die Verabredung unserer Bundesumweltministerin Svenja Schulze vom Februar dieses Jahres, die sie im Dialog mit Handelsunternehmen, Herstellern, Umwelt- und Verbrau cherverbänden sowie einem Unverpackt-Laden getroffen hat.

Wenn wir über den Tellerrand gucken - aber nicht über den Plastiktellerrand -, was unsere Nachbarn machen, dann sehen und erkennen wir, dass auf europäischer Ebene ein Verbot von bestimmten Plastikeinwegartikeln ab 2021 beschlossen wurde. Das betrifft Teller, das betrifft Plastikbesteck, und das betrifft auch Strohhalme.

Auch beim Thema Mikroplastik ist viel passiert. In Großbritan nien, in den USA, in Kanada und Neuseeland ist Mikroplastik in bestimmten Produkten völlig zu Recht verboten. In Bezug auf Brandenburg sage ich: Es ist höchste Zeit, dass wir noch engagierter werden, Plastikmüll zu vermeiden und zu bekämp fen, und dass wir auf allen Ebenen Initiativen zur Vermeidung von Kunststoffen und Verpackungsabfällen unterstützen. Wir müssen uns überlegen: Wie können wir Kunststoffverpackun gen ökologisch sinnvoll ersetzen? Was können wir in der For schung tun? Wir müssen gemeinsam mit anderen Bundeslän dern überlegen, die Pfandsysteme neu einzuführen und - das war ein Punkt im Entschließungsantrag der Grünen, den auch wir betont haben - bei Veranstaltungen zu gucken: Wie kom men wir auf Mehrweg-, auf Pfandsysteme, sodass nicht jeder mit diesen Plastikbechern durch die Gegend läuft, sie nachher nicht zurückgibt und sie dann irgendwo in der Natur landen?