Vielen Dank, Frau Kollegin. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Lakenmacher für die CDUFraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte meine Ausführungen mit folgenden Zahlen beginnen: Wir werden in den kommenden fünf bis acht Jahren pensionsbedingte Abgän ge in Höhe von etwa 30 % des gegenwärtigen Personalbestan des bei der Polizei Brandenburg erfahren. Bei der Kriminalpo lizei wird der Verlust an Personal mehr als 50 % betragen. Dies, Herr Innenminister, sagte der Chef des LKA vor wenigen Wochen im Rahmen der Vereidigung von Fachhochschulabsol venten. Ich weiß gar nicht, ob Sie das wussten - ich glaube, nicht.
In den kommenden Jahren werden also viele Spezialisten in Sachen Brandursachenermittlung, Tötungsdelikte, Wirtschafts kriminalität und Spurenerkennung in Pension gehen. Herr Mi nister, ich sage das in diesem Hause nicht zum ersten Mal und warne auch nicht zum ersten Mal vor diesem unwiederbringli chen Verlust an kriminalistischem Wissens- und Erfahrungs horizont, sondern ich sage das seit mittlerweile neun Jahren. Keiner der Innenminister der SPD war und ist in der Lage, diesbezüglich wirklich Abhilfe zu schaffen und dem steigen den Bedarf an Kriminalisten und kriminalistischer Fachkompe tenz in Brandenburg sowie dem zu erwartenden pensionsbe dingten Verlust von mehr als 50 % der Kriminalisten in Bran denburg wirksam zu begegnen.
Was mit diesem Gesetzentwurf jetzt auf den Weg gebracht werden soll, ist zwar ein längst überfälliger und auch begrü ßenswerter Schritt, aber es ist auch ein zu kleiner Schritt hin zu einer zeitgemäßen Ausbildung künftiger Kriminalbeamter. Zu kurz gesprungen ist es, weil er eben nur wenige Spezialisten betrifft. Die wirklich zeitgemäße Antwort auf die ständig wachsenden Anforderungen an die Kriminalpolizei kann nur in einer auf die speziellen Aufgaben ausgerichteten Ausbildung für alle künftigen Ausbildungen bestehen. Mit dem derzeitigen einheitlichen Bachelor-Studium für alle Polizeibeamten kön nen diese Anforderungen nur ungenügend erfüllt werden; denn die Anforderungen der Praxis sind andere. Das heißt also, auch der Bachelor - nicht nur der Master - muss schon speziell aus gerichtet werden.
Was wir brauchen, ist eine spezialisierte Kriminalistenausbil dung, also eine Öffnung des Bachelorstudiengangs, sodass künftig auch verschiedene Ausrichtungen des Bachelors mög lich sind und eine Spezialisierung schon dort erfolgen kann. Daneben benötigen wir einen deutlichen Ausbau des Direktein stiegs von Fachhochschülern, die unmittelbar nach dem Studi um bei der Kriminalpolizei in Brandenburg gebraucht werden. Nur so wird die Kriminalpolizei in Brandenburg mit der tech nischen und gesellschaftlichen Entwicklung Schritt halten, und nur so werden auch organisierte Kriminalität, Wirtschaftskri minalität, Internetkriminalität und Cyberkriminalität - es gibt noch viele weitere Phänomenbereiche - wirksam bekämpft werden können.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht Herr Dr. Scharfenberg für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe einen Moment gehofft, Herr Lakenmacher, dass Sie sich an dem sachlichen Stil orientieren, den Herr Genilke vorhin bei den Straßenausbaubeiträgen gewählt hat. Allein, die Hoffnung war trügerisch.
(Der Abgeordnete Lakenmacher [CDU] befindet sich in einem Gespräch mit der Abgeordneten Fischer [SPD])
(Zuruf von der Linken: Zuhören! - Frau Mächtig [DIE LINKE]: Wenn man nicht zuhört, kann man auch nichts sagen!)
Der vorliegende Gesetzentwurf geht auf einen Beschluss zu rück, den wir im Februar 2018 hier im Landtag gefasst haben - einen Beschluss, den die Koalitionsfraktionen herbeigeführt haben und der jetzt zeitnah umgesetzt wird. Ich denke, das ist ein Stil, der diesem Land gut steht. Wir tönen nicht herum, son dern wir verändern.
Mit dem Gesetz vollziehen wir einen Wandel in der Polizeiaus bildung, über den lange gestritten worden ist. Wir wissen, dass insbesondere durch die rasante technische Entwicklung neue und große Herausforderungen auf die Kriminalisten zukom men. Das allein verlangt eine spezialisierte Vermittlung krimi nalistischer Kenntnisse und Fähigkeiten, was in der allgemei nen Ausbildung nur begrenzt möglich ist.
Zudem sind viele Erfahrungsträger in der Polizei, die über ei nen Abschluss als Diplom-Kriminalist verfügen, mittlerweile ausgeschieden oder stehen vor ihrer Pensionierung. Ziel des Gesetzes ist es, das Niveau der Ausbildung der Polizei an einer Hochschule der Polizei insgesamt zu erhöhen und insbesonde re die kriminalistische Ausbildung zu vertiefen. Dazu soll ein entsprechendes Masterstudium eingeführt werden. Das ist zweifellos ein echter Fortschritt gegenüber der bisherigen Ein heitsausbildung,
die zwar jedem Studenten auch umfangreiche kriminalistische Kenntnisse vermittelt - wir haben gut ausgebildete Polizisten,
Der BDK spricht in seiner Stellungnahme von einem überfälli gen und gewaltigen Schritt, den wir mit diesem Gesetzentwurf gehen. Wie nicht anders zu erwarten, genügt der CDU dieser Ansatz nicht. Herr Lakenmacher ist im Wahlkampfmodus und will mehr als der BDK.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen, dass das vorlie gende Gesetz jetzt beschlossen wird, damit an der Polizeihoch schule die notwendigen Vorbereitungen für das neue Studium einschließlich einer vertieften kriminalistischen Ausbildung getroffen werden können. Im Übrigen steht nach wie vor an, bei anderen Ländern und beim Bund dafür zu werben, in ge meinsamer Anstrengung ein Studium der Kriminalistik zu or ganisieren. Das werden wir auch weiterverfolgen.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Jung für die AfD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her ren! Liebe Gäste! Wir begrüßen die Änderung zur Spezialisie rung an der Fachhochschule der Polizei, auch was die neuen Strukturen und Spezialstudiengänge bei der Polizei betrifft.
In Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung in einer von Migration geprägten Welt muss auch die Ausbildung von Kri minalisten diesen Veränderungen angepasst werden. Speziali sierungen bei der Polizei, etwa im Bereich von Cybercrime oder der Zuwandererkriminalität islamischer Terroristen, sowie die mittlerweile überhandnehmende Familienbandenkriminalität erfordern eine entsprechend spezialisierte Ausbildung. Diesen Erforderlichkeiten kommt der Gesetzentwurf nach. Es ist der erste wichtige Schritt, dass das bei der Polizei vorhandene Wis sen - der Kollege Scharfenberg sprach an, dass es sehr viele Di plom-Kriminalisten gab - derer, die zum großen Teil bereits in den Ruhestand gegangen sind, unwiederbringlich verloren ist, aber durch jene, die noch bei der Polizei arbeiten und bei denen in den nächsten Jahren die Pensionierung ansteht, auch nach dem Studium sowie in der Praxis noch vermittelt werden kann.
Insofern sind die vom BDK geforderten Maßnahmen wichtig, und sie wurden jetzt umgesetzt. Ich möchte daran erinnern, dass der Berliner Senat 1990 den Studiengang Kriminalistik an der Humboldt-Universität abgeschafft hat, und ich begrüße ausdrücklich und voller Inbrunst, dass nunmehr wieder eine wissenschaftliche Kriminalistikausbildung in unserer Region erfolgt. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Wir kommen zum Beitrag der Abgeordneten Nonnemacher für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Welche Polizei wünschen wir uns? Bürgernah, freundlich, hilfsbereit und in der Lage, mit harter Hand und auf dem Boden des Rechtsstaates dem Verbrechen zu begegnen. Dies sind hohe Ansprüche an ein Berufsbild und die Polizistinnen und Polizis ten dahinter, die diesem ohne solide und ganzheitliche Ausbil dung kaum gerecht werden können.
So begrüßen wir sehr den nun vorliegenden Gesetzentwurf, der in unseren Augen eine sinnvolle und zukunftsfähige Weiterent wicklung der Polizeiausbildung in Brandenburg ermöglicht. Er soll insbesondere die Grundlage für die Einrichtung von Spezi alisierungsstudiengängen in Ergänzung zur allgemeinen Poli zeiausbildung darstellen.
Bereits in meinen bisherigen Reden zu dieser Thematik habe ich immer wieder betont, wie wichtig uns die hochwertige Ausbildung einer auskömmlichen Anzahl junger Polizeikräfte in Brandenburg ist. Die Notwendigkeit einer spezialisierten Kriminalistinnen- und Kriminalistenausbildung habe ich, einer langjährigen Forderung des Bundes Deutscher Kriminalbeam ter und des Deutschen Richterbundes folgend, immer sehr un terstützt. Auch andere sicherheitspolitische Herausforderungen unserer Zeit, etwa die Abwehr von Cyberkriminalität und orga nisierter Wirtschaftskriminalität, erfordern Kenntnisse und Fä higkeiten unserer Polizistinnen und Polizisten, die allein mit der allgemeinen Ausbildung nicht mehr zu erlernen sind.
Wie die genauen Zuschnitte der Studiengänge aussehen wer den, lässt der Gesetzentwurf jedoch noch offen. Es ist der Wunsch von uns Bündnisgrünen, dass die Ausarbeitung der je weiligen Prüfungsordnungen genutzt wird, um auch andere Bereiche, die in unseren Augen bisher nicht ausreichend Be achtung fanden, in die Polizeiausbildung einzubeziehen. Dazu gehört neben den bereits genannten und geplanten Spezialisie rungsstudiengängen auch die Berücksichtigung der Bekämp fung spezieller Formen der organisierten bzw. Wirtschaftskri minalität wie Umweltstraftaten oder Menschenhandel sowie Zwangsprostitution.
Auch haben für uns die jüngst veröffentlichten Erkenntnisse zur Kfz-Kennzeichenüberwachung in Brandenburg gezeigt, dass nicht überall in der Polizei die notwendige Sensibilität in Bezug auf die Grundrechtsrelevanz systematischer Kennzei chenerfassung und -speicherung vorhanden ist. Hier sehen wir Nachholbedarf bei der Sensibilisierung junger Polizistinnen und Polizisten.
Schließlich sieht der Gesetzentwurf in § 3 Abs. 5 die Einrich tung eines internationalen Zentrums vor, welches wir als Bei trag zur sicherheitspolitischen Entwicklungszusammenarbeit begrüßen. In diesem Zusammenhang müsste auch über die Wiederaufnahme der Beteiligung Brandenburgs an internatio nalen Polizeimissionen entschieden werden, von denen sich das Land zuletzt zurückgezogen hatte.
Den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, den Ab solventen des Masterstudiengangs Kriminalistik eine ihrem Abschluss entsprechende Personalentwicklung zu ermögli chen, finden wir sehr sinnvoll und werden wir unterstützen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Ab geordneten! Verehrte Gäste! Die Suche nach geeignetem Nach wuchs, der digitale Wandel und neue Kriminalitätsphänomene stellen die Polizei in Brandenburg vor große Herausforderun gen. Darauf gilt es bereits bei der Ausbildung unserer zukünfti gen Polizistinnen und Polizisten zu reagieren. Deshalb ordnen wir die Ausbildung und das Studium für den Polizeivollzugs dienst neu. Wir wollen damit den bereits eingeschlagenen Weg der Spezialisierung an der Fachhochschule der Polizei weiter intensivieren. Ein besonderes Augenmerk werden wir künftig auf die Aufgabenbereiche Cybercrime, Wirtschafts- und orga nisierte Kriminalität, Kriminalprävention und Risikoerkennung im Bereich der Gewalt- und Eigentumskriminalität legen. Da für wird es in Zukunft auch den Masterstudiengang zur Vertie fung des kriminalistischen Fachwissens geben.
Die augenscheinlichste Neuerung ist allerdings die Umbenen nung unserer Fachhochschule. Sie wird künftig Hochschule der Polizei heißen. Aufgaben und Zuständigkeiten dieser Hochschule werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sys tematisiert. Es gibt Änderungen beim Lehrpersonal und bei der Verbeamtung sowie Ruhestandsregelungen der Hochschullei tung. Zudem wird eine Dekanatsfunktion eingerichtet. Damit stärken wir im Übrigen den Hochschulcharakter. Brandenburg betritt einmal mehr Neuland und macht sich mit einer moder nen Hochschule fit für die Zukunft. Das, meine Damen und Herren, ist natürlich nicht umsonst zu haben. Wir planen mit voraussichtlichen jährlichen Personalmehrkosten für wissen schaftliches Personal von insgesamt ca. 300 000 Euro und pro gnostizierten Sachkostenerhöhungen von 120 000 Euro.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in die parlamentari schen Beratungen wurden Änderungs- und Entschließungsan träge eingebracht. Ich befürworte ganz ausdrücklich die Ab sicht, den Absolventen des Masterstudiengangs „Kriminalis tik“ eine dem Abschluss entsprechende Personalentwicklung zu ermöglichen. Dafür müssen wir sicherstellen, dass bis zum Abschluss des ersten Jahrgangs im Masterstudiengang die rechtlichen und vor allem die stellenwirtschaftlichen Voraus setzungen geschaffen werden. Wir brauchen dafür mehr soge nannte Überlappungsämter, also Ämter im gehobenen Polizei vollzugsdienst der Besoldungsgruppe A 14.
Dem Wunsch der CDU-Fraktion nach der Einrichtung eines speziellen Bachelorstudienganges „Kriminalistik“ für ein ge wisses Kontingent von Anwärterinnen und Anwärtern nachzu kommen kann ich indes nicht empfehlen.
Herr Lakenmacher, natürlich kenne ich die Altersstruktur in unserer Polizeibehörde. Seitdem ich sie kenne, nämlich seit vielleicht drei Wochen nach meinem Amtseintritt, habe ich al les unternommen, um der Situation entgegenzuwirken. Die Zahl der Auszubildenden in Oranienburg spricht eine deutliche Sprache. Mein Versuch hingegen, mit den Ländern der SiKoop
eine solche spezialisierte Ausbildung gemeinschaftlich zu schultern, scheiterte, weil die anderen Länder der SiKoop der Überzeugung sind, die gegenwärtige generalistische Ausbil dung sei der richtige Weg. Ein Drittel der Ausbildungsinhalte betrifft übrigens die kriminalpolizeiliche Ausbildung.
Für uns allein wäre eine auf hohem Niveau stehende speziali sierte Ausbildung für die Kriminalpolizei nicht richtig. Dieses Niveau könnten wir nur im Verbund mit anderen Ländern hal ten, weil wir eine Mindestanzahl an Studierenden brauchen. Ich empfehle Ihnen deshalb, diesen Antrag der CDU-Fraktion nicht anzunehmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 6/11563, der eine Änderung und Einfügung in Artikel 1 von § 4 Abs. 1 und eine Einfügung nach Abs. 3 des Gesetzentwurfs vorsieht, ab. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltun gen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.