Denn die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sind es, die auch vor Ort als Erste die Probleme mitbekommen und nicht selten auch zu spüren bekommen. Es ist deswegen wichtig, dass wir auch in unserer Landesgesetzgebung immer darauf achten, dass diese ehrenamtliche Tätigkeit ohne finanzi elle Nachteile für unsere Kommunalpolitiker abgeht und auch ohne nervige Bürokratie ausgeführt werden kann. Deshalb ist es gut - und da möchte ich mich beim Innenminister bedanken -, dass wir jetzt eine Ausführungsverordnung für die Auf wandsentschädigungen auf dem Tisch haben. Hier können wir einiges glattziehen.
Ein letzter Gedanke. Wir reden hier im Landtag oft darüber, dass wir uns in der Politik mehr Frauen, mehr junge Menschen und mehr Eltern wünschen. Mir haben im Vorfeld der Kommu nalwahlen einige gesagt: Ich würde ja gerne, aber mein Job, meine Betreuungssituation lassen es einfach nicht zu. - Frak tionssitzungen, Ausschusssitzungen, Stadtverordnetenver
sammlungen, diverse Vorbereitungsrunden - sie finden oft an Abenden statt, nicht selten bis 21 oder 22 Uhr. Das ist nicht nur unattraktiv für junge Menschen - für viele, die in Schichten oder eben auch versetzt arbeiten, ist es gar nicht möglich, hier teilzunehmen. Mit der vorliegenden Aufwandsentschädigungs verordnung - ich sprach sie gerade an - wird zu Recht betont, dass künftig auch für Kinderbetreuungskosten und auch für Kosten zur Pflege Angehöriger eine Entschädigung gezahlt werden kann, wenn man sich ehrenamtlich in der Kommunal politik engagiert. Das ist ein wichtiger, ein guter Fortschritt.
Ich finde aber, wir müssen noch weitere Verbesserungen disku tieren und auf den Weg bringen, um das politische Engagement vor Ort attraktiv zu machen. In Skandinavien gibt es teilweise die Vereinbarung, eben nicht bis 21 oder 22 Uhr zu tagen. Viel leicht sind das solche Dinge, die wir hier auch miteinander dis kutieren können. Denn nur, wenn wir vor Ort wirklich eine breite Auswahl an Kandidierenden haben, nur wenn sich die Menschen durch die entsprechenden Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker gut vertreten fühlen, behält unsere repräsentative Demokratie ihre Akzeptanz bei den Menschen vor Ort.
Die Zahl von über 20 000 Bewerberinnen und Bewerbern für die Kommunalwahl am kommenden Sonntag macht hier Mut, auch wenn die Bewerberlage - das sieht man auch deutlich - nicht im ganzen Land gleichmäßig ist. Aber sie macht Mut. Und jetzt, glaube ich, hoffen wir miteinander, dass die Kandi dierenden am kommenden Sonntag auch möglichst viele Wählerinnen und Wähler finden. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Kalbitz für die AfD-Fraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Der Titel des Antrags „Zukunft sichern, die Gegenwart gestalten…“ klingt vielversprechend. Er passt nur nicht zur Partei Die Linke.
Sie von der Linken haben nicht nur die letzten zehn Jahre als Mitregierungspartei die Gegenwart verunstaltet und die Zukunft unsicherer gemacht. Nicht nur das!
Schaut man sich die letzten zehn Jahre Ihrer Regierungsmitver antwortung an, dann stellt auch der objektive Beobachter er nüchtert fest: Sie haben das Land Brandenburg an kaum einer Stelle besser gemacht, ganz im Gegenteil, fast alles ist Ihnen wie Eis in der Sonne in den Händen zerronnen: Verfehlte Per sonalpolitik in der Justiz, gescheiterte Kreisgebietsreform, Pharmaskandal Ihrer Ministerin Golze, diverse weitere Minis terrücktritte wie die des Justizministers Dr. Schöneburg, des Justizministers Markov - auch Ihr jetziger Justizminister hätte aus Unfähigkeit schon längst zurücktreten müssen. Die Gerich te im Land Brandenburg ächzen unter der verfehlten Personal politik. Aber, Herr Ludwig, mal allen Ernstes: Die Personal situation ist auskömmlich? Es ist wirklich bezeichnend, dass die Fraktion DIE LINKE hier im Landtag kurz vor der Kom munalwahl „völlig überraschend“ eine Aktuelle Stunde zum Thema der kommunalen Finanzierung und Verwaltung anmel det - übrigens pünktlich zum ursprünglich angedachten Termin des Inkrafttretens der grandios gescheiterten Kreisgebietsre form.
Es scheint fast so, als würde die Linke sagen: Schwamm drü ber, wir fangen noch mal neu an! - Sie wollen sich wieder mal als Experten darstellen, obwohl Sie mehrfach nachdrücklich nachgewiesen haben, dass Sie Stümper sind.
Ein solches Verhalten ist frech gegenüber dem Souverän und lässt auf Ihren massiven Mangel an Selbsterkenntnis und Reflexionsvermögen schließen.
In Ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde gehen Sie auf eine „frist gerechte und solidarische Reform“ der Grundsteuernovellie rung ein. Eine solche Novellierung wäre ganz einfach: Stim men Sie einfach unserem Antrag am Freitag zu. Sie haben schon zehn Jahre Zeit dafür gehabt, aber nichts bewirkt.
Ihre weiteren Punkte in der Antragsbegründung dieser Aktuel len Stunde sind - Zitat - „regionales und lokales Engagement für eine solidarische und lebenswerte Gesellschaft sowie für gute und gleichwertige Lebensverhältnisse“. Dort nehmen Sie
Bezug auf die Fragen der Investitionstätigkeit der Kommunen und bezahlbares Wohnen in den Kommunen, bezahlbare Ange bote der Daseinsvorsorge wie Kita, Bildung, Gesundheit, auf eine sozial gestaltete Energie- und Mobilitätswende, lokale Kulturangebote, die Integration von und Solidarität mit Ge flüchteten - Zitat, denn das ist Ihr Begriff. Das sind alles nur weitere Worthülsen, die Sie weder die letzten zehn Jahre mit Inhalt gefüllt haben noch in Zukunft füllen werden. Das ist nichts als billiger Wahlkampf. Immer das gleiche Mantra an den Wähler: „Wir haben zwar bisher nichts geschafft, aber glauben Sie uns: In Zukunft machen wir alles besser“.
Sie haben es mit Ihrem Mitregierungspartner SPD - in zehn Jahren - noch nicht einmal geschafft, die vollständige Beitrags freiheit von Kitaplätzen zu erreichen.
Lediglich das letzte Kitajahr ist nun beitragsfrei. Dabei stand genau diese Forderung in Ihrem Koalitionsvertrag. Sie aber schämen sich ja nicht einmal, mit derselben Forderung jetzt wieder anzutreten.
Das ist schon dreist, das wird nur noch getoppt von Ihrer Spitzenkandidatin, die dann sagt, sie möchte allen Branden burgern ein sorgenfreies Leben ermöglichen. Diese Parole ist ungefähr auf dem Niveau wie „Freibier für alle“.
Sie gaukeln den Wählern etwas vor, halten sie zum Narren - auch im Bereich der Gesundheit. Schauen Sie sich mal den Pharmaskandal im letzten Sommer an, bei dem Ihr vollständi ges Behördenversagen offenbar geworden ist. Leider ist das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie nicht das einzige, das gelinde gesagt desaströs geführt worden ist. Der Landesrechnungshof hat nur vier Ministerien überprüft und eine mangelhafte Dienst- und Fachaufsicht festgestellt. Was ist Ihre Konsequenz daraus? Sie nehmen nicht etwa die berechtigte Kritik zum Anlass für Verbesserungen. Sie wollen lieber die Rechte des Landesrechnungshofes einschränken und verfassen schnell einmal Gesetze zur Änderung parlamentari scher Vorschriften.
Alles in allem: Sie hinterlassen überall unfertige und niemals zu vollendende Baustellen - da ist der BER das exemplarische Menetekel. Die Quittung dafür werden Sie am 26. Mai und am 1. September bekommen. - Vielen Dank.
Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht die Abgeordnete Nonnemacher für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Bei den Kommunalwahlen in eineinhalb Wochen wer den knapp 9 000 Mandate zu vergeben sein, 938 in den Kreis tagen und den Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte, über 6 000 in den Vertretungen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden. Darüber hinaus werden Ortsvorsteher und Ortsbeiräte, 264 ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie in Uebigau-Wahrenbrück und Zehdenick hauptamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gewählt. Auf diese Mandate bewerben sich etwa 21 000 Kandidierende, knapp ein Drittel auf der kreislichen Ebene, gut zwei Drittel auf der Ebene der Gemeindevertretungen und der Stadtverord netenversammlungen der kreisangehörigen Städte.
Obwohl häufig von einer Krise der repräsentativen Demokratie oder angeblicher Demokratieverdrossenheit gesprochen wird, hat sich der Anteil der Kandidatinnen und Kandidaten bei den Wahlen zu den Kreistagen und den Stadtverordnetenversamm lungen der kreisfreien Städte um 8,4 % erhöht. Auf der kreisan gehörigen Ebene ist auch eine Zunahme zu verzeichnen - aller dings in geringerem Maße. Dies spiegelt die bekannten Proble me wider: Je kleiner der Ort, desto schwieriger ist die Gewin nung von Kandidierenden, insbesondere für Parteien. So stel len in den Gemeindevertretungen Parteilose etwa 25 % der Mitglieder. Äußerst bedauerlich ist, dass sich die Zahl der Frauen unter den Kandidierenden gegenüber 2014 nur margi nal erhöht hat. Somit ist auch nicht zu erwarten, dass sich an dem beschämend niedrigen Frauenanteil in unseren kommuna len Vertretungen grundlegend etwas ändern wird. Sie wissen, er liegt zwischen 23,3 und 25 %. Konsequente Frauenförde rung im politischen Ehrenamt und Paritéregelungen im Kommunalwahlrecht bleiben weiterhin aktuell.
Ein besonderes Augenmerk wird auch darauf zu richten sein, dass die parteipolitische Rechte 675 Kandidierende mobilisiert, darunter 85 % Männer, worauf ganz aktuell die Emil Julius Gumbel Forschungsstelle des Moses Mendelssohn Zentrums hinweist. Die Repräsentation und Partizipation aller Bürgerin nen und Bürger in allen Teilen des Landes zu verbessern muss deshalb weiterhin unser gemeinsames Anliegen sein.
Die Kommunen sind nicht nur Seismographen unserer Demo kratie, dort entscheidet sich das gelingende Zusammenleben. Es hängt ab von guter Anbindung - sowohl verkehrlich als auch digital -, der Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum, Bil dungsangeboten auf allen Ebenen und guter gesundheitlicher und pflegerischer Versorgung. Um dies alles stemmen zu kön nen, müssen neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen eben auch die Kommunalfinanzen stimmen. Wir Bündnis grünen haben die mit dem letzten Doppelhaushalt auf den Weg gebrachten Teilentschuldungsprogramme für unsere Kommu nen immer unterstützt, ebenso wie die Anhebung der Ver bundquote.
Neben dem verbesserten kommunalen Finanzausgleich ist die Grundsteuer mit ihrem jährlichen Aufkommen von 270 Millio nen Euro landesweit für die Brandenburger Kommunen ein wesentlicher Baustein der Kommunalfinanzierung. Eine Ver abschiedung der Gesetzesnovelle auf Bundesebene bis zum
Jahresende ist unerlässlich. Wir fordern die Landesregierung in unserem Entschließungsantrag auf, sich weiterhin für eine wertabhängige Berechnung der neuen Grundsteuer und die Einführung einer optionalen Grundsteuer C für unbebaute Grundstücke einzusetzen, um das spekulative Brachliegenlas sen von Baugrundstücken zu erschweren.
Meine Damen und Herren, Brandenburg vor der Kommunal wahl heißt auch Brandenburg vor der Europawahl, und diese Europawahl ist in ihrer Bedeutung gar nicht zu überschätzen. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als darum, ob wir die EU dem noch stärkeren verderblichen Einfluss von Rechts populisten und Rechtsextremisten aussetzen wollen, die den Nationalstaat predigen und unser gemeinsames Haus Europa zerstören wollen.
In einer sich unter dem Einfluss von problematischen Autokra ten polarisierenden Welt müssen wir in der EU zusammen stehen. Die großen Herausforderungen des Klimawandels, der Energiewende, des Artensterbens, einer sozial gestalteten Globalisierung sowie von Flüchtlingselend und Handels kriegen können wir nur gemeinsam bewältigen.
Deshalb sollten wir alle Brandenburger und Brandenburgerin nen motivieren, sich an den Kommunal- und Europawahlen zu beteiligen. Die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen stieg von 29,9 % 2009 auf 46,7 % im Jahre 2014 - ein gewaltiger Sprung. Trotzdem ist da noch sehr viel Luft nach oben! - Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Mit Fug und Recht wird gesagt, dass Kommunen zu stärken bedeu tet, die Demokratie zu stärken. Wenn die Entwicklungen vor Ort in die richtige Richtung gehen, dann geschieht die Identifi kation mit dem Gemeinwesen und den staatlichen und unter staatlichen Strukturen leichter. Dabei sind die Kommunen keine Bittsteller, sondern von Verfassungs wegen geschützte Rechtssubjekte, deren Arbeit entsprechend geschützt und ge fördert werden muss. Dazu gehört eine finanzielle Auskömm lichkeit in einer Weise, die nicht nur den fiskalischen Gesetz mäßigkeiten entspricht, sondern auch Verteilungskämpfe vor Ort vermeidet. Genau deswegen ist auch die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ein großer Schritt hin zu mehr sozialem Frieden in den Gemeinden, weil sie unnötige Ängste und Rei bereien zwischen den Anwohnern und der Verwaltung vermei det. Und nein, die Erhöhung der Grunderwerbssteuer hat damit nichts zu tun. Sie erfolgte vor vier oder fünf Jahren, die Ab schaffung der Straßenausbaubeiträge erfolgt jetzt. Bis zu prä ventiven Steuererhöhungen - glaube ich - reichte Ihre Sicht am Anfang der Wahlperiode dann doch nicht, liebe Koalitionäre.
Eines ist auch klar: Die Gemeinde ist mehr als die Position einiger Bürgermeister und auch mehr als die Position der Mehrheit der Gemeindevertretung. Die Gemeinde ist die Sum me aller ihrer Akteure, und deswegen müssen wir - um deren Zusammenleben besser zu gestalten - die direkte Demokratie vor Ort erleichtern. Unmittelbare Bürgerbeteiligungsmöglich keiten bei wichtigen Projekten und Entscheidungen vor Ort er möglichen und erleichtern statt „Ruhe ist die erste Bürger pflicht“.
Die Arbeit von Gremien außerhalb der Gemeindevertretungen muss transparenter werden. Dies gilt insbesondere für Auf sichtsräte kommunaler Gesellschaften und Verbandsversamm lungen von Zweckverbänden. Nur durch eine öffentlichere Wahrnehmung ihrer Arbeit entfaltet sich auch dort Kontrolle durch die Bevölkerung; denn gerade deren Tätigkeitsbereich berührt sehr viele Teile der Daseinsvorsorge. Sie müssen ihren Aufgaben in einer Weise nachkommen, dass Nachvollziehbar keit, Gemeinwohlorientierung und Nachhaltigkeit zu jeder Zeit gegeben und erkennbar sind. Deswegen sage ich für BVB/ Freie Wähler: Bildung von Kundenbeiräten in derartigen kom munalen Gesellschaften flächendeckend zur Erhöhung und Stärkung der Kontrolle und Mitsprache! In fiskalischer Hin sicht ist dafür zu werben, dass Gemeinden im Haushaltssiche rungskonzept stärker die Möglichkeit bekommen, zumindest gewisse Formen freiwilliger Leistungen zu erbringen. Denn auch Radwege, Vereinsförderung, Spielplätze sind gemein wohlfördernd und wesentlich für ein gedeihliches Miteinander. Wenn eine Gemeinde wieder ihre Potenziale nutzen will, muss sie auch die Chance bekommen, diese zu aktivieren.
Mit Blick auf die kommenden Kommunalwahlen möchte ich sagen, dass wir eine aktive Beteiligung der Ehrenamtler in der nächsten Wahlperiode brauchen. Dazu ist es erforderlich, eine noch bessere Vereinbarkeit des Ehrenamts mit dem Beruf sicherzustellen, eine weitere, schnellere, bessere Digitalisie rung in der Arbeit der kommunalen Gremien zu ermöglichen und eine Stärkung der Mitwirkungsrechte der Ortsbeiräte zu etablieren, etwa konkret, indem man die Möglichkeit der Kommunalverfassung, dass Beschlüsse der Ortsbeiräte durch Gemeindevertretungen nur durch qualifizierte Mehrheit über stimmt werden können, flächendeckend und standardisiert ein führt.