bescheinigungen, umständliche und aufwändige Folgeanträge - hier ist wirklich Änderung notwendig, damit den Menschen keine Ansprüche verloren gehen. Darauf hat der Landesrech nungshof bereits hingewiesen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, natürlich helfen 125 Euro im Familienbudget, um Anschaffungen tätigen zu können: ein Laptop, Sportsachen, eine Klassenfahrt. Für viele Eltern, deren Kinder ein Gymnasium besuchen, bedeutet es durchaus eine Herausforderung, eine Klassenfahrt zu finanzie ren, die mal schlappe 400 Euro kostet, wenn es nach England oder Italien geht.
Wie fühlen sich dann Eltern in einer Elternversammlung, wenn ein solcher Vorschlag gemacht wird? Sie stehen nicht auf und sagen: Das geht nicht; das kann ich nicht finanzieren. - Hinzu kommen noch über das Schuljahr verteilt zusätzliche Kosten wie für Theaterfahrten, Literatur, Arbeitshefte, Kopiergeld - das summiert sich.
Sie werden nun sagen: Die Eltern können ja den Schulsozial fonds beanspruchen. Aber auch da müssen Eltern ihr Einkom men nachweisen. Und wer bitte denkt an die Scham und auch an die Angst, in der Schule stigmatisiert zu werden?
Ob das Schüler-BAföG tatsächlich die Bildungsbiografie be einflusst, ist unklar; aber es hilft denjenigen, die es dringend nötig haben, indem sie finanziell unterstützt werden. Deshalb unterstützt meine Fraktion dieses Gesetz. Einer Überweisung an den Ausschuss stimmen wir natürlich zu.
Eine Anmerkung möchte ich noch machen. Erst im vorigen Monat haben die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Thürin gen und Bremen einen Vorschlag zu einer BAföG-Reform in den Bundesrat eingebracht, um die Situation von Studierenden sowie von Schülerinnen und Schülern besonders aus einkom mensschwachen und bildungsfernen Schichten zu verbessern. Leider sind wir erneut an der konservativen Mehrheit geschei tert. Reden Sie mal mit Ihren Leuten in den anderen Bundeslän dern und im Bund - vielleicht brauchen wir uns dann nicht mehr über ein Brandenburger Schüler-BAföG herumzustreiten.
Wenn wir aber von Bildungsgerechtigkeit sprechen, dann müs sen wir noch ganz andere Baustellen bearbeiten. Ein Bildungs system, das frühzeitig nach vermeintlichen Leistungen sortiert, produziert geradezu Ungleichheit. Dabei schneiden besonders Kinder aus sozial benachteiligten Familien bei gleichen Leis tungen schlechter ab. Sie haben es schwerer.
Wer in Armut aufwächst, hat mit Benachteiligungen zu kämp fen - das fängt beim Schulranzen an und hört bei den Freizeit angeboten auf, die diese Kinder weniger nutzen können. Sie entwickeln ein geringeres Selbstwertgefühl und haben ungüns tigere Voraussetzungen, was ihren Bildungsweg betrifft.
Nach wie vor beeinflusst das Bildungsniveau der Eltern die Schulwahl von Kindern. Akademikerfamilien schicken ihre Kinder aufs Gymnasium; Arbeiterkinder sind dort nicht so häu fig anzutreffen. Deshalb werden wir als Linksfraktion unseren
Schwerpunkt auf den Ausbau des längeren gemeinsamen Ler nens legen, was wir mit unseren Forderungen nach einer Ge meinschaftsschule immer wieder deutlich gemacht haben.
Wir werden darum kämpfen, dass der selektive Charakter und die selektive Struktur dieses Bildungswesens aufgeweicht wer den. Das bleibt immer unser Kernanliegen.
Ich freue mich für die Jugendlichen und deren Familien, dass wir das Schüler-BAföG erhöhen, und ich freue mich auch auf die Beratungen im Ausschuss. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren Abgeordnetenkollegen! Liebe Besucher! Es ist schon etwas Be sonderes, als sportpolitischer Sprecher hier zu stehen, während „die Mannschaft“ in den letzten Zügen der Weltmeisterschaft liegt, wie es bislang aussieht.
Die Koalition hat anscheinend ein Problem: Ihnen gehen die Gewinnerthemen aus, bei denen Sie sich nur selbst feiern kön nen - so zumindest interpretiere ich Ihren Gesetzentwurf, der mit einer auffälligen Eile durch dieses Hohe Haus getrieben werden sollte. Mein Kollege Hoffmann hat es bereits gesagt: Das ist ein absolutes Versagen, das Sie zur Schau stellen.
Ihre Verzweiflung muss Sie schon so weit gebracht haben, dass Sie ganz tief in der Schublade für verschobene oder vergessene Gesetzentwürfe kramen müssen, um da noch irgendetwas her vorzuzaubern, um dem Wähler irgendeinen Gestaltungswillen zu suggerieren, der längst nicht mehr vorhanden ist. Vielleicht haben Sie inzwischen begriffen, dass Ihr Ende naht - spätestens nächstes Jahr im September ist es so weit.
Das Motto „Mit wenig viel erreichen“ wird hier interpretiert als wenig Geldeinsatz und viele vorformulierte Pressemitteilungen darüber, wie großzügig Rot-Rot eigentlich ist - das perfekte Wahlgeschenk also. Doch wen wollen Sie damit überhaupt noch auf Ihre Seite ziehen?
Eine Schüler-BAföG-Erhöhung um 25 % - wie großzügig! Da lässt sich die Frage von selbst beantworten, warum Sie ausge rechnet im Sommer 2014, also vor den letzten Wahlen, das Schüler-BAföG mal glatt verdoppelt und es gleich durchge winkt haben.
Eine erfolgreiche Bildung - auch das hat mein Kollege ange sprochen - hängt wohl kaum an 25 Euro mehr im Monat. Nach
einer wissenschaftlichen Untersuchung der Technischen Hoch schule Wildau gibt es infolge des Schüler-BAföGs bislang kei ne dezidierte Aussage zur positiven Beeinflussung der Bil dungsbiografie der Schüler.
Ob eine Erhöhung des Schüler-BAföGs wirklich dazu führt, dass einkommensschwache Familien für ihre lernbegabten Kin der eine finanzielle Unterstützung erfahren, ist mehr als strittig. Zudem gibt es keine Garantie, dass der Zuschuss ausschließlich in den Bildungserfolg investiert wird und nicht in ein paar Bier. Dem hätte sich die Landesregierung ruhig einmal stellen sollen. Möglicherweise wäre die Bekämpfung der grundlegenden Ur sachen von Armut zielführender gewesen. Zudem sollte Ihnen klar sein, dass der plötzliche Erhöhungsbedarf nicht von den Brandenburgern geltend gemacht wird. Laut einer Umfrage stimmten gerade einmal 56 % der Befragten der Höhe des Schüler-BAföGs von 100 Euro voll oder prinzipiell zu.
Weiterhin finde ich es sehr bedenklich, dass kritische Äußerun gen des Landesrechnungshofes nicht ernst genommen werden. Der Landesrechnungshof stellt mit all seiner sachlichen Kritik ein Hilfsinstrument dar. Die Hilfe muss man allerdings auch annehmen, statt sie ins Lächerliche zu ziehen, wie es der Kolle ge Bischoff mit seiner Äußerung bezüglich der sinkenden Zah len der Antragsteller getan hat. Er interpretierte den Rückgang der Zahl der Antragsteller als vermutliche Einkommensverbes serung der Eltern - ein Hohn bei der Kritik des Landesrech nungshofes, dass nur wenige Anspruchsberechtigten überhaupt Informationen zum Schüler-BAföG erhalten! Die sinkende Zahl der Bewilligungen ist demnach auch das Resultat eines miserablen Verwaltungsvollzuges, wie es der Landesrech nungshof kritisch bekundet. Sie haben diese Baustelle seit In krafttreten des Ausbildungsförderungsgesetzes ganze acht Jah re lang zumindest ignoriert.
Im Jahr 2016 erhielten nur 1 213 Schüler den BAföG-Zuschuss. Sie schmücken sich hier mit einem Programm, von dem nur die wenigsten sozial schwachen Familien tatsächlich profitieren können.
Ausgesprochen beschämend für Sie finde ich, dass es Ihnen im Kern leider nicht um die Förderung von benachteiligten Schü lern geht. Sonst hätte der Gesetzentwurf - wie ja jetzt Gott sei Dank die Chance besteht - im Ausschuss breiter diskutiert wer den müssen. Es geht Ihnen nicht um Chancengleichheit, Entlas tung oder Bildungswege. Sonst hätten Sie sich schon längst um die Optimierung der Verwaltungswege bemüht. Ich hätte mir in dieser Diskussion mehr Ernsthaftigkeit gewünscht, denn nicht zuletzt geht es hier um den Versuch, Schüler vor dem Absturz in die Armut zu bewahren. Diesen Versuch würden wir gern etwas ausführlicher besprechen - wir haben ja jetzt die Chance dazu -,
um einen erneuten Schnellschuss wie kürzlich mit Ihrem beitrags freien letzten Kitajahr zu vermeiden. Wir stimmen einer Überwei sung an den Ausschuss daher ausdrücklich zu. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da steht sie noch mal zur Debatte, die bildungspolitische Luft nummer der rot-roten Koalition,
die wir von Anfang an für unsinnig gehalten haben. Es gibt nur einen einzigen vernünftigen Grund für diesen Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und der Linken: Der Wahl kampf naht, und Sie sammeln Spiegelstrichpunkte für Ihre Wahlwerbung.
Sie werden schreiben, Sie hätten die Bildungsgerechtigkeit ver bessert, weil Sie das sogenannte Schüler-BAföG erhöht haben.
Natürlich ist es nett, Menschen Geld zu geben, die das sicher gut brauchen können. Aber ich darf in dieser Debatte daran er innern: Es ist doch nicht so, dass hier jemand den Menschen das Geld für einen neuen Schulranzen oder eine Klassenfahrt nicht gönnte. Darum geht es doch überhaupt nicht. Beim SchülerBAföG geht es darum, Menschen die Entscheidung zu erleich tern, die gymnasiale Oberstufe zu besuchen und Abitur zu ma chen. Darüber wissen wir überhaupt nichts.
Das Schüler-BAföG als Maßnahme für mehr Bildungsgerech tigkeit zu verkaufen ist schon eine sehr schlichte Behauptung. Und umgekehrt, lieber Mike Bischoff, zu sagen: Wer das Schü ler-BAföG ablehnt - der Vorwurf war gegen die CDU gerichtet, aber er gilt gegen uns sicherlich gleichermaßen -, ist gegen mehr Bildungsgerechtigkeit, ist eine noch schlichtere Unter stellung.
Wer will, dass Bildungserfolge nicht mehr so stark vom elterli chen Hintergrund abhängig sind - in diesem Wunsch sind die CDU und wir uns mit den Antragstellerinnen ja einig -, der muss früher ansetzen und nicht erst beim Übergang in die Se kundarstufe II.
Und da ist der Bedarf weiterhin riesig, das wissen wir alle. Dort liegen die echten Baustellen im Bildungssystem, bei denen Sie trotz kleinteiliger Maßnahmen keine wirkliche Verbesserung erreicht haben. Um das zu vertuschen, sammeln Sie jetzt Punk te aus Ihrer symbolpolitischen Mottenkiste.
Diese Landesausbildungsförderung hat sich Ihr Kollege Ness einst mit Ihren Werbestrategen ausgedacht: minimaler Einsatz, maximale Verkaufswirksamkeit. Und wie die Weber einst dem Kaiser weismachten, nur wer klug und seines Amtes würdig sei, könne die neuen Kleider sehen, so gaukeln auch Sie vor, diese Ausbildungsförderung habe einen Effekt auf die Bildungsge rechtigkeit.