Protocol of the Session on November 15, 2017

Ich glaube, werte Kollegen der CDU, das, was hier gerade ein mal mehr passiert ist, zeigt uns doch, dass wir in der Situation, in der wir uns aktuell gesellschaftlich, aber auch in diesem Par lament befinden, eigentlich den Respekt vor dem demokrati schen Miteinander gegenüber denjenigen, die das demokrati sche Miteinander verachten, stärken müssen.

(Zuruf der Abgeordneten Bessin [AfD] - Königer [AfD]: So ein Unsinn!)

Das ist die Aufgabe, vor der wir stehen. Ich glaube, mit Ihrem Antrag leisten Sie da einen Bärendienst, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Die nächste Kurzintervention hält der Abgeordnete Kalbitz.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Lieber Kollege Wilke! Mir ist schon klar, dass Sie eine andere Realitätswahrnehmung haben.

(Heiterkeit des Abgeordneten Dr. van Raemdonck [AfD])

Diese Wahrnehmungsstörung ist ja Ihr Problem. Ihre PippiLangstrumpf-Mentalität -„Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt“ - wird nicht aufgehen.

(Vogel [B90/GRÜNE]: Da haben Sie jetzt aber von Herrn Bischoff abgeschrieben!)

Mit den Ergebnissen der nächsten Wahlen werden die Wähler Sie aus diesem Wolkenkuckucksheim Ihrer Traumwelt zurück holen. Davon bin ich fest überzeugt.

Punkt zwei: Wenn Sie sich hier an Redezeitlängen hochziehen, muss ich ganz ehrlich sagen - inhaltlich kann man nicht dage gen argumentieren, weil inhaltlich nichts von Ihnen kam:

(Zuruf des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Qualität vor Quantität. Wenn Sie es für ein Qualitätsmerkmal halten, dass irgendjemand 30 Minuten heiße Luft produziert, haben wir auch in der Angelegenheit eine unterschiedliche Wahrnehmung.

(Domres [DIE LINKE]: Zehn Minuten!)

Ich sage Ihnen eins: Die Menschen wissen ganz genau, woran Sie bei dem, was der Ministerpräsident gesagt hat, sind. - Warum? Weil es genau dasselbe ist, was - das habe ich heute auf gezeigt - im Koalitionsvertrag steht. Es käme nämlich nichts Neues und es würde danach genauso wenig passieren und um gesetzt werden. Aus diesem Grund marschieren Sie mit Ihren Prozenten auf der nach unten offenen Richterskala. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Herr Wilke, Sie hätten noch einmal die Gelegenheit, darauf zu reagieren.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Nein! - Zuruf: Das kann er allein entscheiden!)

- Ja, lassen Sie sich nicht beeinflussen. Möchten Sie oder möchten Sie nicht? - Bitte schön.

Herr Kalbitz, meine Kritik bezog sich überhaupt nicht auf die Redezeit, sondern darauf, dass Sie in diesen zehn Minuten nicht ein Wort dazu gesagt haben, was Sie inhaltlich vorschla gen

(Frau Fischer [SPD]: Genau!)

und wie Sie dieses Land voranbringen wollen - nicht ein einzi ges Wort haben Sie dazu gesagt.

Sie drohen ja immer mit den nächsten Wahlen. Meine Angst hält sich da in Grenzen, denn mit genau solchen Debatten ent zaubern Sie sich doch. Wenn Sie hier sagen, wir bewegen uns in Richtung Dritte-Welt-Land, weiß jeder da draußen, wes Geistes Kind Sie sind. Das ist wirklich absurd.

Aber kommen wir zu den Inhalten. Sie haben gesagt: Der Mi nisterpräsident sprach nur von einem „Weiter so!“, und da gab es keine Ideen, die das Land voranbringen. - Dem heutigen An trag der Koalitionsfraktionen hätte die Opposition in Teilen - bei einer getrennten Abstimmung der Punkte - sogar gerne zu gestimmt, das heißt, darin muss eine Essenz sein, die etwas mit sich bringt, was die CDU mittragen würde.

In diesem Antrag werden genau die Probleme, die mit der Kreisreform angegangen werden sollten, aber für die diese Re form nicht die Antwort war, aufgegriffen: die Frage der Teilentschuldung, die Frage, wie wir damit umgehen, dass kreis freie Städte in hohem Maße verschuldet sind, die Frage, wie wir damit umgehen, dass Kultureinrichtungen landesweit be deutsam sind, aber finanziell momentan nicht so aufgestellt sind, wie sie es sein müssten. Diese Fragen werden beantwor tet. Die entscheidende Frage des Finanzausgleichs in diesem Land - bei den Diskussionen zur Kreisgebietsreform ging es immer wieder auch um die Frage: Haben die Kommunen aus reichende Mittel zur Verfügung, um ihre Aufgaben zu erfül len? - wird mit dem Antrag angegangen; die Frage des Sozial lastenausgleichs ebenfalls, denn wir müssen feststellen, dass ein Teil des Schuldenbergs in den kreisfreien Städten beson ders mit den Soziallasten zu tun hat. Dieser Antrag reagiert da rauf und sagt: An dieser Stelle müssen wir nachsteuern. Ein weiteres Beispiel ist das E-Government-Gesetz.

Deswegen, Herr Kalbitz, sage ich Ihnen noch einmal: Diese Floskeln von Inhaltslosigkeit treffen einfach nicht zu. Entwe der hören Sie nicht zu, oder Sie plappern diese Phrasen einfach weiter vor sich hin. Ich würde vorschlagen, dass Sie sich ein paar mehr Gedanken machen, das würde uns allen hier guttun - und Ihnen auch.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. - Bevor ich den nächsten Redner ans Pult bitte, begrüße ich eine sehr große Besuchergruppe hier im Plenar saal, und zwar Seniorinnen und Senioren aus Wandlitz. Ihnen ein herzliches Willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der fraktionslo se Abgeordnete Vida.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Auflösung des Landtags ist eine sensible Sache, damit ist nicht zu spaßen. Die Volksvertretung des Landes wurde für fünf Jah re gewählt, und es braucht außerordentliche Gründe, wenn man dieses Mandat vorfristig an die Bürger zurückgibt.

Ich möchte deutlich sagen, dass ich nicht alle Elemente der Be gründung des CDU-Antrags teile, und schon gar nicht teile ich den Inhalt des AfD-Antrags, denn dieser hat nicht einmal eine Begründung. Die Frage ist aber: Wenn das zentrale Projekt der Landesregierung dieser Wahlperiode scheitert, hat sie dann noch die zeitliche Legitimation, weiterzumachen?

(Oh! bei der SPD)

Ich glaube das nicht und das nicht nur, weil sie selbst gesagt hat, dass sie daran ihr politisches Fortbestehen bindet, sondern auch, weil es kritische, mutige Stimmen aus den eigenen Frak tionen waren, die dazu beigetragen haben, dass es zu der jetzi gen Situation gekommen ist, und weil es schließlich eine bei spiellos starke Volksinitiative vermocht hat, Ihnen darzulegen, was die Bürger von diesen Plänen halten. Es ist nicht nur ein

konstruktives Misstrauensvotum oder eine Abstimmungsnie derlage, die das legitimiert, sondern auch der Druck aus der Bevölkerung, eines der zentralen Projekte zu stoppen, zumal sich gezeigt hat, dass die inhaltliche Aufbereitung die fachli chen Erwartungen der kommunalen Familie in keiner Weise zu befriedigen vermochte.

Auch das andauernde Versagen in Fragen der Altanschließer beiträge hat weite Teile des Regierungshandelns aus meiner Sicht delegitimiert. Die soziale Ungerechtigkeit, die Rück sichtslosigkeit, mit der auch in dieser Wahlperiode vorgegan gen wurde, hat so viele Menschen enttäuscht und den Glauben an rechtsstaatliche Prozesse erodieren lassen. Auch dafür tra gen Sie die Verantwortung.

Nun wurde gefragt: Was für Folgen hätte eine Neuwahl? Wel che Umfrageergebnisse deuten auf welche Regierungskonstel lation hin? - Ich glaube, es geht nicht darum, was einem per sönlich nützt, sondern darum, ob es an der Zeit ist, den Bürgern die Chance zur Meinungsbildung über all das Geschehene der letzten Jahre zurückzugeben. Und ja, ich glaube, das ist der Fall. Ich stimme deswegen für die Neuwahl. Ich weiß, dass meine Stimme wahrscheinlich nicht entscheidend sein wird, aber ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall CDU)

Wir danken Ihnen. - Die Landesregierung hat Redeverzicht an gezeigt. Wir kommen nun noch einmal zur einbringenden Fraktion. Herr Dr. Redmann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Geschätzte Frau Kollegin Nonnemacher, ich glaube, es gibt einen erheblichen Unterschied zwischen Umfragen und dem Wahlergebnis selbst. Ich halte wenig davon, auf Grundlage von Umfragen in wilde Koalitionsspekulationen einzutreten. Das bringt niemanden wei ter, und ich finde das auch ein wenig respektlos gegenüber dem Wähler.

(Beifall CDU sowie vereinzelt AfD - Zuruf von der CDU: Richtig!)

Mir hat aber Ihr Gedanke mit der Bewährung gefallen. Was mich dabei jedoch interessieren würde - das können Sie mir vielleicht später erklären -: Unter welchen Umständen wird denn eigentlich die Bewährung widerrufen? Und was passiert in diesem Fall - sind Sie dann auch für Neuwahlen?

Kollege Wilke, Erkenntnisgewinn gestehe ich jedem zu. Ich habe auch Respekt vor dem Erkenntnisgewinn, der in Teilen der Koalition vonstattenging. Es kommt aber gar nicht darauf an, wie wir noch vor wenigen Wochen zu dieser Kreisgebiets reform standen und ob wir uns über die Absage freuen oder sie bedauern. Die einzig entscheidende Frage ist: Ist dieses Haus, dieser Landtag, diese Koalition in der verbleibenden Zeit - das ist bei Lichte betrachtet abzüglich der Wahlkampfzeit nicht viel mehr als ein Jahr - in der Lage, die wegweisenden Projekte, von denen heute viel die Rede war, auf den Weg zu bringen, oder braucht es dafür nicht etwas länger?

Wenn ich mir die Vertreter Ihrer Fraktion anschaue, allen voran den Vorsitzenden Christoffers, dann sehe ich, dass da die Auf fassung besteht, dass man das in dieser Zeit kaum schaffen kann. Sie haben ausgeführt: Pflichtkooperationen brauchen länger. - Und da haben Sie natürlich Recht. Da muss man zu nächst analysieren: Wo macht so eine Pflichtkooperation Sinn? Wo entstehen eigentlich Skaleneffekte, zwischen welchen Äm tern, welchen Landkreisen, welchen kreisfreien Städten? Das muss erst einmal analysiert werden. Fußnote: Diese Analyse hätten Sie eigentlich schon zur Kreisreform machen müssen, dann wäre es Ihnen vielleicht gelungen, überzeugender zu sein.

(Beifall CDU)

Diese Analyse liegt jedoch nicht vor. Sie sind an dieser Stelle blank und werden es deshalb in der verbleibenden Zeit nicht schaffen, in einem umfassenden Sinn für Kooperation zu sor gen, freiwillig und pflichtig. Deshalb wäre die Zeit, die uns verbleibt, eine verlorene Zeit. Wir haben jetzt schon drei Jahre verloren, wir werden auch die nächsten beiden Jahre verlieren. Das ist etwas, was wir den Bürgern des Landes Brandenburg nicht zumuten wollen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss ein Wort zum Kollegen Wilke und seinem Vorwurf, der in Rich tung Populismus usw. ging, verlieren.

(Domres [DIE LINKE]: Zu Recht!)

Wir sehen uns in der gesamten westlichen Welt gegenwärtig mit einer für Demokraten nicht ganz einfachen Situation kon frontiert - da gebe ich Ihnen durchaus Recht -, die durch vielfa che Veränderungen, Globalisierungsprozesse, Migrationsbe wegungen bedingt ist und auch durch Fortschritte im Bereich der Digitalisierung, die zu Verunsicherungen führen, verur sacht wird. Aber diese Entwicklung - wir haben in Südeuropa Linksextremisten, in Nordeuropa eher Rechtspopulisten, in Amerika überwiegend Rechts-, aber auch Linkspopulisten - jetzt herunterzubrechen und zu sagen, die CDU Brandenburg habe mit ihrem Verhalten der Kreisreform gegenüber an dieser Entwicklung einen maßgeblichen, messbaren oder wie immer gearteten Anteil, den man uns vorwerfen kann, finde ich ein bisschen schäbig. Denn damit instrumentalisieren Sie die Kol legen mit dem Twitter-Antrag hier ganz rechts für Ihre Prozes se, und das haben Sie eigentlich nicht nötig. - Danke.

(Beifall CDU)

Es ist eine Kurzintervention angemeldet worden. Herr Abge ordneter Christoffers, bitte.