Protocol of the Session on June 28, 2017

Wenn Schule sich immer mehr öffnen und kompetenzorientiert unterrichtet werden soll, dann ist allerdings auch ein Umden ken in der Zensierung bzw. Notengebung notwendig.

(Beifall der Abgeordneten Große, Dannenberg [DIE LIN KE] und von Halem [B90/GRÜNE])

Dem wird in den Jahrgangsstufen 1 und 2 mit der Änderung des § 57 entsprochen. Die - übrigens schriftliche - Information zur Lernentwicklung setzt natürlich Elterngespräche voraus und kann dezidierter, als es eine Note je vermag, die Leistungs entwicklung des Kindes dokumentieren. Eine große Hilfe sind dabei indikatorengestützte Zeugnisse, die eng im Zusammen hang mit dem neuen Rahmenlehrplan zu sehen sind.

Mit der von den Regierungsfraktionen in § 68 vorgesehenen Änderung ermöglichen wir eine weitere Öffnung der Einsatz möglichkeiten für das sonstige pädagogische Personal. Und das, meine Damen und Herren, ist gut so und auch notwendig. Dadurch wird nämlich eine gute Möglichkeit der Hilfe und Un terstützung im gemeinsamen Lernen unabhängig vom Antrag der Eltern und/oder der Schule getroffen.

Dem Antrag der Grünen bezüglich des gemeinsamen Lernens können wir so allerdings nicht zustimmen.

(Oh! bei der CDU)

Wir wollen das gemeinsame Lernen als Anwahlmöglichkeit belassen und somit die Entscheidung für oder gegen die Um setzung des Konzeptes des gemeinsamen Unterrichts der Basis überlassen.

Der AfD-Antrag erübrigt sich eigentlich ohne große Diskussi on; denn im Konzept für das gemeinsame Lernen sind Wahl möglichkeiten und die unabhängige Beratung der Eltern fest geschrieben, das wird auch jetzt schon so umgesetzt.

Der Antrag der Kolleginnen und Kollegen der CDU findet bei uns auch keine Zustimmung.

(Oh! bei der CDU - Bretz [CDU]: Also, Mensch!)

- So was aber auch! - Sie fordern eine Höchstzahl von 23 Schü lerinnen und Schülern pro Klasse.

(Genilke [CDU]: Das ist gerecht!)

Wir finden, dass eine Festsetzung von Höchstzahlen im Gesetz nicht notwendig ist, da die bisherige Regelung gemäß VV-Un terrichtsorganisation ausgereicht hat, und dies die Anpassung an aktuelle Entwicklungen nicht nur erschwert, sondern jedes

Mal eine Schulgesetznovelle nach sich ziehen würde, eine Hürde, die Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, in der Vergangenheit bekanntermaßen als zu hoch empfunden haben.

Zweitens: Ihre Forderungen in § 49a zum E-Learning sind be reits erfüllt. Dies kann untergesetzlich geregelt werden, wie bereits in der GOST-Verordnung geschehen. Allerdings ist wohl eher Blended Learning und nicht unbedingt E-Learning ge meint.

Die Forderung nach Einzügigkeit von Schulen im ländlichen Raum ist nachvollziehbar und populär. Allerdings haben wir schon jetzt die Möglichkeit, bei 24 Kindern im Oberschulbe reich zwei Klassen mit je zwölf Schülerinnen und Schülern zu bilden.

Die Einzügigkeit gerade an Oberschulen scheitert aus meiner Sicht an der Notwendigkeit, die verschiedenen Abschlüsse zu ermöglichen, und würde dann grundsätzlich die Umsetzung von Binnendifferenzierungen nach sich ziehen. In Schulzent ren sehen wir die Möglichkeit, durch das Zulassen von einma ligen Ausnahmen Ihrem Wunsch zu entsprechen. Das aller dings kann und muss auf dem Verordnungsweg geschehen. - Das sind meine Ausführungen. Herzlichen Dank für Ihre Auf merksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Hoffmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es ja gehört: Es gab früher sehr, sehr häufig Schulgesetzänderungen in Brandenburg; fast konnte man die Uhr danach stellen.

(Unmut bei der Abgeordneten Lieske [SPD])

Das fanden nicht alle gut, muss man ganz klar sagen. Das hört man auch von den Schulen immer wieder: Lasst uns doch mal ein bisschen in Ruhe, lasst uns mal arbeiten, gebt uns Kontinu ität! - Deshalb ist es auch gut, dass sie dies jetzt eine Weile hatten.

Allerdings gibt es auch Probleme und Herausforderungen in der brandenburgischen Bildungslandschaft, und deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass es eine Schulgesetznovelle gibt, denn ich dachte, wir packen jetzt einige dieser Probleme an. Und Probleme gibt es genug: Der Unterrichtsausfall ist zu hoch, der Lehrermangel prägt das Dasein an den Schulen. Wir haben jede Menge Seiteneinsteiger und wissen nicht, wie wir sie qualifizieren sollen. Wir müssen Schulstandorte sichern. Die Eltern klagen über zu große Klassen. - Und jetzt kommt dieser Entwurf! Ich gucke hinein und finde zu all diesen Prob lemen - nichts. Das ist ein Problem.

Sie haben eine ganze Reihe von technischen Kleinigkeiten dar in geregelt; das ist in Ordnung. Sie haben - um den Koalitions frieden zu gewährleisten - das Wort „Schulzentrum“ eingefügt.

Gut, kann man als Kosmetik machen. Und Sie haben eine tat sächlich größere Änderung vorgenommen, und das ist, dass Sie die Möglichkeit, den Kindern in Klasse 2 auch Noten zu geben, wieder streichen wollen - eine Möglichkeit, für die die Eltern in Brandenburg lange gekämpft haben und die sie unbedingt haben wollten. Das ist das, was Sie streichen wollen. Das ist Ihre Antwort auf die Probleme im Bildungswesen, und das ist unzureichend, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Die gegenwärtige Regelung hat sich aus unserer Sicht bewährt: Die Eltern können von Klasse 2 bis Klasse 4 entscheiden, ob ihre Kinder Noten erhalten oder nicht. Aus unserer Sicht gibt es überhaupt keinen Grund, den Eltern diese Möglichkeit weg zunehmen.

Sie haben Ihre Absicht, dies zu ändern, auch begründet, näm lich damit, dass Sie das ja wegen der FLEX-Klassen machen müssten; denn in den FLEX-Klassen sind Kinder aus der 1. und 2. Klasse zusammen, und das wäre dann so unübersicht lich, wenn am Ende des Schuljahres die einen ein Zeugnis mit Zensuren und die anderen eines ohne bekämen. - Ich habe ein mal bei Eltern und Schulleitern nachgefragt. Die sagten: Wis sen Sie was, Herr Hoffmann? Die Eltern, die Lehrer und die Kinder sind gar nicht so blöd, wie Sie denken - die wissen sehr wohl, ob sie jetzt ein Jahr oder zwei Jahre in der Schule sind. Das ist de facto kein Problem. - Hinzu kommt, dass es nur ein Viertel der 1. Klassen betrifft, denn nur ein Viertel sind über haupt FLEX-Klassen.

Wir haben nachgefragt, in wie vielen Fällen in der Vergangen heit davon Gebrauch gemacht wurde, auf Noten zu verzichten - weil der Minister auch sagte, es gebe ohnehin immer weniger Noten. Da hat die Landesregierung mehrfach geantwortet, dass sie das nicht sagen könne, da es nicht erfasst werde. Das zeigt ganz deutlich, dass Sie hier die Noten abschaffen und das als die Lösung eines Problems verkaufen, von dem Sie nicht ein mal wissen, dass es existiert. Das ist Bildungspolitik der Marke Rot-Rot.

(Beifall CDU)

Stattdessen sollten wir die richtigen Fragen angehen, und dafür haben wir Änderungsanträge vorgelegt.

Sie machen hier eine Kreisgebietsreform, bei der Sie in den nächsten Jahren 600 Millionen Euro verpulvern wollen, weil Sie sagen: Wir müssen das Land zukunftsfest machen. - Schul standorte bei Schulen sichern, die heute schon unter Schüler zahlrückgang leiden - das verpennen Sie, da liegen Sie im Dornröschenschlaf. Das sollten Sie jetzt machen. Diesbezüg lich haben wir gute Vorschläge unterbreitet, zum Beispiel Filiallösungen bei Gymnasien oder auch eine einzügige Ober schule.

(Beifall CDU)

Beim E-Learning, Frau Koß, muss ich Ihnen sagen: Wenn Sie schon schlaumeiern wollen, dann sollten Sie bei Frau von Ha lem wenigstens richtig abschreiben, denn sie hat gesagt, dass es sich bei dem Modell, das wir gern mit aufnehmen möchten, nicht um Blended Learning, sondern um Distance Learning handelt. Letzten Endes ist es auch egal. Das, was es am Ende

ist, definieren wir nämlich, und wir wollen hier einfach einen klaren rechtlichen Rahmen setzen, weil wir glauben, dass die E-Learning-Angebote eine sinnvolle Ergänzung für Schulen im ländlichen Raum sind, um ein breites Kursangebot zu sichern.

Eine Schülerin aus Wittstock sagt, sie möchte gern nach dem Abitur ins Auswärtige Amt, möchte nach Lateinamerika, hätte gern Spanischunterricht gehabt - das konnte sie nicht. Das wä re damit möglich. Das sollten wir aufnehmen.

Jetzt komme ich noch zu einem anderen Punkt, nämlich zu den Klassengrößen. Punkt 1, Frau Koß: Wir wollen mit unseren Änderungsanträgen nicht für alle Klassen 23 Schüler fest schreiben, sondern für die Inklusionsklassen. Für diese Klassen ist derzeit in der Sonderpädagogik-Verordnung festgelegt, dass es nicht mehr als 23 Schüler sein sollen. Jetzt hat eine Anfrage ergeben, dass dieser Wert in 38 % der Fälle überschritten wird. In 38 % aller Inklusionsklassen sind mehr als 23 Schüler! Da sage ich: Ganz ehrlich! Das ist nicht der richtige Weg. Sie ge hen nämlich einen ganz anderen Weg, Sie sagen: Wir können den Wert nicht einhalten, also streichen wir ihn aus der Verord nung. - Wir sagen: Wir wollen diesem Wert mehr Verbindlich keit geben, wollen ihn deshalb ins Schulgesetz schreiben. Und natürlich kann die Schulkonferenz auch Ausnahmen zulassen - das steht auch in unserem Vorschlag. Die Flexibilität bleibt al so erhalten. Wir wollen damit nicht kleinere Klassen, sondern wir wollen, dass die Werte, die bereits in den Verwaltungsvor schriften stehen, eingehalten werden. Die wollen wir auch für die Eltern einklagbar machen, und das ist auf jeden Fall eine richtige und gute Idee, ist auch das, was die Eltern wollen.

(Beifall CDU)

Damit sieht man, meine Damen und Herren, dass wir hier tat sächlich konkrete Vorschläge vorgelegt haben, konkrete Maß nahmen, Dinge, die die Qualität der Bildung in Brandenburg tatsächlich verbessern würden.

Das, was von den Koalitionsfraktionen kam, war die Ände rung, dass künftig auch in den Klassen 1 bis 3 Klassensprecher gewählt werden dürfen. Das ist ein sympathischer Antrag, den finden wir auch richtig. Die Probleme im Bildungssystem in Brandenburg lösen Sie damit allerdings nicht. Da müssten Sie schon unseren Änderungsanträgen zustimmen.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abge ordnete Dannenberg.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Abgeordnete! Sehr verehrte Gäste! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf der rotroten Koalition zum Schulgesetz ist ein Gesetz mit Augenmaß, den derzeitigen Bedingungen angepasst, aber mit der gleich zeitigen Möglichkeit, Schulentwicklung, Schulgestaltung und Innovation zu unterstützen. Ich beziehe mich auf fünf große Schwerpunkte:

Erstens: Demokratie. Mit dem neuen Schulgesetz verbessern wir - das hat gerade meine Fraktion immer und immer wieder

befördert - die Mitbestimmung von Schülerinnen und Schülern in der Schule und auch die Mitwirkung im Bildungsbereich all gemein. Zeit wird es, dass der Humanistische Verband einen Platz im Landesschulbeirat erhält.

(Beifall DIE LINKE)

Zeit wird es, dass Schülerkonferenzen an allen Schulen einge richtet, dass die Schülersprecher direkt gewählt werden und wir die diskriminierende Regelung für die Mitbestimmung von Klassensprecherinnen und Klassensprechern an den Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung abschaffen.

(Beifall DIE LINKE und der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE])

Wir ermöglichen bessere Partizipation an der Schule, und das ist auch gut so. Die Regelung, in den Klassen 1 bis 3 Klassen sprecher freiwillig wählen zu können, folgt unserer Auffas sung, die Kleinen langsam - mit pädagogischer Begleitung - an die für sie neue Form von schulischer Demokratie heranzufüh ren.

Zweitens: Inklusion. Parallel zu unserem Konzept „Gemeinsa mes Lernen“ und dem stattfindenden stufenweisen Ausbau der inklusiven Beschulung passen wir hier das Schulgesetz an. Es bezieht sich hauptsächlich auf den Einsatz von sonstigem päd agogischem Personal. Wir sind auf dieses Personal in den Schulen angewiesen. Die Lehrkräfte werden durch sie in ihrer Arbeit unterstützt. Wir wollen diese Kräfte im Ganztagsbetrieb und im gesamten Unterricht einsetzen. Die entsprechende fi nanzielle Vorsorge wurde dafür getroffen. Allerdings teile ich die Bedenken hinsichtlich ihrer Qualifikation, ihres Tätigkeits profils und der arbeitsrechtlichen Details. Ich denke, ein Rund schreiben des Ministeriums reicht dazu nicht aus; vielleicht kann der Minister dazu nachher noch etwas sagen.

Zu den Anträgen der Grünen-Fraktion: Es ist ein berechtigtes Anliegen, jegliche Hindernisse im Schulgesetz zu beseitigen, denn erst dann wird Inklusion in der Bildung wirklich gelebt. Andererseits hat der gemeinsame Unterricht im Schulgesetz schon Priorität. Wir wollen Inklusion nicht von oben verord nen, sondern Inklusion soll von unten wachsen. Auf diesem Weg wollen wir alle Beteiligten in der Schule mitnehmen. Mit diesem Konzept werden wir bis 2024 gemeinsames Lernen in Brandenburg schrittweise ausbauen. Das ist aus unserer Sicht der bessere Weg und sorgt auch für eine größere Akzeptanz in der Praxis.