Protocol of the Session on June 28, 2017

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz auf den Entschließungsantrag der CDU eingehen. Weder das Thema noch die Argumente sind neu. Das alles haben wir vom Kolle gen Petke anlässlich der Anhörung zum Amtszeitenregelungs gesetz im Ausschuss für Inneres und Kommunales schon ein mal gehört. Auch die Vor- und Nachteile, die Erfolgsaussichten und Zeiträume von Landratsdirektwahlen sind von den anwe senden Experten kurz beleuchtet worden. Sie sind unterschied lich bewertet worden; das war auch zu erwarten. Einigkeit herrschte in zwei Punkten. Erstens: Es handelt sich um eine schwierige Materie. Zweitens: Diese Frage betrifft den hier und heute zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf zur Amts zeitenregelung nicht.

Heute regeln wir die Amtszeit derjenigen Landrätinnen und Landräte, deren Amtszeiten vor der nächsten allgemeinen Kommunalwahl auslaufen. Wir schaffen eine unkomplizierte, praktikable und gleichzeitig verfassungskonforme Übergangs lösung - nicht mehr und nicht weniger. Deshalb wird es Sie nicht überraschen, dass ich um Zustimmung zum Gesetzent wurf in der vom Ausschuss für Inneres und Kommunales be schlossenen Fassung bitte. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Petke.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kurth, das war ja eine mutige Auslegung oder Wahrnehmung der Anhörung. Da hat es nämlich durchaus Zweifel gegeben. Ich will es einmal ganz deutlich sagen: Sie schaffen de facto ganz unkompliziert mal eben die Direktwahl der Landräte ab.

„Sie“, das ist nicht die Landesregierung, sondern das sind Herr Kollege Dr. Scharfenberg und Sie. Sie also bringen hier einen Gesetzentwurf ein, den wir zwar einzeln behandeln, der aber - und darauf haben Sie selber hingewiesen - in Zusammenhang mit der Kreisneugliederung gesehen werden muss. Wenn man dann beides zusammenfügt, führt das zum Beispiel in Ober spreewald-Lausitz zu folgendem Umstand: Vor acht Jahren hat die Direktwahl stattgefunden. Nehmen wir mal an, das entwi ckelt sich so, dann gibt es keine neue Direktwahl. Dann haben wir zwei Jahre Übergangszeit, und die nächste Direktwahl kann dann acht Jahre danach stattfinden, wenn das Kreisneu gliederungsgesetz so verabschiedet würde. Das macht insge samt 18 Jahre, in denen keine Direktwahl stattfindet. Das ist die ganz praktische Umsetzung Ihrer unkomplizierten Rege lung.

Wenn man dann noch weiß, dass die SPD-Fraktion sowohl bei der Einführung der Direktwahl der Landräte als auch in all den Jahren danach bei den einzelnen Wahlen immer wieder darauf hingewiesen hat - über ihren Fraktionsvorsitzenden, über ihre Generalsekretärin -, dass sie die Direktwahl wieder abschaffen will, dann weiß man doch, was dahintersteht: Das ist die poli

tische Absicht, in den neu zu bildenden Landkreisen, in den Großkreisen in Brandenburg bei der ersten Wahl indirekt zu wählen, damit die alte Hinterzimmerlogik bei der Bestimmung der Landräte wieder funktioniert, nach der sich SPD und Linke zusammensetzen und am Volk vorbei für acht Jahre den Land rat in den Großkreisen bestimmen.

(Beifall CDU)

Das steckt doch machtpolitisch dahinter. Da gilt nicht das, was uns der Ministerpräsident weiszumachen versucht: Existenz, Bestand des Landes, Sicherung des Wohlstandes. - Nein, da geht es vor allen Dingen um die Sicherung von Macht und Ein fluss der SPD.

(Zuruf von der CDU: Nur darum! - Bischoff [SPD]: Ach, hör doch auf!)

- Nein, Kollege Bischoff, ich höre nicht auf, auch nicht, wenn Sie sich da so hinfläzen; ich mache weiter.

Es hätte andere Wege gegeben, das ist auch in der Anhörung deutlich geworden. Man hätte gut und gerne die Direktwahl im Kreisneugliederungsgesetz weiterhin in Form der alten Rege lung vorsehen können. Sie ist möglicherweise aufwändiger; aber auch die indirekte Wahl kann angefochten werden. Das ist aber nicht Gegenstand dieses Gesetzes.

Zu Ihrem „unkomplizierten“ Gesetz ist uns eines aufgefallen, und deshalb werden wir die 3. Lesung beantragen.

(Zuruf: Was denn?)

Im Falle von Spree-Neiße und Cottbus wird Ihr „unkompli ziertes“ Gesetz möglicherweise zu folgender Situation füh ren: Weil der Landrat und der Stellvertreter ausscheiden und aus dem anderen Bereich, aus Cottbus, niemand Neues kom men kann - sonst hätten die ja keinen Oberbürgermeister mehr -, hätte man dann niemanden an der Spitze des neu zu bildenden Landkreises. Der ist dann praktisch führungslos. Das ist genau der Grund, weshalb Dr. Scharfenberg und Sie diesen Gesetzentwurf eingebracht haben; das wollten Sie ge rade verhindern.

Das kann passieren - wir haben es aufgeschrieben, und wir ge ben es Ihnen schriftlich -, weil die alle in Rente gehen und dann im Jahr 2019 niemand zur Verfügung steht. Dann hätten wir eine Situation der Führungslosigkeit. Das kann passieren.

Dann gibt es eine Rückfallposition in der Kommunalverfas sung, und die lautet: Dann entscheidet die Landesregierung.

(Zuruf von der CDU: Aha!)

Dann wird die Landesregierung - ganz überrascht von diesem Gesetz - Gebrauch von dieser Regelung machen. Deswegen werden wir die 3. Lesung beantragen; denn wir wollen, dass das geklärt wird. Sinn - so sagen Sie jedenfalls - des vorliegen den Gesetzentwurfs ist es ja gerade, die Dinge so zu regeln, dass so etwas eben nicht passiert und dass - auch das haben Sie vorhin gesagt - jemand an die Spitze der Verwaltungsstruktur kommt, der über eine gewisse demokratische Legitimation ver fügt. Dies bitten wir in der Zeit bis zur 3. Lesung entsprechend zu prüfen.

Dies war der erste Gesetzentwurf zur Kreisneugliederung, der in diesem Kontext hier im Landtag verhandelt wird. Das ist si cherlich eine Sache, die man regeln muss. Da das Ganze je doch aus den Fraktionen kommt, ist das auch ein Zeichen da für, wie sehr Sie schon Ihrem selbst gewählten Zeitplan hinter herhinken.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und freue mich - na ja, „freuen“ ist vielleicht ein bisschen viel gesagt - bzw. erwar te mit Spannung die Diskussion zu der Frage, wie wir das Pro blem möglicherweise lösen können. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrü ße ich auf der Besuchertribüne Seniorinnen und Senioren aus Templin. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Dr. Scharfenberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Petke, kann ich davon ausgehen, dass Ihr Vortrag kein Blendwerk war, son dern Sie jetzt einen offiziellen Antrag auf 3. Lesung eingereicht haben?

(Petke [CDU]: Ja, weil wir einen Grund haben!)

- Okay, das ist Ihr Recht als Fraktion. Insofern verlängern Sie zwar die Diskussion, aber Sie werden am Ergebnis natürlich nichts ändern. Was Sie jetzt hier konstruiert haben, zeigt mir, dass Sie den Gesetzentwurf offensichtlich gar nicht richtig ge lesen haben; denn genau für diesen Fall sind Varianten darin enthalten.

Ich staune immer wieder, Herr Petke, wie Sie in der Lage sind, Motivforschung zu betreiben. Ich habe jetzt erst verstanden, warum wir den Gesetzentwurf eingebracht haben, das ist mir vorher gar nicht bewusst gewesen.

(Heiterkeit SPD)

Es ist immer wieder bemerkenswert, wie Sie hier herumturnen und am eigentlichen Gegenstand vorbeiargumentieren. Denn dass es hier um eine Übergangssituation geht, wissen Sie ganz genau. Sie kennen auch die Fristen, Sie wissen, dass im nächs ten Jahr Wahlperioden auslaufen. Sie wissen - das ist in der Anhörung dargestellt worden -, dass es sich ausnahmslos um Wahlperioden von Landräten in reformbetroffenen Kreisen handelt, das haben Sie zur Kenntnis genommen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, ich bin gespannt, was Herrn Redmann auf der Seele lastet.

Herr Abgeordneter, ich muss Ihnen einfach die Zeit geben, die Frage zu beantworten, welche Varianten der Gesetzentwurf - er stammt ja aus Ihrer Feder - Ihrer Auffassung nach konkret für Cottbus und Spree-Neiße vorsieht, wo in Spree-Neiße der Landrat und die Beigeordneten mit dem Tag der Kommunal wahl aus dem Amt ausscheiden und dann der neu gebildete Kreis bzw. der Kreis mit der eingekreisten Stadt Cottbus füh rungslos ist.

Erstens ist mir eine solche Situation nicht bekannt.

(Zuruf von der SPD: Das hat doch mit dem Gesetz gar nichts zu tun!)

- Ja. - Zweitens:

(Zuruf von der CDU)

- Moment einmal. - Es besteht die Möglichkeit, dass der Kreis tag einen Landrat für diese begrenzte Zeit wählt. Diese Mög lichkeit ist gegeben.

(Vida [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Nein, das ist nicht möglich! Der neue Kreistag hat sich dann noch nicht konstituiert! - Dr. Redmann [CDU]: Der hat sich doch noch nicht konstituiert! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Natürlich kann das der neu gewählte Kreistag dann machen, selbstverständlich.

(Zurufe von der CDU: Der hat sich dann doch noch nicht konstituiert, Herr Scharfenberg!)

- Wir reden jetzt über die Übergangszeit, und so lange amtiert der alte Landkreis.

(Lachen bei der CDU)

Der alte Kreistag.

(Dr. Redmann [CDU]: Welcher alte Kreistag?!)

Meine Damen und Herren, Sie haben die 3. Lesung beantragt. Wir werden darüber diskutieren. Mir ist es ganz wichtig, an dieser Stelle zu sagen: Ihre Bezüge zur Abschaffung der Land ratsdirektwahl sind natürlich künstliche Bezüge - das wissen Sie auch.

(Petke [CDU]: Was?!)

- Na, aber selbstverständlich.

(Petke [CDU]: 18 Jahre!)