Protocol of the Session on May 18, 2017

Kultur schafft Identität. Deshalb und weil die AfD auch die kulturellen Traditionen unserer Gesellschaft weitergeben möch te, stehen wir Ihrem Anliegen grundsätzlich positiv gegenüber, sehen zurzeit aber große Lücken in der logischen Durchführ barkeit. - Danke.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht die Abgeordnete Große für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Sosa, Geschäftsführer des VdMK im Land Brandenburg, der unserer Debatte hier beiwohnt, was ich sehr schön finde.

(Beifall DIE LINKE sowie der Abgeordneten Heinrich [CDU] und von Halem [B90/GRÜNE])

Jeder Antrag zur Stärkung von kultureller Bildung ist erst ein mal ein guter Antrag. Dennoch haben wir uns ein bisschen schwergetan, liebe Anja Heinrich. Es wäre ja möglich gewe sen, dass wir ihn gemeinsam einbringen. Dann hätten wir ihn zusammen noch ein bisschen qualifiziert. Das hat sich offen sichtlich nicht ereignen können.

Wir hätten ihn auch annehmen können. Dafür gibt es einige Gründe, zumindest im Anliegen. Das war uns aber auch nicht möglich, und das hat wirklich nichts damit zu tun, dass er von der CDU kommt.

Wir könnten ihn auch ablehnen. Auch das ist nicht möglich, weil wir das Anliegen teilen. Also bleibt die Überweisung als kleinster gemeinsamer Nenner. Da sage ich, auch da gibt es Probleme, weil es keinen wirklichen Grund gibt, den Antrag zu überweisen.

Inzwischen gibt es das Konzept, das Sie einfordern, und zwar eigentlich mit den gleichen Prämissen, die Sie hier aufgeführt haben. Insofern war das Ministerium vielleicht ein bisschen langsam, aber auch nicht zu langsam. Das Projekt geht im kommenden Schuljahr an den Start.

Der Verband der Musikschulen fusioniert erst seit 2012 mit den Kunstschulen, 35 Musikschulen, acht Kunstschulen. Natürlich kann man ein Projekt „Klasse: Musik“ nicht ganz einfach über tragen. Es ist schon eine andere Kunst. Es geht um andere Be reiche.

In der Satzung des VdMK ist ganz klar geregelt, dass die Spar ten Musik, bildende Kunst, darstellende Kunst, Wort und kul turelle Medien für Jugendliche Angebote vorzuhalten haben. Das ist ein Satzungsauftrag. Die Musikschulen versuchen - auch mit der Unterstützung des Landes -, diesem Satzungsauf trag zu entsprechen. Ich erinnere noch einmal daran, dass wir den Etat auf 5,1 Millionen Euro verdoppelt haben. Davon sind 400 000 Euro für die Kunstschulen gebunden.

Das „Klasse: Musik“-Projekt ist genauso, wie Anja Heinrich es beschrieben hat, ein Riesenerfolgsprojekt. Ich kann nur immer wieder schwärmen von den großen Konzerten, die von Bläser-, Gitarren-, Percussion- und Streicherklassen gegeben werden; wir können sie oft in der MBS-Arena hören. Es ist wunderbar zu sehen, wie alle Kinder mit und ohne Förderbedarf, Kinder mit jeglichen Talenten und Nichttalente - Herr Königer, Sie haben gar nicht verstanden, worüber wir hier sprechen - miteinander musizieren, weil sie die Grundlagen miteinander gelernt haben.

(Königer [AfD]: Sie haben die Logik nicht verstanden!)

Dieses wunderbare Konzept „Klasse: Musik“ hat gezeigt, wie schön es ist, wenn sich Schule öffnet, wie schön es auch für die Lehrkräfte, die Musiklehrer, ist, voneinander zu profitieren. Die Schulmusiker profitieren von den Musikschullehrern und - umgekehrt - die Musikschullehrer vom didaktischen Knowhow der Schulmusiker. Das ist also eine Win-win-Situation. Es gestaltet das Profil der Schulen, und zwar auch in der Fläche. Wie wir alle wissen, gibt es viele Projekte, die auch in der Flä che des Landes wirken.

Die CDU möchte das Ganze auf die anderen Kunstformen aus weiten - das ist ein bisschen unscharf -, auch auf Kita, auch auf andere Kulturschaffende. Auch das gibt es natürlich alles. Wir sollten nicht so tun, als könnten wir Kunst nur über „Klasse: Kunst“-Projekte an die Schulen bringen. Es gibt natürlich über die Kooperationen im Ganztag jede Menge Kunstprojekte. Wir selber haben, als wir mit dem Ausschuss im Barberini waren, gesehen, was an wunderbarer Arbeit im Atelier mit Grund schulklassen passiert. Die Kinder sehen den Monet mit den zwei Booten, sollen darüber eine Geschichte erzählen, und die se Geschichte wird wiederum in Bilder umgesetzt. Das ist eine wunderbare pädagogische Arbeit, die läuft auch, ohne dass wir ein Konzept miteinander erfinden.

Wir müssen die Rahmenbedingungen klären. Das ist so. Wie gesagt, das Konzept, das die Landesregierung erstellt hat, ent spricht genau dem, was Sie gesagt haben. Der Rahmenlehrplan zum Beispiel für die Grundschule im Bereich der ästhetischen Fächer besagt: Kopf, Herz, Hand herausfordern und miteinan der in Beziehung bringen. Daran gliedert sich das Ganze für die 4. bis 6. Klassen an. Wir sollten schauen, dass mit diesem Projekt die Wahrnehmungskompetenz der Kinder erweitert wird. Es geht offensichtlich erst einmal mit fünf bis acht Klas sen los. Das sollten wir uns ansehen.

Dieses Konzept, das die Regierung jetzt - nach sicherlich etwas längerer Bearbeitungszeit - auf den Weg bringt, ist von hochka rätigen Wissenschaftlern begleitet. Dr. Lindner, Mona Jas, Prof. Verena Freytag, David Reuter, Peter Fauser und die von mir sehr bewunderte Theaterpädagogin Ute Pinkert wirken da ran mit. Es ist also ein auf alle Sparten ausgeweitetes Konzept. Nun lassen Sie uns damit einfach einmal anfangen und das an diesen acht Schulen probieren, miteinander testen, Kunstlehrer an der Uni Potsdam ausbilden. Das haben wir auch auf den Weg gebracht. Insofern bin ich guter Dinge.

Das können wir uns im Ausschuss alles noch einmal erzählen lassen. Wir können das Konzept auch verbreitern, können es im Ausschuss anreichern. Insofern werden wir, DIE LINKE, uns einer Überweisung nicht verschließen, auch wenn alles schon da ist. - Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD und B90/GRÜNE)

Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht die Abgeordnete von Halem für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Sehr geehrte Gäste! Um es vorweg zu sagen: Auch wir stimmen dem Antrag zu, nicht deshalb, weil wir die Einfüh rung einer solchen „Klasse: Kunst“ absolut für unentbehrlich hielten, sondern, weil jeder noch so kleine Baustein für mehr kulturelle Bildung in Brandenburg natürlich ein Gewinn ist. Wenn das Ergebnis der Absprachen ist, dass wir diesen Antrag an den Ausschuss überweisen, dann halte ich auch das für ei nen großen Gewinn, denn von diesem Konzept, von dem SPD und Linke sprachen, wusste ich noch nichts,

(Beifall CDU)

wusste auch der Ausschuss noch nichts. Wenn das der Anstoß dafür ist, dass wir davon endlich auch erfahren - wunderbar!

(Beifall des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Wenn ich sage, dass wir nicht der Meinung sind, dass dieser Antrag, dieses Konzept „Klasse: Kunst“ wirklich unentbehr lich wäre, liegt es an Folgendem - die CDU schreibt es selbst -: Von der „Klasse: Musik“ profitieren 5 000 Kinder. Das ist ei ner von 46 Schülerinnen und Schülern in diesem Land. Hätten wir eines Tages ein ähnlich ausgestattetes Konzept „Klasse: Kunst“ - danach sieht es aus; erst einmal ist es wohl nur ein Pilotprojekt -, wären es zwei von 46 Kindern in unserem Land, die davon profitieren. Das heißt, das ändert insgesamt nicht sehr viel daran, welch ein Dürreland wir in Sachen kulturelle Bildung hier in Brandenburg sind.

(Beifall der Abgeordneten Heinrich [CDU])

Ich habe in diesem Zusammenhang schon mehrfach das Bild von den Blumen in der Wüste verwendet. Auch der trockene Sand kann zum Blütenmeer werden, wenn er nur ein bisschen Regen abbekommt. Die Samen sind da. Wir haben die Projekt förderung für kulturelle Bildung. Wir haben das Musik- und Kunstschulgesetz. Wir haben außerschulische Jugendbildung.

Wir haben, vor allem dank der Mercator-Stiftung, die Plattform kulturelle Bildung mit ihren drei Regionalstellen. Da würde ich gern eine Frage in den Raum werfen. Diese drei Regionalstel len werden in erster Linie von der Mercator-Stiftung finanziert, das aber nur bis Ende 2017. Diese Regionalstellen leisten groß artige Arbeit. Was passiert eigentlich weiter mit ihnen? Da gibt es wunderbare, hochengagierte Künstlerinnen und Künstler, Vermittler und Organisatoren für kulturelle Bildung. Was pas siert eigentlich mit ihnen?

Bislang ist klargeworden: Der Regen fällt nur tröpfchenweise, hier ein kleines Projekt und dort ein bisschen externe Förde rung. Wir haben letztes Jahr eine Große Anfrage zum Thema kulturelle Bildung gestellt. In der Beantwortung derselben hat die Landesregierung den Anspruch formuliert - nachlesbar in der Antwort auf Frage 2 -, „qualitativ hochwertige Kultur- und Bildungsangebote auch in dünn besiedelten Regionen zu ge währleisten“. Kulturelle Bildung sei - erneutes Zitat - „eine ge eignete Methode, alle Alters- und Interessengruppen zu errei

chen, ihnen Teilhabe und Partizipation am gesellschaftlichen Leben zu ermöglich“. Davon sind wir in der Realität weit ent fernt.

Ob eine Schule kulturelle Bildung anbietet, ist leider viel zu häufig dem Zufall überlassen. Es muss schon jemanden geben, der oder die das wirklich will, engagierte Lehrkräfte, Eltern oder auch Künstlerinnen und Künstler, die auf die Schule zuge hen. Jemand muss Gelder auftreiben, muss die anderen Lehr kräfte überzeugen, muss Freiraum bei der Abarbeitung der Lehrpläne schaffen und damit umgehen, dass der Hausmeister am Wochenende frei hat.

Dass das alles zu bewerkstelligen ist, zeigt zum Beispiel die Montessori-Schule in Potsdam. Wohlgemerkt, das ist eine staatliche Schule. Diese Schule macht das seit Jahren erfolg reich vor. Seit zehn Jahren stellt sie alle Neuntklässler für vier Wochen frei, um gemeinsam mit Schauspielern ein Theater stück zu inszenieren.

(Beifall der Abgeordneten Fortunato [DIE LINKE])

Das kann funktionieren, aber man muss es wirklich wollen.

Bei der Kooperation zwischen Schule und Kunst treffen oft Welten aufeinander, wie man sich gut vorstellen kann. Die Ko operation ist aufwändig, steht der Umsetzung oft im Weg und macht letztlich doch den Sinn dieser Projekte aus, sich nämlich in einer neuen Welt auszuprobieren, sich eine neue Welt er schließen zu können.

Um endlich zu einer flächendeckenden kulturellen Bildungsar beit zu kommen, brauchen wir viel mehr als das Projekt „Klas se: Kunst“, wenn es auch ein toller Baustein sein kann. Wir bräuchten gut ausgestattete lokale Bildungslandschaften, in de nen Kunst und Kultur stabil mit Schule und Jugendarbeit ver netzt sind, in denen eine regionale Künstlerin vielleicht ihr Atelier in der Schule aufgeschlagen hat, der Schriftsteller im Jugendklub liest, das freie Theater pädagogische Angebote für Jugendliche hat und die regionale Kunstschule in alle künstle rischen Sparten schnuppern lässt.

Von dem von der Landesregierung formulierten Anspruch, so zialer Benachteiligung mit Kultur zu begegnen und dabei alle Alters- und Interessengruppen zu erreichen, sind wir leider weit entfernt. Kulturelle Bildung bleibt in Brandenburg weiter hin ein Glückstreffer für große oder kleine Zufallskinder, nur wenige bunte Blumen im märkischen Sand. Aber vielleicht ist da jetzt etwas änderbar.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Nun spricht Frau Ministerin Dr. Münch für die Landesregierung zu uns.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe der Debatte sehr interessiert zugehört und erfreut die brei te Einigkeit wahrgenommen, wenn es darum geht, „Musische Bildung für alle“ - das ist nicht nur der Name eines Programms,

sondern eben auch Programm der Landesregierung - auf einem weiteren Feld konkret werden zu lassen.

Deshalb habe ich nochmals eine erfreuliche Nachricht, die jetzt auch schon mehrfach verkündet wurde: Mit dem Schuljahr 2017/18 starten wir in eine Pilotphase für „Klasse: Kunst in Brandenburg“. Beteiligen werden sich zunächst insgesamt sie ben Grundschulen. Im Frühjahr und Sommer 2017 finden die konstitutiv zum Projekt gehörenden Weiterbildungen statt. Hier werden an mehreren Wochenenden die sogenannten Leh rer-Tandems - darauf greifen wir zurück - aus Kunstlehrern der Grundschulen und Pädagogen der Kunstschulen auf den ge meinsamen Unterricht in der Grundschule vorbereitet. Die Tandems haben bereits bei „Klasse: Musik“ für deren großen Erfolg gewirkt - das haben Sie bereits angesprochen. Deswe gen setzen wir dieses bewährte Instrument bei „Klasse: Kunst“ auch wieder ein.

Partner der Landesregierung wird weiterhin der Verband der Musik- und Kunstschulen sein. Insofern ist es ein glücklicher Umstand, dass wir hier für beide Bereiche der musischen Bil dung den gleichen Verband nutzen können, denn seit der Fusi on der beiden Verbände - des Verbandes der Musikschulen mit der Landesarbeitsgemeinschaft Kulturpädagogischer Einrich tungen - arbeiten wir im genannten Feld sehr erfolgreich mit dem Verband zusammen.

Mein Haus ist bereits seit Herbst 2016 mit dem VdMK bezüg lich des Vorhabens „Klasse: Kunst“ im Gespräch. Mit der Ein führung von „Klasse: Kunst“ soll ähnlich wie bei „Klasse: Mu sik“ die Qualität des Kunstunterrichts und die Kooperation mit den Kunstschulen verbessert werden. In Abstimmung mit dem Bildungsministerium wurden organisatorische und inhaltliche Fragen geklärt, zum Beispiel die Zahl der beteiligten Schulen bzw. Schularten, die Stundenausstattung oder auch die Beteili gung schulischer Gremien und der Schulträger von Beginn von „Klasse: Kunst“.

Ich sprach anfangs von einer Pilotphase, die wir mit dem kom menden Schuljahr zunächst nur an ausgewählten Grundschulen beginnen. Es geht uns im Zug dieser ersten Phase darum, ge nauere Informationen dazu zu erhalten, wie das gänzlich neue und mit „Klasse: Musik“ eben nur begrenzt vergleichbare Pro jekt „Klasse: Kunst“ funktioniert. Das ist ein sehr wichtiger Hinweis, Frau Große, den Sie gegeben haben.

Deswegen soll es begleitend zur Pilotphase eine Evaluation ge ben, deren Ergebnisse in die weitere Ausgestaltung von „Klas se: Kunst“ einfließen werden. Ziel der Evaluation ist auch, si cherzustellen, dass „Klasse: Kunst“ ein wirkliches Zusatzange bot ist, das nicht dazu dienen darf, den regulären Kunstunter richt zu ersetzen bzw. dürfen die Pädagogen der Kunstschulen natürlich nicht zu Ersatzlehrern für den Unterricht werden - das hat auch keiner jemals beabsichtigt.

Sie sehen, „Klasse: Kunst“ ist nicht vollständig mit „Klasse: Musik“ vergleichbar. Wir fahren bei der schrittweisen Einfüh rung etwas auf Sicht, damit wir uns ausgehend von der Praxis zunächst Erfahrungswissen für die weitere Einführung aneig nen. Deshalb geht Ihr Antrag, Frau Heinrich, auch sehr weit; ich denke, dass er in der jetzigen Fassung den Anspruch viel zu stark erhöht. Natürlich kann man perspektivisch über die Er weiterung der Partner über den Kreis der Kunstschulen hinaus nachdenken, wenn man erste Erfahrungswerte hat. Natürlich

kann man eine Talentförderung schaffen, aber eben nicht 1:1 zu der Talentförderung bei „Klasse: Musik“. Wir werden se hen, welche Wege sich anbieten, begabte Kinder zu fördern.

Die Finanzierung von „Klasse: Kunst“ erfolgt übrigens aus dem Programm „Musische Bildung für alle“ und umfasst rund 60 000 Euro. Die Weiterbildung der Beteiligten wird wie beim Projekt „Klasse: Musik“ auch durch das Bildungsministerium finanziert werden.

Ein Nebensatz zum Thema Plattform Kulturelle Bildung, Frau von Halem: Sie müssen sich keine Sorgen machen, wir sind in sehr guten Verhandlungen mit der Mercator-Stiftung und wer den voraussichtlich bis 2020 weiter gefördert. Dann werden wir eine neue Lösung andenken.

Sie sehen, mit der Pilotphase von „Klasse: Kunst“ machen wir bereits den ersten Schritt und handeln im Sinne der Antragstel ler. Deswegen halte ich es auch für wichtig, dass wir diesen Antrag im Ausschuss weiter qualifizieren und vielleicht ein Stück weit an das anpassen, was wir bereits tun, um eine Pers pektive dafür zu entwickeln, wie es im Anschluss weitergehen kann. Ich plädiere auch für die Überweisung und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.