Protocol of the Session on December 15, 2016

(Beifall B90/GRÜNE - Raunen bei SPD und der Fraktion DIE LINKE - Heiterkeit bei der Abgeordneten Bessin [AfD])

Für die Gruppe spricht jetzt der Abgeordnete Vida.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, die Diskussion um diesen Einzelplan setzt einen Schlussstrich unter die Vorwürfe, die uns gemacht werden, was den Missbrauch von Kurzinterventionen und Zwischenfragen betrifft. Ich glaube, es ist heute deutlich geworden, dass es die Debatte belebt, und dieses Recht steht jedem zu.

Die Stärkung der ländlichen Entwicklung bedeutet Erhalt von Lebensqualität in allen Regionen des Landes. Ich glaube, darü ber sind wir uns einig. Dazu gehört neben der landwirtschaftli chen Diskussion, die wir gerade hatten, natürlich auch die inf rastrukturelle Versorgung insgesamt. Sie wissen, dass ländliche Entwicklung sich nur dann wird positiv gestalten können, wenn wir sicherstellen, dass ländlicher Raum auch lebenswert erhalten bleibt. Insofern können die Potsdamer Kennzahlen nicht für alle Regionen des Landes angesetzt werden, sondern man muss die Möglichkeit bieten, die positive Entwicklung für die Landwirtschaft und die Menschen im ländlichen Raum zu beför dern. Auch hier braucht es eine infrastrukturelle Versorgung, denn nur so ist nachhaltige ländliche Entwicklung möglich.

Werfen wir einmal einen Blick auf die Zuschüsse bzw. Geld mittel im Bereich Wasserversorgung. Die Wasser- und Boden verbände werden mit einem sehr kleinen Betrag von knapp ei ner Million Euro zum Ausgleich ihrer Betriebskosten bezu schusst. Das ist auch bei Gewässern II. Ordnung mit nur 1,6 Millionen Euro äußerst gering und wird den Anforderun gen, die im Land bestehen, bei weitem nicht gerecht. Auch im Bereich der Strukturförderung für wasserbauliche Maßnahmen

sieht es nicht viel besser aus. Bedenken wir einmal, wie alt die bestehende Infrastruktur ist und wie sehr sie in den letzten 20 Jahren vernachlässigt wurde, dann wird deutlich, dass die im Haushalt vorgesehene Finanzierung bei weitem nicht aus reicht. Das Ministerium sagt ja selbst in der öffentlichen Dis kussion: Rund 1 Million Euro wird für die Erhaltung von drei Kilometern Spree benötigt. - Dann weiß man, dass die vorgese henen 20 Millionen Euro nicht ausreichen werden.

Wir haben in der Diskussion vieles zum Thema Tierschutz ge hört. Wissen Sie: Dieser Haushalt wird im nächsten Jahr der Elchtest für die Wirksamkeit des gefundenen Massentierhal tungskompromisses sein. Es steht der Vorwurf im Raum, es sei ein fauler, ein falscher Kompromiss. Denn auf der einen Seite nimmt er diejenigen, die es nur gut meinen, scharf in den Blick, während er andere - anonyme - Massentierhaltungen unbehel ligt lässt. Ich erinnere nur an die Eierfabrik in Oranienburg, wo 80 000 Hühner vorgesehen sind. Dabei werden Sichtblenden zwischen den Hühnern eingebaut, und dann wird gesagt: „Ab sofort ist das ein Bio-Ei!“ Da sind zwar 80 000 Hühner auf ei nem Fleck, aber durch die Sichtblenden sehen sie einander nicht mehr. Das Ei, das dann dort herauskommt, wird auf ein mal als Bio-Ei klassifiziert.

Auf der anderen Seite finde ich es bemerkenswert, wie wenig sich meine naturschützenden Vorredner um die massenhafte Tötung und Vergrämung von Vögeln, Fledermäusen usw. infol ge von Windkraftanlagen sorgen.

(Vereinzelt Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe sowie AfD)

Wir erleben landauf, landab, dass die Umweltverträglichkeits prüfung nur lückenhaft durchgeführt wird. Wir erleben das, wenn irgendwo drei Windräder stehen und ein viertes, fünftes oder sechstes beantragt wird: Dann werden, mit der bereits ent standenen Entwertung des landwirtschaftlichen Raumes argu mentierend, die Genehmigungen leicht erteilt. Das gilt auch bei Schallschutzprüfungen, die nicht oder unzureichend durchge führt werden. Bei Schallschutzprüfungen im November hieß es: „Auf die gemessenen Dezibelwerte muss wegen des Blät terrauschens und Vogelgezwitschers ein Abschlag erfolgen, weil diese den Wert nach oben getrieben haben.“ Solche Erklä rungen kommen von den zuständigen Behörden! Nein, es braucht die klare Aussage, dass die Umweltverträglichkeits prüfungen im Bereich der Windenergie ausgebaut werden, und zwar sowohl für die Anlieger bezüglich des Schallschutzes als auch mit Blick auf den Schutz bedrohter Vogelarten. Dies ge schieht derzeit in keiner Weise.

Meine Damen und Herren, dazu gehört auch, einen Blick auf die Wölfe zu werfen. Wir erleben hier in letzter Zeit eine ro mantisierende Betrachtung: Der Wolf streift durch die Prärie und die Menschen ergreift dabei ein romantisches Gefühl des Fernwehs. Ja, meine Damen und Herren, wir brauchen nicht einfach nur ein Wolfsmanagement, sondern wir müssen uns auch damit beschäftigen, was uns der Brandenburger Bauern verband ganz klar dazu sagt. Es braucht ein klares Handeln bei Problemwölfen. Man hat den Eindruck, dass immer nur die Anzahl an Wölfen im Land eingeräumt wird, die man gerade sieht. Wenn irgendwo ein Wolf überfahren wird, heißt es auch immer: „Nur diesen einen hat es gegeben.“ Nein, meine Da men und Herren, wir haben es mit deutlich mehr zu tun, als das Ministerium einräumt.

Ich glaube, die Summe für Schadenersatzzahlungen könnte ge senkt werden, wenn man eine Strategie hätte, wie man die Zahl der Wölfe in diesem Land begrenzen kann.

(Vereinzelt Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe, CDU und AfD)

Diese Entwicklung ist schlichtweg schädlich - schädlich für die Landwirte, schädlich für die Tierwelt und im Übrigen nicht durch ideologisches Wegschauen aufzuhalten.

(Vereinzelt Beifall AfD)

Einen positiven Punkt möchte ich gern erwähnen: Im Bereich der Untersuchungen und Planungen für Altlastenbeseitigung und Deponien aus DDR-Zeiten sind wir ein Stück vorange kommen, jedoch bei weitem noch nicht so, wie es sein müsste. Wir wissen, dass vieles davon nicht der DDR-Zeit geschuldet war, sondern auch dem Wahn der 90er-Jahre, große Deponien zu errichten und damit scheinbar Geld zu verdienen. Diese gin gen dann jedoch auf einmal in Konkurs, waren weg und die Kommunen blieben auf den Kosten sitzen. Deswegen begrü ßen wir den Änderungsantrag der Grünen, den Kommunen da für mehr Geld bereitzustellen.. Wir meinen, dass die Kommu nen mit dieser Entwicklung nicht alleingelassen werden dür fen.

Summa summarum möchten wir darauf hinweisen, dass es zur Sicherstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im ganzen Land eines noch stärkeren Augenmaßes bedarf. Insbesondere im Bereich der ländlichen Entwicklung erleben wir es, dass Regionen abgehängt werden, was dann als Argument für die Kreisgebietsreform verwendet wird. Das darf nicht geschehen. Deswegen fordern wir eine Würdigung der betroffenen Räume in finanzieller und politischer Hinsicht. Das ist unser Appell. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe sowie vereinzelt AfD)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung spricht Minister Vo gelsänger.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Den Beitrag der AfD habe ich nicht verstanden, den kann man auch nicht verstehen.

Eins grundsätzlich: Wir leben im besten Brandenburg aller Zei ten, weltoffen und tolerant, und das lassen wir uns nicht kaputt machen.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Wir haben für die ländliche Entwicklung, für die Landwirt schaft und den Umweltbereich einen sehr guten Haushalt. Wir haben die vollständige Kofinanzierung der EU- und Bundes mittel erreicht, und über 350 Millionen Euro ELER-Mittel sind bewilligt. Insofern muss der eine oder andere damit leben, dass

ich auch des Öfteren einen Bewilligungsbescheid überreiche. Es wird ein gutes Jahr 2017, ein gutes Jahr 2018, weil diese Projekte dann entsprechend umgesetzt werden.

In der Enquetekommission wurde festgestellt, dass wir im ländlichen Raum auf einem guten Weg sind. Wir haben Zu kunftsperspektiven, in deren Sinne wir Politik gestalten. Das ist die wirtschaftliche Basis, das ist Daseinsvorsorge, das ist natürlich auch die gesetzgeberische Seite und das ist Werbung für den ländlichen Raum - all das machen wir mit diesem Haushalt.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Ich komme zur CDU:

(Zuruf von der CDU: Ja, das ist schön! - Weitere Zurufe von der CDU)

Es gab viel Übereinstimmung in der Fachberatung. Aber es gibt von meiner Seite überhaupt keine Übereinstimmung, wenn die CDU immer wieder die Haftungsfreistellung als Deckungs quelle heranzieht. Ich halte das für unverantwortlich. Vielleicht kennt der eine oder andere die Große Hölle, sie befindet sich in der Uckermark. Das ist eine Altlast, die aus Mitteln der Haf tungsfreistellung beräumt werden muss. Die erste Kostenschät zung lag bei 10 Millionen Euro, jetzt sind wir bei 20 Millionen Euro. Deshalb ist es unverantwortlich für den Umweltbereich, für den Wasserbereich, für den Bodenbereich, da zu kürzen. Solange ich Minister bin, wird die Haftungsfreistellung kofi nanziert, weil das wichtig ist.

Ich komme zum Hochwasserschutz. Wir haben beim Hoch wasserschutz viel erreicht, und ich werde da auch nicht nach lassen. Wir werden die Mittel nicht kürzen und das Nationale Hochwasserschutzprogramm umsetzen. Ich will mich bei den Beteiligten, den Kommunen und den Eigentümern, bedanken. Das ist ein ganz schwieriger Prozess. Wir werden beim Hoch wasserschutz weiterkommen; das ist mit diesem Haushalt si chergestellt.

Ich komme zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Herr Vida, ich kann das, was Sie sagten, nicht nachvollziehen. Die Mittel für die wasserbaulichen Maßnahmen werden deutlich erhöht. Frau Lehmann, wir waren erst kürzlich im Spreewald beim Wehr Hartmannsdorf; dort beginnt die Sanierung.

Ich sage auch eins: Bei jeder Sanierung wird es aus ökologi schen Gründen auch Fischtreppen geben. Das ist Artenschutz und das werde ich auch weiterhin so machen, weil ich das für richtig halte. Bei den Maßnahmen, die ich vorhabe, weil ich sie für richtig halte, hält mich auch die Stadt Cottbus nicht auf.

Wir kommen zur Land- und Forstwirtschaft, dem Rückgrat der ländlichen Räume: Udo Folgart hat sich dafür besonders einge setzt. Es ist ein gutes Signal für die Landwirtschaft, dass die Direktzahlung, die Ausgleichszulage, am 28. Dezember dieses Jahres erfolgt. Herzlichen Dank für die Unterstützung!

(Vereinzelt Beifall SPD und der Abgeordneten Große [DIE LINKE])

Wir kommen zum Tierschutzplan - auch ein wichtiges Signal -: Dafür wird eine Viertelmillion Euro eingesetzt, gut angelegtes Geld. Dabei müssen alle über ihren Schatten springen. Ich bin

mir sicher, dass wir die Chance haben, gemeinsam einen guten Tierschutzplan zu entwickeln.

Jetzt komme ich zu einer Wahrnehmungsstörung bei den Grü nen: Brandenburg ist und bleibt spitze im Ökobereich.

(Vogel [B90/GRÜNE]: Ja! - Wichmann [CDU]: Ach!)

Wir setzen dafür in der EU-Förderperiode immerhin 177 Milli onen Euro ein. Ich halte 177 Millionen Euro in diesem Bereich für einen großen Beitrag. Ich kann auch eines sagen: Wir wer den die Spitzenstellung im Ökobereich, im Ökolandbau behal ten, denn 2016 sind 80 Betriebe und 6 900 ha dazugekommen. Das ist eine Erfolgsstory der Ökolandbauern in Brandenburg, die brauchen wir nicht schlechtzureden.

(Vereinzelt Beifall SPD sowie des Abgeordneten Wich mann [CDU] - Vogel [B90/GRÜNE]: Macht doch keiner!)

Es ist nun mal bitter für die Grünen: Spitze sind Brandenburg, das Saarland und Hessen, also zwei rote Minister, eine grüne Ministerin. Schlusslichter sind nun mal die grünen Minister.

(Frau Lehmann [SPD]: Nein! - Ach! bei der CDU - La chen des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Das ist nun mal so. Deshalb bin ich stolz auf das, was Branden burg im Ökolandbau geschafft hat.

(Beifall SPD und CDU)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Minister, Sie haben sich selbst im Koalitionsvertrag das Ziel gegeben: 20 % bis 2020. So viele Jahre sind das nicht mehr. Wie sehen Sie das, schaffen Sie das oder schaffen Sie das nicht?

Herr Raschke, wir sind in den Haushaltsberatungen, und auch in den Haushaltsberatungen sollte man bei der Wahrheit blei ben.

(Was? bei der CDU - Zurufe: Ja!)

Ich habe geahnt, dass diese Frage kommt, und man soll ja vor bereitet hier erscheinen. Im Koalitionsvertrag steht:

„Wir wollen die Spitzenstellung Brandenburgs im Öko landbau weiter ausbauen.“