Protocol of the Session on September 28, 2016

Wir wollen Freihandelsabkommen, die das Vorsorgeprinzip für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Entscheidungs freiheit von Kommunen bei der Organisation der Daseinsvor sorge sichern. Wir wollen Abkommen, die ISDS-Verfahren durch rechtsstaatliche Gerichtsverfahren ablösen. CETA in der vorliegenden Form können wir daher nicht zustimmen. Des halb unterstützen wir den vorliegenden Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE, BVB/FREIE WÄHLER Gruppe sowie vereinzelt AfD)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung spricht jetzt Minister Gerber.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Sie wis sen, soll CETA im Rahmen des EU-Kanada-Gipfels Ende Oktober unterzeichnet werden. Davor ist eine Zustimmung des Rats erforderlich. Bevor die Teile des Abkommens, welche in die alleinige EU-Zuständigkeit fallen, vorläufig angewendet werden können, muss auch das Europäische Parlament zustim men. Dies wird voraussichtlich Anfang kommenden Jahres der Fall sein. Erst danach beginnt das Ratifikationsverfahren in den Mitgliedsstaaten. Erst wenn dies abgeschlossen ist, kann CETA als Ganzes in Kraft treten.

Ich gehe davon aus, dass die noch bestehenden Unklarheiten, zum Beispiel beim Investitionsschutzkapitel, beim Vorsorge prinzip, bei der regulatorischen Kooperation oder der Daseins vorsorge noch geklärt werden können. Dies fordert im Übrigen auch der Deutsche Bundestag in seinem Beschluss vom ver gangenen Donnerstag. Sowohl die kanadische Regierung als auch die EU-Kommission haben bereits zugesagt, dass in die sen Bereichen notwendige Klarstellungen noch rechtsverbind lich festgelegt werden. Erst wenn das ausverhandelte Abkom men und die noch zu beschließenden rechtsverbindlichen Zu sätze dem Bundesrat zugeleitet worden sind, kann sich die Landesregierung objektiv eine abschließende Meinung zu CE TA bilden. Denn wie die Vorlage aussieht, die im Bundesrat zur Abstimmung stehen wird, ist heute noch nicht bekannt.

Lassen Sie mich aber eins sagen: Bei allen wesentlichen Streit punkten mit der US-Seite, welche einen baldigen Abschluss von TTIP wohl ausschließen werden, konnten mit der kanadi schen Seite Lösungen gefunden werden. Dies betrifft zum Bei spiel den in CETA enthaltenen Zugang zu den kanadischen Beschaffungsmärkten oder den Schutz von geografischen Her kunftsangaben für europäische Produkte auf dem kanadischen Markt. Mit maßgeblicher deutscher Beteiligung wurde darüber hinaus ein reformiertes Investitionsschutzsystem geschaffen, welches mithilfe der neuen kanadischen Regierung noch in CETA verankert werden konnte.

Die kanadische Seite teilt unsere Überzeugung, dass die bishe rigen privaten Schiedsgerichte abgelöst und öffentlich-rechtli che - rechtsstaatliche - Gerichtsverfahren eingeführt werden müssen und damit ein transparentes, unabhängiges und objek tives System zur Beilegung von Streitigkeiten geschaffen wer den würde. Mit den USA konnte eine derartige Einigung in den bisherigen Verhandlungen bekanntlich nicht erzielt werden.

Meine Damen und Herren, noch ist einiges offen. Doch wenn es zur Abstimmung steht, werden wir an einigen Stellen vor grundsätzlichen Fragen stehen, weil uns manches in diesem Abkommen gefallen und manches nicht gefallen wird. Entwe der wir schaffen gemeinsam mit unseren kanadischen Partnern den - das sage ich ausdrücklich - vergleichsweise besten und fortschrittlichsten Investitionsschutz, den es jemals gab, oder die alten in den unzähligen bisherigen Abkommen verankerten privaten Schiedsgerichte bleiben bestehen.

Entweder wir schaffen gemeinsam möglichst hohe Standards oder wir tun es nicht - dann werden es vielleicht andere sein, die Standards, die möglicherweise niedriger sind, ohne uns set zen. Über diese grundsätzlichen Fragen werden wir bei allen Auseinandersetzungen zu einzelnen Punkten noch einmal sehr genau nachzudenken haben. Da müssen wir auch sehr genau überlegen, ob wir der Nabel der Welt sind oder vielleicht nicht.

Wie gesagt, die Meinungsbildung der Landesregierung ist noch nicht abgeschlossen - das kann sie auch nicht sein, denn die Ergebnisse liegen noch nicht vor. Wir werden uns das Abkom men natürlich sehr genau anschauen und uns eine Meinung da zu bilden. Diskussionsstoff haben wir genug, auch wenn ich daran denke, was wir an Positionierungen in den Fraktionen gesehen haben. Ich rate sehr dazu, neben den Fragen bezüglich Details, die einem gefallen oder nicht gefallen, auch ein paar grundsätzliche Überlegungen einzubeziehen. Meine persönli che Auffassung habe ich Ihnen hiermit sagen können. - Danke schön.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. - Das Wort erhält noch einmal die Gruppe BVB/ FREIE WÄHLER. Es spricht der Abgeordnete Schulze.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Gerber, ich fand Ihren Redebeitrag sehr ausgewogen. Sie haben Recht, viele Dinge sind noch nicht klar. Wir haben diesen Antrag ein gebracht, um die Debatte anzuregen und dafür Sorge zu tragen, dass das diskutiert wird. Ich kann mich Ihren Einwendungen zum Teil nicht verschließen; die Landesregierung muss natür lich den vollständigen Text haben - keine Frage. Das ist zuge gebenermaßen eine Schwäche dieses Antrages. Aber seis drum! Wir sind hier im Plenum des Landtags Brandenburg, und da geht es darum, Dinge zu diskutieren. Niemand hat die Wahrheit gepachtet;

(Zurufe von der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE] und der SPD)

kein Antrag muss per se von Anfang an richtig sein. Sondern: Wenn man in eine Diskussion eintritt, muss man bereit sein, andere Fakten aufzunehmen.

Ich will noch auf ein paar Dinge eingehen. Frau Hacken schmidt sagte, es gebe keine Geheimdokumente. Frau Hacken schmidt, wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie, dass ich mich auf den Artikel in der „Zeit“ vom 27. September bezogen habe, der darüber berichtete, dass auf den Internetseiten des Europäi schen Gewerkschaftsdachverbandes die internen Papiere von Frau Malmström zu den SPD-Positionen publiziert worden

sind, die dann sehr schnell wieder gelöscht wurden. Das sind in der Tat Geheimpapiere.

Meine Damen und Herren, der Konvent am 19. September war ganz zweifellos der Versuch, eine Vizekanzlerdämmerung ab zuwenden;

(Frau Lehmann [SPD]: Waren Sie da? - Lachen des Ab geordneten Königer [AfD])

deswegen hat es auch diese Zustimmung gegeben und sind be stimmte Kritiken unterdrückt worden.

Herr Redmann, wenn Sie sagen, wir würden hier Ängstlichkeit vor dem Welthandel propagieren, entgegne ich: Das tun wir mitnichten, ganz im Gegenteil. Sie selbst haben Angst ge schürt, indem Sie sagten: Wenn man das nicht macht, fallen die Arbeitsplätze weg. - Wer macht hier wem wovor Angst?

Herr Büchel, was Sie hier namens der Linksfraktion zum Besten gegeben haben, war wieder die typische Rumeierei. Sie sind da für und dagegen. Sie müssen sich mal entscheiden. Ich sage Ih nen ganz klar: Wir werden ja sehen, was bei CETA heraus kommt. Wir werden da auch nicht nachlassen, sondern die Sa chen im November und im Januar wieder auf die Tagesordnung setzen. Dann werden wir sehen, was bei den Nachverhandlun gen herausgekommen ist. Sie müssen sich einfach mit den Inhal ten beschäftigen. Sie sprachen vom Bundesrat usw. Wissen Sie, es ist klar wie Kloßbrühe, dass das Ding in den Bundesrat muss.

(Büchel [DIE LINKE]: Da habe ich nicht widerspro chen!)

Das kann man sozusagen auf jeder Internetseite nachlesen.

Meine Damen und Herren von der Linkspartei, ich will einfach einmal Friedrich Wolf, einen sicher auch von Ihnen geschätz ten Autor, zitieren. Er hat zur Quintessenz von - „Professor Mamlock“ - die meisten von Ihnen, jedenfalls diejenigen mit DDR-Sozialisation, werden die Geschichte kennen - gesagt:

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Am Ende muss man sich entscheiden. - Es gibt keine Neutrali tät. Man muss auf die eine oder andere Seite, und man muss dafür klar Position beziehen.

Dass die CDU-Fraktion sich ganz klar dafür ausspricht, res pektiere ich. Wir können unterschiedlicher Meinung sein, das ist ja nichts Schlimmes. Ich habe andere Sorgen. Die Sorgen, die mich umtreiben, werden auch in einem Gutachten, das das baden-württembergische Staatsministerium in Auftrag gegeben hat, vom 17. März 2016 - also zu einem Zeitpunkt, als der Ver trag endausverhandelt war - beschrieben. Ich habe nicht die Zeit, alles zu zitieren, aber darin steht: „CETA lässt die politi schen Gestaltungsspielräume der Länder und Gemeinden […] nicht unberührt“. Die Freiheit der Länder und Gemeinden wer de umfassend tangiert usw. - Sie können das nachlesen. Das Gutachten von Prof. Dr. Martin Nettesheim ist lesenswert, und ich denke, die baden-württembergische Landesregierung wird keinen dummen Mann beauftragt haben.

Meine Damen und Herren, dazu, jetzt hier - und da teile ich Ihre Auffassung nicht, Herr Gerber - ISDS, das neue Schieds verfahren, als großen Erfolg zu feiern: Investoren weltweit

werden auch bei diesen ISDS-Verfahren gegen Antitabakmaß nahmen, bezüglich giftiger Stoffe, Regulierungen im Bergbau sowie Steuermaßnahmen und Fiskalpolitik klagen. Und sie werden sich damit durchsetzen. Am Ende geht es um Geld, und Sie wissen: Das setzt sich zweifellos immer wieder durch.

Ich habe noch Hoffnung. Das Bundesverfassungsgericht wird sich am 12. Oktober mit dem Thema beschäftigen. Warten wir einmal gespannt ab, was dabei herauskommt. Meine Damen und Herren, wir werden hier dafür sorgen, dass die Ergebnisse der Nachverhandlungen bekannt werden. Und dann werden wir se hen, was aus den vollmundigen Versprechen geworden ist. Ich sage einmal voraus: Als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet!

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe und AfD)

Vielen Dank. - Ich schließe damit die Aussprache und rufe zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache 6/5160, Neu druck, der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER auf: CETA und TTIP im Bundesrat verhindern. Wer möchte diesem Antrag zu stimmen? - Wer ist dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei ei ner Enthaltung ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungs punkt 11 auf:

Faire Bedingungen für die Kinder in Tagesstätten - Personalschlüssel sind sofort zu verbessern und El ternbeiträge müssen umgehend abgesenkt werden

Antrag der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe

Drucksache 6/5117

Dazu liegt ein Entschließungsantrag der AfD-Fraktion auf Drucksache 6/5166 vor. Die Aussprache eröffnet die Abgeord nete Schülzke von der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Faire Bedingungen für die Kinder in den Tagesstätten - ein The ma, das den Landtag schon oft beschäftigt hat. Eine qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung und eine vielfältige direkte Förderung von Kindern seien wichtig für die Zukunftsperspek tiven, für den persönlichen Lebensweg; ausreichende Bewe gung und Kontakt zu Gleichaltrigen seien gewissermaßen Fak toren sozialer Gesundheit - so die Worte von Ministerin Golze zur Armutsprävention vor wenigen Tagen. Wie soll das bei dem bestehenden Betreuungsschlüssel funktionieren?

Kollegin Gerrit Große hat es vor einiger Zeit in einer Informa tionsrunde in Oberhavel auf den Punkt gebracht: Schließlich habe Brandenburg ohnehin schon den bundesweit schlechtes ten Erzieherschlüssel, so das Zitat in der MAZ. Auch rät sie den Bürgern, sich für die Verbesserung starkzumachen.

Nun habe ich erfreulicherweise gestern Abend im Fernsehen Herrn Bischoff gesehen. Ich schaue sehr selten fern, aber Herr Bischoff hat mich aus dem Fernseher angelächelt

(Frau Lehmann [SPD]: Was? - Heiterkeit bei CDU und AfD)

und verkündet, dass die ersten Schritte eingeleitet werden, um die Situation in den Kitas zu verbessern.

(Unruhe im Saal - Minister Schröter: Der hat mich ange lächelt!)

Herr Minister Görke hat heute ebenso verkündet, dass es auf der Agenda steht. Es ist ein guter Schritt, dass Sie die Beitrags freiheit ab 2018 planen. Sie wollen den Erziehern und den Lei tern Stunden zur Verfügung stellen. Das ist ein Lob. Das wurde vor Jahren abgeschafft. Die Kitas brauchen diese Organisati onsfreiheit.

Sie wollen Investitionen zur Verfügung stellen; das ist ebenso notwendig, denn wir haben ja heute mehr Kinder.

Aber die Qualität der Betreuung - der Erzieherschlüssel - bleibt nach wie vor unzureichend. Dadurch haben unsere Branden burger Kinder erhebliche Nachteile. Hier ist nachzusteuern, hier ist noch viel zu tun. Unsere Kinder brauchen eine gute Be treuung.

Ich werbe dafür, dass Sie unseren Antrag an den Ausschuss überweisen. Sie haben heute auch gehört: Es ist noch gar nicht alles finanziell untersetzt. Hier ist einiges nachzuarbeiten, und das kann man dann gemeinsam tun.

Es sollte nicht passieren, dass die Kommunen mit diesen Kos ten belastet werden; das können sie nicht tragen. Das würde auch nicht funktionieren. - Vielen Dank.

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe und AfD)

Vielen Dank. - Das Wort erhält jetzt die Abgeordnete Theiss für die SPD-Fraktion.