Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wohl kaum ein anderes Fachgesetz wurde in den letzten Jahren so oft geändert wie das Wassergesetz. Es gibt auch Gründe dafür. Zum einen: Wasser gehört zur Lebens grundlage der Menschen und ist zwingend erforderlich, kann aber bei Hochwasser auch zur Gefahr werden. Zum anderen ist es gerade im wichtigen Bereich der Gewässerunterhaltung bis her nicht gelungen, eine allseits akzeptierte Regelung zu finden und Rechtsfrieden herzustellen. Ehrlicherweise muss man sa gen: Es wird auch in Zukunft kaum möglich sein, alle zufrie denzustellen. Dazu sind die Interessen einfach zu unterschied
lich. Unser Anspruch ist trotzdem, ein Gesetz zu verabschie den, das rechtssicher ist und die Interessen so gut wie möglich ausgleicht.
Neben dem vorliegenden Gesetzentwurf gibt es einen gemein samen Vorschlag von fünf Gewässerunterhaltungsverbänden. Das hat eine völlig neue Qualität; denn einen solchen Vor schlag gab es bisher nicht. Wir können die Verbände nur dazu beglückwünschen, dass es ihnen gelungen ist, sich auf eine ein heitliche und konkrete Position zu verständigen. Sie können sich sicher sein, dass wir diesen Vorschlag im Gesetzgebungs verfahren ernsthaft prüfen werden.
An dieser Stelle möchte ich einige Bemerkungen zu zwei strit tigen Punkten machen. Gegenüber der letzten Novellierung im Jahr 2011 hat es eine wesentliche Veränderung gegeben: Es herrscht zumindest Einigkeit - ich glaube, sogar fraktionsüber greifend -, dass eine Abkehr vom einheitlichen Flächenmaß stab hin zu einer Nutzungsdifferenzierung bei der Beitragsum lage politisch gewollt ist, weil sie zu mehr Gerechtigkeit füh ren kann. Das war vor fünf Jahren noch nicht so. Insofern stellt sich nun die Frage: Wie kann man differenzieren? Die Landes regierung hat einen Vorschlag mit einer relativ einfachen Diffe renzierung vorgelegt: Wald oder nicht Wald. - Getragen ist die ser Vorschlag von der Notwendigkeit einer sicheren Daten grundlage; das ist in diesem Fall das Waldkataster.
Der Vorschlag der Verbände ist viel differenzierter: Er unter scheidet nicht nur zwischen Wald, Landwirtschaft und Sied lung, sondern berücksichtigt auch noch grundsteuerbefreite Flächen und fischereiliche Nutzung verschiedener Art.
Denkbar wäre aber auch eine Differenzierung ähnlich wie in Sachsen-Anhalt, wo zwischen Grundsteuer-A-belegten Flächen und übrigen Flächen differenziert wird.
Entscheidend ist: Für welche Differenzierung liegt eine hieb- und stichfeste Datengrundlage vor, die mit vertretbarem Ver waltungsaufwand eine sichere Flächenzuordnung ermöglicht? Das vom Umweltministerium ausgerichtete sogenannte Plan spiel gibt wichtige Hinweise hierzu. Wir werden uns dieser Frage aber sicher auch noch im weiteren parlamentarischen Verfahren widmen müssen.
Zu prüfen ist auch, welche Auswirkungen eine zukünftige Re form der Grundsteuer, die noch vor der Sommerpause durch eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht werden soll, auf den Vorschlag der Verbände haben könnte. Wir sind jeden falls offen für weitergehende Differenzierung, wenn sie rechts sicher durchführbar ist.
Deutlich kritischer sehen wir den Vorschlag der Verbände zur Einzelmitgliedschaft der Flächeneigentümer im Gewässerun terhaltungsverband. Gewässerunterhaltung ist für uns ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und sollte in öffentlicher, das heißt in kommunaler Hand bleiben.
Zu groß ist die Gefahr, dass ansonsten Einzelinteressen großer Grundstücksbesitzer die Gemeinwohlinteressen definieren. Des halb finde ich den Ansatz im Gesetzentwurf der Landesregie
rung vom Grundsatz her richtig: Die Eigentümer und Nutzer, die letztlich die Geldgeber sind, sollten über ihre Verbände ein besseres Kontroll- und Mitspracherecht in den Verbandsver sammlungen bekommen. Aber die kommunale Entscheidungs hoheit sollte nicht infrage gestellt werden.
Wir benötigen Regelungen, die auch in der Praxis praktikabel sind, die nicht unnötig bürokratisch sind und unserem Anlie gen, zu gerechteren Beiträgen zu kommen, entsprechen.
Diese und viele weitere Fragen werden wir im Ausschuss dis kutieren; ich freue mich auf die spannende Diskussion. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Schröder, der für die AfD-Fraktion spricht, fort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäs te! Laut eigener Aussage wollen die Regierungsfraktionen mit ihrem Gesetzentwurf die Verteilung der Kosten der Gewässerunterhaltung den regionalen Besonderheiten anpassen und das Verursacher- und Vorteilsprinzip stärker berücksichtigen. Um es kurz zu fassen: Die Kosten sollen insgesamt gerechter ver teilt werden. Das ist angesichts der unvollständigen Ausfüh rungen, welche SPD und Linke bisher vorgelegt haben, ein hehres Ziel. Ich möchte Ihnen anhand einiger Fakten aufzei gen, warum Wunschdenken und Realität an dieser Stelle so weit auseinanderklaffen.
Erstens: Die Datensätze zur Bestimmung der flurstücksschar fen Abgrenzung zwischen Wald und anderen Flächennutzungs arten sind stark veraltet oder nicht mehr vorhanden. Sie haben dies in Ihrem Antrag selbst festgestellt. Die Neuerhebung die ser Daten muss die Regierungskoalition zwar nicht weiter kümmern, weil sie nicht in ihren direkten Zuständigkeitsbe reich fällt. Der Mehraufwand für die Wasser- und Bodenver bände, Forstbehörden und Kommunen wäre jedoch erheblich oder nicht mehr zu bewältigen. Das hier erzeugte Maß an Bürokratie entspricht in keiner Weise der Zielsetzung einer Kostenersparnis.
Zweitens: Die vorgesehene Regelung zur Beitragssenkung für die Forstwirtschaft wird Forderungen der Landwirtschaft und anderer Landnutzer zur Folge haben und im schlimmsten Fall sogar eine Klagewelle mit dem Ziel der Gleichbehandlung aus lösen. Dadurch könnte die Finanzierung der Gewässerunterhal tung insgesamt gefährdet werden, was sicherlich katastrophale Auswirkungen hätte. Ihre Version des Wassergesetzes würde also keinesfalls zu mehr Rechtssicherheit oder Gerechtigkeit beitragen, sondern vielmehr Unmut und wieder einmal mehr Rechtsunsicherheit mit sich bringen.
Drittens: Sie planen, die Gewässerunterhaltungspflicht zu er weitern. Die Kosten für die wasserwirtschaftlichen Anlagen sollen mit den übrigen Unterhaltungskosten umgelegt werden - dies jedoch ohne die berechtigten Interessen der Land- und
Forstwirtschaft sowie der Einwohner als Flächennutzer zu be rücksichtigen. Das würde nicht nur mehr Bürokratie mit sich bringen, sondern durch die Umlage der Unterhaltungskosten indirekt auch dazu führen, dass die Kosten für die Bevölkerung im ländlichen Raum weiter steigen.
Insgesamt vermittelt die geplante Veränderung der wasser rechtlichen Vorschriften derzeit stark den Eindruck, als wolle die Landesregierung sich hinsichtlich anfallender Kosten für die Wasserinfrastruktur aus der Affäre ziehen. Das Land schafft damit eine Möglichkeit, sich schrittweise aus der Solidarge meinschaft zur Finanzierung der Gewässerregulierung, Gewäs serunterhaltung und des Betriebs sowie der Instandhaltung der dafür erforderlichen Anlagen zurückzuziehen - und dies vor allem zulasten der Wasser- und Bodenverbände, die durch eine unverbindlichere Gestaltung der Beteiligung des Landes an den Kosten für die Unterhaltung und den Betrieb wasserwirt schaftlicher Anlagen auf eine belastbare Rechtsgrundlage ver zichten müssten. Aber nicht nur sie sind die Leidtragenden; denn letztlich beträfe eine derartige Umstrukturierung auch die Kommunen und die Bürger selbst.
Um eines klarzustellen, meine Damen und Herren: Grundsätz lich sieht auch die AfD Änderungsbedarf, was die wasserrecht lichen Rahmenbedingungen betrifft - dann aber bitte nicht mit Flickschusterei und in offensichtlich nur auf den eigenen Vor teil bedachter Art und Weise, wie es die rot-rote Koalition zur zeit zu planen scheint. Wir lehnen Ihren Gesetzesentwurf zwar ab, befürworten aber selbstverständlich die Überweisung an den Ausschuss. Ich freue mich schon auf eine konstruktive Diskussion. - Vielen Dank.
Wir setzen die Aussprache fort. Es spricht der Abgeordnete Raschke für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben es auf der Tagesordnung gesehen und eben auch gehört: Der Antrag soll an den Ausschuss überwie sen und dort überarbeitet werden. Das ist aus grüner Sicht auch dringend notwendig.
Worum geht es? Es wurde schon angerissen; es geht um drei Fragen, um die es beim Wasser wahrscheinlich schon immer - im alten Rom, bei den Ägyptern am Nil und vielleicht auch bei den Azteken - ging: Wer darf das Wasser wofür nutzen? Wer zahlt dann wie viel dafür? Wie halten wir unser Wasser, dieses kostbare Gut, sauber? Die Landesregierung hat nun einen Ge setzentwurf vorgelegt, um deutlich zu machen: Zwei dieser Fragen hat sie auf dem Schirm; da sieht sie Veränderungsbe darf. Das sind die Frage, wer wie viel zahlt, und die Frage, wie wir das Wasser sauber halten. Die bisherigen Antworten über zeugen uns allerdings überhaupt nicht.
Beginnen wir bei den Finanzen; da sind es drei Punkte, die Mi nister Vogelsänger schon erwähnt hat: Erstens gab es unter den Gewässerunterhaltungsverbänden einige, die eine „kreative“ Buchführung hatten. Das hat das Ministerium erkannt; dazu gibt es neue Regeln. Ob die neuen Regeln ausreichend sind,
Der zweite Punkt sind die Wassernutzungsentgelte. Noch im mer bekommt die Braunkohle dicke Subventionen. Jeder von uns muss als Trinkwasserkunde einen ordentlichen Beitrag zahlen. Die Braunkohle wird noch immer bevorzugt; das ge hört gestrichen.
Der dritte, der Hauptstreitpunkt ist die Frage der Umlage. Wir als Grüne stehen nach wie vor für das Vorteilsprinzip, sprich: Was haben denn Waldbesitzer für Vorteile? Sie haben Nachtei le: Wenn das Wasser weg ist, wachsen ihre Bäume nicht mehr. Da überzeugt uns das, was vorgelegt wurde, nicht. Auch die Ausrede, der Aufwand für andere Modelle sei zu hoch, kann nicht überzeugen - da bin ich ganz beim Kollegen Dombrowski.
Viel mehr bewegt uns Grüne schon immer - vielleicht nicht seit dem alten Rom, aber seit unserer Gründung - die Frage: Wie halten wir das Wasser sauber? Das Einzige, was diesbezüglich ein bisschen in diesem Gesetzentwurf steckt, ist die Idee mit den Gewässerrandstreifen - und das auch nur, weil die EU sie vorschreibt.
Ich will kurz aufzählen, womit wir uns hier in den letzten Mo naten zum Thema Wasser und Belastung schon befasst haben - da haben sich, haben wir seit dem alten Rom nämlich ein paar Dinge geändert, zum Beispiel die Chemie. Heute haben wir neue Gewässerbelastungen, die geregelt werden müssen. Ich fange an: Sie erinnern sich an das Trinkwasserwerk in Wildau bei Königs Wusterhausen. Da hatten wir erhöhte Uranwerte; ein Brunnen musste geschlossen werden. Auf meine Nachfrage hier im Parlament sagte der Minister: Das ist nicht das einzige betroffene Wasserwerk, auch in der Prignitz mussten Wasser werke geschlossen werden. - Da hatte Nitrat aus der Landwirt schaft das Uran aus dem Boden gelöst.
Das ist schon der zweite Punkt: Nitrat aus der Landwirtschaft. Davon haben wir viel zu viel in unserer Landschaft. Viele Oberflächengewässer in Brandenburg - das haben wir bei der Anhörung zur Fischerei im Ausschuss gehört - sind belastet. Uns drohen sogar schon Strafzahlungen der EU.
Dritter Punkt - das brauche ich, glaube ich, nur kurz anzurei ßen -: braune Spree, Eisenhydroxid. Das hat in den aktuellen Mengen auch nichts in unserem Wasser zu suchen.
Vierter Punkt - noch einmal Spree -: Der Minister hat ein tolles Pilotprojekt zur Spreeentschlammung angestoßen. Die Idee ist, den Schlamm herauszuholen und dann auf den Feldern zu ver sprühen. Allerdings: Direkt hinter meinem Wahlkreisbüro ste hen riesige Geotube-Behälter mit Schlamm, denn der ist so stark belastet, dass er nicht versprüht werden konnte. Auch in dem Schlamm befinden sich Dinge, die dort nicht hineingehö ren.
Fünfter Punkt: Plastik, genauer gesagt Mikroplastik. Auch das ist inzwischen ein Thema im Zusammenhang mit unseren Ge wässern. Das sagen nicht nur die „spinnerten“ Grünen, sondern das ist ein ernsthaftes Problem. Das sieht man auch daran, dass der nächste Fischereitag, der in Brandenburg stattfindet, das Thema auf der Tagesordnung hat. Mikroplastik ist ein neues Thema in Bezug auf die Binnengewässer. Auch das ist bislang völlig ungeregelt.
Letzter Punkt - Sie wissen es -: das Thema Pestizide. Auch das hatten wir im letzten Plenum. Der Minister musste zugestehen, dass Glyphosat inzwischen überall zu finden ist. Das haben nicht nur die Grünen im Urin, sondern das befindet sich inzwi schen in fast jedem Gewässer. Wir haben im letzten Plenum gelernt: Es ist zum Beispiel in der Havel südlich von Berlin nachgewiesen worden. Wir bekommen demnächst sicherlich eine lange Liste von Brandenburger Gewässern, in denen sich Glyphosat befindet.
Das Einzige, was dem Minister bzw. der Landesregierung dazu einfällt, sind schmale Gewässerrandstreifen, die erst einmal freiwillig getestet werden sollen und bei denen noch nicht ein mal klar ist, ob da Verbote für Pestizide oder Nitratdüngung bestehen, und das, obwohl - das wissen wir aus der Ucker mark - Pestizide kilometerweit fortgetragen werden.
Kurzum: Diese Regelungen zum Wasser in Brandenburg tau gen nicht für die Bewältigung der Herausforderungen hinsicht lich des Wassers im 21. Jahrhundert. Da besteht noch viel Nachholbedarf. Insofern stimmen wir der Überweisung natür lich gern zu, aber ich glaube, es wird tatsächlich - Herr Minis ter, wie Sie sagten - eine lebhafte Debatte im Ausschuss wer den. - Vielen Dank.
Wir stimmen über den Überweisungsantrag ab: Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs - Drittes Ge setz zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften - der Landes regierung auf Drucksache 6/4520, Neudruck, an den Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucher schutz - federführend - und an den Ausschuss für Inneres und Kommunales sowie den Ausschuss für Wirtschaft und Ener gie - mitberatend. Wer dem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltun gen? - Damit wurde dem Überweisungsantrag einstimmig ge folgt.