Herr Vizepräsident! Liebe Abgeordnete! Liebe Gäste! Zunächst einmal, Herr Hoffmann, bin ich immer sehr interessiert, wenn Abgeordnete mir ihre eigenen Parlamentserfahrungen schil dern, aber danke, die FDP kenne ich dann doch noch bzw. schon. Vielen Dank für die Belehrung.
Nun aber zu Ihren Aussagen: Ja, tatsächlich, auch wir könnten jedes Jahr auf den Krimi verzichten. Wie ich in meiner Nach frage schon dargestellt habe, hätte die schwarz-rote Landesre gierung zwischen den Jahren 2004 und 2008 die Möglichkeit gehabt, Vorkehrungen zu treffen. Man hätte die Vertretungsre serve aufstocken können. Die von den Universitäten ausgebil deten Lehrkräfte hätten an das Land gebunden werden können. Das wurde leider verpasst.
Die Auswirkungen spüren wir jetzt. Ich hatte schon darauf an gespielt: Wir haben seit dem Jahr 2009 5 000 Lehrkräfte einge stellt. Das werden wir fortsetzen, da werden wir nicht ruhen. Wir werden die derzeitigen Bedingungen überprüfen und ver bessern.
Wir lehnen Ihnen Antrag nicht komplett ab, sondern haben das Thema aufgegriffen und einen Entschließungsantrag einge bracht.
Wie gesagt, wir finden die Idee, die Sie ausformuliert haben, begrüßenswert, haben allerdings durchaus auch einige Kritik punkte. Für die Linke ist klar: Wir können uns ein solches Sti pendium vorstellen. Es kann eine gute Möglichkeit sein, um Lehrkräfte gerade für den ländlichen Raum zu gewinnen. Al lerdings finden wir, dass es anders als in Sachsen ausgestaltet werden könnte und sollte. Wir finden, dass der Förderbeginn mit dem 5. Semester zu spät angesetzt ist. Im Krankheitsfalle bzw. bei anderen Beschränkungen und in anderen bestimmten Fällen sollte dieses Stipendium nicht ausgesetzt werden. Au ßerdem halten wir die Beschränkung auf die Regelstudienzeit für stark diskussionswürdig.
Wir wollen, dass die Einführung des Stipendiums in Branden burg geprüft wird, aber nach Auffassung der Linken stehen da
mit noch weitere Punkte im Zusammenhang. Wir finden, dass das gesamte Einstellungsmanagement der Schulverwaltung weiter verbessert werden muss. Es kann nicht sein, dass Be werberinnen und Bewerber keine Antwort auf ihre Bewerbung bekommen.
Wir brauchen eine Diskussion um die Lehrkräftegewinnung, in die auch die Kommunen einbezogen werden. Aus unserer Sicht wäre es möglich, schon während des Praxissemesters oder während des Referendariats beispielsweise kostengünstigen Wohnraum anzubieten, wie es zum Beispiel der linke Bürger meister von Templin macht. Wir brauchen einen Dialog zwi schen dem Ministerium, der Schulverwaltung und den Kom munen. Das alles sind Ideen, die wir gern aufgreifen wollen und die sich in einem Konzept, ausgehend von der Idee des Lehrerstipendiums, wiederfinden müssen.
Das heißt also, wir brauchen insgesamt eine Kultur, in der die jenigen, die sich auf ein Referendariat oder als zukünftige Lehrkraft in Brandenburg bewerben, spüren, dass sie willkom men sind und man sich um sie bemüht.
Wir, die Landtagsabgeordneten, das Ministerium und alle, die auf Landesebene, in den Kommunen, in den Verwaltungen tä tig sind, müssen uns um die Lehrkräfte bemühen und dafür sor gen, dass sie an den Schulen ankommen. Deswegen haben wir, wie gesagt, unseren Entschließungsantrag eingebracht und wollen, dass Brandenburg als Schulstandort für Lehrkräfte noch attraktiver gestaltet wird. Ich bitte Sie um Zustimmung zum Entschließungsantrag.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr über das, was ich aus den Reihen der Koalition ge hört habe, insbesondere von meiner Kollegin Vandre. Denn na türlich ist die Gewinnung von Lehrkräften nur im Gesamtpaket zu verstehen. All diese Maßnahmen sind in der Studie, die wir Anfang der letzten Legislaturperiode - eben weil damals schon klar war, auf welche Misere wir zusteuern - in Auftrag gegeben haben, aufgelistet.
Um auf den Hinweis von Simona Koß, dass Handlungsspiel raum bleibe, zurückzukommen: Der Handlungsspielraum der Koalitionsfraktionen hätte in diesem Fall durchaus auch dahin gehend genutzt werden können, zu sagen, dass der Antrag an den Ausschuss überwiesen wird - das wäre möglich gewesen -, an statt einen Entschließungsantrag hinterherzuschießen. Aber gut.
Ich möchte noch etwas zum Landlehrer-Stipendium sagen, weil man diesem Ansinnen auch entgegnen kann: Wenn wir solche Stipendien vergeben würden, könnte das bedeuten, dass wir die Vorstellung hätten, wir könnten all unsere großen Be darfe - nicht nur an Lehrkräften, sondern auch an Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften - mit Geld abdecken. Das ist natürlich eine schwierige Grundüberlegung, weil wir uns damit in einen Wettbewerb begeben, den wir nicht gewinnen können. Ich glaube, das ist uns allen klar.
Trotzdem finde ich das im Grundsatz richtig und meine, dass wir den Vorschlag mit dem Stipendium ausprobieren müssen. Was wir in Sachsen sehen, kann uns zumindest zuversichtlich stimmen. Aber nebenher dürfen wir nicht aus den Augen ver lieren, dass es eine Fülle weiterer Anregungen gibt, um den Lehrerberuf in ländlichen Regionen attraktiver zu machen.
Hier lohnt sich auch der Blick in das Gutachten; das kann man auf unserer Webseite abrufen, gibt es aber auch in Papierform. In diesem Gutachten gibt es nicht nur Hinweise darauf, was man an Instrumenten verwenden kann, sondern noch etwas an deres Interessantes: Für uns war es damals überraschend, dass das Gutachten zutage gefördert hat, dass es sowohl unter den Lehramtsstudierenden als auch unter den Referendarinnen und Referendaren eine relativ hohe Bereitschaft gibt, in Branden burg zu arbeiten. Es wurden sächsische und brandenburgische Referendarinnen und Referendare sowie Lehramtsstudierende befragt. Etwa ein Viertel von ihnen bekundete Bereitschaft zu einem Berufseinstieg in peripherisierten Gebieten Branden burgs, und ein weiteres Drittel konnte sich das vielleicht vor stellen.
Das ist die eigentlich gute Nachricht dieser Studie: Es gibt die se Menschen, die wir brauchen. Wir müssen uns nur überlegen, wie wir sie besser abholen. Natürlich ist erst einmal das Land dafür verantwortlich. Abgesehen davon, Stipendien einzurich ten, wäre es auch noch möglich, über Anrechnungsstunden zu diskutieren. Aber mit den anderen Akteuren, die wir hier auch noch brauchen - insbesondere den Schulen selbst und den Kommunen - ins Gespräch zu kommen, ist originäre Aufgabe des Landes.
Wir brauchen zum Beispiel auch mehr Willkommenskultur in den Schulen. Es ist natürlich ein Unterschied, ob eine junge Lehrerin oder ein junger Lehrer auf ein Kollegium trifft, das ihr oder ihm sagt: „Wir machen das alle hier schon seit Jahrzehn ten; wir wissen, wie das geht. Lass uns mal in Ruhe mit irgend welchen Änderungen“, oder ob es einen fruchtbaren kollegia len Austausch gibt. Das ist ein großer Unterschied, und so et was ist nicht gottgegeben. So etwas kann man begleiten und auch von außen initiieren.
Die Kooperation mit den Kommunen in ihren verschiedenen Facetten ist schon angesprochen worden. Auch die Schulämter können ihren Beitrag leisten, obwohl die Schulämter aus ande ren Gründen derzeit eher gebeutelt sind und nicht immer för derlich agieren.
Mir erzählte ein junger Mathe-/Physiklehrer vor kurzem, er wolle in eine Randregion. Mit der Wunschschule sei er auch schon handelseinig gewesen. Aber das Schulamt hatte mehrere Monate lang nicht auf seinen Versetzungsantrag reagiert. Er
fragte immer wieder nach, und irgendwann bekam er eine Ant wort. Dann stellte sich heraus, dass der Schule schon jemand anders zugewiesen war. Das sind Dinge, die einfach nicht pas sieren dürfen.
Deshalb: Wir werben dafür, dass dieses Landlehrer-Stipendium ein Puzzleteilchen wird, eines von mehreren. Wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass es hier im Gegensatz zu ei nem traditionellen Puzzle keine Randteilchen gibt, sondern wir müssen immer wieder weiterdenken und uns neue Methoden einfallen lassen. Das wird uns noch eine Weile beschäftigen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um die Lehrerin nen und Lehrer zu finden, die wir in den nächsten Jahren an den Schulen brauchen, wird es in der Tat keinen Königsweg geben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Lieber Gordon Hoffmann, das mit dem Krimi ist ja lieb und nett gemeint. Wenn man das Thema andauernd hochzieht, dann ist es natürlich ein Krimi. Ich kann mich gut erinnern: Vor fast genau einem Jahr hast du eine Pressemitteilung herausgege ben, in der es hieß, dass es uns nie gelingen würde, die Lehrer stellen in der Prignitz für das Schuljahr 2015/2016 zu besetzen. In diesem Krimi, mein Lieber, war ich der Kommissar und du die Leiche. Denn die Leute haben wir bekommen.
Ich bin auch ganz optimistisch, dass wir die Kolleginnen und Kollegen, die wir im kommenden Schuljahr brauchen, finden werden - auch wenn ich nicht die aktuellen Zahlen habe; ich will jetzt auch nicht in den Schulämtern nachfragen, denn die sollen arbeiten und einstellen. Die Planungs- und Einstel lungsteams sollen für Brandenburg werben. Ich bin ganz opti mistisch, dass das auch gelingen wird.
Ich bin auch nicht dafür, diesen Antrag in Bausch und Bogen zu verdammen, aber er ist letzten Endes auch nur ein Schuss aus der Hüfte. Sachsen ist im vergangenen Herbst damit gestar tet. Wir tun hier so - und so klang es in der Rede von Gordon Hoffmann an - als würden damit Hunderte von Stellen angebo ten werden. Es waren 50 Stipendien, die für ganz Sachsen an geboten wurden; und Sachsen ist ein Stück größer als Branden burg. In Sachsen sagt man: Wir vergeben Stipendien für struk turschwache Regionen - außer Großraum Leipzig und Groß raum Dresden. Selbst Chemnitz zählt noch als strukturschwa che Region. Ich habe eine Tochter, die in Leipzig studiert, und ich weiß, wie dort derzeit diskutiert wird, auch an der erzie hungswissenschaftlichen Fakultät. Dort ist man sehr sauer und sagt: Die Leute, die aus dem Vogtland, dem Erzgebirge und Chemnitz kommen, kriegen ein Stipendium, obwohl sie auch nur wieder da arbeiten wollen, wo sie herkommen. Aber die, die aus Leipzig oder Dresden kommen, kriegen es nicht. - Es ist eine ganz logische Folge von Mitnahme, die da entsteht.
Ich sage es ausdrücklich, weil man nicht annehmen sollte, ich würde mich dafür nicht interessieren und darüber nicht schlau machen: Ich habe mehrfach mit meiner sächsischen Kollegin Brunhild Kurth darüber gesprochen. Natürlich gibt es dort massenhaft Mitnahmeeffekte. Bevor wir die Entscheidung fäl len, diese Stipendien einzurichten, sollten wir uns diese Erfah rungen im Ausschuss einmal anhören.
- Hättet ihr doch einmal im Ausschuss den Vorschlag gemacht, uns einen Experten aus Sachsen zu holen. Dann hätte man sich im Ausschuss darüber berichten lassen und Fragen stellen können.
Ich habe eine Menge Fragen. Die kann mir Brunhild Kurth aber auch noch nicht beantworten, weil die entsprechende Er fahrung noch gar nicht vorhanden ist. Ich habe Fragen wie: Wie ist es mit dem Mitnahmeeffekt? Kommen die Leute, an die die 50 Stipendien vergeben wurden, aus dieser Ecke? Wol len sie sowieso wieder in ihre Heimat? Sind das also wirklich reine Mitnahmeeffekte? Plant ihr hier vier Jahre voraus? - Es muss doch letzten Endes so sein: Wenn ich die letzten beiden Studienjahre plus Referendariat berücksichtige, muss ich schon konkret sagen, in welchem Jahr, in welcher Region und an wel cher Schule ich diese Stelle brauche.
Das muss man sich noch einmal in Ruhe anschauen und anhö ren, welche Erfahrungen die Sachsen damit machen. Ich mei ne, nicht ohne Grund sind die anderen Länderbildungsminister diesem Konzept sehr skeptisch gegenüber. Sie sagen sich: Wenn jeder anfängt, mit Stipendien zu arbeiten, hilft es uns am Ende auch nicht mehr.
Die nächste Frage ist: Was passiert mit denen - das höre ich im Moment schon aus den Krankenhäusern -, die nachher sagen, dass sie ganz woanders hingehen? - Dann rennt man als Stipen diengeber wieder seinem Geld hinterher. Das passiert in den Kliniken derzeit schon.
Es gibt also eine Menge Fragen, die man dazu klären muss. Ich meine, jeder Weg, der dazu beitragen kann, mehr Lehrerinnen und Lehrer ins Land zu holen, sollte verfolgt werden. Die Sor gen und Nöte werden in den kommenden Jahren noch größer sein als jetzt.
Aber hier aus der Hüfte zu schießen und ein Stipendium einzu richten, ohne konkret nachzufragen, welche Erfahrungen ande re damit machen, wie man es umsetzen kann und was es heißt, es zu administrieren, dafür bin ich nicht, sondern wir sollten die Entwicklung in Ruhe anschauen. Das muss ja nicht lange dauern, man kann sich schon im Herbst jemanden aus Sachsen holen und einmal fragen, wie es dort läuft. Dann kann man se hen, ob man diesen Gedanken weiter verfolgt, und sich dann entsprechend entscheiden. Wenn man es jetzt startet, braucht es noch vier bis sechs Jahre, bis die ersten Stipendiaten ihr Studi um beendet haben und dann womöglich in der entsprechenden Stadt oder Schule ihre Arbeit aufnehmen. - Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Baaske! Sie haben gerade ausgeführt, dass Sie noch nicht wissen, wie das alles läuft, wohin es führt und ob es Mitnahmeeffekte geben wird.