Ihr Kalkül ist doch, wieder einmal anzuprangern - das haben Sie gerade getan -, wie viele Steuern die Menschen in unserem Land zahlen müssen. Dabei schwingt immer im Unterton mit:
für nichts und wieder nichts. - Diese Masche ist durchschaubar und verkennt die Realität. Deutschland ist eine der am besten organisierten Demokratien der Welt mit einem funktionieren den Sozialstaat. Womit finanzieren wir diesen Staat? Richtig, mit Steuern und Abgaben. Wünschen wir uns nicht alle hier im Land oft eher mehr Geld für öffentlich finanzierte Leistungen wie noch bessere Schulen und Kitas, mehr Krankenhäuser, bes sere Straßen, Schienen und Bahnen, mehr Personal bei Polizei, Feuerwehr und Ämtern?
Sie selbst fordern ständig mehr Ausgaben in vielen Bereichen, ohne dabei genaue Einsparungen zu benennen, die eine Finan zierung ermöglichen. Da erinnere ich mich gut an die letzten Haushaltsverhandlungen.
(Zuruf des Abgeordneten Galau [AfD] - Frau Bessin [AfD]: Wir wollten das Tolerante Brandenburg abschaf fen.)
- Ah, das Tolerante Brandenburg abschaffen. Stimmt, das war auch eine Forderung von Ihnen; die habe ich bei meiner Auf zählung vergessen.
Sehr geehrter Herr Kollege, können Sie mir die Frage beant worten, wie viele Lebensjahre Sie schon damit verbracht ha ben, im Rahmen der Ausübung eines ordentlich erlernten Be rufs Steuern zu erwirtschaften?
Neben den Steuern, die Sie in Ihrem Antrag herausstellen, sind es gerade die Sozialabgaben, die zu hohen Abzügen vom Brut tolohn führen. Doch auch diesen Kosten stehen Leistungen des Sozialstaates gegenüber, auf die wir stolz sein können: allge meine Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, umla gefinanzierte Rente, Vorsorge für Pflege im Alter - alles Kos ten, die aus Sozialabgaben finanziert werden.
in denen sie schlechter als in Deutschland ist, in denen es keine Krankenversicherung, keine Arbeitslosenversicherung, keine Renten- und Pflegeversicherung gibt,
ist die Belastung mit Steuern und Abgaben niedriger als in Deutschland - na so eine Überraschung! Doch diesbezügliche Ausgaben der Einwohner dieser Länder sind oft in den privaten Bereich verschoben: Jeder Arztbesuch muss individuell bezahlt werden, für die Rente wird privat vorgesorgt, Schule muss pri vat bezahlt werden. Arbeitslosigkeit und Pflegebedürftigkeit sind in diesen Staaten zum Teil existenzbedrohend. Ist dies der Staat, den Sie bevorzugen?
(Jung [AfD]: Das sind alles EU-Staaten, die Sie aufzäh len! - Lachen bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)
Insofern sagt allein die Höhe der Steuern und Sozialabgaben nichts über die Belastung der Menschen aus, im Gegenteil: Die Zahl sagt oft aus, dass ein Staat sehr viele Leistungen öffent lich, für alle Menschen anbietet. Davon profitieren insbesonde re einkommensschwache und bedürftige Menschen, die sich diese Leistungen privat nicht leisten könnten.
Ihr Antrag, in dem überdies ein alleinstehender Durchschnitts verdiener ohne Kinder dargestellt wird - also ohne Berücksich tigung von Steuerfreibeträgen oder Kindergeld -, appelliert stumpf an das natürliche Verlangen des Menschen, möglichst wenige Steuern und Abgaben zu zahlen. Dabei zitieren Sie dann noch die Statistik der OECD falsch; sie geben Zahlen an, die so schlichtweg in keiner Tabelle zu finden sind.
Wenn Sie aber hier im Landtag ernst genommen werden wol len, sollten Sie anfangen, seriöse Politik zu betreiben. Dazu ge hört, den Steuereinnahmen des Staates, die Sie vorbringen, die entsprechenden Ausgaben gegenüberzustellen. Dazu gehört vor allem, Ihre politischen Forderungen mit einer Gegenfinan zierung zu untersetzen.
Solange Ihnen aber zur Finanzpolitik nichts Besseres einfällt, als Ideenklau bei Interessenverbänden zu betreiben und falsche Statistiken vorzulegen, verschwenden Sie unsere Zeit und vor allem die Steuern, aus denen Ihre Fraktionsgelder stammen.
Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Bretz fort. Er spricht für die Fraktionen von CDU und BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da steht es nun in schwarzen Lettern auf weißem Papier:
Ich stelle mir gerade vor, wie eine Anrede zu Beginn einer Re de zu einem solchen Gedenktag wohl lauten würde. Der Ge denkende müsste sagen: „Liebe SteuerInnen und AbgaberIn nen! Herzlichen Dank, dass Sie den sicheren Weg ins Säckel des Finanzministers gefunden haben!“
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mich durchzieht ein Schmerz bei der Vorstellung, dass es Menschen in diesem Hau se gibt, die das auch noch mit großer Ernsthaftigkeit vertreten und erwarten.
Lassen Sie mich die Frage stellen: Was bedeutet es eigentlich, dass die AfD keinem Ereignis mit einer großen Bedeutung ge denken, sondern Abgaben und Steuern einen Gedenktag wid men möchte? Das ist Ausdruck eines sehr materialistisch ge prägten Weltbildes, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das wollen wir an der Stelle einmal festhalten.
Wenn man sich fragt, was die Grundlage dieser Geisteshaltung ist, wird es einem klar, wenn man sich eine Pressemitteilung der AfD-Fraktion in Erinnerung ruft. Darin hieß es vor zwei Tagen zum Thema Elterndarlehen für Kinder:
Dieses Darlehen soll für alle Menschen gelten, die ihren „Hauptwohnsitz im Landtag Brandenburg“ haben.
Niemand, jedenfalls niemand, der im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist, hat seinen Hauptwohnsitz im Landtag Brandenburg.
Lassen Sie mich erwidern: Ich würde schon deshalb meinen Hauptwohnsitz nicht im Landtag Brandenburg haben wollen, weil ich es aus Überzeugung ablehne, Sie zum Nachbarn zu haben.
Das alles drückt aus, dass Sie nicht in der Lage sind - das ist der ernste Charakter dieser Worte -, den Menschen, die Ihnen ihre Stimme gegeben haben, ein Ansprechpartner zu sein. Man merkt bei Ihnen nicht, dass Sie den Anspruch haben, Dinge zu verändern, sondern Sie sind intellektuell und politisch nur sehr begrenzt in der Lage, den aktuellen politischen Themen auch nur ansatzweise zielorientiert zu einem Inhalt zu verhelfen. Das gelingt Ihnen augenscheinlich immer weniger.
(Beifall CDU, SPD, DIE LINKE, B90/GRÜNE und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe - Zuruf von der AfD: Aber Sie können es besser, ja?)