Protocol of the Session on June 9, 2016

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Ab geordnete Nonnemacher.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Brandenburg ist ein Land mit einem immer noch geringen Ausländeranteil. Aber auch bei uns bilden die Menschen im Land eine zuneh mend pluralistische Gesellschaft. Das zeigt der aktuelle Be richt der Landesregierung zur Migration sehr anschaulich. Die Zahlen zeigen einerseits, wie viele Menschen im vergangenen Jahr gekommen sind, um Schutz vor Krieg und Verfolgung zu suchen, und andererseits, wie viele Menschen mit Migrations hintergrund bereits vorher im Land lebten. Insgesamt sprechen wir über 130 000 Menschen mit Migrationshintergrund. Der Bericht wird uns beim Diskurs, wie das alte und neue Zusam menleben gelingen kann, unterstützen.

So, wie wir Bündnisgrünen auf die Chancen von Integration setzen, glauben wir auch, dass sie kein Selbstläufer ist. Die Landesregierung tut aus unserer Sicht momentan nicht genug. Ein Beispiel ist das „Bündnis für Brandenburg“, das, als breit angelegter gesellschaftlicher Zusammenschluss gedacht, schwächelt. Nach der furiosen Auftaktveranstaltung im letzten Jahr scheint die Staatskanzlei den Anschluss verpasst zu ha ben.

Für uns ist auch klar: Neben der Aufgabe, das „Bündnis für Brandenburg“ endlich mit Leben zu füllen, muss das Land jetzt im Eiltempo weitere Bedingungen für Integration schaffen. Spracherwerb, Bildung, Wohnen und Arbeit sind die Schlüssel zu ihrem Gelingen. Die guten Maßnahmen, die es im Land be reits gibt, sind oft viel zu kleinteilig. Ein Beispiel ist der Spra cherwerb: Im Moment sind in Brandenburg 61 % der geflüch teten Menschen von Sprach- und Integrationskursen ausge schlossen, weil sie keine sogenannte sichere Bleibeperspektive haben. Trotzdem wissen wir, dass viele von ihnen erkennbar bei uns bleiben werden. Sie auszuschließen ist integrations feindlich. Wir bedauern, dass die Landesregierung sich hier nicht noch stärker engagiert.

(Zuruf von der AfD: Das ist ungeheuerlich!)

Sie hätte zum Beispiel, wie von uns vorgeschlagen, die mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren ge kürzten Geldleistungen an die Geflüchteten für zusätzliche Sprach- und Integrationskurse einsetzen können.

(Beifall B90/GRÜNE)

Was das Thema Bildung angeht, so darf es aus bündnisgrüner Sicht einfach nicht vorkommen, dass Flüchtlingskinder erst nach Monaten in der Gemeinschaftsunterkunft von einer loka len Schule aufgenommen werden.

(Beifall B90/GRÜNE)

Das jüngste Beispiel, die hohe Zahl von unbeschulten Flücht lingskindern im Landkreis Barnim, deutet darauf hin, dass et was im Land grundsätzlich schiefläuft. Hier sind alle in der Pflicht.

Wer den Integrationserfolg wirklich will, muss eine schnelle Arbeitsmarktintegration erleichtern. Nicht nur, weil Nichtstun sehr schnell zu Dequalifizierung führt - auch bei Menschen oh ne Migrationshintergrund -, sondern auch, weil wir uns bei ei nem fast dreimal so hohen Armutsrisiko bei Menschen mit Mi grationshintergrund lange Wege in Arbeit nicht leisten können. Für uns ist daher wichtig, dass die Landesregierung die verein zelten Maßnahmen stark ausweitet, damit - nur als Beispiel - im Ausland erworbene formale und nicht-formale berufliche Qualifikationen anerkannt werden.

Wir finden, dass geflüchtete Menschen relativ rasch in Woh nungen und Wohnverbünden leben sollten. Diese Chance hat Rot-Rot im Zuge des neuen Landesaufnahmegesetzes vertan. Nun leben 78 % aller Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünf ten. Die Frage der Nachnutzbarkeit der großen Gemeinschafts unterkünfte ohne eigene Badezimmer und Küchenzeilen haben wir von Anfang an gestellt.

Gut, dass wir angesichts der vielen Aufgaben nun aktualisierte Daten zu Migration und Integration im Land Brandenburg er halten haben. Auf ihrer Grundlage können wir darüber reden, wie Integration in Brandenburg gelingen kann, eventuell auch mal in kleinen Schritten - vor allem aber kontinuierlich und langfristig in die richtige Richtung. - Danke schön.

(Beifall B90/GRÜNE und SPD - Dr. Gauland [AfD]: Das ist ja wirklich unerträglich!)

Vizepräsident Dombrowski

Vielen Dank. - Für die Landesregierung spricht noch einmal Frau Ministerin Golze.

Meine Damen und Herren! Meine Aufgabe war es, Ihnen die sen Bericht vorzulegen. Dies wurde mir mit Ihrem Antrag En de letzten Jahres aufgegeben. Wir haben uns um einen Monat mehr Zeit bemüht, weil wir die Daten so aktuell wie möglich aufbereiten wollten. Trotzdem liegen - das haben Sie im Be richt gesehen - vom vergangenen Jahr noch nicht alle Informa tionen vor. Sie werden natürlich im Weiteren durch eine konti nuierliche Berichterstattung ergänzt, und es wird auch Folge berichte geben. Insofern kann ich Art und Umfang des Berichts gern noch anpassen und nehme die Hinweise sehr wohl entge gen.

Ich wiederhole mich: Der Bericht ist trotzdem eine gute Grund lage, um weitergehende Forderungen oder Maßnahmen daraus abzuleiten. Ich teile nicht vollumfänglich die Kritik von Frau Nonnemacher, was das Landesaufnahmegesetz und andere Dinge betrifft. Insbesondere die Wohnungsunterbringung ha ben wir mit dem Landesaufnahmegesetz vorangebracht. Es gab vorher keine Möglichkeit für die Kommunen, investive Mittel beim Land abzurechnen, wenn man Asylsuchenden Wohnun gen zur Verfügung gestellt hat. Diesen Umstand haben wir ge ändert und die Abrechnungsmodalitäten in das neue Landes aufnahmegesetz aufgenommen.

Es gibt sicherlich noch einige andere Sachen, die weitergehend diskutiert werden müssen, aber das sollten wir nicht unbedingt heute tun. Ich möchte mich an dieser Stelle von Ihnen verab schieden und wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. - Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, B90/GRÜNE und vereinzelt CDU)

Vielen Dank. - Ich beende damit die Aussprache. Der Bericht der Landesregierung in der Drucksache 6/4046 ist damit zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 16 und rufe Tagesordnungs punkt 17 auf:

Wahl eines Mitgliedes der Parlamentarischen Kont rollkommission

Antrag mit Wahlvorschlag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 6/4328

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Deshalb kommen wir direkt zur Abstimmung. Wer möchte dem Antrag mit Wahl vorschlag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/4328 zu stimmen? - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung und einigen Gegenstimmen ist der Antrag mehrheitlich angenommen worden und der Abgeordnete Dr. Andreas Bernig als Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission gewählt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 17 und rufe Tagesordnungs punkt 18 auf:

Vorschlag zur Bestellung eines Mitgliedes in den Bei rat der Investitionsbank des Landes Brandenburg

Antrag mit Wahlvorschlag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 6/4329

Auch hier wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Wir kom men direkt zur Abstimmung. Wer stimmt dem Antrag mit Wahl vorschlag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/4329 zu? - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei ei nigen Enthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich angenom men und der Abgeordnete René Wilke als Mitglied für den Bei rat der ILB vorgeschlagen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 18 und rufe Tagesordnungs punkt 19 auf:

Wahl eines ordentlichen Mitglieds in der Vertreter versammlung des Versorgungswerks der Mitglieder des Landtags Nordrhein-Westfalen und des Landtags Brandenburg für die Dauer der 6. Wahlperiode des Landtages Brandenburg

Antrag mit Wahlvorschlag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 6/4330

Es wurde wiederum vereinbart, keine Debatte zu führen, so dass wir sofort zur Abstimmung kommen. Ich lasse über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 6/4330 - Wahl eines ordentlichen Mitglieds in der Vertreterversamm lung des Versorgungswerkes der Mitglieder des Landtags Nordrhein-Westfalen und des Landes Brandenburg für die Dauer der 6. Wahlperiode des Landtages Brandenburg - ab stimmen. Wer stimmt dem Antrag mit Wahlvorschlag zu? - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Damit ist der

Antrag einstimmig angenommen und der Abgeordnete Marco Büchel in die Vertreterversammlung des Versorgungswerkes der Landtage NRW und Brandenburg gewählt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 19 und beende die 30. Ple narsitzung. Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Wochenende.

Ende der 30. Sitzung am 10. Juni: 14.25 Uhr

Anlagen

Gefasste Beschlüsse

Aktionsplan für Akzeptanz

von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt,

für Selbstbestimmung und gegen Homo- und Transphobie

in Brandenburg

Der Landtag Brandenburg hat in seiner 30. Sitzung am 9. Juni 2016 zum TOP 3 folgenden Beschluss gefasst:

„Der Landtag stellt fest:

Eine aktive und umfassende Gleichstellungspolitik in Hinblick auf die sexuelle Orientierung und die ge schlechtliche Identität erfordert die aktive Beteiligung al ler gesellschaftlichen Akteure wie auch des Staates selbst. Politik hat in diesem Sinne eine Vorbildfunktion. Das Land Brandenburg hat in den vergangenen Jahren die rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung von Les ben, Schwulen, bi-, trans-, intersexuellen und queeren (kurz LSBTTIQ*) Menschen mit verschiedenen Maßnah men vorangetrieben. Dazu zählt beispielsweise das Bran denburgische Lebenspartnerschaftsanpassungsgesetz, das die eingetragene Lebenspartnerschaft als Rechtsinstitut auf Bundesebene in Landesrecht überträgt. Die Landesre gierung unterstützt die Aufklärungsarbeit zur Toleranz und zum Respekt gegenüber sexueller Vielfalt insbeson dere in den Bildungseinrichtungen, um damit die Diskri minierung von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Inter sexuellen abzubauen und Akzeptanz zu stärken. Darüber hinaus steht die Landesregierung in engem Kontakt mit den Akteuren im Land und fördert Projekte wie etwa die jährliche LesBiSchwule Tour und die Landeskoordinie rungsstelle für LesBiSchwule & Trans* Belange zur lan deweiten Vernetzung der LSBTTIQ*-Organisationen im Land.

Der Landtag beschließt:

Die Landesregierung wird aufgefordert,

1. die bereits vorhandenen und vom Land Branden burg geförderten Aktivitäten durch einen ‚Aktions plan für Akzeptanz von geschlechtlicher und sexu eller Vielfalt, für Selbstbestimmung und gegen Ho mo- und Transphobie in Brandenburg‘ zusammen zuführen. Der Aktionsplan soll in einem partizipati ven Prozess erarbeitet werden, um einen positiven gesellschaftlichen Wandel hin zu Akzeptanz, Res pekt, Wertschätzung und vor allem Dialog zu bewir ken und zu verstetigen.