unsere Große Anfrage zum Thema Flüchtlinge und Gespräche mit Vertretern der Bundespolitik und den Verantwortlichen in den Kreisen. Wir wollen neue Erkenntnisse gewinnen, wie die Prozesse günstiger gestaltet werden können und wie wir vor allem die Bürger vor Ort mitnehmen, um eine tatsächliche Willkommenskultur zu erreichen. Wir erreichen sie nur, wenn es eine hohe Akzeptanz vor Ort gibt.
Jetzt leuchtet hier die rote Lampe. - Liebe Kollegen von den Koalitionsfraktionen, Ihr Entschließungsantrag ist ein bisschen flach, aber gibt auch das wieder, was wir wollen, nämlich den Bau von Unterkünften in Gewerbegebieten, wenn nichts anderes mehr geht. Auch wenn ich mir - wenn Sie schon einen Entschließungsantrag stellen - zum Beispiel noch ein Wort zu den Kommunen gewünscht hätte, werden wir Ihrem Antrag zustimmen. - Vielen Dank.
Danke, Frau Kollegin. Bringen Sie mich hier bitte nicht in Verlegenheit, das Mikrofon abzudrehen. - Ich rufe nun die Kollegin Johlige von der Fraktion DIE LINKE auf.
Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! In der vergangenen Wahlperiode haben wir deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Lebenssituation von Flüchtlingen in Brandenburg erreicht. Ich erinnere an die Initiativen zur Aufhebung der Residenzpflicht, an die Bundesratsinitiative zur Abschaf
fung der Optionspflicht und zur generellen Hinnahme der mehrfachen Staatsangehörigkeit, an den Beschluss zur Verbesserung der Unterkunftsbedingungen, an das neue Integrationskonzept und nicht zuletzt an die Änderung der Landesverfassung. Zudem haben wir durch zahlreiche Initiativen vor Ort eine Willkommenskultur entwickelt, die Brandenburg gut zu Gesicht steht.
Zugleich mussten wir aber in den letzten Monaten vor allem im Wahlkampf erleben, wie für den kurzfristigen populistischen Erfolg fremdenfeindliche Ressentiments bedient wurden, und das nicht nur von der AfD.
Ich sage ganz deutlich: Das werden wir nicht hinnehmen. Menschen, die in Not sind und die ihre Heimat verlassen, um Kriegen zu entkommen, sind in Brandenburg willkommen.
Das hat der Landtag in einem Entschließungsantrag aller Fraktionen in der letzten Wahlperiode auch beschlossen. Bis heute Morgen hatte ich die Hoffnung, dass wir einen solchen humanitären Konsens auch in dieser Wahlperiode im Landtag erreichen können. Nach der Debatte heute Morgen bin ich mir diesbezüglich jedoch leider nicht mehr so sicher.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2012 festgestellt: Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren. Wir als Linke werden uns immer wehren, wenn dieser Grundsatz verlassen wird - sowohl auf der Straße als auch hier im Parlament. Sie wissen, dass wir als Linke die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden vor allem in Wohnungen an Standorten anstreben, die den Zugang zu Schulen, Kindertagesstätten, Ärzten und kulturellen Einrichtungen sichern und die Mobilität der Flüchtlinge und damit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gewährleisten.
Dabei bleiben wir aber nicht stehen; denn wir wollen die Verbesserung der schulischen Integration, des frühzeitigen Spracherwerbs, der psychosozialen Betreuung sowie der Beratung der Flüchtlinge. Wir setzen uns dafür ein, dass der Bund seine Liegenschaften, die für eine Unterbringung geeignet sind, dem Land und den Kommunen unentgeltlich und vor allem unkompliziert zur Verfügung stellt und dass sich der Bund an den Kosten der Unterbringung beteiligt.
Wir halten daran fest, dass das Asylbewerberleistungsgesetz abgeschafft und dass das menschenunwürdige Gutscheinsystem in allen Landkreisen in Brandenburg überwunden wird. Im Landkreis Oberhavel scheint das endlich zu gelingen.
Die aktuelle Situation ist jedoch nicht leicht. Die zentrale Aufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt platzt aus allen Nähten, und es schaffen nicht alle Kommunen, genügend Wohnraum für die zufluchtsuchenden Menschen zur Verfügung zu stellen.
Als Landespolitik müssen wir gemeinsam mit den Kommunen Lösungen finden, die aktuell extrem angespannte Situation zu meistern. Dabei setzen wir auf ein Sonderprogramm, das den Kommunen hilft, die Herausforderung bei der Unterbringung und der Betreuung der Flüchtlinge zu meistern. Auch hier darf sich der Bund nicht aus der Verantwortung stehlen.
Wir sind uns einig, dass die Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge vorrangig in Wohn- und Mischgebieten zu erfolgen hat. Deshalb setzen wir uns für die Novellierung des Landesaufnahmegesetzes dahin gehend ein, dass neben einer Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften auch die Wohnungsunterbringung dauerhaft gefördert wird.
Zugleich wissen wir, dass es gewerblich genutzte Gebiete in Gemeinden gibt, die sehr nah an kommunaler Infrastruktur gelegen sind, die die Nähe zu Bildungseinrichtungen gewährleisten und auch die Mobilität sicherstellen. Für solche absoluten Ausnahmefälle halten wir es in der derzeitigen angespannten Situation für hinnehmbar, wenn in den Kommunen solche Flächen befristet für die Flüchtlingsunterbringung genutzt werden; denn eines muss uns bewusst sein: Wir haben es hier mit einer dauerhaften, umfassenden und europäischen Aufgabenstellung zu tun. Schließlich wird die Zahl an Flüchtlingen und Asylbegehrenden nicht plötzlich sinken und werden die Krisen und Kriege in der Welt nicht plötzlich enden.
Meine Damen und Herren! Im Dezember werden wir hier im Parlament konkret darüber debattieren, wie wir in Brandenburg in den kommenden Jahren die Herausforderungen bei der Unterbringung der Flüchtlinge sowie bei der Integration und Stärkung zivilgesellschaftlichen Engagements meistern können. Wir hätten uns von Ihnen, meine Damen und Herren von den Grünen, gewünscht, dass Sie uns Zeit für die inhaltliche Befassung lassen.
Wir werden heute Ihren Antrag ablehnen, laden Sie allerdings herzlich dazu ein, gemeinsam mit uns im Dezember die Weichenstellungen für die nächsten Jahre in der Flüchtlingspolitik in Brandenburg vorzunehmen. - Danke schön.
Vielen Dank. - Das Wort erhält jetzt der Abgeordnete Jung von der Fraktion AfD. Bevor jedoch der Kollege das Wort ergreift, möchte ich neue Gäste begrüßen: eine Gruppe von Mitgliedern des Nichtraucherbundes Brandenburg
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Vogel, sehr verehrte Frau Nonnemacher, wir von der Alternative für Deutschland haben Ihren Antrag sehr genau gelesen. Wir können Ihnen heute sagen: Wir stimmen vielen Ihrer Forderungen zu. Selbstverständlich sind auch wir dafür, dass Flüchtlinge und Asylsuchende in erster Linie in Wohnungen und kleineren Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden.
Schulpflicht für Kinder aus Flüchtlingsfamilien, Vermittlung von Sprachkenntnissen - all das sind Forderungen, die auch die AfD im Wahlkampf schon deutlich aufgestellt hat. Allerdings gebe ich vor der Abstimmung eines zu bedenken: Unser neuer Bildungsminister, Herr Baaske, hat dem rbb vorgestern Folgendes in die Mikrofone gesprochen:
Hier setzt die Kritik der AfD an; denn die rot-rote Koalition hat offensichtlich für sich schon jetzt akzeptiert, dass ein Großteil derer, die aus objektiven Gründen unser Land verlassen müssten und deren Asylanträge abgelehnt worden sind, trotzdem hierbleibt. Wir haben hier eine sehr erhebliche Schere, die sich auftut. Deutlich weniger als 3 % der Asylanträge werden positiv beschieden, doch 80 % der Antragsteller bleiben hier.
Werden hier die Gesetze unseres Landes tatsächlich nicht beachtet? Das ist es, was die AfD in den kommenden Monaten eruieren will.
Kommen wir hier, Herr Kollege Vogel, zurück zu Ihrem Antrag. Sie fordern eine dezentrale Unterbringung und sprechen sich gegen Massenunterkünfte aus.
Das heißt konkret, Flüchtlinge und Asylsuchende wohnen nicht nur am Rand, sondern mitten in unseren Städten und auch in den teuren Wohnanlagen.
Der Studentin, die keine Chance hat, eine bezahlbare kleine Wohnung zu finden? Dem Hartz-IV-Empfänger, der 2 m2 zu viel hat und umziehen muss? Der Rentnerin, die entweder essen oder wohnen kann? - Nein, das ist nicht mehr zu vermitteln.
Was Sie wie so häufig nur wenig konkret benennen, ist die Finanzierung. Wie wollen Sie Ihre Pläne bezahlen? Auch da lassen Sie uns im Dunkeln, die Finanzierung ist ungeklärt.
Noch wichtiger: Wir haben keine Basis, auf der eine Entscheidung fallen kann. Bis die Gesetze so angewandt werden, dass nur diejenigen in unserem Land bleiben können, die einen legalen Aufenthaltsstatus haben, können wir über einen solchen Antrag gar nicht abstimmen. Denn beachten Sie Folgendes: Wirklich Verfolgte leben aufgrund dieser verfehlten Verfahrensweise in Unwissenheit und unter unvermeidbaren ethnischen und religiösen Spannungen - zum Beispiel gegenüber Aramäern und anderen Christen aus Syrien und dem Irak - in Massenunterkünften, bei uns. Würden die Abschiebebescheide konsequent umgesetzt, hätten wir diese Diskussion jetzt über
(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Vielen Dank für die Klarheit! - Zuruf von der AfD: Immer gerne! - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Sie zeigen Ihre wahre Gesinnung! - Weiterer Zuruf von der AfD: Sie auch! - Dr. Gauland [AfD]: Das ist wenigstens eine Debatte!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurde eben schon angesprochen: Die internationalen Konflikte und die mit ihnen verbundenen humanitären Katastrophen können wir alle derzeit Abend für Abend in den Nachrichten verfolgen. Der selbsternannte Islamische Staat versucht auf aggressivste Weise, sein Herrschaftsgebiet auszuweiten; er überzieht dabei den ohnehin krisenhaften Nahen Osten mit einem barbarisch geführten Krieg. In Afghanistan flammten im Sommer neue Kämpfe auf; der gesamte afrikanische Kontinent ist von Bürgerkriegen überzogen. In all diesen Krisenregionen sind Menschen auf der Flucht.
Laut der UNO-Flüchtlingshilfe gab es im Jahr 2013 erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg mehr als 50 Millionen Flüchtlinge weltweit. Wie wir wissen, ist diese Zahl in diesem Jahr noch gestiegen. Viele dieser Flüchtlinge verlassen dabei ihre Heimat nicht und sind auf die humanitäre Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft oder der vielen Hilfsorganisationen vor Ort angewiesen. Diejenigen aber, die über die Grenzen Europas zu uns kommen, brauchen unsere Hilfe, unser Engagement.
Es gilt diesen Menschen Schutz und menschenwürdige Lebensbedingungen zu bieten. Insofern bin ich der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dankbar, denn auch mich machen die letzten Bundestags- und Bundesratsinitiativen zu Fragen der Asylpolitik in Deutschland besorgt. Daher werte ich Ihren Antrag, sehr geehrte Abgeordnete der Grünen-Fraktion, als Willensbekundung, den breiten überparteilichen Konsens der letzten Wahlperiode fortzusetzen und die Beschlüsse dieses Landtages durch die bundespolitischen Beschlusslagen nicht infrage zu stellen.