Protocol of the Session on November 19, 2014

Zu uns spricht für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Dombrowski.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Umsetzung einer nachhaltigen Politik für Brandenburg und die von der Landesregierung im April 2014 beschlossene Nachhaltigkeitsstrategie stellen einen permanenten Prozess dar, der sich nicht an Legislaturperioden orientiert bzw. daran nicht orientieren sollte; dies ist eine Daueraufgabe. Sowohl der Landtag als auch die Landesregierung haben in den vergangenen Wahlperioden diesen Nachhaltigkeitsprozess begleitet und durch die Berufung des Nachhaltigkeitsbeirates als unabhängiges Gremium den nötigen wissenschaftlichen Sachverstand gewährleistet, um diesen Prozess einzuleiten bzw. auf den Weg zu bringen.

Meine Damen und Herren, am 29. April dieses Jahres hat das Kabinett die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Brandenburg verabschiedet. Damit verbunden sind konkrete Leitbilder, Ziele

und Maßnahmen in den Bereichen „Zukunftsfähige Arbeit in einer nachhaltigen Wirtschaftsregion“, „Lebenswerte Dörfer und Städte“, „Energiewende und Klimaanpassung“, „Zukunftsfähige Finanzpolitik“ sowie „Bildung und nachhaltige Entwicklung“. Die Aufgabe der nächsten Jahre liegt nunmehr darin, den Nachhaltigkeitsprozess in unserem Land in seiner Gesamtheit zusammenzufassen und die verschiedenen Akteure miteinander zu vernetzen, um der Nachhaltigkeitspolitik ein öffentliches Profil zu geben. Hierfür müssen geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden, um den nachhaltigkeitsorientierten und langfristig angelegten Prozess auch während der 6. Wahlperiode des Landtages Brandenburg fortzusetzen.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag regen wir an, für die Dauer der aktuellen Wahlperiode erneut einen Beirat für Nachhaltige Entwicklung durch die Landesregierung berufen zu lassen. Auch der Nachhaltigkeitsbeirat der 5. Wahlperiode sieht in seinem Abschlussbericht die Notwendigkeit dazu; denn gerade die fachliche Expertise unabhängiger Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachbereichen wird in der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie nötig sein.

Darüber hinaus muss es in dieser Wahlperiode gelingen, den Nachhaltigkeitsprozess stärker in die Mitte der Landesregierung und der Landespolitik zu rücken. Bislang war das Umweltministerium zuständig. Meines Erachtens sollte in Zukunft die Staatskanzlei den Nachhaltigkeitsprozess koordinieren und steuern. Auch auf Bundesebene liegt die Federführung für Nachhaltigkeitspolitik im Bundeskanzleramt. Damit verleiht die Bundesregierung der Nachhaltigkeit die notwendige politische Bedeutung, die in Brandenburg bislang nach unserer Auffassung nicht auszumachen ist. Eine Anbindung der Nachhaltigkeitspolitik an die Staatskanzlei würde zudem den Querschnittscharakter widerspiegeln, auch wenn es bislang eine Interministerielle Arbeitsgruppe zur Nachhaltigkeit unter Mitarbeit aller Ressorts gab.

Dass die Staatskanzlei zukünftig eine stärkere Rolle in der Steuerung des Nachhaltigkeitsprozesses einnehmen sollte, war auch Konsens in der Podiumsdiskussion des Nachhaltigkeitsbeirats, die Anfang September stattfand und auf der der Nachhaltigkeitsbeirat seinen Tätigkeits- und Abschlussbericht der damaligen Umweltministerin Frau Tack überreichte.

Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag gehen wir aber noch einen Schritt weiter. Der Nachhaltigkeitsbeirat der vergangenen Wahlperiode hält in seinem Abschlussbericht fest:

„Von besonderer Bedeutung sowohl für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie als auch für die Verankerung des Nachhaltigkeitsverständnisses innerhalb der Verwaltung und bei den gesellschaftlichen Akteuren ist eine systematische Prüfung der Politik auf ihre Nachhaltigkeit mit festen Verfahren.“

Diesen Gedanken aufgreifend schlagen wir vor, perspektivisch einen Demografie- und Nachhaltigkeitscheck einzuführen und hierbei die Erfahrungen anderer Bundesländer sowie des Bundes zu berücksichtigen. Damit sollen Gesetzentwürfe der Landesregierung oder auch der Landtagsfraktionen sowie Pläne und Programme der Landesregierung im Vorfeld ihrer Verabschiedung bzw. ihres Inkrafttretens auf ihre Demografie- und Nachhaltigkeitsfestigkeit hin überprüft werden.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Dies sollte genauso selbstverständlich sein, wie wir bei Gesetzentwürfen erwarten, dass die Frage beantwortet wird: Gibt es haushaltsrelevante Auswirkungen?

(Vogel [B90/GRÜNE]: Genau!)

Zu guter Letzt wollen wir auch in Zukunft an der Nachhaltigkeitskonferenz festhalten. Diese sollte unter dem Vorsitz der Staatskanzlei und damit der Landesregierung Brandenburg durchgeführt werden, um den Dialog und den Austausch mit den verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen und Akteuren auch künftig sicherzustellen. Aus diesem Dialog heraus können sich weitere Anregungen ergeben, oder man stellt fest, dass die vom Kabinett beschlossene Nachhaltigkeitsstrategie in einigen Punkten überarbeitet werden muss. Denn die Landesnachhaltigkeitsstrategie ist genauso wie der Nachhaltigkeitsprozess selbst kein statisches, in Stein gemeißeltes Manifest, sondern sollte von Zeit zu Zeit überprüft und gegebenenfalls auch verändert werden.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich auf einen Punkt hinweisen, der mir persönlich besonders wichtig ist: Wir sollten gemeinsam darüber nachdenken, wie wir die Erfahrungen erfolgreicher Initiativen im Land auch für andere Regionen in Brandenburg so aufbereiten können, dass das Wissen und die Erfahrungen des einen Projekts auch für Projekte in anderen Regionen des Landes genutzt werden könnten. Auch das ist ein Ergebnis der vom Nachhaltigkeitsbeirat durchgeführten Podiumsdiskussion, das wir gerne in unseren Antrag aufgenommen haben. - Ich danke erst einmal.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Danke schön. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Roick.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Die CDU-Fraktion hat uns hier einen Antrag zur nachhaltigen Entwicklung Brandenburgs vorgelegt. Aber Sie sagen selbst, dass die vorliegende Nachhaltigkeitsstrategie „eine wichtige Grundlage für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Entwicklung in Brandenburg“ ist. Wer sie noch nicht kennt - ich habe sie mir einmal besorgt.

(Der Abgeordnete Roick zeigt eine Broschüre.)

Die kann man sich gerne durchlesen.

Wozu aber dann dieser Antrag? Wozu mehr Berichte? Wozu mehr Bürokratie? Das habe ich schon einmal gefragt. Eigentlich wollen Sie die ja abbauen.

Das Thema Nachhaltigkeit ist beim neuen Landwirtschaftsministerium, in das der Umweltbereich integriert worden ist, gut angesiedelt. Das machen übrigens alle Bundesländer außer Hessen so, dass das in das Umweltministerium integriert ist. Alle wichtigen Themen können wir nicht bei der Staatskanzlei ansiedeln, denn dann haben wir dort ein „Superministerium“ oder wie man das nennen will -, etwas muss auch noch bei den Fachbehörden bleiben.

Aber zurück zur Nachhaltigkeitsstrategie: Die ist noch nicht ein Jahr alt und muss nun angewendet werden und wirken bzw. erst einmal im Land bekannt gemacht werden. Ein Termin dazu fand schon statt - sicherlich fanden auch andere statt, aber zumindest dieser Termin fand in dieser Legislaturperiode statt -, nämlich der Runde Tisch „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“, BNE, am 3. November. Und da war die CDU-Fraktion nicht vertreten. Also ist das Interesse doch nicht so groß. Aber gerade solche Termine tragen dazu bei, dass die Nachhaltigkeitsstrategie gelebt und in die Fläche getragen wird. Dazu bedarf es nicht unbedingt eines neuen Antrags.

Allerdings - Herr Vogel, Sie haben das in Ihrer Rede angesprochen, und Sie, Herr Dombrowski, haben das auch gerade gesagt - die Formulierung im Koalitionsvertrag, dass die Nachhaltigkeitsstrategie fortgeschrieben wird, ist schon richtig und wichtig. Es gibt zwar ein paar Punkte, die ich auch persönlich geändert haben will; es wird ja vielleicht in den nächsten fünf Jahren möglich sein, diese zu ändern. Zum Beispiel steht in der Nachhaltigkeitsstrategie, dass die Geschichte der Nachhaltigkeit 1987 mit dem Brundlandt-Bericht begonnen habe. Wie der eine oder andere, vielleicht sogar alle, wissen: Ich bin Förster. Die Förster haben das Prinzip der Nachhaltigkeit schon vor 300 Jahren entwickelt - ich denke, das gehört auch in solch einen Bericht hinein - und handeln seit dieser Zeit danach.

Was auch fehlt - ich habe ja gerade den Punkt Bildung und Nachhaltigkeit angesprochen -: Wir haben unzählige gute funktionierende Waldschulen, die auch durch das Land finanziert werden. Sie machen täglich gute Arbeit und bringen Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen das Thema Wald und Nachhaltigkeit nahe. Aber auch die Waldschulen sind darin nicht erwähnt.

Es gibt also einiges zu tun. Das sollten wir, sehr geehrte Damen und Herren, im zuständigen Ausschuss besprechen. Aber im Augenblick gibt es diese Nachhaltigkeitsstrategie.

Deswegen sollte die gelebt und ausgefüllt sowie gegebenenfalls in der Ausschussarbeit ergänzt und überarbeitet werden. Deswegen werden wir dem vorliegenden Antrag der CDU nicht zustimmen. - Danke.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Danke schön. - Zu uns spricht nun die Abgeordnete Schade von der AfD-Fraktion. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nur eine nachhaltig vorausschauende Entwicklung in allen Lebensbereichen sichert die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen. Ich denke, das ist uns allen klar. Grundsätzlich begrüßt die AfD deshalb eine Nachhaltigkeitsstrategie für das Land Brandenburg. Der Antrag zur Verankerung der Nachhaltigkeit in Form eines Beirats oder sogenannter Nachhaltigkeitschecks wirft für uns jedoch Fragen auf.

Die von der Landesregierung am 29.04. beschlossene Nachhaltigkeitsstrategie - ich habe sie gelesen - zeigt aus unserer Sicht keine hinreichende Transparenz. Welche Kosten des Umset

zungsprozesses der nachhaltigen Entwicklung kommen zum Beispiel auf den Steuerzahler zu? Welche bürokratischen Aufwendungen sind damit verbunden? Zudem ist für uns nicht ersichtlich, welche konkreten Ergebnisse sich kurz-, mittel- und langfristig für den Bürger und nachfolgende Generationen ergeben könnten.

Der Antrag macht in seinem Wortlaut an keiner Stelle deutlich, warum die Einsetzung eines Beirats die Nachhaltigkeit als Querschnittsfunktion erfolgreicher begleiten könnte als ihre Berücksichtigung bei den direkten Regelungen in den einzelnen Fachgebieten. Ein Blick auf die Situation macht deutlich, dass die Nachhaltigkeitsstrategie bisher in keinem wichtigen Politikfeld wesentliche und gerade damit nachhaltige Verbesserungen erzielen konnte. Die verfehlte Familienpolitik hat nicht zu einer Umkehr der rückläufigen Geburtenrate geführt. Eine kurzsichtige Bildungspolitik ist verantwortlich für Lehrermangel, Ausfallstunden, sinkendes Ausbildungsniveau. Und die fragwürdige Finanzpolitik hat weder eine mittelfristige noch eine perspektivisch nachhaltige Haushaltsstabilität vorzuweisen, von ESM und Eurorettung ganz zu schweigen. Die Abwanderung der Bevölkerung aus dem ländlichen Raum jenseits des Speckgürtels würde ebenfalls kontinuierlich anhalten.

Wo ist hier die Nachhaltigkeit? Warum sollen sich Gremien und Verantwortliche mit Symptomen beschäftigen, wenn die Ursachen für die Fehlentwicklung nicht hinreichend analysiert und konzeptionell bekämpft werden? Es entsteht für uns der Eindruck, dass sich die Querschnittsfunktion der Nachhaltigkeit zu einem Selbstzweck entwickelt hat und keine messbaren Ergebnisse erzielen kann.

Die AfD legt den Fokus zur Beurteilung der Nachhaltigkeitsstrategie auf deren effiziente Umsetzung in den einzelnen Fachbereichen. Hier muss mit konzeptionellen Lösungen angesetzt und müssen grundsätzliche Fragen beantwortet werden. Eine Unterstützung dieser Entwicklung sieht die Alternative für Deutschland mit diesem Antrag nicht gegeben und lehnt ihn deshalb ab. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Danke schön. - Zu uns spricht nun der Abgeordnete Domres für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Über den Antrag der CDU-Fraktion habe ich mich ebenso sehr gewundert wie gefreut. Gewundert habe ich mich, weil die CDU bisher nicht gerade als Vorreiter des Nachhaltigkeitsgedankens aufgefallen ist. Gefreut habe ich mich, weil der Einführungsteil ein dickes Lob für die Nachhaltigkeitsstrategie ist, die unter Federführung von Anita Tack erarbeitet wurde - so gut hätten wir sie selbst kaum loben können. Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass die CDU diese Tätigkeit vor der Landtagswahl so lobend erwähnt hat. Aber besser spät als nie.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Tat: Die Nach

haltigkeitsstrategie ist eine wichtige Grundlage für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Entwicklung in Brandenburg. An uns liegt es jetzt, ob sie ein Papiertiger bleibt oder mit Leben erfüllt, fortschrieben und umgesetzt wird, damit Brandenburg wirklich enkeltauglich wird.

Die Nachhaltigkeitsstrategie selbst enthält klare Vorstellungen, wie es weitergehen sollte, so nachzulesen im Teil C: Umsetzung - Wege zu einer nachhaltigen Entwicklung.

Wie im CDU-Antrag formuliert, ist die Nachhaltigkeitsstrategie Ergebnis eines breit angelegten Konsultationsprozesses mit den Akteuren der Zivilgesellschaft und innerhalb der damaligen Landesregierung. Wir tun deshalb gut daran, uns auf die diskutierten und verabredeten Punkte zu konzentrieren. Dazu gehören die Partizipations- und Kommunikationsprozesse, das nachhaltige Agieren der Landesregierung selbst, die Formulierung von abrechenbaren Zielen und Indikatoren sowie die Erprobung von Nachhaltigkeitsprüfungen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, so sinnvoll es meines Erachtens auch ist, wichtige, wegweisende Entscheidungen einem Demografie- und Nachhaltigkeitscheck zu unterziehen, dies nicht nur auf Gesetze und Pläne, sondern mit dem ganzen verbundenen Prozedere auch auf jede beliebige Einzelentscheidung der Landesregierung zu beziehen geht zumindest derzeit an den Möglichkeiten in der Praxis vorbei. Und, Herr Kollege Dombrowski, ich glaube auch nicht, dass die CDU das ernsthaft möchte.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wie sich gezeigt hat, hat der Nachhaltigkeitsbeirat in den letzten Jahren eine ganz entscheidende Rolle im Nachhaltigkeitsprozess gespielt. Von ihm gingen immer wieder neue Impulse aus. Er hat wesentliche Bausteine in die Strategie eingebracht, den Prozess moderierend mitgestaltet und sich auch einmal kritisch zu Wort gemeldet, wenn es notwendig war. - Für dieses außergewöhnliche Engagement möchte ich mich an dieser Stelle beim Vorsitzenden, Prof. Stock, und seinen Kolleginnen und Kollegen ganz herzlich bedanken.

(Einzelbeifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir wieder einen Nachhaltigkeitsbeirat bekommen. Dazu gehört selbstverständlich auch, die Arbeitsfähigkeit des Beirats organisatorisch zu gewährleisten.

Nachhaltigkeit ist eine Querschnittsaufgabe. Deshalb ist es uns wichtig, dass alle Ressorts der Landesregierung in die Umsetzung und Fortschreibung eingebunden werden. Ob dies nun durch die Federführung der Staatskanzlei, durch eine Interministerielle Arbeitsgruppe oder auf anderem Wege abgesichert wird, überlassen wir gerne der Landesregierung.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Der CDU-Antrag enthält einige Punkte, die in der Nachhaltigkeitsstrategie selbst anders angelegt sind. Deshalb können wir dem Antrag nicht 1:1 zustimmen. Dagegen teilen wir das Grundanliegen des Antrags, nämlich das Ziel der Umsetzung und der Fortschreibung der Nachhaltigkeitsstrategie und der Berufung eines Nachhaltigkeitsbeirates.

Auch wenn wir uns in der Koalition nicht auf einen Entschließungsantrag verständigt haben, halten wir daran fest. Wie Sie