Protocol of the Session on December 17, 2015

Setzen Sie sich zusammen, beratschlagen Sie so lange, bis Sie eine gemeinsame Position haben, und vertreten Sie diese hier. Ansonsten bin ich darauf gespannt, wie der Bildungsminister das wieder zusammenzubinden versucht.

(Heiterkeit bei der CDU - Beifall CDU und AfD)

Frau von Halem, möchten Sie entgegnen?

(Frau von Halem [B90/GRÜNE]: Das war nicht an mich adressiert! - Heiterkeit - Hoffmann [CDU]: Doch, die Frage, wie Sie da zustimmen können!)

- Dann darf jetzt der Minister sprechen. Bitte schön.

(Zuruf)

- Nein, jetzt ist es zu spät, tut mir leid.

(Oh! sowie allgemeine Heiterkeit)

Frau von Halem, ich kann Sie trösten: Der Begriff Inklusion wird bei mir in dem Zusammenhang nicht mehr vorkommen. Ich spreche grundsätzlich von „gemeinsamem Lernen“. Inklu sion umfasst das, was die ganze Gesellschaft betrifft: Da geht es um Baulichkeiten, Hörgeräte, um alles, was dazugehört.

(Zuruf von der CDU: Noch ein Grund, zuzustimmen!)

Hier reden wir sehr konkret über ein gemeinsames Lernen aller Kinder in den unterschiedlichsten Facetten - egal, ob das be hinderte Kinder, junge Kinder oder Kinder mit Förderbedarf sind. Das umfasst für mich der Begriff „gemeinsames Lernen“, und dieser taucht sehr wohl einige Male auch in diesem Antrag auf.

Warum dieser Antrag vorliegt, warum wir ein langes gemein sames Lernen wollen, wurde auch gesagt. Ich fasse das schlicht und ergreifend unter dem Begriff „gute Schule“ zusammen, der auch am Samstag beim Landesschulbeirat verwandt wurde. Es gibt dazu ein neues Papier aus dem Ministerium, das beim nächsten Mal im Bildungsausschuss …

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber natürlich - wenn die Uhr angehalten wird.

Herr Baaske, wenn Sie sagen, bei Ihnen werde der Begriff der Inklusion nicht mehr auftauchen, ist das eigentlich nur so zu interpretieren: Sie haben gemerkt, dass Sie bei dem Thema - das nicht nur in anderen Bundesländern, sondern international mit diesem Begriff belegt ist - so viel falsch gemacht und den Begriff in diesem Bundesland so nachhaltig verbrannt haben, dass Sie sich jetzt einen anderen Begriff ausdenken müssen?

(Beifall B90/GRÜNE, CDU und AfD)

Das ist totaler Humbug. Frau von Halem, ich habe schon im mer - auch in meiner Zeit als Sozialminister - vom gemein samen Lernen gesprochen. In meiner ersten Regionalkonferenz

zu diesem Thema habe ich vom gemeinsamen Lernen gespro chen. Sie haben von mir auch noch nie gehört, dass wir das machen, weil es die UN-Behindertenkonvention gibt. Das habe ich nie gesagt - auch nicht bei den ersten Konferenzen. Es war nie meine Absicht, das in diese Richtung zu schieben.

Ich habe nur - seit mindestens 20 Jahren schon - gesagt, dass wir in Brandenburg bereits ein gutes System des gemeinsamen Lernens etabliert haben. Das habe ich bei den Regionalkonfe renzen gesagt und nichts anderes sage ich heute. Das können Sie mir nicht untermogeln. Aber wir diskutieren ja heute Abend noch einmal darüber. Da steht das Thema noch einmal auf der Tagesordnung.

Es geht darum, wie wir gute Schule in allen Facetten an allen Schulen in Brandenburg hinbekommen. Jungen und Mädchen lernen voneinander, wenn sie länger zusammen lernen, sie ler nen durch ihre Unterschiedlichkeit, vermitteln einander Werte, üben Toleranz usw. All das gehört zusammen - Kollegin Dan nenberg hat die möglichen Facetten anschaulich dargestellt.

Aber natürlich geht es beim Schulzentrum zunächst um äußere, organisatorische Dinge. Alles andere, was gute Schule betrifft, geht auch in den Schulen und Systemen, die wir heute haben. Wenn man etwas anderes will, muss man das sagen. Das hat dann etwas mit der Ausstattung von Schulen, mit mehr Schul sozialarbeitern, mehr Kolleginnen und Kollegen, mehr Unter richt, anderen Lehrplänen usw. zu tun. All das kann man natür lich auch noch wollen.

In diesem Antrag aber geht es um Kooperationsmöglichkeiten bzw. - da muss ich Ihnen, liebe Frau von Halem, noch einmal widersprechen - um Schulen, die sich so zusammentun, dass sie nicht mehr kooperieren, sondern eine neue Schule darstel len. Zurzeit haben bereits Grundschulen und Gesamt- bzw. Oberschulen die Möglichkeit, zu fusionieren. Das ist dann eine neue Schule. Eine Grundschule zusammen mit einer Gesamt schule ist eine neue Schule. Die Schülerinnen und Schüler der Grundschule gehen - wenn sie nicht beantragen, auf eine ande re Schule gehen zu dürfen - automatisch in die Gesamt- bzw. Oberschule über. Bei der Gesamtschule kann man das machen, weil diese den Abschluss nach der 10. Klasse und das Abitur ermöglicht bzw. an einer Schule ein 12- und ein 13-jähriges Abitur. Das funktioniert in diesem System.

Was nicht funktioniert und ich auch nicht will, ist, dass eine Grundschule mit einem Gymnasium fusioniert. Dann müssten wir in der Tat das Schulgesetz ändern. Das hieße, dass ein Rechtsanspruch der Grundschüler entsteht, automatisch auf das Gymnasium zu kommen. Da bin ich nah bei Gordon Hoff mann: Das sollten wir nicht tun, denn es würde die Gymnasien untergraben.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, natürlich - wenn die Uhr angehalten wird.

Sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank für die Klarstellung, dass eine neue Schule entsteht, wenn Schulen im Rahmen der

Gründung eines Schulzentrums fusionieren. Das heißt, die al ten Schulen gibt es nicht mehr. Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die Aussage der Linken, dass man keinen Standort aufgeben, sondern alle jetzigen Standorte erhalten möchte?

Das ist der Nachteil von Zwischenfragen: Darauf wollte ich so wieso eingehen.

So weit zur rechtlichen Situation. Die 35 Schulzentren, die wir schon haben und die auch so heißen - eine Gesamtschule in Neustadt (Dosse) und 34 Oberschulen -, machen genau das.

Ermöglichen wollen wir - das betrifft auch das Schulgesetz -, dass Oberschulen und Grundschulen fusionieren, die nicht im selben Schulgebäude sind. Denn alles andere - da haben Sie vollkommen Recht, Herr Hoffmann - würde dazu führen, dass die Schulen sich konzentrieren müssen und die Wege länger werden. Das darf nicht passieren, um Gottes willen! Sondern: Für eine Schule oder auch zwei oder drei Grundschulen - selbst, wenn sie fünf, sechs oder sieben Kilometer voneinander entfernt liegen - sollte es die Möglichkeit geben, mit einer Ober- oder Gesamtschule zu einem Schulzentrum zu fusionie ren. Das ist dann eine Schule mit verschiedenen Filialen, und die Grundschulen schicken ihre Schülerinnen und Schüler an die weiterführende Schule, sodass in dieser Form der Unter richt - das ist der Punkt - besser organisiert werden kann.

Gucken wir uns doch einmal die Probleme der kleinen, einzü gigen Grundschulen auf dem Land an: Wenn von den sieben oder acht Kollegen zwei krank werden, ist es logisch, dass die Schule riesengroße Probleme kriegt. - Bei einem größeren Ver bund aber kann die neue Schulleiterin oder der neue Schulleiter organisieren, dass der Standort mit den zwei erkrankten Kolle gen Unterstützung aus dem wesentlich größeren Kollegenteam erhält. Das kann ein Schulzentrum in dieser neuen Konstellati on ermöglichen.

Das funktioniert auch jetzt schon; aber wir wollen die Mög lichkeit der Filialbildung mit einer hohen Flexibilität mit dem in Einklang bringen, was wir von guter Schule erwarten. Das müssen wir hinkriegen; das ist die große Herausforderung. Da rüber muss man auch mit Schulträgern diskutieren: An welcher Stelle macht das Sinn? Wo können wir Standorte herauslösen? Wo gibt es zwei kleine Grundschulen, aber nur eine Oberschu le in der Gegend, die eventuell zusammen eine Gesamtschule werden könnten? Das ist doch das Highlight, das dahintersteht. Dann hat man die Möglichkeit, aus diesem Verbund von zwei bis drei Schulen am Ende ein Schulzentrum zu machen, das auch den Weg zum Abitur nach 12 oder 13 Jahren anbietet. Da wollen wir hin.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage? - Ja, gut.

Herr Minister, vielen Dank für die Klarstellung. Wir alle haben das Ziel, aus dieser Debatte klüger hinauszugehen, als wir hi

neingegangen sind. Was Sie eben gesagt haben, kann ich unter stützen. Ich sehe das auch so: Kleine Grundschulen haben Schwierigkeiten, und man kann Schule besser organisieren, wenn man mit anderen Standorten kooperiert. Dabei haben Sie auch unsere Unterstützung.

Die Frage ist nur, ob Ihr Koalitionspartner das genauso sieht. Denn ich verstehe nicht - da können Sie mir vielleicht helfen -, woher bei einem Schulverbund oder Schulzentrum mit zwei Standorten das längere gemeinsame Lernen kommen soll. Viel leicht können Sie das klarstellen.

Ja, das kann ich Ihnen erklären. Nehmen wir an, die beiden Grundschulen fusionieren mit einer Oberschule zu einem neu en Schulzentrum: Dann heißen die Schulen nicht mehr A, B und C, sondern es entsteht die neue Schule D für die betref fenden Schülerinnen und Schüler. Das ist das Ziel dieser Be strebungen. Die Schülerinnen und Schüler erkennen dann: Aha, ich bin nicht mehr Schüler der Grundschule, sondern Schüler dieses Schulzentrums. - Dahin wollen wir kommen. Damit geht die Erkenntnis einher, dass sie später automatisch an die Ober- oder Gesamtschule gehen - es sei denn, jemand möchte ans Gymnasium wechseln; diese Freiheit ist gegeben. Das lässt die Existenz der Gymnasien zu und ermöglicht eine hohe Flexibilität der Schulorganisation vor Ort.

(Allgemeine Unruhe - Dr. Redmann [CDU] begibt sich an ein Saalmikrofon.)

Bitte - sage ich jetzt mal.

Herr Minister lässt noch eine Zwischenfrage zu - er bittet gera dezu darum. Dann kann ich ja nicht Nein sagen. Bitte schön.

Herr Minister, habe ich Sie also richtig verstanden, dass das längere gemeinsame Lernen allein dadurch entsteht, dass ver schiedene, bisher getrennte Schulen einen gemeinsamen Na men tragen?

(Heiterkeit und Beifall des Abgeordneten Prof. Dr. Schie- rack [CDU])

Dadurch, dass sie eine Schule sind - das ist ja nicht nur der Na me. Verstehen Sie? In der Schule wird ein einheitliches Schul konzept verfolgt, findet eine einheitliche Unterrichtsführung statt, gibt es ein Kollegium, das sich untereinander austauscht und die Rahmenkonzepte gestaltet, usw. Eine Schule macht nicht nur der Name aus, sondern all das, was mit dem Schulkon zept usw. zusammenhängt. So können wir auf dem Land eine Menge erreichen und eine bessere Schulform organisieren.

Es muss also zu einer hohen Flexibilität führen, aber auch gute Schule ermöglichen. In den nächsten Monaten wollen wir mit Schulträgern intensiv darüber reden und schauen, wo das im Einzelfall umgesetzt werden kann. Ich habe in den vergange

nen Wochen viele Gespräche mit Grundschulleitern und Bür germeistern geführt. Dabei musste ich immer wieder die Erfah rung machen, dass man zwar erkennt, dass solche Fusionen Sinn machen - insbesondere, wenn sie unter einem Schulträ gerdach erfolgen -, es aber bei Schulleiterinnen und Schullei tern große Vorbehalte gibt, weil sie nicht recht wissen, was nach der Fusion aus ihnen wird. Auch dafür muss eine Lösung gefunden werden: Was wird aus dem anderen Schulleiter, wenn zwei Schulen fusionieren? Es gibt also mitunter ganz individu elle Probleme, derer man sich annehmen muss.

Um das aber noch einmal glasklar zu sagen: Es geht letzten Endes um den Erhalt von Schulen, insbesondere kleiner Schu len. Es geht überhaupt nicht darum, an irgendeiner Stelle den Bestand der Gymnasien oder Ähnliches zu gefährden. Es geht auch nicht darum, dass wir eine Kooperation - liebe Frau von Halem - haben wollen, sondern es geht um die Bildung von Schulen, die sich miteinander identifizieren und somit gute Schule in weiten Teilen dieses Landes ermöglichen können.

Eines möchte ich noch zur Begründung sagen. Darin steht „oh ne leistungsbezogene Trennung“: Ich bitte auch das zu relati vieren; das darf nicht dazu führen, dass wir am Ende des Tages bei den Gesamtschulen die Kurssysteme wegfallen lassen.

Herr Minister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage von Frau von Halem?

Das würde nicht dazu führen, dass wir die Gesamtschulen bes ser machen. Sondern - so habe ich das verstanden - das sollte auf jeden Fall noch möglich sein.

Ich darf mich ganz herzlich für den Auftrag bedanken. Wir werden in den nächsten Wochen für jede Idee dankbar sein, die vielleicht auch von Ihnen noch an uns herangetragen wird. Dann wollen wir gemeinsam bis zur Sommerpause ein Kon zept entwickeln.