Realität ist, dass Marcus Pretzell - Landesvorsitzender der AfD in NRW - offen über den Einsatz von Waffengewalt gegen Flüchtlinge schwadroniert,
dass die Freunde von der Pegida-Bewegung in ihren Kundge bungen Galgen für die Bundeskanzlerin und für Vizekanzler Gabriel mitführen und von einem durchgeknallten Schreiber ling die Nichtfunktionstüchtigkeit von KZs bedauern lassen. In Ihre Strategie der Umwertung gehört es auch, dass der verur teilte Kriminelle und wegen Volksverhetzung angeklagte Pegi da-Führer Bachmann den Bundesjustizminister Heiko Maas von der SPD mit Goebbels vergleicht.
Herr Dr. Gauland hat Ende August die Verantwortung für den Brandanschlag gegen die Turnhalle des OSZ Nauen in erster Linie den Politikern der sogenannten Altparteien wegen ihrer Flüchtlingspolitik angelastet, statt die Verantwortung von
Rechtsextremisten zu geißeln. Wer sich richtig hätte gruseln wollen, hätte sich das Video von Gaulands Rede bei der AfDDemonstration am 8. Oktober in Erfurt ansehen müssen.
Dort zieht er neben seinem Bruder im Geiste Björn Höckes über Frau Merkel, Herrn Gabriel, Claudia Roth und Jürgen Trittin her - vor einer fanatisierten Menge, die in immer hö herer Taktzahl „Lumpenpack“ und „Volksverräter“ skandiert. Das Video wurde unter anderem auf dem Internetportal eines sogenannten deutschen Nachrichtendienstes mit dem Namen „Zuerst!“ angeboten. Daneben war mit einer baumelnden Seil schlinge eine Werbung für die Publikation „70 Jahre SiegerJustiz - von Nürnberg bis Den Haag“ platziert. Eindrücklicher kann man den ideologischen Kontext kaum noch dokumentie ren.
Das Erfurt-Video ist nicht mehr verfügbar - aus gutem Grund. Die Mär vom redlichen konservativen Intellektuellen, die glau ben wir schon lange nicht mehr!
(Beifall B90/GRÜNE, SPD, DIE LINKE und BVB/ FREIE WÄHLER Gruppe - Lachen des Abgeordneten Dr. Gauland [AfD])
Ein weiteres abscheuliches Beispiel von Realitätsverzerrung stammt vom Abend des 13. November 2015. Um 22.21 Uhr, als in den Nachrichten und in den sozialen Netzwerken die er sten Meldungen über den grauenhaften Terroranschlag in Paris verbreitet wurden, erschien auf dem Twitter-Account der AfD Brandenburg folgender Tweet: „Terror in Paris? Der Krieg kommt nach Europa, weil Altparteien uns als Bürger nicht schützen! Politikwechsel jetzt!“ Auch dieser Eintrag wurde schnell entfernt und durch eine Version ersetzt, in der beklagt wird, dass das Kartell der Konsensparteien Warnungen der AfD beiseitegeschoben habe.
Die AfD in Brandenburg hat durch ihre Instrumentalisierung des Flüchtlingsthemas, durch ihre Hetze gegen Menschen, die Schutz suchen, und gegen die Institutionen des demokratischen Rechtsstaates zur Verrohung des Diskurses und zur Absenkung von Hemmschwellen beigetragen.
(Beifall B90/GRÜNE, SPD, DIE LINKE sowie verein zelt CDU - Lachen des Abgeordneten Dr. Gauland [AfD])
„Das wirkliche Problem in Deutschland sind im Moment auch weniger die Flüchtlinge selbst. Die werden gerade in Bayern mit bewundernswerter Empathie und Routine empfangen. Es ist vielmehr der aufhetzende und exzessiv polemische Ton, in dem gegen die Flüchtlinge und all je ne agitiert wird, die sich um ihre menschenwürdige Un terbringung kümmern.“
(Zuruf von der SPD: Genau das ist es! - Beifall SPD und DIE LINKE - Zwischenruf von der AfD: Das sehen die Bayern aber anders!)
Sie versuchen jetzt mit Ihrem Antrag ganz im Sinne der Strate gie der Umwertung von Ihrer Mitverantwortung abzulenken und sich zum Hauptopfer von Gewalt zu stilisieren. Dies ist eingebettet in eine entsprechende Kampagne - ich zitiere aus den einschlägigen Blogs im Internet, zum Beispiel Politically Incorrect -: „Gewalt gegen die AfD, verbal durch die Spitzen politiker der Altparteien befeuert, nimmt zu“. Oder noch hef tiger: „Der politische Mainstream hetzt gegen die AfD, jetzt kommt die Gewaltwelle gegen ihre Politiker.“
Auch wenn jetzt passenderweise am Eingang Ihrer Fraktions räume zu lesen ist, dass Sie die Guten seien: Ihren Plattitüden erteilen wir gemeinsam eine eindeutige Absage. - Danke.
Danke. - Die Landesregierung hat Verzicht erklärt. Das Wort erhält erneut die Fraktion der AfD. Bitte schön.
Herr Präsident! Frau Nonnemacher, ich freue mich, dass Sie das Thema nicht nur in einem Satz abgehandelt haben, sondern dass Sie doch versucht haben zu diskutieren.
Strategie der Umwertung: Davon haben wir in der Fraktion noch nie gesprochen. Ich weiß nicht, was für eine Strategie Sie uns irgendwie unterzujubeln versuchen. Es gibt keine Strategie.
So, wie es in dem Antrag steht, wenden wir uns - so, wie Sie alle es wahrscheinlich gelesen haben - gegen jegliche Gewalt,
also auch gegen die vorhin von Ihnen aus der Statistik vorge tragenen Übergriffe auf Büros der Linken. Das ist da vollkom men eingeschlossen. Ob es bei dem einen einen Übergriff oder bei dem anderen fünf Übergriffe pro Monat gab, dieser Antrag ist allumfassend. Deswegen steht in dem Antrag: Wir wenden uns gegen jegliche Gewalt - und nicht nur gegen Gewalt gegen die AfD.
Es wäre schön, wenn Sie das einfach so zur Kenntnis nehmen und nicht versuchen, da irgendetwas hineinzudenken oder hi neinzuzaubern. So, wie es geschrieben ist, ist es gemeint. Es wäre schön, wenn wir darüber auch abstimmen würden.
Ich hatte in keiner Art und Weise vor, die Körperverletzung bzw. den versuchten Totschlag gegen Frau Reker mit der Sach beschädigung von Bürgerbüros gleichzustellen. Das habe ich hier in keiner Weise getan. Das möchte ich nur noch einmal zur Kenntnis geben.
Wenn Sie hier aufzählen, in welchen Onlinemedien oder Zei tungen oder wo auch immer irgendwelche Aussagen gemacht
werden, ob sie von „Zuerst!“ oder von „PI-News“ kommen - ich sehe, Sie lesen „PI-News“, das überrascht mich -, möchte ich sagen: Das sind nicht unsere Parteimedien, auch nicht un sere Fraktionsmedien. Wir haben keinen Einfluss darauf, was dort geschrieben wird
- so wie wir auch keinen Einfluss darauf haben, was in der Ta gesschau gesendet oder im RBB berichtet wird. Das können Sie uns also bitte nicht zur Last legen.
Worauf ich noch einmal zu sprechen kommen muss, ist die Sa che mit Herrn Pretzell. Herr Pretzell hat in keinster Weise ge sagt, dass er auf Flüchtlinge schießen lässt - wie Sie es darge stellt haben.
Danke schön. - Ich schließe damit die Debatte. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD in Drucksache 6/2952 - Ablehnung jeglicher Gewaltanwendung gegen Politiker aller Fraktionen und Parteien. Die AfD-Frakti on hat namentliche Abstimmung beantragt. Wir beginnen mit dem Namensaufruf.
Wir zählen die Stimmen nun aus. - Zwischenzeitlich begrüße ich auf der Tribüne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bür geramtes der Stadtverwaltung Neuruppin. Herzlich willkom men!
(Allgemeine Heiterkeit - Frau Mächtig [DIE LINKE]: Das ist ja auch eine große Stadt! - Zuruf von der SPD: Wäre sie gerne!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gebe Ihnen das Ergebnis bekannt: 67 Abgeordnete haben mit Nein gestimmt, 8 Abge ordnete mit Ja. Damit ist der Antrag abgelehnt.