Protocol of the Session on November 18, 2015

Zudem leistet die verstärkt regionale Vermarktung von Pro dukten auch aufgrund kürzerer Transportwege einen Beitrag zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen. Bei der Produkti

on, Weiterverarbeitung, Vermarktung und dem Verzehr von Le bensmitteln muss dringend stärker auf Nachhaltigkeit geachtet werden. Lebensmittel müssen endlich wieder ausreichend wertgeschätzt werden.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD, DIE LINKE sowie der Ab geordneten Schade [AfD])

Wichtig und erwähnenswert finde ich auch die Aufforderung an die Landesregierung, eine Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern von Schulen und Unternehmen sowie Verbrau cherverbänden einzurichten. Diese sollen Maßnahmen gegen Lebensmittelverluste bei der Schulverpflegung erarbeiten. Auf das Erfordernis und den Gewinn einer solchen Arbeitsgruppe, die konstruktive und praxistaugliche Lösungen erarbeitet, ha ben uns sämtliche Anzuhörende hingewiesen.

Insgesamt ist es gut, dass wir hier mit einem so breiten Kon sens die Landesregierung zu konkreten Maßnahmen zur Ver meidung von Lebensmittelabfällen auffordern. Ich bin daher auf den Bericht zu Ergebnissen und Umsetzung der Maßnah men im übernächsten Jahr gespannt; denn nicht nur die Bun desregierung sollte uns bei der Erarbeitung einer nationalen Strategie konkrete Ergebnisse liefern, auch von der Landesre gierung erwarten wir konkrete Maßnahmen. Insofern schönen Dank, dass wir hier über fast alle Fraktionen hinweg diesem Antrag zustimmen.

Bei den Ausführungen meines Vorredners hat mich ein biss chen verwundert, dass die ganzen schlauen Vorschläge nicht im Ausschuss kamen. Dann hätte man sie noch einarbeiten können. Aber gut, wir haben uns das jetzt hier angehört. Viel leicht lese ich noch einmal im Protokoll nach, ob ich etwas ver passt habe.

(Zuruf des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Dann würde mich noch, da das Wort heute schon mindestens zehnmal gefallen ist, brennend interessieren, wie denn die De finition von „Altparteien“ lautet.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Das ist negativ, stigmatisie rend - um sich selbst hervorzuheben!)

Vielleicht können Sie bei Gelegenheit ausführen, ab wann eine Partei eine Altpartei ist. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Für die Gruppe BVB/FREIE WÄHLER spricht der Abgeordnete Vida.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Wir erleben seit vielen Jahrzehnten einen Anstieg der Weltbevölke rung. Das geht mit einem weltweit steigenden Bedarf an Agrar produkten bei natürlich beschränkter Ackerfläche einher, was einen verantwortungsvollen Umgang mit Lebensmitteln not wendig macht. Deswegen hatte der Antrag von den Grünen und der CDU, wie er seinerzeit eingereicht worden ist, auch unsere - ich muss jetzt sagen: meine - Unterstützung. Es ist ins besondere richtig, das auf allen Ebenen zu thematisieren. Auch

die Regionen und Bundesländer können ihren Beitrag leisten und zumindest zur Schärfung des Problembewusstseins beitra gen.

Deswegen bin ich ein bisschen enttäuscht, wie schleppend und leider kaum substanziiert sich die Antragshistorie entwickelt hat. Der Antrag wurde im Frühjahr eingereicht, es gab dazu keine Debatte im Plenum. Wir haben einen Änderungsantrag eingereicht, dass dieses Thema stärker in der Schulbildung be rücksichtigt werden soll. Der Antrag wurde in den Ausschuss verwiesen. Seitdem war er viermal auf der Tagesordnung der Sitzungen des Verbraucherschutzausschusses. Es wurde in ei ner dieser vier Sitzungen auch eine sehr intensive Anhörung durchgeführt.

Eine Fraktion hat den Bundesverband der deutschen Entsor gungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft als anzuhörenden Sachverständigen vorgeschlagen. Dieser hat in seiner Stellung nahme darauf hingewiesen, dass 61 % der Lebensmittel in Pri vathaushalten verschwendet werden. Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung, die durch Landesmittel gefördert wird, hat in ihrer Stellungnahme als Anzuhörende in Bezug auf unseren Änderungsantrag im Ausschuss gesagt:

„Die Vernetzungsstelle befürwortet eine verbindliche Nen nung dieses Themas im neuen Rahmenlehrplan“.

Ebenfalls dabei waren die Verbraucherzentrale und der Sach verständige der EKD, Pfarrer Zemmrich. Dieser hat in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass dies sicher Thema in LER sein sollte. Alle Sachverständigen haben in ihrer schrift lichen Stellungnahme bzw. auf Nachfrage die Richtigkeit und Notwendigkeit unseres Änderungsantrages bejaht.

Mit diesem Wissen bin ich in die letzte Ausschusssitzung ge gangen, wo ich dankenswerterweise Rederecht hatte. In dieser Ausschusssitzung hieß es dann, wir brauchten diesen Ände rungsantrag nicht, weil - wie mir entgegengehalten wurde - nicht stimme, dass über 60 % der Lebensmittel in Privathaus halten verschwendet werden. Der Antrag auf Berücksichtigung im LER-Rahmenlehrplan wurde einstimmig abgelehnt.

Wir debattieren seit acht Monaten - zumindest auf der Tages ordnung - über Lebensmittelverschwendung. Alle Sachverstän digen betonen unisono die Notwendigkeit der Verbrauchersen sibilisierung durch stärkere Thematisierung im Unterricht - ganz konkret in LER. Der Fachausschuss lehnt diesen Antrag, dieses Ziel unisono ab.

Meine Damen und Herren, die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene und von der Uni Stuttgart erstellte Studie „Ermittlung der weggeworfenen Lebensmittelmengen und Vor schläge zur Verminderung der Wegwerfrate bei Lebensmitteln in Deutschland“ kommt zu dem Ergebnis: 61 % der Lebens mittel werden in Privathaushalten verschwendet. Das ist eine gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis, verbunden mit der einmütigen Empfehlung der Sachverständigenanhörung, das entsprechend in den Rahmenlehrplan einzubinden. Dies sollte der Landtag bitte nicht ablehnen.

(Frau von Halem [B90/GRÜNE]: Das ist da schon drin!)

Der gemeinsame Antrag der vier Fraktionen spricht in seiner Begründung davon, dass wirkungsvoll gegen Lebensmittelver schwendung vorgegangen und der Unterricht über den Um

gang mit Lebensmitteln in der schulischen Bildung fortgeführt werden soll.

Das größte Problem besteht in den Privathaushalten, dagegen kann und muss man wirkungsvoll vorgehen. Wenn man wir kungsvoll und zeitnah vorgehen will, muss man das hier tun. Der LER-Unterricht ist jene schulische Bildung, die auch emp fohlen worden ist. Genau das gibt der Änderungsantrag wieder, also das, was Sie in der Begründung wollen und alle Anzuhö renden empfohlen haben. Deswegen bitte ich Sie um Zustim mung dazu.

Wenn wir jetzt einen Arbeitskreis einsetzen, der uns zwei Jahre nach der Antragstellung informieren soll, haben wir keine zeit nahen wirkungsvollen Maßnahmen. Auch der Arbeitskreis wird sich auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die wir in der Anhörung vernommen haben - die man uns unstreitig prä sentiert hat -, stützen müssen. Das kann man ja machen. Die anderen Punkte in dem Antrag sind auch legitim, aber im Hin blick auf die Bildungsmaßnahmen kann und sollte man jetzt handeln. Dieser Arbeitskreis wird Ihnen kein anderes Ergebnis präsentieren als die Anzuhörenden und Sachverständigen: dass man es in die Bildung einbinden muss.

Wir wissen, dass Lebensmittelknappheit in Mitteleuropa heute quasi unbekannt ist. Deswegen sind ethische Regeln zum Um gang mit Essen leider in den Hintergrund getreten. Die Quali tätsansprüche sind gestiegen, die Kosten für die Nahrung ge schrumpft, Herr Bernig hat das sehr gut dargestellt. Deswegen ist auch die Tendenz zum Wegwerfen gestiegen und braucht es eine Bewusstseinsschärfung für dieses Problem. Der beste Weg hierfür ist die Schule. Hierbei gilt es das Konsumverhalten in den Blick zu nehmen und die Defizite noch stärker aufzuzei gen. Das geeignete Fach dafür ist der LER-Unterricht, wie es in unserem Änderungsantrag seinerzeit auch formuliert war. Hier gilt es, die Sache weiter zu vertiefen. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu dieser Ergänzung. - Vielen Dank.

Danke. - Die Abgeordnete von Halem hat eine Kurzintervention angezeigt. - Sie dürfen erst einmal Platz nehmen.

Sehr geehrter Herr Kollege Vida, ich wollte noch einmal kurz darauf eingehen, weil Sie immer wieder kritisiert haben, dass Ihr Ansinnen, dieses Thema in die Lehrpläne aufzunehmen, von den Bildungspolitikern abgelehnt worden sei. - Jetzt gu cken Sie so verwirrt. Ich lese es Ihnen trotzdem vor:

(Lachen der Abgeordneten Lehmann [SPD])

In dem neuen Rahmenlehrplan, der heute unterschrieben wor den ist, gibt es übergreifende Themen. Zu diesen Themen ge hören Nachhaltige Entwicklung/Lernen in globalen Zusam menhängen und Verbraucherbildung. Beides sind Themen, die hier unter etwa einem Dutzend übergreifender Themen genannt werden. Die Frage, wie man mit Lebensmitteln umgeht, gehört ausdrücklich da hinein.

(Frau Lieske [SPD]: Sehr gut! - Beifall SPD und DIE LINKE)

Herr Abgeordneter Vida möchte entgegnen. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin von Halem! Ich habe in keiner Weise gesagt, dass die Bildungspoli tiker da etwas abgelehnt hätten. Ich habe aus dem Verbraucher schutzausschuss berichtet, dessen Vorsitzender mir entgegen gehalten hat, dass nicht stimme, dass über 60 % der Lebensmit tel in Privathaushalten verschwendet werden. Das können Sie im Protokoll nachlesen. Diese Begründung als Grundlage zu nehmen, den Antrag abzulehnen, hielte ich für sehr bedenklich, denn das ist eine gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis. Ein Bildungspolitiker oder der Bildungsausschuss waren hier über haupt nicht involviert. Natürlich ist mir der Inhalt dessen be kannt, und das war ja auch Thema im Ausschuss. Und genau deswegen lautet unser Änderungsantrag darauf, diesen Aspekt im Rahmenlehrplan explizit zu betonen. Wir haben hier den Vorschlag gehört: eine Unterrichtsstunde pro Woche und ande re Themen. Da wurde auch von Herrn Bernig gesagt, unser An liegen sei doch aufgegriffen worden. Wenn das so ist, dann spricht auch nichts dagegen, den Text um diese Wortgruppe zu ergänzen. Um nicht mehr ging es in der Anhörung, im März und auch in der letzten Sitzung sowie heute im Änderungsan trag.

Vielen Dank. - Für die Landesregierung spricht Minister Mar kov.

Herr Vizepräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zahlen sind von verschiedensten Rednern genannt worden. Wir sind uns alle vollkommen einig: Das Wegwerfen von Le bensmitteln ist ein gesellschaftliches Problem. Und es ist eben nicht nur eine Kostenfrage für die Verbraucher, sondern in je dem einzelnen Lebensmittel steckt ein immenser Verbrauch von Energie sowohl für die Produktion als auch den Transport, die Lagerung, die Kühlung und die Vermarktung. Das hat selbstverständlich auch vielfältige Auswirkungen auf den Geldbeutel, auf Klima und Umwelt, auf die weltweite Ressour cenverfügbarkeit. Deswegen - da sind wir uns alle einig - ist ein Umdenken erforderlich.

So gesehen war es natürlich gut, dass Ihr Antrag im Ausschuss behandelt worden ist, dass die Anhörung stattgefunden hat, weil so die Vielfalt der Möglichkeiten, wie man da herangehen kann, benannt werden konnte.

Es ist auch gesagt worden: Es ist ein ökologisches, ein ökono misches und ein ethisches Problem. In der Problembeschrei bung und im Ziel sind wir uns einig. Aber was sind die kon kreten Umsetzungsnotwendigkeiten? Hier ist gesagt worden, die Landesregierung solle sich mehr dafür einsetzen. Das ha ben wir gemacht. Das haben wir letztmals am 8. Mai 2015 auf der Verbraucherschutzkonferenz in Osnabrück wieder betont, weil im Koalitionsvertrag des Bundes steht, dass eine nationale Strategie zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung er

arbeitet werden soll, die aber noch nicht erarbeitet worden ist. Dass nicht jedes Land eine eigene erarbeiten kann, sondern es mindestens eine bundesrepublikanisch einheitliche sein muss, versteht sich wohl von selbst. Insofern bin ich froh, dass die Länder sich wenigstens darauf geeinigt haben, dass wir mit dem Problem der Vermeidung der Verschwendung von Le bensmitteln, die nicht im privaten Bereich, sondern im Bereich von Kantinen, Restaurants, Imbissketten, Caterern immerhin 44 % ausmacht, anfangen werden und anfangen müssen. Das ist ein sehr geeigneter Ansatzpunkt.

Letztlich - selbst wenn die Bundesregierung ihre Strategie dann fertiggestellt hat -: Es liegt auch in der individuellen Ver antwortung jedes Einzelnen. Wir können noch oft noch so gute Beschlüsse fassen: Wenn wir nicht bei uns selbst anfangen, Le bensmittel nicht mehr zu verschwenden, werden wir es nicht schaffen.

Und ja, richtig ist: Die Erziehung der Kinder gehört dazu, da mit sie damit aufwachsen und ihnen vollkommen klar ist, was der Konsum von Lebensmitteln, das Wegwerfen von Lebens mitteln für die ganze Kette bedeutet, was das für die Weltge meinschaft bedeutet. Das ist notwendig. Genau deswegen ist der Verbraucherschutz bereits fester Bestandteil der Rahmen lehrpläne im Land Brandenburg, und zwar nicht im LER - wo rauf Sie permanent rekurriert haben -, sondern im Ankerfach Wirtschaft, Arbeit und Technik.

Die Überarbeitung der Lehrpläne ist in vollem Gange. Wir sind in der Abstimmung mit dem zuständigen Fachressort in der Landesregierung, damit wir auch weiterhin diese verbraucher politischen Dinge noch stärker verankern können. Außerdem unterstützen wir die Schulen darin, die schulischen Curricula auf der Basis der Rahmenlehrpläne zu entwickeln. Da binden wir auch Fachleute ein. Das kann man nicht nur schulisch, son dern auch außerschulisch machen. Man kann Aktionstage durchführen. All das ist im Rahmen dessen vorgesehen, was die Landesregierung bereits tut.

Gemeinsam mit dem Landesinstitut für Schule und Medien werden wir Angebote für die Lehrerfortbildung - es ist nämlich wichtig, dass auch die Lehrer fortgebildet und mit dieser Pro blematik immer wieder neu konfrontiert werden - weiter ver stärken, damit auch dort über den nachhaltigen Konsum von Lebensmitteln gesprochen wird.

Kinder und Jugendliche müssen begreifen - und das werden sie auch -, dass dieser Wandel unbedingt dazugehört. Und letzt lich: Es ist manches Mal ganz einfach, was auch wir selbst tun können. Wenn man seinen Einkauf plant, einen Einkaufszettel schreibt und nur das kauft, was darauf steht, trägt man schon dazu bei, weniger Lebensmittel zu verschwenden. Wenn man dann beim Einkauf auch noch an die regionalen Lebensmittel denkt, die keinen langen Transportweg hinter sich haben, umso besser. Und dann gehören sie gut gelagert und schnell ver braucht, und natürlich können Speisereste auch wunderbar weiterverarbeitet werden. Nun will ich nicht als Redner mit den besten Kochrezepten in die Geschichte eingehen, glaube aber: Das sind ganz einfache, alltägliche Dinge, bei denen wir

auch uns selbst immer wieder hinterfragen müssen. Wenn wir das tun, werden wir in der Lage sein, die Verschwendung zu reduzieren.

In dem Sinne noch einmal danke für den Antrag. Den Auftrag werden wir natürlich umsetzen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Ich schließe die Aussprache. Wir kommen da mit zur Abstimmung. Wir stimmen zuerst über den Änderungs antrag auf Drucksache 6/3019 der Gruppe BVB/FREIE WÄH LER - Einfügung eines neuen Punktes 7 - ab. Ich darf Sie fra gen: Wer möchte diesem Änderungsantrag zustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Ich rufe jetzt die Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht - Drucksache 6/2972 - des Ausschusses für Europaangelegenheiten, Entwicklungspolitik und Verbraucher schutz auf: Taten statt Worte - Lebensmittelverschwendung wirksam eindämmen! - Ich darf fragen: Wer möchte dieser Be schlussempfehlung zustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist diese Be schlussempfehlung angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 18 und rufe Tagesordnungs punkt 19 auf:

Zustimmung zur Mitgliedschaft im Verwaltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau