Protocol of the Session on September 23, 2015

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Danke schön. - Die Frage 272 (Studienangebot für Berufs schullehrer) wird von der Abgeordneten Christina Schade ge stellt. Bitte sehr.

Im Zuge der allgemeinen Bildungsmisere ist nun auch ein Mangel an gut ausgebildeten Berufsschullehrern abzusehen. Für ein Lehramt an beruflichen Schulen besteht im Land Bran denburg kein grundständiges Studienangebot.

Ich frage die Landesregierung: Wie steht sie zur Schaffung eines solchen Studienangebotes für Berufsschullehrer, um die Qualität der Berufsausbildung langfristig zu gewährleisten?

Es antwortet Frau Ministerin Prof. Dr. Kunst.

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Schade, die ak tuelle Lehrer-Modellrechnung des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport vom Mai 2015 geht für die Berufsschulen von einem Bedarf in Höhe von rund 200 Lehrkräften pro Jahr in den nächsten zwei Schuljahren aus. Danach kommt eine Phase, in der nur noch etwa 100 Lehrkräfte pro Jahr benötigt werden.

Die Ausbildungskapazität für den Vorbereitungsdienst ist seit 2011 auf 70 Ausbildungsplätze ausgebaut worden. Zusätzlich gibt es - zweitens - neben dem klassischen Weg über Lehrer studium und Referendariat auch die Qualifizierung von Seiten einsteigerinnen und Seiteneinsteigern. Hier wird ein berufsbe gleitender Vorbereitungsdienst angeboten.

Weiterhin gibt es - drittens - einen besonderen Zugang zum Vorbereitungsdienst für Hochschulabsolventinnen und Hoch schulabsolventen mit einem auf die berufliche Fachrichtung bezogenen Master- oder auch Diplomabschluss. Diese Öffnung trägt der Tatsache Rechnung, dass im Bereich der beruflichen Bildung weitergehende, zum Beispiel praktische Erfahrungen häufig eine wünschenswerte Ergänzung der Qualifizierung darstellen.

Sie fragen nun explizit, Frau Schade, wie die Landesregierung dazu steht, ein Studienangebot für schulische Berufsbildung in Brandenburg einzurichten. Das Land konzentriert sich im uni versitären Teil der Lehrerbildung auf die Primarstufe sowie all gemeinbildende Fächer für die Sekundarstufe I und II und hält dort erhebliche Kapazitäten vor.

Zudem wurde die Lehrerbildung in diesem Bereich entspre chend der neuen Herausforderungen, zum Beispiel in der In klusion, weiterentwickelt. Die Strukturen der Lehrerbildung wurden zum Beispiel durch Einrichtungen wie das Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung verstärkt.

Der Aufbau eines eigenständigen umfassenden Studienange bots für Berufsschulpädagogik, das ein zusätzliches Fächer spektrum erfordern würde, ist nicht geplant. Er wäre mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden. Das sind Mittel in Höhe von mehreren Millionen Euro, die realistischerweise nicht zur Verfügung stehen.

Für einzelne Bedarfe haben wir allerdings gehandelt: Der Neu aufbau der Pflege- und Therapiewissenschaften an der BTU Cottbus-Senftenberg eröffnet im Bereich der Berufspädagogik eine neue Qualifizierungsmöglichkeit. - Danke schön.

Vielen Dank. - Ich rufe die Frage 273 (Private Wohnraumüber lassung an Asylsuchende) auf, die vom Abgeordneten Jung claus gestellt wird.

Angesichts steigender Zahlen ankommender Schutzsuchender

stehen Länder und Kommunen hinsichtlich der Unterbringung von Asylsuchenden aktuell vor großen Herausforderungen. Brandenburg wie auch andere Länder sehen sich gezwungen, auf Notunterkünfte wie Zelte und Turnhallen auszuweichen.

In dieser Situation erscheint es umso wichtiger, Menschen, die Geflüchteten helfen möchten und ihnen privat Wohnraum zur Verfügung stellen wollen, über die Voraussetzungen und Mög lichkeiten dieser privaten Wohnraumüberlassung zu informie ren.

Ich frage die Landesregierung daher: Unter welchen Vorausset zungen können Privatpersonen in Brandenburg Geflüchteten Wohnraum zur Verfügung stellen?

Es antwortet Frau Ministerin Golze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Jungclaus, zunächst ist vorauszuschicken, dass das Landesauf nahmegesetz eine unmittelbare Zurverfügungstellung von Wohnraum durch Privatpersonen an Asylsuchende nicht vor sieht. Das kann immer nur über die zuständigen Landkreise und kreisfreien Städte erfolgen, denn diese haben die Aufgabe der Versorgung mit Wohnraum zugewiesen bekommen.

Im Einzelnen möchte ich zur Rechtslage Folgendes feststellen: Laut § 53 Asylverfahrensgesetz soll eine Unterbringung von Asylsuchenden in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften er folgen. Das Gesetz schließt damit andere Varianten also nicht aus. Dementsprechend regelt § 4 unseres Landesaufnahmege setzes auch, dass eine Unterbringung nicht nur in von den Kommunen vorzuhaltenden Übergangswohnheimen oder Übergangswohnungen erfolgen kann, sondern vielmehr eine Unter bringung in anderen Formen möglich ist. In § 4 Abs. 1 Landes aufnahmegesetz ist deshalb die Rede von der Versorgung mit Wohnraum ohne nähere Differenzierung.

Die Landkreise und kreisfreien Städte sind deshalb in der Wahl der Unterkünfte frei, sofern nicht im Einzelfall, insbesondere durch Bundesgesetz, eine Auflage verfügt worden ist, wie zum Beispiel bei Geduldeten. Soweit es sich bei den ausländischen Flüchtlingen um sogenannte Bürgerkriegsflüchtlinge, bei spielsweise aus Syrien, mit einem gesicherten Aufenthaltssta tus handelt, stellt sich diese Frage nicht, denn sie haben keiner lei Wohnungsauflage.

Demnach können sich also Asylsuchende und Flüchtlinge, so fern die Zustimmung des Sozialamtes dafür vorliegt, schon nach gegenwärtiger Rechtslage eine Wohnung anmieten. In der Praxis kommt dies auch durchaus vor. Meist sind es aber die Kommunen selbst oder aber Wohlfahrtsverbände, die Woh nungen anmieten und dann den Asylsuchenden zur Verfügung stellen. Vermieter sind bisher in den meisten Fällen kommu nale Wohnungsgesellschaften. Dies ist aber nicht zwingend, es können auch private Vermieter sein.

Im Übrigen ist auch kein formales Mietverhältnis erforderlich. Auch die private Aufnahme ist rechtlich möglich, wenn sie auf freiwilliger Grundlage erfolgt und das für die Unterbringung zuständige Sozialamt dem zustimmt. Natürlich muss das Sozi

alamt in beiden Fällen prüfen, ob die Wohnung geeignet ist und die Unterbringung den Mindestbedingungen entspricht. Wich tig ist, dabei zu beachten, dass aber auch bei der Zurverfügung stellung von privatem Wohnraum die Verpflichtung der sozia len Migrationsbetreuung immer noch bei den Landkreisen bzw. kreisfreien Städten liegt. Die private Unterbringung kann das ergänzen, aber nicht ersetzen.

Es gibt eine Nachfrage seitens des Fragestellers.

Vielen Dank, Frau Ministerin, für die Ausführungen. Jetzt ha ben Sie die Situation dargestellt, dass es zwar auf Landesebene geregelt ist, aber letzten Endes die Kreise dafür zuständig sind und dass die private Unterbringung noch nicht in so großem Maße stattfindet. Ich habe bei mir in Märkisch-Oderland die Erfahrung gemacht, dass es die direkte Privatunterbringung nicht nur in Kommunen und kommunalen Liegenschaften gibt. Dabei tauchen explizit die Probleme auf, dass beispielsweise nicht dafür gesorgt ist, wie die Post nachgesendet wird, dass nicht dafür gesorgt ist, wie die Flüchtlinge an ihre Geldleistungen kommen und dass überhaupt nicht geklärt ist, wie sie an die Behandlungsscheine kommen. Wenn beispielsweise je mand nicht gerade zu den Sprechzeiten der Ausländerbehörde nach Seelow fahren kann, die dort nur an zwei Tagen in der Woche stattfinden, und derjenige dazwischen krank wird, muss er lange warten.

Wenn es ein landesweites Problem ist, dass wir auf der einen Seite Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge benötigen und wir auf der anderen Seite ein riesiges Angebot durch Will kommenskreise und Privatinitiativen haben, stellt sich die Fra ge, ob es nicht Aufgabe des Landes ist, klare Rahmenbedin gungen zu schaffen, den Landkreisen Empfehlungen auszu sprechen, Hilfestellungen zu geben, Verordnungen zu erlassen usw., sodass das sowohl für die betroffenen Flüchtlinge wie auch für die Unterkunftsgebenden auf einer verlässlichen rechtlichen Grundlage steht.

Ich glaube, es ist eben deutlich geworden, dass es eine verläss liche und klare rechtliche Grundlage gibt. Die Frage ist, wie man gemeinsam - hier gebe ich Ihnen Recht - mit den Kommu nen dafür sorgen kann, dass auf dieser Grundlage noch mehr Asylsuchende in privaten Wohnungen untergebracht werden. Ich würde vorschlagen, dies zum Gegenstand der Beratungen mit den Kommunen zu machen.

Wir haben regelmäßige Runden sowohl mit den Spitzenver bänden als auch mit den Landrätinnen und Landräten sowie Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern selbst gep lant. Insofern würde ich dort abfragen, inwieweit es Unklar heiten im Umgang mit diesen Rechtsgrundlagen gibt und was man tun kann, um sie dabei zu unterstützen, die private Unter bringung zu fördern. Ich kann mir vorstellen, dass es im Ein zelfall in der momentanen Situation zu einer Überforderung kommen könnte, hier solche Möglichkeiten zu nutzen. Ich denke aber, dass gerade für die Zukunft die Unterbringung in Wohnungen mehr in den Mittelpunkt gerückt werden sollte. Dabei wollen wir die Kommunen gern unterstützen.

Vielen Dank. - Die Frage 274 (Unabhängige Patientenbera tung Deutschland) wird von der Abgeordneten Dr. Münch ge stellt.

Die Unabhängige Patientenberatung - UPD - berät mit gesetz lichem Auftrag laut § 65b SGB V die Patienten unabhängig, neutral und kostenlos zu allen Fragen rund um die Gesundheit. Gesellschafter der UPD als gemeinnützige GmbH sind der So zialverband VdK Deutschland, der Bundesverband der Ver braucherzentralen und der Verbund unabhängige Patientenbe ratung. Die Finanzierung erfolgt durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, dem GKV-Spitzenverband. In Bran denburg erfolgte die Beratung bisher in Trägerschaft der Ver braucherzentrale Brandenburg. Der GKV-Spitzenverband und auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung wollen ab 2016 die gesetzlich verankerte Patientenberatung an ein privat wirtschaftliches Callcenter übergeben. Die Presse berichtete hierzu reichlich.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Wie bewertet sie die Übertragung der unabhängigen Patientenberatung von der Ver braucherzentrale auf ein privatwirtschaftliches Callcenter, und wie setzt sie sich dafür ein, dass die Beratung auch weiterhin unabhängig und neutral ist?

Danke. - Für die Landesregierung antwortet Ministerin Golze. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Münch, Patientinnen und Patienten brau chen für den Umgang mit Krankheit und Behandlung unabhän gige, qualifizierte und leicht erreichbare Informationsquellen. Bislang hat die Unabhängige Patientenberatung auch in der re gionalen Beratungsstelle Potsdam in Trägerschaft - Sie sagten es - der Verbraucherzentrale Brandenburg hierfür sehr gute Ar beit geleistet.

Mit dem Trägerwechsel an einen privatwirtschaftlichen Call center-Betreiber, der auch langjähriger Auftragnehmer von Krankenkassen ist, Sanvartis, ist zu befürchten, dass das Bera tungsangebot in der Qualität, in der Unabhängigkeit sowie in der Erreichbarkeit verschlechtert wird. Die Vergabekammer beim Bundeskartellamt in Bonn hat am 3. September das Ver fahren zur Vergabe der Fördermittel für die Patientenberatung bestätigt.

Die bisherigen Trägerorganisationen - Sie haben sie genannt -, die Verbraucherzentrale Bund, der Sozialverband VDK Deutschland und der Verbund unabhängige Patientenbera tung haben angekündigt, als unterlegene Bewerber auf wei tere Rechtsmittel zu verzichten und den Umgang mit der Pa tientenberatung und die Leistungen des neuen Anbieters kri tisch zu beobachten. Es ist also zu erwarten, dass der GKVSpitzenverband demnächst Sanvartis den Zuschlag erteilen wird.

Das MASGF hat sich schon früh zu befürchteten Verschlechte rungen geäußert. Gemeinsam mit dem Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz haben wir am 23. Juli darauf aufmerksam gemacht und über das strittige Vergabeverfahren informiert sowie für die brandenburgische Position für den Er halt einer unabhängigen Patientenberatung geworben. Das Schreiben haben wir auch an den Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Herrn Laumann, weitergeleitet. Zu diesem Thema ist auch die Kleine Anfrage 927 beantwortet worden, in der die Position der Landesregierung dargelegt wurde.

Das Problem ist, dass nach § 65b SGB V das Vergabeverfahren vorsieht, dass der Träger der Patientenberatung vom Spitzen verband der GKV im Einvernehmen mit dem Patientenbeauf tragten der Bundesregierung für sieben Jahre ausgewählt wird. Dieses Verfahren kann also nur geändert werden, wenn § 65b SGB V geändert wird. Hierfür wird sich die Landesregierung einsetzen, denn ich halte es für schwierig, dass jemand weitge hend allein über die Auswahl der Beratung entscheidet, der selbst oft Gegenstand kritischer Nachfragen der Patientinnen und Patienten ist, sprich: die Kassen. Insofern wollen wir uns für eine Änderung dieses Paragrafen einsetzen.

Soweit es konkret um unser Bundesland und um Potsdam geht, werden auch wir den künftigen Betreiber sehr genau beobach ten, und wir fordern ein, dass die Beratungsstelle mit Standort Potsdam weiterbetrieben und ausgebaut wird und die Stan dards von Unabhängigkeit und Qualität auch zukünftig gesi chert werden.

Es gibt eine Nachfrage. Bitte, Frau Dr. Münch.

Frau Ministerin, Sie haben eigentlich schon viele der mög lichen Nachfragen beantwortet. Ich frage mich: Wann ist der Landesregierung bekannt geworden, dass es dieses Ausschrei bungsverfahren überhaupt gibt? Hätte es nicht früher schon In terventionsmöglichkeiten gegeben? Ich gehe davon aus, dass Sie über das Monitoring der künftigen Wahrnehmung der Auf gabe der Patientenberatung auch im Ausschuss regelmäßig in formieren werden.

Wir haben das Thema regelmäßig im Ausschuss behandelt, und wir haben sofort nach Bekanntwerden, dass ein privater Betrei ber mit in das Bewerbungsverfahren kommt, darauf aufmerk sam gemacht, welche Folgen dies hätte und dass zumindest aus unserer Sicht die Unabhängigkeit gefährdet ist.

Ich habe eben dargestellt, dass wir aufgrund bestimmter ge setzlicher Grundlagen keinen direkten Einfluss auf dieses Ver gabeverfahren haben. Wenn man mit dem Ergebnis des Verga beverfahrens nicht einverstanden ist, können wir nur im Nach gang die gesetzliche Grundlage ändern, und das haben wir vor. - Danke.

Danke schön. - Ich schließe damit die Fragestunde.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich auf der Besuchertribüne Gäste aus Cottbus-Sandow begrü ßen. Herzlich willkommen im Land Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungs punkt 3 auf:

„Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“ - Lehrstuhl für brandenburgisch-preußische Landes geschichte erhalten

Antrag

der Fraktion der CDU

Drucksache 6/2573