Interessanterweise hat sich aber der Landtag in früheren Jahren selbst entmündigt und die Verantwortung - wie angesprochen vollständig an die Regierung übertragen. Wir müssen also zunächst einmal dafür sorgen, dass das Aufstellungsverfahren für einen Braunkohleplan in ein Gesetzgebungsverfahren umgewandelt wird. Nur zu! Darüber steht aber im famosen FDPAntrag nichts.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen: 2009 haben wir Grünen gemeinsam mit den Linken und Umweltverbänden eine Volksinitiative und später ein Volksbegehren gegen neue Tagebaue gestartet. Wir sind damals an der - inzwischen aufgeweichten - Amtseintragungspflicht gescheitert. Naheliegender als die Einführung einer unverbindlichen Volksbefragung wäre es daher, in Brandenburg zunächst einmal die angezogene Handbremse im bestehenden Volksabstimmungsverfahren zu lockern. Wer die direkte Demokratie ausbauen will, sollte sich mit uns gemeinsam für die freie Unterschriftensammlung auf der Straße auf der Stufe des Volksbegehrens und für die Abschaffung des Quorums beim Volksentscheid einsetzen.
Ich denke, wer das Volk ernst nimmt - ich habe es angesprochen -, muss ihm auch die Möglichkeit zur Entscheidung ein
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Wir setzen mit dem Beitrag des fraktionslosen Abgeordneten Dr. Hoffmann fort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Antrag lehne ich ab. Dennoch möchte ich einen Kerngedanken aus der Begründung sehr unterstützen. Dort heißt es:
„Die politische Ermöglichung des Tagesbaus […] faktisch am Landtag vorbei - entspricht nicht den gestiegenen Anforderungen der demokratischen Legitimation derartiger Großprojekte.“
Der Antrag ist im Wahlkampfmodus entstanden, was aber nicht schlecht sein muss. Hier geht es jedoch um andere Dinge, weshalb sich meine Kritik nicht allein gegen die FDP richtet. Denn auch bei Ablehnern wird deutlich, dass sie gar nichts Kritisches gegen das Instrument der Volksbefragung im Zusammenhang mit der Energiepolitik des Landes sagen wollen. Höchstens von „Missbrauch“ ist schüchtern die Rede. Doch welche Kriterien gelten für diesen „Missbrauch“?
Dazu vier kurze Bemerkungen, die natürlich diesem komplexen Thema nicht vollständig gerecht werden können. Erstens muss ganz allgemein festgestellt werden, dass es stets problematisch ist, wenn Meinungsmacher Umfragen oder Volksbefragungen starten, weil sie quasi testen möchten, ob ihre Arbeit erfolgreich war. Sie möchten quasi wissen, ob es gelungen ist, ihre veröffentlichte Meinung zur allgemeinen öffentlichen Meinung zu erheben. Neben den Medien gehören selbstverständlich auch die etablierten Parteien zu den Meinungsmachern.
Mein Eindruck ist, dass es in der Tagebaufrage einen Widerspruch zwischen veröffentlichter Meinung und tatsächlicher Problemsicht der Bevölkerung in den betroffenen Regionen gibt. Medien und Parteien haben eine Mitverantwortung, wenn es durch ihre Verweigerung, komplexe Probleme auch komplex zu behandeln, zur Polarisierung und zu Unfrieden in den vom Abriss bedrohten Orten kommt.
Zweitens: Volksbefragungen verbieten sich, wenn eine kaum von einem Problem betroffene Mehrheit über existenzielle Fragen einer sehr stark betroffenen Minderheit richten soll. Das aber könnte passieren, wenn eine Mehrheit beschließt, dass mein Haus weichen muss, weil Brandenburg - oder doch bloß Vattenfall? - Strom in andere Länder exportieren will. Es bleibt daher auch mit einer Volksbefragung ein Skandal, wenn durch Mehrheitsbeschluss die Heimat einer Minderheit vernichtet wird.
Drittens: Mit einer solchen Volksbefragung werden europäische Standards der Sorben-Wenden-Politik missachtet. Min
derheitenschutz heißt eben, dass eine Mehrheit nicht in allen Fragen die Minderheit überstimmen darf.
Viertens: Wer Demokratie auf die Macht der größeren Zahl reduzieren will, ist verantwortlich für Politikmüdigkeit, die sich im Grunde als Demokratiemüdigkeit erweist. Eine überholte Politik, eine Technologie von gestern wird nicht besser, wenn durch massive Propaganda und künstlich produzierte Angst das Licht könne ausgehen, 20 000 Arbeitsplätze seien gefährdet und ähnliche Horrorgeschichten - eine Mehrheit für das Falsche gewonnen wird.
Kurz: Das tut man nicht. Man stellt nicht zur Abstimmung, ob das Haus des Nachbarn gesprengt werden soll.
Vielen Dank Herr Abgeordneter Dr. Hoffmann. - Wir setzen mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Holzschuher, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion, es wird Sie nicht überraschen, dass die Landesregierung hier keine andere Auffassung hat als die Vorredner. Das ist leider ein reiner Show-Antrag.
Weder das Grundgesetz noch die Landesverfassung ermächtigen die Landesregierung, eine Volksbefragung über eine bestimmte Sachfrage anzuordnen. Es gibt allenfalls eine „Volksbefragung“ im Rahmen eines Volksentscheids gemäß Artikel 78 der Landesverfassung. Dies setzt natürlich eine zulässige Volksinitiative und ein erfolgreiches Volksbegehren voraus. Es ist nicht vorgesehen, dass Landtag oder Landesregierung ihrerseits einen Volksentscheid initiieren mit dem Referendum für den Fall einer Länderfusion als einziger Ausnahme; das ist hier aber nicht der Fall. Kurz gesagt: Der Antrag ist mit den verfassungsrechtlichen Regelungen, die wir im Land Brandenburg haben, nicht vereinbar. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Holzschuher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der einbringenden Fraktion fort. Herr Abgeordneter Büttner, Sie haben noch fünf Minuten Redezeit.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich auf einige Punkte eingehen. Herr Kollege Vogel, ich gehe davon aus, dass Sie das nicht so ganz ernst gemeint haben, als Sie gesagt haben, die FDP sei daran interessiert, eine gelenkte Demokratie einzuführen. Das vergessen wir einfach mal. Ich glaube, dass haben Sie selbst auch nicht so ernst gemeint.
Frau Kollegin Stark, ich kann nichts dafür, wenn Sie in dieser Legislaturperiode eben noch einmal per Rechtsverordnung in Ihrem Kabinett die Braunkohleplanung einfach so umsetzen und wir das dann aus der Presse erfahren dürfen. Das ist nicht
mein Problem, sondern das ist Ihr Problem. Ich finde, da hätten Sie durchaus auch dieses Parlament beteiligen müssen, aber das haben Sie eben nicht gemacht. Das wäre der richtige Weg gewesen. Das aber einfach im Rahmen einer Rechtsverordnung dieser Regierung zu beschließen, halten wir nach wie vor für einen Fehler.
Die Volksinitiative, die Sie angesprochen haben, war doch von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die damaligen Regelungen sind doch für eine Bürgerbeteiligung völlig ungeeignet gewesen.
Damals war es einfach ein relativ unwirksames Mittel, um ausreichend Leute daran beteiligen zu können.
Kollege Bretz, sehen Sie es mir nach - dass Sie den Antrag nicht verstanden haben, dafür kann ich nichts. Das ist Ihr Problem.
Sie als derjenigen, die - ich habe es vorhin erwähnt - die erbittertsten Gegner der Braunkohle hier in im Land waren, die Volksinitiative mit initiiert haben und letztendlich doch neue Braunkohletagebaue aufmachen oder erweitern, ist ein Treppenwitz. Das dürften Sie eigentlich auch selbst wissen.
- Herr Kollege Scharfenberg, was in unser Programm passt, entscheiden im Übrigen immer noch wir selbst. Machen Sie sich darüber mal keine Gedanken.
Sie haben auch noch angemerkt, dass diese Befragung ja keine Bindungswirkung habe. Deswegen haben wir - Herr Scharfenberg so steht es in dem Antrag - einen Selbstbindungsbeschluss dieses Parlaments mit hineingenommen. So etwas kann ein Parlament übrigens machen.
Aber halten wir fest - gerade für Sie, Herr Dr. Scharfenberg -: DIE LINKE ist für den Ausstieg aus der Braunkohle. Weil die Linke so für den Ausstieg aus der Braunkohle ist, haben die Minister der Linken mal eben für den Aufschluss von weiteren Tagebauen bzw. die Fortführung von Tagebauen gestimmt. Wenn das mal nicht eine „ehrliche“ Politik ist! Die Wandlungsfähigkeit ist damit ja wohl eher bei Ihnen gegeben, Herr Scharfenberg.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt und kommen nunmehr zur Abstimmung. Es liegt der Antrag in Drucksache 5/9150, eingebracht von der FDP-Fraktion, vor. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.
Die Bundesregierung soll heimliche Steuererhöhungen umgehend zurücknehmen: Steuerzahler durch Abbau der kalten Progression entlasten - Leistungsgerechtigkeit für Beschäftigte mit kleinen und mittleren Einkommen wiederherstellen!
Die Aussprache wird mit dem Beitrag der FDP-Fraktion eröffnet. Frau Abgeordnete Vogdt, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier im Gebäude geht vieles automatisch: die Tore zur Tiefgarage manchmal,
die Jalousien, das Licht, die Türen, und auch außerhalb des Hauses nimmt die Automatik immer mehr zu. Selbst die Kirchensteuer wird ab dem nächsten Jahr automatisch dem Sparer abgezogen.