Protocol of the Session on May 15, 2014

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erlaube mir, bezüglich der Geschichte an eines zu erinnern: Die Idee eines Familienpaketes, eines familienpolitischen Programms, entstand in der Koalition der SPD und der CDU. Aber das sei nur am Rande erwähnt.

(Domres [DIE LINKE]: Es war nicht alles schlecht!)

Ansonsten ist es tatsächlich eine gute Sache, dass das Thema ausgerechnet heute debattiert wird, am Tag der Familie. Ich glaube, wir werden uns alle sehr schnell einig, wenn es heißt: Familienpolitik braucht in der Tat einen sehr langen Atem. Wir wollen allen Familien Angebote unterbreiten. Es geht nicht nur um Defizitbekämpfung, sondern um Bildung zur Vermeidung von Fehlentwicklungen. Dass Familienpolitik eine Querschnittsaufgabe ist, das ist - so glaube und hoffe ich zumindest - mittlerweile auch jedem geläufig.

Dass die Stadt-Land-Problematik eine immer größere Rolle bei der Familienpolitik und bei den Maßnahmen spielt, ist wahrscheinlich auch bekannt, glaube ich. Insofern sind viele Ansät

ze durchaus unterstützenswert, die dazu beitragen, dass wir tatsächlich ein Land der fröhlichen Familien werden.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass wir Hilfe natürlich dort gewähren müssen, wo Hilfe notwendig ist. Denn unsere heutige Gesellschaft stellt Familien vor große, vor neue und auch vor vielfältige Herausforderungen. Nicht jede Herausforderung ist eine einfache Herausforderung. Von daher denke ich, ist diesbezüglich noch eine Menge zu tun.

Wir haben uns im Jahr 2012 letztmalig mit dem Familien- und Kinderpolitischen Programm befasst. Der heutige Bericht zeigt noch einmal die Umsetzung auf. Ich hatte in meiner damaligen Rede darauf hingewiesen, dass das Programm eine Mogelpackung ist, denn 14 der vorgesehenen Maßnahmen waren zum Zeitpunkt der Inkraftsetzung des Paketes bereits ausgelaufen. Ich glaube, das ist für ein solches Programm kein besonders gutes Zeichen. Auch damals hieß es schon:

„Die Finanzierung von Maßnahmen für die Jahre 2012 ff. steht gegebenenfalls unter Haushaltsvorbehalt.“

Damals habe ich noch heftigsten Protest vom Minister zu spüren bekommen. Doch heute steht vor sieben Maßnahmen wiederum der Vermerk „im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel“. So ganz Unrecht habe ich also wohl nicht gehabt.

Eine Evaluierung des Paketes liegt auch nur für zwölf der 49 Maßnahmen vor. Anlässlich des Tages der Familie feiern Sie ja die Förderung des Erfolgsmodells Familienferien. Da gestatte ich mir einmal den Hinweis: Bekanntermaßen haben Sie den Familienverbänden 2011 die Administration der Familienferien entzogen und dem LASV übertragen. Seitdem - das ist in der Pressemitteilung zu diesem Erfolgsmodell leider nicht vermerkt worden - wird dort sukzessive immer weniger Geld abgefordert. Für das Jahr 2013 waren es von den insgesamt zur Verfügung stehenden 300 000 Euro nur noch 232 000 Euro, die abgefordert wurden. In der Ankündigung zur Entziehung der Administration durch die Familienverbände haben Sie damals gesagt, Sie wollten 130 Familien mehr fördern. Was ist denn nun mit der Mehrförderung? Man kann natürlich sagen: Vielleicht brauchen jetzt weniger Familien diese Förderung. Das kann ich mir aber beim besten Willen nicht vorstellen. Bei Nachfragen in den Familienverbänden gibt es nach wie vor viele Anfragen. Was Sie mir bis heute nicht beantwortet haben, ist die Frage der Administrierung. Was kostet diese denn jetzt durch das LASV? Vielleicht sind die nicht ausgereichten 68 000 Euro jetzt die Administrationskosten; ich weiß es nicht. Es wäre aber sehr schade für die Familien.

Die unter Punkt 37 aufgeführte Familienbildung hat natürlich einen großen Stellenwert gehabt, gerade in den vergangenen Monaten. Es gibt eine Reihe von Stellungnahmen dazu. Es hat einen Workshop und Veranstaltungen gegeben. Alle an der Diskussion und dem Workshop Beteiligten erwarten endlich eine gesetzliche Verankerung der Familienbildung im Ausführungsgesetz des SGB VIII. Die Angst vor der Konnexität kann uns doch hier nicht zur Untätigkeit verdammen,

(Beifall CDU)

wenn es um einen so großen Stellenwert wie den der Familienbildung geht. Denn Familienbildung ist Investition in die

Zukunft und gehört damit auch im Gesetzestext festgeschrieben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe, dass wir die Familienleitlinien und auch das Familienmaßnahmenpaket fortschreiben werden und sich der Landtag der nächsten Legislaturperiode weiter darum kümmern wird. Ich gehe davon aus, dass wir hier wirklich Maßnahmen auf den Weg bringen, die dann auch evaluiert werden, sodass man im Nachhinein ganz klar sagen kann: Hier haben wir Erfolge erzielt oder nicht. Es reicht nicht aus, immer nur neue Projekte auf den Weg zu bringen, und am Ende nicht deutlich sagen zu können: Wir führen diese Projekte weiter - manchmal in anderem Kleid -

(Glocke des Präsidenten)

- ich möchte den Satz noch zu Ende sprechen - oder: Diese Maßnahme war nicht erfolgreich, wir stellen sie ein. Aber das muss bei der Evaluierung auch eines Gesamtpakets dann deutlich gesagt werden. - Vielen Dank.

(Beifall CDU sowie vereinzelt DIE LINKE und SPD)

Nimm dir Zeit und fasse dich kurz. - Der Abgeordnete Krause setzt für die Linksfraktion fort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das familien- und kinderpolitische Maßnahmenpaket der Landesregierung ist erstmalig 2005 aufgelegt worden - darauf hat die Kollegin Schulz-Höpfner schon hingewiesen. Ich hatte gar nicht wahrgenommen, dass von einem der Vorredner infrage gestellt wurde, unter welcher Regierungsbeteiligung das geschehen ist. Im Jahr 2011 erfolgte eine Überarbeitung der Maßnahmen.

Insgesamt gibt es drei Schwerpunkte in diesem Programm: Es geht um das gesunde Aufwachsen, gute Bildung und um Angebote für Familien. Insgesamt finden wir 49 sehr konkrete Maßnahmen in diesem Programm.

Wir haben einiges über die Motivationen, solch ein Programm aufzulegen, gehört. Ich glaube, dass diese vielfältig sein und die Probleme aus verschiedenen Richtungen betrachtet werden können. Wichtig ist für mich nur, dass es den Kindern, die ja nicht danach fragen, aus welchen Gründen wir dies getan haben, offensichtlich - das sagen die Ergebnisse der Untersuchung, die Herr Baaske vorgestellt hat - besser geht als anderen Kindern. Insofern ist das Programm ein Erfolg.

Ich würde jetzt gern aus diesen 49 Maßnahmen ein paar herausgreifen und diese kurz näher beleuchten. Zum einen ist Herr Baaske bereits auf die „Netzwerke Gesunde Kinder“ eingegangen. Auch diese wurden schon vor unserer Regierungszeit, im Jahr 2006, gestartet. Mittlerweile bestehen 18 regionale Netzwerke an 35 Standorten. Das ist sicher noch nicht landesweit, aber damit ist schon ein gewaltiger Schritt gegangen worden.

Diese Maßnahmen stehen allen Familien während der Schwangerschaft und dann noch bis zum 3. Geburtstag des Kindes offen. Die ehrenamtlichen Paten werden dafür geschult und be

gleiten dann die Familien, sofern diese das möchten; sie geben Hinweise, Informationen, weisen auf Fördermöglichkeiten, Termine, Beratungen usw. hin. Insgesamt stehen dafür 1 200 ehrenamtliche Patinnen und Paten in Brandenburg zur Verfügung, die aktuell für 4 200 Familien diese Aufgaben wahrnehmen.

Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Lassen Sie sie zu?

Ja, bitte.

Ist Ihnen bekannt, Herr Abgeordneter, dass bei weitem nicht allen Familien dieses Angebot zur Verfügung steht, in manchen Kreisen nur 10 % der Familien, weil es nicht genügend ehrenamtliche Paten gibt?

Ja, Frau Blechinger, das ist mir bekannt, und ich hätte diesen Aspekt auch gleich angesprochen. Danke, dass Sie das getan haben. Das folgt jetzt bei mir unter dem Punkt „Herausforderungen“. Es geht zum einen um die Werbung von Patinnen und Paten, die sich dieser Aufgabe stellen. Zum Zweiten haben wir die Schwierigkeit, dass wir, was die Finanzierung dieses Programms betrifft, auf Sponsoring aus den Regionen angewiesen sind. Wir hatten das gerade erst bei der Eröffnung des Familienzentrums „Schmetterling“ in Prenzlau, wo uns das auch noch einmal nahe gebracht wurde. Das ist uns schon bewusst, und trotzdem, finde ich, ist es eine gute Leistung, die hier in den vergangenen Jahren vollbracht wurde. Unser Dank sollte den 1 200 ehrenamtlichen Patinnen und Paten gelten, die sich dieser Aufgabe stellen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Ein weiteres Beispiel, das ich aus dem nächsten Schwerpunkt gute Bildung - benennen möchte, ist die musische Bildung für alle. Hier haben wir 60 Grund- und Förderschulen, die bei dem Projekt „Klasse! Musik für Brandenburg“ unterwegs sind, wo Kinder in Gitarren- und Bläserklassen die musikalische Frühund Talentförderung erfahren. Wir haben die „Klingende Kita“, ein Projekt, das in 20 Kindertagesstätten durchgeführt wird. Die Evaluation, die im vergangenen Jahr abgeschlossen wurde, zeigt, dass es darüber hinaus ein hohes Interesse an der Fortsetzung der musischen Förderung gibt. Es scheint also anzukommen.

Hinsichtlich der sprachlichen Bildung - bevor es eine Zwischenfrage gibt: Ich habe dieses Beispiel extra ausgewählt, weil es dort zwischenzeitlich nicht den erhofften Erfolg gab und nachgesteuert wurde - sind wir auf dem Stand, dass wir seit 2006 die Sprachförderung in den brandenburgischen Kindertagesstätten haben. Es gibt die verbindlichen Sprachstandsfeststellungen ein Jahr vor der Einschulung und dann gegebenenfalls die Förderung. Dafür wurden 2 400 Erzieherinnen und Erzieher entsprechend fortgebildet. Wir haben im Jahr 2012 festgestellt, dass die Ergebnisse dieser Sprachförderung nicht nachhaltig sind, und haben deshalb auf eine alltagsintegrierte Sprach

förderung umgestellt. Wir haben das im Fachausschuss beraten, und es wird abzuwarten und dann erneut zu betrachten sein, ob die Umstellung die Ergebnisse zeitigt, die wir uns vorstellen.

Als Letztes möchte ich aus dem dritten Baustein des Programms - Angebote für Familien - auf die Servicestelle „Arbeitswelt und Elternzeit“ hinweisen, die im Jahr 2008 ihre Arbeit aufgenommen hat und Beratungsangebote und Serviceleistungen für familienbedingte Auszeiten im Beruf sowohl für Beschäftigte als auch für die Personalverantwortlichen in den Unternehmen zur Verfügung stellt, sie bei Planung und Gestaltung des Mutterschutzes und der Elternzeit berät und auch die Rückkehr an den Arbeitsplatz mit vorbereitet. Dieses Projekt ist als ausgewählter Ort im Wettbewerb „Land der Ideen“ ausgezeichnet worden und hat damit bereits bundesweit Anerkennung erfahren. Auch an dieser Stelle Dank und Anerkennung an alle haupt- und ehrenamtlich Engagierten, nicht nur in diesem, sondern generell in allen 49 Projekten, die in diesem Maßnahmenpaket gebündelt sind. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Der Abgeordnete Büttner spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nahtlos an das anschließen, was der Kollege Krause gerade vorgetragen hat. Wir haben den Bericht der Landesregierung über die Umsetzung des Familien- und Kinderpolitischen Programms vor uns liegen. Ich habe mir eben, als Kollege Krause die einzelnen Elemente noch einmal vorgestellt hat, versucht zu überlegen: Was will eigentlich ich als Familienvater? Wie definiere ich „familienfreundlich“? Als familienfreundlich definiert sich für mich - als jemand, der im ländlichen Raum wohnt -, dass ich eine Kita in der Nähe habe, wo meine Kinder vernünftig betreut und gebildet werden. Damit kommen wir gleich zu einem der problematischen Punkte, denn immer, wenn wir über familien- und kinderfreundliches Brandenburg sprechen, reden wir genau darüber: die Sprachförderung.

Kollege Krause hat gerade von der alltagsintegrierten Sprachförderung gesprochen. Wir müssen feststellen: Auch dieser Bericht spricht von der kompensatorischen Sprachförderung, und die alltagsintegrierte Sprachförderung wird in diesem Bericht nicht erwähnt. Die Problematik besteht darin: Wenn die Sprachförderung kompensatorisch erfolgt, ist das Kind in den Brunnen gefallen; bei einer alltagsintegrierten Sprachförderung haben wir die Möglichkeit, Defiziten entgegenzuwirken. Aber irgendwie schließt sich dann wieder der Kreis und wir kommen auf dasselbe zurück, was wir gestern diskutiert haben: Wir diskutieren dann nämlich wieder über eine Verbesserung der Betreuungssituation in den Kitas. Nur dann wird alltagsintegrierte Sprachförderung wirklich funktionieren, Herr Kollege Krause, und daran scheitert es gerade. Das ist das Problem.

(Beifall FDP und B90/GRÜNE)

Dann habe ich mir überlegt: Wenn beide Elternteile berufstätig sind, brauche ich flexible Öffnungszeiten in Kitas. Auch daran scheitert es immer wieder. Entweder wird es nicht angenom

men - die 24-Stunden-Kita in Templin zum Beispiel ist nicht angenommen worden -, oder da, wo es angenommen wird auch da schließt sich der Kreis, das habe ich gestern auch schon gesagt - finanziert es der Landkreis aus, und das Innenministerium als obere Aufsichtsbehörde genehmigt dann den Haushalt des Landkreises nicht und sagt: Wenn ihr das nicht ändert - weil das eine sogenannte freiwillige Leistung ist -, dann bekommt ihr von uns kein Geld. - Und am Ende wird das Projekt vom Landkreis wieder gestrichen. Da muss auch auf Landesebene etwas geändert werden, damit die Kommunen und Landkreise an dieser Stelle unterstützt und nicht behindert werden, wenn sie das Geld in die Hand nehmen und Familienund Kinderfreundlichkeit umsetzen wollen. Deswegen brauchen wir längere und flexible Öffnungszeiten.

Dann habe ich mich gefragt: Wie kommen meine Kinder eigentlich weg? Wie kommen sie zu außerschulischen Veranstaltungen, wenn es im ländlichen Raum keinen öffentlichen Personennahverkehr mehr gibt, alles ausgedünnt wird und der öffentliche Personennahverkehr nur noch in Form des Schülerverkehrs besteht? Das heißt also, um familien- und kinderfreundlich zu sein, müsste der Infrastrukturminister mehr Geld haben, nicht um die Straßen auszubauen - dafür braucht er es auch -, sondern um den öffentlichen Personennahverkehr besser ausgestalten zu können. Denn Eltern können die Kinder nicht immer fahren und Großeltern sind nun einmal nicht immer in der Nähe. Das heißt, viele Kinder im ländlichen Raum werden schlicht und ergreifend von außerschulischen Veranstaltungen ausgeschlossen, weil der öffentliche Personennahverkehr im Land Brandenburg nicht mehr funktioniert.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Aufgabe der Landkreise, Herr Kollege!)

- Ja, Frau Kollegin Mächtig, damit machen Sie es sich jetzt ein bisschen einfach. Über Zuweisungen bekommt der Landkreis Uckermark 2 Millionen Euro weniger. Was soll er denn machen, wo soll denn das Geld jetzt herkommen?

(Vereinzelt Beifall FDP und B90/GRÜNE)

Vom Land bekommt er das Geld doch nicht mehr! Also muss er bei den Streckenkilometern 1 Million streichen. Wie wollen wir es denn jetzt machen?

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Prioritäten setzen!)

- Prioritäten setzen. Okay, also für Sie ist der ÖPNV keine Priorität, das habe ich jetzt zur Kenntnis genommen.

(Zuruf der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

- Ja, aber wie sollen wir es denn machen? Ich habe gestern gesagt: Wir geben 21 Millionen Euro für Kindertagesbetreuung aus, und 9 Millionen Euro bekommen wir refinanziert. Auch im Landkreis Uckermark und im Barnim fällt das Geld nicht vom Himmel.