Protocol of the Session on May 15, 2014

So. Guten Morgen! Sind alle wieder bei mir? - Entschuldigung!

Jedenfalls ist unsere Bundestagsfraktion gerade ganz emsig bei der Arbeit - wie alle anderen Bundestagsfraktionen; wir haben es gehört. Im Bundestag wird dieses Gesetz von Fachleuten im Gesetzgebungsverfahren auf Herz und Nieren geprüft.

Von daher verstehe ich den Antrag nicht, zumindest nicht den Zeitpunkt, lieber Kollege Eichelbaum. Das ist mir unklar, zumal die CDU-Fraktion meines Erachtens Teil der Großen Koalition im Bundestag ist. Mir ist nicht einleuchtend, wieso man hier auf die Tube drücken soll; denn - auch das wurde schon gesagt - die EU-Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie ist immer noch nicht umgesetzt. Es steht sogar in der Antragsbegründung, dass die Umsetzung schon bis zum 18. Dezember 2013 hätte erfolgen sollen. Das ist meines Erachtens ein viel wichtigeres Anliegen als Ihr Antrag.

Als genauso wichtig sehe ich es an - das haben einige Vorredner schon gesagt -, dass die Präventionsprojekte im Kinderund Jugendschutz unbedingt ausgebaut werden, ebenso die Projekte, die aufklärend wirken.

Noch ein Zitat von Johannes-Wilhelm Rörig, der am 19. März 2014 im Bundestag sprach. Er sagte, dass in den vergangenen zwei Jahren kein Rückgang beim sexuellen Missbrauch von Kindern zu beobachten gewesen sei. Das ist das erschreckende Fazit schlechthin zu diesem Thema. Es geht also nicht nur um die Stärkung von Kindern und Jugendlichen, sondern vor allen Dingen - auch das haben die Vorredner schon gesagt - um die Sensibilisierung für das Thema Internet. Das Thema „Löschen statt Sperren“ wird wohl wieder auf die Tagesordnung kommen. Wir werden das begleiten.

Der Handlungsbedarf, jedenfalls im Bereich der pädagogischen Prävention im Interesse der Kinder und Jugendlichen, ist riesig. Davon lese ich in dem Antrag nichts. Daher werden wir uns der Stimme enthalten. - Danke.

(Beifall B90/GRÜNE und vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Niels. - Wir setzen mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Markov, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kinder stehen unter einem besonderen Schutz. Darüber gibt es überhaupt keinen Dissens. Etwaige Regelungslücken, die diesen Schutz gefährden könnten, sind selbstverständlich zu schließen.

Wir debattieren gegenwärtig darüber, welche Lücken konkret im Bereich der Persönlichkeitsrechte und der sexuellen Integrität von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden müssen. Das ist gut, und das ist richtig.

Der kommerzielle Vertrieb von Bildmaterial unbekleideter Minderjähriger an Abnehmer mit entsprechenden sexuellen Neigungen zeigt, wie wichtig die Debatte um einen besseren Schutz der Kinder und Jugendlichen ist. Die Intention des An

trages, den Sie hier vorgelegt haben, einen besseren Kinderschutz zu erreichen, wird von der Landesregierung selbstverständlich nachdrücklich unterstützt. Dennoch ist er zurückzuweisen. Warum?

Der Antrag ist einerseits überholt, andererseits verfrüht. Er ist überholt, denn er berücksichtigt nicht die aktuelle gesetzgeberische Entwicklung zu dieser Thematik. Verfrüht ist der Antrag, da er außer Acht lässt, dass das parlamentarische Verfahren gerade begonnen hat und die Erkenntnisse aus dem weiteren Diskussionsprozess in die Meinungsbildung einfließen sollen. Wir sind auf Bund-Länder-Ebene weiter, als Ihr Antrag es suggeriert.

Festzustellen ist: Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat den Ländern am 25. April 2014 einen umfangreichen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches in Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht zur Kenntnis und zur Stellungnahme übersandt. Darin werden unter anderem - das ist schon gesagt worden - in Umsetzung der EU-Richtlinie 2011/92 folgende Vorschläge unterbreitet - ich kann jetzt nicht alle ausführen; aber ein paar ganz wichtige Dinge würde ich gern nennen -:

Erstens: Anhebung der Altersgrenze in der verjährungsrechtlichen Ruhensregelung auf das 30. Lebensjahr des jugendlichen Opfers bei sexuellem Missbrauch.

Zweitens: Erweiterung des Straftatbestandes des sexuellen Missbrauchs von Kindern mittels Informations- und Kommunikationstechnologien. Darauf haben viele meiner Vorredner sehr speziell abgehoben.

Drittens: Erweiterung der strafrechtlichen Regelung der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes von kinder- und jugendpornographischen Schriften um solche Schriften, die die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes oder Jugendlichen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung zum Gegenstand haben.

Viertens: Erweiterung des Straftatbestandes der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches auf bloßstellende Bildaufnahmen oder Bildaufnahmen von unbekleideten Personen ungeachtet ihres Alters.

Der Freistaat Bayern hat darüber hinaus Anfang April 2014 in den Bundesrat einen Gesetzesantrag eingebracht, der ebenfalls die Thematik von Strafbarkeitslücken beim Schutz des Kindeswohls aufgreift. Meines Erachtens bleibt diese Initiative in weiten Teilen hinter dem Entwurf des Bundesjustizministeriums zurück, indem er sich im Wesentlichen auf zwei Punkte kapriziert: erstens auf eine Erweiterung des Begriffs der kinder- und jugendpornographischen Schriften um die aufreizende Darstellung der entblößten Genitalien bzw. des entblößten Gesäßes, zweitens auf die Erweiterung des Straftatbestandes der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch den entgeltlichen oder im Rahmen eines Tauschsystems erfolgten Handel mit Bildaufnahmen, die die Nacktheit von Kindern zur Schau stellen.

Der Rechtsausschuss des Bundesrates hat - übrigens mit Zustimmung Brandenburgs - in seiner Sitzung am 7. Mai dieses Jahres die Beratung über den Gesetzentwurf Bayerns in Ansehung des den Ländern vorgelegten Referentenentwurfs um vier

Durchgänge, bis zum 24. September 2014, vertagt. Das halte ich angesichts der thematischen Überschneidung der vorgeschlagenen Neuregelung und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit einer gemeinsamen Beratung für sachgerecht.

Brandenburg - wie auch die übrigen Bundesländer - prüft derzeit unter Beteiligung der Praxis mit der gebotenen Sorgfalt die vorgeschlagenen Regelungsinhalte. Ohne dieser Prüfung vorgreifen zu wollen, möchte ich Ihr Augenmerk auf einen sehr wichtigen Aspekt lenken: Tausch von und Handel mit Bildern nackter Kinder stellen in jedem Fall eine sexuelle Ausbeutung von Kindern dar und greifen im Übrigen auch in ihre persönliche Integrität ein, und zwar schon durch das Zeigen der entblößten Geschlechtsteile in pornographischer oder vermeintlich harmloser Darstellung. Dieser Entwicklung gilt es durch eindeutige strafrechtliche Regelungen entschieden entgegenzutreten.

Zugleich - auch darüber ist schon gesprochen worden - dürfen nicht diejenigen Fälle kriminalisiert werden, in denen Eltern ihre unbekleideten Kinder beim Baden fotografieren und die Bilder an Verwandte oder Freunde weiterreichen. Eine praktikable und sachgerechte Abgrenzung zwischen strafbarem Tun und sozial adäquatem Verhalten erscheint mir vor dem Hintergrund der immer stärker werdenden Kommunikation über soziale Netzwerke nicht mit einem Federstrich erledigt zu sein. Für die Beratung über das von mir hervorgehobene Problem bietet der Vorschlag des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz aus meiner Sicht eine gute Grundlage.

Was wir gegebenenfalls noch ändern oder anders formulieren müssen, etwa im Sinne des bayrischen Vorschlags, werden wir als Landesregierung nach Auswertung der Auffassungen der Praxis im Rahmen des engen Zeitfensters, aber dennoch mit der gebotenen Sorgfalt entscheiden. Deswegen, liebe Kollegen von der CDU, geht Ihr Antrag ins Leere. Er ist demzufolge abzulehnen. - Danke.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir setzen mit einem weiteren Beitrag der einbringenden Fraktion der CDU fort. Herr Abgeordneter Eichelbaum, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit ergreifen, auf einige Wortbeiträge einzugehen.

Herr Kuhnert, Sie sagten, dass ein Entschließungsantrag des Bundesrates vorliege. Aber es ist nur ein Entschließungsantrag. Es ist auch nur ein Gesetzentwurf der Bundesregierung in der Ressortabstimmung. Deshalb kann ich die Behauptung nicht verstehen, Herr Minister, unser Antrag komme zu spät. Wir haben noch alle Möglichkeiten, darauf einzugehen bzw. Einfluss zu nehmen.

Richtig ist, dass die Bekämpfung der Kinder- und Jugendpornographie eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die sich nicht nur mit den Mitteln des Strafrechts bewerkstelligen lässt. Aber ebenso ist eine Strafrechtsverschärfung notwendig, Frau

Kollegin Mächtig. Kein Mensch kann doch verstehen, dass es legal sein soll, von Verbrecherbanden Bilder und Videos nackter Jungs zu erwerben, dass es nicht strafbar sein soll, wenn die Käufer dieses abstoßenden Materials die Machenschaften von Kinderpornoringen mitfinanzieren, und dass es legal sein soll, Kinder und Jugendliche bewusst zu Objekten zu degradieren und ihr Alter und ihre Unbekümmertheit schamlos auszunutzen.

(Beifall CDU)

Kinder bedürfen eines besonderen Schutzes - nicht nur durch ihre Eltern, sondern auch durch den Staat. Deshalb müssen wir uns fragen: Haben wir alles getan, um die Schwächsten unserer Gesellschaft zu schützen? Wir haben die Pflicht, alle angemessenen und rechtsstaatlichen Mittel einzusetzen, um Kinderpornographie, in welcher Form auch immer, zu bekämpfen. Dazu gehört es sicherlich auch, für eine internationale Rechtsvereinheitlichung einzutreten. Es darf nicht sein, dass die Aufnahme von und der Handel mit Fotos nackter Kinder zum Beispiel in Rumänien weiter erlaubt sind, in Deutschland aber - zu Recht verboten werden sollen.

Wir stehen insoweit ganz klar an der Seite des Deutschen Kinderschutzbundes. Ich möchte hier den Präsidenten des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, erwähnen, der ebenfalls ein Verbot des Verkaufs von Kindernacktfotos gefordert hat. Es sei ein schwerer Verstoß gegen die Menschenwürde, wenn Fotos von nackten Kindern vermarktet oder gekauft würden, da diese nicht nach ihrem Einverständnis gefragt würden. Kauf und Verkauf von Fotos mit nackten Kindern sollten deshalb generell unter Strafe gestellt werden, so Hilgers.

Auch die Behauptung, Kollegin Mächtig, die vorherige Bundesregierung sei bei der Bekämpfung der Kinderpornographie untätig gewesen, weise ich entschieden zurück.

(Widerspruch der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

- Doch, Sie sagten das so. - Sie wissen genau, dass es in den vergangenen Jahren zahlreiche Novellierungen und Ergänzungen zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen im Sexualstrafrecht gegeben hat. Erinnert sei hier beispielsweise an die Initiative „Löschen statt Sperren“; Kollege Büttner hat es angesprochen. Das Bundeskriminalamt hat im Jahr 2012 97 % der gemeldeten kinderpornographischen Abbildungen im Internet innerhalb von vier Wochen gelöscht. Bei den im Ausland gemeldeten Fällen betrug die Löschquote nach 15 Tagen 94 %. Das zeigt, dass die zuständigen Behörden auch international gut zusammenarbeiten. Die Bundesregierung hat damit einen wesentlichen Beitrag geleistet, um die EU-Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie umzusetzen, wenn auch nicht in Gänze.

Richtig ist - darauf ist in den Ausführungen schon eingegangen worden -, dass im Bundesrat ein Entschließungsantrag auf den Weg gebracht worden ist. Einbringer waren die Bundesländer Hessen und Thüringen; die Landesregierung Brandenburg hat sich bei diesem Thema nicht mit Ruhm bekleckert. Im Gegensatz zu anderen Ländern setzt sie sich nicht - gerade beim Thema Opferschutz nicht - an die Spitze der Bewegung, sondern hinkt anderen Bundesländern hinterher. Sie haben es erwähnt: Bayern hat einen eigenen Gesetzentwurf in den Bundesrat ein

gebracht. Wo war der Antrag der Landesregierung Brandenburg, Herr Justizminister?

(Beifall CDU)

Dieses Thema ist nicht geeignet für ein Zurücklehnen oder ein Nichtstun. Ich würde mir wünschen, dass auch die Regierungsfraktionen diesem wichtigen Anliegen heute ihre Unterstützung geben und es nicht aus formalen Gründen ablehnen. Deshalb werbe ich noch einmal dafür, unseren Antrag anzunehmen. Handeln ist hier angesagt.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Eichelbaum. - Wir sind nunmehr am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung. Ihnen liegt der Antrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 5/9015 vor. Er trägt den Titel: „Strafen für Kinderpornographie verschärfen - Strafbarkeitslücken unverzüglich schließen!“ Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 18 und rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Korrekturen an den Rentenplänen der Bundesregierung vornehmen - Beschäftigung von Personen im Rentenalter erleichtern!

Antrag der Fraktion der FDP

Drucksache 5/9018

Ich eröffne die Debatte mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion der FDP. Herr Abgeordneter Büttner, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen mit unserem Antrag ein Thema aufgreifen, das wir als eine der größten sozialpolitischen Fehlsteuerungen der vergangenen Jahrzehnte auffassen. Die Rentenpläne der gegenwärtigen Bundesregierung gehen nicht nur zulasten künftiger Generationen von Steuer- und Beitragszahlern, sondern destabilisieren auch den Arbeitsmarkt. Vor allem: Sie kündigen den Generationenvertrag auf.

In den vergangenen Jahren wurde eine Reihe von - zumeist unpopulären - Maßnahmen ergriffen, weil man einem Fachkräftemangel begegnen und neues Potenzial erschließen wollte. An allererster Stelle sind die von Sozialdemokraten und Grünen eingeleiteten Hartz-Reformen zu nennen. Die Hartz-Reformen unter Bundeskanzler Schröder waren Ausgangspunkt der erfolgreichen Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland mit dem Ziel, langzeitarbeitslose Personen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Zahl der Arbeitslosen ist deutlich zurückgegangen. Das unterstreicht den Erfolg dieser Maßnahmen. Schauen wir uns die auf Brandenburg bezogenen Zahlen an: Im Jahr 2004

hatten wir 250 000 Erwerbslose, im April 2014 waren es nur noch 127 000 Erwerbslose.

Ein zweiter Punkt der Reformen war die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland, die besonders unter der letzten Bundesregierung vorangetrieben wurde. Ich erwähne hier die „Blaue Karte“ für hochqualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten. Auch diese Maßnahme hatte sichtbar Erfolg.