Protocol of the Session on May 14, 2014

(Der Abgeordnete Goetz zeigt einen Notizblock mit Auf- schrift.)

„Let's write history. Europe's most modern airport opens in June 2012“. Das ist eine Weile her; diese Notizblöcke sind inzwischen selten geworden. Dass es nicht weitergeht, liegt nicht an uns, sondern daran - wer im BER-Sonderausschuss gewesen ist, weiß das -, dass keinerlei Klarheit über die Verhältnisse herrscht. Wenn Sie von Drohung oder politischer Erpressung sprechen, dann frage ich Sie einmal: Was machen denn die Berliner mit uns? Unser Ministerpräsident kam wie ein geprügelter Hund aus der gemeinsamen Sitzung mit Wowereit, holte die leeren Taschen hervor und sagte: Es tut mir leid, ich habe leider nichts erreicht, die sind so böse und gemein zu mir. - So ist er aus der Sitzung gekommen, und so war es in den verschiedenen Nachrichtensendungen nachzuverfolgen. Wenn er einen Offenbarungseid leistet und sagt: Es tut mir leid, ich komme hier nicht weiter und erreiche nichts mehr, dann muss man eben sehen, welche anderen Möglichkeiten man hat. Dazu gehört eben, dass man sagt: Ihr könnt uns zwar nicht zur Kündigung der Planfeststellung bringen, aber eben auch nicht dazu, weiteres Geld zu geben. Das ist ein Weg zu zeigen, dass wir mehr Möglichkeiten haben, als wir gegenwärtig nutzen. Der Flughafen liegt in Brandenburg. Berlin, Brandenburg und der Bund sind auf gegenseitigen guten Willen angewiesen, wenn man weiterkommen will. Wenn der gute Wille bei denen nicht erkennbar ist, dann weiß ich nicht, warum wir butterweich und immer wieder lieb, nett und freundlich sein sollen nach dem Motto: Es tut uns aber leid, dass unsere Forderungen nicht erfüllt werden; selbstverständlich zahlen wir aber gern weiter. Wir nicht.

(Beifall B90/GRÜNE)

Frau Gregor-Ness, die Geschäftsordnung gibt Ihnen die Möglichkeit zu reagieren.

Herr Goetz, das Wesen des Konflikts ist ja, dass es zwei Konfliktparteien gibt. Nicht nur wir beide bilden eine Konfliktpartei, sondern auch Berlin - eigentlich sogar noch der Bund - und Brandenburg. Dieser Konflikt löst sich doch nicht dadurch, dass die Drohkulissen von beiden Seiten verschärft werden; das ist doch illusorisch. Wenn wir überhaupt vorankommen wollen, brauchen wir klare Fakten, dann brauchen wir endlich einen Fertigstellungstermin und einen Bauablaufplan. Daran hatten Sie schon einmal angeknüpft und im Ausschuss einen Antrag gestellt.

Das ist auch nachzuvollziehen. Zur gleichen Stunde tagt der Bundeshaushaltsausschuss zu dem Thema nächste Tranche, und da geht es genau darum, was im Bundesrechnungshofbericht dargelegt worden ist: Was brauchen wir als valide Grundlage, um solche Entscheidungen zu treffen? - Da ist aber weder von den Grünen noch von der FDP irgendwo parallel eingebaut worden: Aber nur mit Nachtflugverbot. - Vielmehr geht es darum, den Flughafen fertigzustellen. Das ist unser gemeinsames Anliegen hier, und darum muss es gehen.

(Beifall SPD - Goetz [FDP]: Unser gemeinsames Anlie- gen ist der Landtagsbeschluss von 2013 und den auch durchzusetzen, Frau Gregor Ness! - Frau Gregor-Ness [SPD]: Ja, unsere Verhandlungen sind gescheitert! - Goetz [FDP]: Die Berliner bewegen sich doch nicht!)

Meine Damen und Herren, wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Der Abgeordnete Genilke spricht.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Emotionen schlagen hoch - das war nicht anders zu erwarten -, und das schon nach nur zwei Rednern. Frau Gregor-Ness hat soeben angesprochen, dass wir uns tatsächlich darüber unterhalten müssen, dass das, was uns vorliegt, zu Folgendem führt: Kein Lärmschutz, keine Fertigstellung, kein Baufortschritt, unter Umständen ein Stopp des Baus. Ja, Frau Gregor-Ness, nicht die Mittelfreigabe, die erwartet wird bzw. eben nicht erwartet wird - je nachdem, aus welcher Sicht man es betrachtet -, führt zu den Dingen, die Sie nannten, sondern das ist das, was wir derzeit vorfinden, auch mit den Mitteln, die wir bis jetzt investiert haben: Kein Lärmschutz.

(Beifall CDU, FDP und B90/GRÜNE)

Der Lärmschutzbeauftragte hat gesagt: Kein Bescheid, keine Fertigstellung, kein Baufortschritt, jedenfalls kein signifikanter das ist unser Problem, und deshalb stehen wir heute hier. Ich kann zumindest die Forderung verstehen: Irgendwann müssen wir einmal innehalten, um uns zu fragen: Wie kommen wir von dieser Nummer weg, und zwar nicht aus dem Grund, dass wir von 22 bis 6 Uhr gar nicht fliegen wollen,

(Goetz [FDP]: Das auch!)

sondern aus unserem eigenen Interesse heraus und aufgrund der Frage, wie viele Steuermittel ohne das Vorliegen von grundsätzlichen Annahmen wir bereit sind, weiter dort hineinzugeben. Das ist die eigentliche Frage.

(Beifall der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

Diese Frage müssen wir nicht uns 88 Abgeordneten beantworten, diese Frage haben wir den Steuerzahlern zu beantworten.

(Beifall CDU, FDP und B90/GRÜNE)

Wir befinden uns also jetzt mit den neuen Forderungen, mit den 1,1 Milliarden Euro, die bei der letzten Aufsichtsratssitzung beschlossen bzw. besprochen worden sind - das haben wir nach einer Dreiviertelstunde Nachfragen irgendwann erfahren -,

(Senftleben [CDU]: Nachts!)

schon bei 5,4 Milliarden Euro, wie wir heute lesen durften. Trotzdem spielt die Liquidität offensichtlich keine Rolle: Kein Bauzeitenplan, kein Kostenplan, kein Eröffnungstermin - nichts. Ich muss ehrlich sagen: Ich war enttäuscht von der letzten Sitzung des Sonderausschusses, der uns im Grunde noch tiefer in die Depression hineinrammeln lässt als das, was wir bisher hatten.

(Beifall CDU)

Was Herr Großmann als Technikchef dort geboten hat, war unterirdisch,

(Anhaltender Beifall CDU)

denn nichts von dem, was wir an Fragen hatten, wurde auch nur annähernd erläutert, irgendwie plausibel erklärt, außer dass man uns Bildchen gezeigt hat, auf denen zu sehen war, wie Rauchmessungen und Rauchanlagen nicht funktionieren. Dazu mussten wir uns anhören: Sehen Sie jetzt etwas auf der Leinwand? Falls nicht, liegt es daran, dass zu viel Qualm im Terminal war, als das Foto gemacht wurde. - Das sind keine Antworten auf unsere Fragen. Mich interessiert ehrlich gesagt auch gar nicht, ob der Rauchtest funktioniert oder nicht. Ich will von ihm wissen, wann er funktioniert und nicht wie er funktioniert - das ist doch der einzig entscheidende Punkt.

(Beifall CDU - Zuruf des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Wir sind seit zwei Jahren mit diesem Brandschutz beschäftigt, und Siemens erklärt uns, man müsse noch einmal schauen, ob an den Fenstern die Mechanik funktioniert. Es kann doch nicht wahr sein, dass man zwei Jahre nach verschobenem Eröffnungstermin auf die Idee kommt, an den Fenstern hochzuklettern, um zu schauen, ob wir dort Stellmotoren anbauen können oder nicht.

(Jungclaus [B90/GRÜNE]: Mensch - Maschine!)

Wenn wir das nicht wissen, wissen wir auch nicht, wie es mit dem Brandschutz weitergehen soll. Herr Großmann sagt: Die Lage ist noch nicht hoffnungslos. Dessen, ob dieser Flughafen überhaupt mit einem funktionierenden Brandschutz nachgerüstet werden kann, sind wir uns auch nicht ganz sicher, aber wir planen erst einmal weiter und geben für 30 Millionen Euro weitere Planungsmittel aus. Wofür, wissen wir nicht so richtig, aber wir können Ihnen sagen: Alles wird gut. - Das hören wir seit zwei Jahren, und das, glaube ich, sind nicht die Antworten, die wir brauchen und die der Steuerzahler braucht. Für weitere Mittelfreigaben brauchen wir einfach konkretere Zahlen - überhaupt erst einmal konkrete Zahlen - mit verbindlichen Terminen, und das muss unsere Absicht sein.

Man fragt sich: Wie und wann ist Besserung in Sicht? Haben wir die Hälfte der Bauzeit erreicht? - Ich kann es Ihnen nicht sagen. Haben wir die Hälfte der Kosten erreicht? - Ich kann es Ihnen nicht sagen. Das kann Ihnen auch die Flughafengesellschaft nicht beantworten, der Aufsichtsrat sowieso nicht. Da haben wir als erstes unsere Landesregierung, die nahezu ausschließlich damit beschäftigt scheint, mit rechtlichen Argumenten zu begründen, warum sie das von Ihnen angenommene Volksbegehren zum Nachtflugverbot politisch nicht umsetzt. Wir haben zweitens einen Aufsichtsrat, in dem immerhin auch drei Mitglieder unserer Landesregierung sitzen, der sich vom Bundesrechnungshof über die grundlegenden Aufsichtsrastpflichten belehren lassen muss. Der Rechnungshof empfiehlt:

„Der Aufsichtsrat sollte... die Berichterstattung zum Projektvorlauf aktiv mitgestalten und hierzu seine Anforderungen formulieren.“

Weiter heißt es, der Aufsichtsrat solle

„von der Geschäftsführung Kontinuität im - von ihm mitzugestaltenden - Berichtswesen“ verlangen, … “

- man sollte eigentlich denken, dass das tatsächlich schon gelaufen ist

„ … damit er seiner Überwachungsaufgabe nachkommen kann. Die Gesellschafter sollten erforderlichenfalls der Geschäftsführung entsprechende Weisungen erteilen.“

Na bitte! Man fragt sich also unweigerlich, was Sie da in den zwölf Stunden Aufsichtsratssitzung so alles besprochen haben. Nehmen Sie endlich auch im Aufsichtsrat die Verantwortung in dieser Sicht wahr, die Ihnen der Bundesrechnungshof aufgestellt hat!

Drittens haben wir eine Geschäftsführung, deren Gesellschafter offensichtlich nichts mehr so richtig ernst zu meinen scheinen. Zumindest hat sich der Bundestag - ich sehe, die Redezeit läuft ab - heute damit beschäftigt. 26,5 Millionen Euro scheinen beim Flughafen so wichtig zu sein, dass die Insolvenz, die Zahlungsunfähigkeit droht. Glauben Sie nicht, dass Sie uns noch weiter weismachen können, dass das alles bis Dezember läuft und danach auch noch ein wenig Geld in der Kasse ist. Wenn sich der Bundestag wegen sechsundzwanzigeinhalb Millionen Euro damit beschäftigt - dort geht Mehdorn immerhin selbst hin; das ist ja schon interessant, denn zu uns kommt er nicht, wenn ein ehemaliger Vorgesetzter bzw. Mitarbeiter im Saal sitzt -, glaube ich, dass es sehr viel schlimmer um die Finanzierung bestellt ist, als wir heute denken. Den Antrag allerdings lehnen wir aus den genannten Gründen ab. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Genilke. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Der Abgeordnete Ludwig hat dazu die Möglichkeit.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht so viel Vorfreude in den Reihen der CDU - Sie kommen schon noch dran!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Antragsteller der Grünen und der halben FDP-Fraktion!

(Lachen bei der CDU)

Das ist wirklich ein klasse Vorschlag. Die Sympathien unserer Fraktion liegen eindeutig bei Ihnen. Obwohl Sie uns bis jetzt immer gesagt haben, so ein einfacher Landtagsbeschluss bewege in der Sache gar nichts, sagen Sie uns jetzt, ein einfacher Landtagsbeschluss bewege in der Sache alles. So einfach kann das sein, wenn die Legislatur zu Ende geht.

(Goetz [FDP]: Man muss nur den richtigen Beschluss fassen, Herr Ludwig. So ist das!)

Oder haben Sie mit dem Antrag möglicherweise doch noch etwas anderes vor?

Warum legen Sie ihn uns also vor? Das habe ich natürlich geprüft

(Lachen bei der CDU)

und stieß dabei darauf, dass wir schon in der mitternächtlichen Ausschusssitzung, bei der die CDU die Besetzung gewechselt

hatte - deswegen wissen Sie möglicherweise nicht, was da alles stattgefunden hat, liebe Lachenden in den Reihen der CDU -, am letzten regulären Sitzungstag unseres Sonderausschusses mittlerweile haben wir ja verlängert -, einen entsprechenden Antrag diskutiert und abgestimmt haben. Es endete mit einer deutlichen Ablehnung. An der Entscheidungsgrundlage hat sich seitdem nichts, aber auch wirklich gar nichts geändert. Brandenburgs Aufsichtsratsmitglieder haben uns mehrfach - so am Montag wieder und vergangene Woche Donnerstag im Haushaltsausschuss - informiert, dass die Liquidität des Unternehmens für dieses Jahr gewährleistet ist.

(Senftleben [CDU]: Bis zur Wahl!)

Es ist also nicht zu erwarten, dass in dieser Legislatur, die im Oktober dieses Jahres endet, unsere Landesregierung mit einem Antrag in den Landtag kommt, der Mehrbedarf für den Flughafen BER absichern muss.

Also wofür dann ein solcher Beschluss, den Sie heute herbeiführen wollen? Wir alle hier wissen - Sie haben es auch schon mehrfach erwähnt, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen -, dass nach dem Ende der Legislatur unsere Beschlüsse, sofern sie nicht in Gesetzen münden, hinfällig sind - das berühmte Diskontinuitätsprinzip. Wir können also mit einem Beschluss hier nichts bewirken.

Wollen Sie also, weil eine haushaltsrechtliche Wirkung nicht eintreten kann, auf ein bisher verborgen gebliebenes Problem aufmerksam machen? Das ist sicherlich nicht der Fall. Kaum ein Thema ist zurzeit im Land so breit vermittelt worden wie dieses. Alle haben erfahren, dass das Berliner „Njet“ und das Desinteresse des Bundes, der ja bekanntlich nachts nur mit flüsternden Flugzeugen fliegen will, die noch so gut begründete Verlängerung der Nachtruhe scheitern ließen. Das wissen alle, dafür brauchen wir den Antrag auch nicht. Also lehnen wir diesen Antrag wie im Ausschuss ab.