Sehr geehrter Herr Görke, würden Sie hier in diesem Haus vor aller Öffentlichkeit mit mir eine Wette eingehen, dass im nächsten Landeshaushalt 2015/2016 diese 400 Millionen Euro aus den 1,1 Milliarden Mehrkosten eingestellt werden, oder würden Sie dagegenhalten?
Wenn Sie mir die Lottozahlen für nächsten Sonnabend schon voraussagen können - das können Sie auch nicht.
Bitte, hören Sie mir zu! Ich habe gesagt: Sollte es Mehrkosten geben, wird der neue Landtag darüber entscheiden. Ob Sie dem angehören oder nicht, wird der Wähler entscheiden.
Jetzt eine Bemerkung zur Grünenfraktion, die im Nachtragshaushalt zu den 444 Millionen Euro noch 300 Millionen Euro als Verpflichtungsermächtigung eingestellt haben, konditionslos. Das sind die, die uns jetzt auffordern, zu sagen: Schotten dicht und innehalten! - Das ist wirklich bemerkenswert.
Meine Damen und Herren, mit der Ablehnung einer längeren Nachtruhe am BER durch die Mitgesellschafter ist eine neue Situation entstanden. Dazu hat der Ministerpräsident alles gesagt. Wir werden uns diese Sache in der Koalition genau ansehen und auch politisch bewerten. Deshalb bedarf es dieses Antrags nicht. Es gibt ein Sprichwort, auch in Deutschland: Man sieht sich immer zweimal im Leben.
Vielen Dank, Herr Minister Görke. - Es gibt den Bedarf an einer Kurzintervention. Herr Abgeordneter Goetz von der FDPFraktion hat dazu die Gelegenheit.
Herr Minister Görke, Sie sagten, man sieht sich immer zweimal im Leben. Unser Ministerpräsident - hier neben uns - sieht den Berliner Regierenden Bürgermeister nicht zweimal im Leben, sondern alle zwei, drei Wochen. Das über Jahre, und nichts ist dabei herausgekommen. Das ist das Problem, vor dem wir hier stehen.
Und wenn Sie dann sagen, dieser Flughafen sei zu 99 % fertiggestellt - sagen Sie einmal: Glauben Sie eigentlich selbst, was Sie uns hier erzählen? Ich weiß nicht, wo Sie Montag mit Ihren Gedanken waren, ich habe Sie doch im Sonderausschuss BER gesehen, wo der Vertreter des BER, der Technische Geschäftsführer, keinen Termin nennen konnte oder wollte, nicht einmal sagen konnte oder wollte, ob es überhaupt einen Termin gibt, und die Leute von Siemens sagten, ja, sie planen und arbeiten, untersuchen und prüfen, können aber nicht garantieren, ob ein Werkvertrag zustande kommen könne, mit dem sie überhaupt den Flughafen fertig bauen könnten, alles sei völlig unklar. Gleichzeitig kommt Mehdorn und sagt, er brauche im nächsten Jahr eine weitere Milliarde. Wenn 99 % fertig sind und für das letzte Prozent eine Milliarde gebraucht wird, wie viel haben wir dann bisher wirklich ausgegeben?
Also, es ist völlig unklar, was Sie uns hier erzählen. Wenn Sie jetzt wenigstens nachrechnen würden, was an Zusicherungen gegeben worden ist - nicht einmal das tun Sie hier. Sie erzählen uns irgendetwas vom Pferd und glauben, damit könne man die Leute zur Ruhe bringen.
Es gibt doch einen klaren Beschluss dieses Landtags vom Februar 2013. Der klare Beschluss sagt: Ganze Kraft - Versprechen des damaligen Ministerpräsidenten, schön, dass Sie da sind, Herr Platzeck - für umfassendes Nachtflugverbot am BER. Nun tun Sie es doch endlich! Nutzen Sie alle Möglichkeiten, die Sie haben! Ganze Kraft heißt eben nicht: Ich habe ein Riesenspektrum an Möglichkeiten, greife ein kleines Zipfelchen heraus und versuche es damit. Und wenn es nichts wird, stelle ich mich hin und sage: Tut mir leid, schade, hat nicht funktioniert, Pech gehabt, dumm gelaufen.
Das ist die gegenwärtige Situation dieser Landesregierung. Nehmen Sie Ihre Aufgaben ernst und erzählen Sie nicht irgendwelches Zeug vom Geld, was überhaupt nicht stimmt!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Herr Minister, Sie haben die Möglichkeit, darauf zu reagieren. - Das möchten Sie nicht. Dann kommen wir nunmehr zur Abstimmung.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat namentliche Abstimmung beantragt. Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Goetz, Frau Vogdt und Lipsdorf „Kein weiteres Geld für den BER ohne Nachtruhe“, Drucksache 5/8964 - Neudruck -, liegt Ihnen vor. Wir kommen
zur Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer um den Aufruf der Namen und um ausreichend Ruhe im Saal, damit wir Ihr Votum hier vorn verstehen können, meine Damen und Herren Abgeordnete.
Es liegt folgendes Abstimmungsergebnis vor: Mit Ja haben 11 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 61 Abgeordnete gestimmt, und es gab 3 Enthaltungen. Damit ist der Antrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Abgeordnete von Halem, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Sechs Mal schon haben wir in dieser Legislaturperiode in unterschiedlichen Rahmungen, aber immer gleich erfolglos, beantragt, endlich einen Stufenplan für mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung aufzustellen. Nur einen Stufenplan, der mögliche Schritte aufzeigt, der deutlich machen könnte, dass es diese Landesregierung ernst meint mit ihren Absichtserklärungen, der erst einmal noch gar nichts kostet, der aber erkennen ließe, dass auch SPD und Linke wissen, dass es nicht reicht, mit einem kleinen Schritt den Betreuungsschlüssel zu verbessern - wenn das auch 40 Millionen Euro gekostet hat, diese Leistung will ich gar nicht kleinreden -, der uns aber, wie nicht oft genug wiederholt werden kann, im Bundesvergleich nur von Platz 16 auf Platz 16 katapultiert hat. Nein, für die Baustelle Kita brauchen wir viel mehr!
Wer von Ihnen in dieser Legislaturperiode oder auch schon früher einmal Kindertagesstätten besucht hat, der wird immer wieder gehört und auch gesehen haben, wie schwierig die Situation ist. Wir haben in den letzten Jahren Unterschriftenlisten bekommen, es gab Demonstrationen, es gibt aktuell eine Kampagne „Gute Bildung. Von Anfang an!“. Alle Beteiligten for
dern einen besseren Betreuungsschlüssel, bessere Leitungsfreistellung, bessere Sprachförderung und einen Stufenplan zur Umsetzung dieser Forderungen. Wir wissen auch, warum wir das brauchen: weil es nämlich eine Schande ist, dass in diesem reichen Deutschland die Bildungschancen von Kindern so sehr von der elterlichen Herkunft abhängen wie in kaum einem anderen OECD-Land.
Das zu ändern ist ein zutiefst sozialer Anspruch, und ich verstehe nicht, warum Sie das als Vertreterinnen und Vertreter dieser sozialen Regierungsparteien so eiskalt lässt, zumal Sie immer wieder beteuern - zumindest in Wahlkampfzeiten -, Bildung habe so hohe Priorität.
Das einzige Gegenargument, das Sie immer wieder vorbringen, ist, es gebe kein Geld dafür. Eigentlich müssten Sie längst wissen, wie kurzsichtig dieses Argument ist. Richtiger ist wohl: Sie wollen dafür kein Geld ausgeben!
Es gibt viele Studien, die belegen, wie volkswirtschaftlich sinnvoll Investitionen in Bildung sind - mal ganz abgesehen von dem sozialen Anspruch und dem persönlichen Nutzen für jeden einzelnen Menschen. Der berühmteste Wissenschaftler, der sich mit diesen Fragen beschäftigt hat, ist der Mathematiker, Volkswirt und Nobelpreisträger James Joseph Heckman, von dem eine Grafik stammt, die deutlich macht, warum es so viel wichtiger ist, in frühkindliche Bildung zu investieren als in das Schüler-BAföG. Ich hätte Ihnen diese Grafik gern gezeigt. Wir sitzen ja hier in einem modernen Landtag, und ich hatte bis gestern vor, diese Grafik an diesen Displays zu zeigen. Aber die Modernität täuscht, wir sind doch noch nicht so weit. Wir sind in Wirklichkeit recht vorsintflutlich. Es wurde mir untersagt.
Gut. Es gibt eine Grafik, die macht deutlich, dass die Investition in die Bildung von Kindern im Alter von null bis drei Jahren ungefähr dreimal so hohe Rendite für die Gesellschaft abwirft wie Investitionen in Menschen, die so alt wie wir sind die Schulzeit hinter sich gelassen haben.
Das ist das, was in diesen Studien ganz deutlich zu sehen ist und was auch deutlich macht, warum frühkindliche Bildung so viel wichtiger ist als zum Beispiel das Schüler-BAföG.
Besser, sozialer und volkswirtschaftlich sinnvoller als in frühkindliche Bildung können wir unser Geld nicht investieren. Und ich verstehe nicht, wie Sie, Herr Görke - jetzt ist er weg -, wie der Finanzminister dieser Landesregierung das Land beschwichtigen und sagen kann, um die wohl demnächst für den BER erforderlichen weiteren 440 Millionen Euro bräuchten wir uns nicht zu kümmern, die seien da. Und das sagt er, ohne rot zu werden.
Ja, wir alle wollen diesen Flughafen bauen, so war es. Aber wenn Rot-Rot den Bau nicht so gewaltig an die Wand gefahren hätte,
(Unruhe und Oh! bei SPD und DIE LINKE - Frau Mäch- tig [DIE LINKE]: Nein, das geht jetzt gar nicht!)