Was Sie noch sagen, ist, dass Sie alle diese Verbesserungen wollen, die wir angesprochen haben, dass Sie sich aber weigern, sie zu beschließen, obwohl es dafür schon heute eine große Mehrheit in diesem Parlament gibt. Meine Damen und Herren, wenn Sie das auf die Zeit nach dem 14. September verschieben wollen, dann kann sich dazu jeder ein eigenes Bild machen, was das ist. In meinen Augen ist es schlicht und ergreifend Wählertäuschung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die meisten Frauen in unserem Land haben sie bereits, sind derzeit oder werden hoffentlich künftig auf sie angewiesen sein: die Hebammen. Jede Frau, die bereits ein Kind geboren hat, weiß, dass die betreuende Hebamme der Anker in einer für Frauen wie Männer aufregenden Zeit ist. Sie ist für die Frau gerade während der Geburt der Dreh- und Angelpunkt. Die Ansprüche der Frauen an die Betreuung und die Inanspruchnahme der Hebammen haben sich geändert und sind sehr unterschiedlich. Einige Frauen wollen zur Schwangerenberatung gehen, in der Klinik entbunden werden und sind damit zufrieden.
In den letzten Jahren suchten sich aber immer mehr Frauen eine Hebamme, die sie ganz individuell vor, während und nach der Schwangerschaft betreut. Dabei bildet sich ein sehr enges Vertrauensverhältnis heraus. Die sogenannten freiberuflichen Hebammen, die auch Entbindungen durchführen, stehen seit Jahren unter Druck, weil sie Haftpflichtbeiträge aufbringen sollen, die sie nicht erwirtschaften. Hinzu kommt noch der Umstand, dass Versicherer es bereits ablehnen, die Haftpflichtversicherung der Hebamme zu gewähren. Es geht also gar nicht mehr um die Bezahlung der hohen Versicherungsprämie von immerhin 5 100 Euro im Jahr, sondern es geht darum, dass Hebammen ihre Tätigkeit einstellen müssen, weil sie nicht mehr versichert sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit würde einer der ältesten Berufsstände wegbrechen. Dass Hebammen um ihre Existenz fürchten, wissen wir schon ziemlich lange. Bereits im Jahr 2010 hat meine Kollegin Schulz-Höpfner die Landesregierung gefragt, was sie unternehmen wird, um die Hebammen zu unterstützen. Im Jahr 2010! Die Antwort lautete:
„Die Landesregierung ist der Auffassung, dass es in erster Linie Sache der Vertragspartner ist, Vergütungshöhen auszuhandeln.“
Meine Fraktion hat bereits 2011 einen Antrag zur Unterstützung der Hebammentätigkeit eingebracht. Hintergrund war, dass ausgebildete Familienhebammen nicht entsprechend ihrer zusätzlichen Qualifikation eingesetzt worden sind. Es ging uns in unserem Antrag um die Ermittlung des Betreuungsbedarfs, die Festlegung des Rahmens für die Tätigkeit vor dem Hintergrund der Einbeziehung in bestehende Strukturen der frühen Hilfe und um die Entwicklung von Finanzierungsmodellen.
Es gab damals viele Argumente gegen diesen Antrag. Frau Lieske, die ja auch heute wieder sprechen wird - ich bin gespannt -, sagte damals:
Tja - wo ist denn der Weg? Auf diesen warten wir bis heute. Frau Wöllert wollte das SGB V ändern und betonte damals:
Hm. - Seit dem Jahr 2012 gibt es auf Bundesebene die Verwaltungsvereinbarung „Frühe Hilfen und Familienhebammen 2012 - 2015“. Der Bund hat im Gegensatz zum Land gehandelt. Das Land Brandenburg erhält für den genannten Zeitraum 5 Millionen Euro.
Man hätte aber nicht auf den Bund warten müssen, man hätte auch auf Landesebene handeln können, denn es gibt in anderen Bundesländern bereits Finanzierungsmodelle. So ist es möglich, unterschiedliche Kostenträger an der Finanzierung zu beteiligen oder eine Stiftung einzubeziehen, wie beispielsweise in Niedersachsen mit der Stiftung „EINE CHANCE FÜR KINDER“ als Trägerin der Hilfemaßnahme „Einsatz von Familienhebammen“.
Man muss natürlich nicht nur nach Lösungen suchen, man muss sie auch finden wollen. Heute liegt Ihnen ein diesbezüglicher Antrag vor. Wir wollen erreichen, dass die bereits ausgebildeten und die sich noch in Ausbildung befindenden Hebammen entsprechend ihrer Ausbildung eingesetzt werden. Dazu bedarf es landesweit geltender Standards und vor allem einer verlässlichen Finanzierung.
Vielleicht stellen Sie sich jetzt die Frage, was das mit der derzeitigen Situation der Hebammen zu tun hat. Das Problem der Haftpflichtversicherung muss auf Bundesebene geklärt werden; das ist uns bewusst. In dieser Angelegenheit hat sich unser Fraktionsvorsitzender bereits im Februar an den zuständigen Bundesminister gewandt.
Die Tätigkeit als Familienhebamme ist nicht nur ein zweites Standbein für Hebammen, sondern ihr Einsatz ist eine große Hilfe für Familien. Auch vor dem Hintergrund, dass Familienverbände fordern, den frühen Jahren eines Kindes mehr Beachtung zu schenken, und dass man die Familien niederschwellig erreichen muss, sind insbesondere die Familienhebammen geeignet, diese Aufgabe zu übernehmen. Familienhebammen betreuen Frauen bis zu zwölf Monate nach der Geburt. Sie sind es, die Defizite schnell aufdecken können und dann entsprechend frühe Hilfe leisten.
Die Anstellung kann durchaus unterschiedlich sein, zum Beispiel beim öffentlichen Gesundheitsdienst oder bei einem Wohl
fahrtsverband. Die Hebamme hätte nicht nur eine weitere Beschäftigung, sondern es wäre auch einfacher, die Versicherung zu finanzieren.
Während auf Bundesebene intensiv an einer Einigung gearbeitet wird, dürfen wir auf Landesebene nichts unversucht lassen, die Hebammen zu unterstützen. Familienhebammen sind für die Betreuung der Frauen und Kinder eine Bereicherung und für den Erhalt des Berufsstandes in Zukunft unerlässlich. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Familienhebammen haben einen frühen und engen Kontakt zu Familien und sind in der Lage, Fehlentwicklungen von Kindern rechtzeitig zu erkennen. Das ist eine absolute Wahrheit, der man nichts entgegensetzen kann, das ist überhaupt keine Frage. Auch bei der Situation der Hebammen, die hier geschildert wurde, sowohl, was den versicherungstechnischen Teil, als auch, was den vergütungsrechtlichen Teil betrifft, gibt es Handlungsbedarf. Aber dort ist nicht nur auf Bundesebene, sondern auch auf Landesebene etwas in Bewegung gekommen.
Sie haben vom Netzwerk Frühe Hilfen gesprochen. Auch dieses ist in Brandenburg gut angesiedelt; das gibt es hier. Was sich in Brandenburg ebenfalls sehr gut etabliert hat, ist das Netzwerk Gesunde Kinder, das flächendeckend im Land Brandenburg vorhanden ist. Die Bundesmittel, die Sie ansprachen, Frau Schier, werden vom Land Brandenburg ein Stück weit an die örtlichen Träger durchgereicht, die in allererster Linie auch diejenigen sind, in deren Kompetenz und Verantwortung die ganze Angelegenheit gehört und die den allerbesten regionalen Überblick über die Bedürfnisse und die entsprechenden Erfordernisse der jungen Mütter haben.
Frau Abgeordnete, ist Ihnen bekannt, dass in manchen Regionen bzw. Kreisen das Netzwerk Gesunde Kinder gerade einmal 10 % der Eltern erreicht, weil es nicht genug Paten gibt, sodass von „flächendeckend“ überhaupt keine Rede sein kann?
Ich glaube, das wissen wir alle, und es ist auch nicht nur ausschließlich das Netzwerk Gesunde Kinder, das als Ansprech
partner gilt. Wir wissen, dass die Familien - davon machen sie regen Gebrauch - ein freies Wahlrecht haben. Das ist ein Angebot, das an die Familien gerichtet wird, und diese können selbst entscheiden, welchen Hilfeanspruch sie gern anmelden möchten. Ich denke, es gehört zu einer Gesellschaft, die freiheitlich und grundordentlich strukturiert ist, dazu, dass es dieses gibt. Dass man derzeit im Land Brandenburg wahrscheinlich Familienhebammen nicht flächendeckend vorweisen kann, wissen wir. Aber es gibt eine enge Verbindung zwischen dem Land Brandenburg, dem Familienhebammenverband Berlin-Brandenburg sowie dem Kompetenzzentrum Frühe Hilfen, die daran arbeiten, die Familienhebammen erstens besser auszubilden, sie nach einem gemeinsamen Curriculum zu beschulen und zweitens die Attraktivität des Berufes zu stärken.
Da wir auch von kommunaler Verantwortung sprechen und von dem Blickwinkel, der auf die regionale Identität zu richten ist, wissen wir, dass wir als Land mit entsprechenden Anweisungen, die von Landesebene kommen, nicht unbedingt den einzelnen Einsatz der Familienhebamme befördern können, sondern das muss eine Entwicklungsstruktur sein, die vor Ort das Zusammenspiel der einzelnen Akteure sichert.
Die Grundsätze, die Sie ansprachen, die auf Bundesebene gelten, sind ein gutes Hilfsinstrument, um die Zusammenarbeit zu strukturieren. Das Land Brandenburg hat mit seiner Förderrichtlinie klare Handlungsansätze für die Familienhebammen vorgegeben. Ich denke, dass wir auch bei diesem Thema noch eine ganze Menge zu tun haben und Handlungsbedarfe im Bereich der Ausbildung sowie bei der weiteren Integration in die Netzwerke Frühe Hilfen vorhanden sind.
Wir halten allerdings wenig davon, dass wir mit Landesempfehlungen arbeiten und die regionalen Körperschaften bzw. die Landkreise oder kreisfreien Städte anweisen, wie ihr ganz konkretes Hilfsangebot für Familien und Kinder aussehen soll. Ich denke, das wäre etwas zu sehr der Landesblick. Diesen muss man natürlich insgesamt beibehalten, und das haben wir auch getan, denn in diesem engen Netzwerk hat sich in den Jahren Sie sprachen von Redebeiträgen, die bereits einige Jahre zurückliegen - eine ganze Menge getan, und auch der Hebammenverband fühlt sich in der Beratung ganz wohl, aber lange noch nicht befriedigt; das ist überhaupt keine Frage. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Gäste! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie auf die Rednerliste schauen, dann werden Sie sehen, dass Herr Büchel und ich die Ehre haben, als Männer in diese Debatte einzugreifen.
und möchte hier für uns alle erst einmal grundsätzlich die Wertschätzung für diesen Berufsstand in unserer Gesellschaft zum Ausdruck bringen. Wir haben es auch in der Ausschusssitzung erlebt.
In unserer letzten Sitzung hat sich der Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz mit der ökonomischen Situation der Hebammen in Brandenburg befasst. Die vom Landeshebammenverband in dieser Sitzung genannten Beträge, die künftig für die Berufshaftpflicht aufgebracht werden sollen, sind für die in unserem Land Brandenburg tätigen Hebammen schlichtweg nicht mehr verkraftbar. Sie werden von durchschnittlich 450 Euro im Jahr 2002 auf ca. 5 100 Euro ab Juli dieses Jahres steigen und werden die Arbeit der Familienhebammen in unserem Land entsprechend tangieren.
Die steigenden Versicherungsprämien sind aber nicht die einzige Herausforderung, der sich die Familienhebammen in Brandenburg ausgesetzt sehen. Die Ausübung ihrer Arbeit anhand klar messbarer Kriterien ist derzeit nicht gegeben. Die Mitte 2012 von der damaligen Bundesregierung gestartete Initiative zum Schutz von Kindern vor Missbrauch und Vernachlässigung war richtig, und auch Brandenburg profitiert davon. Bis zum kommenden Jahr werden die Landkreise und kreisfreien Städte ca. 5 Millionen Euro aus Bundesmitteln erhalten, um die im Land tätigen Netzwerke - das Netzwerk Frühe Hilfen wurde bereits angeführt - und die Familienhebammen zu unterstützen - Geld, das gut gemeint ist, aber aus Sicht meiner Fraktion derzeit nicht optimal eingesetzt ist.
Nach wie vor fehlt es an landesweit gültigen fachlichen Standards für den Einsatz von Familienhebammen. Erst diese bilden aber die Grundlage dafür, dass alle werdenden und jungen Familien in unserem Land die gleiche Möglichkeit haben, die Leistungen der Familienhebammen in Anspruch zu nehmen. Dies ist gegenwärtig nicht der Fall. Hier müssen sich Landesregierung, Landkreise und kreisfreie Städte gleichermaßen Kritik an ihrem bisherigen Kurs gefallen lassen.