Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie stellen fest: Der rot-rote Regierungsantrag ist in diesem Punkt wörtlich mit dem identisch, was Grüne und FDP bereits vorgelegt hatten. Insofern, Kollege Dr. Scharfenberg und Frau Stark: Ich hatte im Innenausschuss angeboten, da sich eine gewisse Einigkeit abzeichnete, dass wir gern auch gemeinsam darüber nachdenken könnten, wie man einen Entschließungsantrag hierzu gestaltet, um die Abschiebungshaft im Land Brandenburg so auszugestalten, dass Grundrechte und Grundfreiheiten in größtmöglichem Maße auch für Abzuschiebende gewahrt werden; denn wir wissen aus dem Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Das gilt für jeden Menschen, nicht nur für Deutsche. Es gilt auch für Ausländer, auch für Abzuschiebende, die Deutschland um Asyl ersucht haben.
Ich finde es etwas schade, dass Sie nicht darauf eingegangen sind. Es hätte, denke ich - ob man nun von Konsens oder Kompromiss sprechen will, ist mir erst einmal völlig egal -, dazu beigetragen, hier zu größerer Akzeptanz zu führen. Trotzdem ist es so, dass wir, wenn Sie bei dem gemeinsamen Antrag von Gelb-Grün bzw. Grün-Gelb abgeschrieben haben, das Abge
schriebene gut finden, gar keine Frage, und deshalb auch Ihrem Antrag zustimmen werden - unserem sowieso. Den Gesetzentwurf lehnen wir ab. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Mir scheint, unsere Landesregierung hat es wirklich nicht leicht. Da hat sie einerseits eine höchst unwirtschaftliche Abschiebehafteinrichtung an der Backe, die vor allem von der Bundespolizei genutzt wird, und zwar unentgeltlich und häufig aufgrund rechtswidriger Haftanordnungen. Auf der anderen Seite will man sich doch eigentlich menschenfreundlich geben, und da passen Abschiebungen irgendwie nicht recht ins Bild. Zumindest klingt der Passus im Landesintegrationskonzept so.
Was macht man da? Versucht man, die Abschiebehafteinrichtung besser auszulasten und Abschiebehäftlinge aus anderen Bundesländern quasi anzuwerben? - Ja, jüngst geschehen in einer Vereinbarung mit Mecklenburg-Vorpommern. Oder sollte man doch lieber daran arbeiten, Abschiebungen zu vermeiden, um dem Wähler und der Wählerin ein fortschrittliches Image zu präsentieren? - Irgendwie auch ja, folgt man dem Landesintegrationskonzept. Irgendwie aber auch nicht, schaut man sich an, was die Koalition im Innenausschuss bisher getan hat: nämlich nichts. - Eine sehr widersprüchliche Ausgangslage. Dabei hört sich das Landesintegrationskonzept so wunderbar an. Ich zitiere:
„Abschiebungen und mehr noch Abschiebehaft sind letzte und harte Mittel zur Vollziehung der Ausreisepflicht, die Traumatisierungen hinterlassen und besonders für Kinder tiefgreifende Erfahrungen bedeuten können. Das Land Brandenburg setzt sich dafür ein, die Ausreise möglichst auf freiwilliger Basis durchzuführen und die Verhältnismäßigkeit im Abschiebungsvollzug zu gewährleisten.“
Als Ziele und Aktivitäten werden genannt: „Prüfung der Möglichkeit einer Intensivierung der Beratung zur freiwilligen Ausreise, zum Beispiel durch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen für Beschäftigte der Ausländerbehörden oder durch die finanzielle Förderung der Freiwilligenausreise“ und „Erlass zur Hilfestellung für die Ausländerbehörden bei der Beachtung der Verhältnismäßigkeit im Abschiebungsvollzug“.
Das klingt gut und deckt sich in Teilen mit den Intentionen unseres Entschließungsantrages. Dieser greift die starken Bedenken auf, die in der Anhörung zum Abschiebungshaftvollzugsgesetz von Expertenseite vorgebracht wurden. Im Innenausschuss hat eine Auseinandersetzung dazu überhaupt nicht stattgefunden.
Wir wollen mit unserem Entschließungsantrag im Einzelnen, dass Abschiebungshaft als letztes Mittel begriffen wird und Familien nicht getrennt werden, schützenswerte Gruppen von der Abschiebungshaft ausgenommen werden, zum Beispiel Min
derjährige, Schwangere, psychisch Kranke und Traumatisierte, Alternativen zur Abschiebungshaft geprüft werden, zum Beispiel regelmäßige Meldepflicht, Kaution oder Passabgabe, die Abschiebehafteinrichtung in Eisenhüttenstadt nicht mehr für rechtswidrige Haftanordnungen missbraucht wird, die Bundespolizei, wenn sie denn Haftabschiebungsanordnungen schon nicht sein lassen kann, wenigstens die Kosten dafür trägt, wenn sich diese als rechtswidrig herausstellen, was leider häufig der Fall ist. Zu guter Letzt wollen wir eine Abschaffung der Abschiebungshaft auf Bundesebene erwirken.
Da Sie unserem Entschließungsantrag offensichtlich nicht zustimmen mögen, legen Sie hier „last minute“ einen eigenen ähnlichen vor. Gut, dem Anliegen ist damit Rechnung getragen. Wir freuen uns, einmal wieder als Spiritus Rector wirken zu können.
Der Gesetzentwurf selbst ist für uns ohne die vorgeschlagenen, aber abgelehnten Änderungen nicht zustimmungsfähig. Die Regelungen zur Ausübung unmittelbaren Zwangs sind problematisch. Die Unterbringung von Kranken in den Krankenabteilungen der Justizvollzugsanstalten widerspricht dem Trennungsgebot der EU-Rückführungsrichtlinie. - Wir werden den Gesetzentwurf deshalb ablehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch bei der Regelung der Abschiebungshaft, die wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf in gewissen Teilen verändern wollen, gibt es relativ breiten Konsens, wenn auch nicht ganz so breiten wie bei dem zuvor beratenen Gesetzentwurf zum Polizeigesetz: Es gibt relativ breiten Konsens dahingehend, dass Abschiebungshaft immer das letzte Mittel sein muss, Konsens, dass es sich grundlegend von einem Strafvollzug unterscheiden muss, Konsens auch dahingehend, dass bei besonderen Gruppen von Personen Abschiebungshaft zu vermeiden ist.
Die Änderungen im Gesetzentwurf sind von den Vorrednern relativ gut vorgestellt worden. Ich möchte mich da kurzhalten und nur zwei Punkte betonen, die aus meiner Sicht wesentlich sind. Das eine ist das Thema der Unterbringung in einem Haftkrankenhaus. Es ist in der vorliegenden Form zulässig und ist auch europarechtskonform. Es ist konform mit allen anderen Richtlinien, die wir zu beachten haben, weil eine strikte Trennung von Strafvollzugsgefangenen selbstverständlich gewährleistet sein wird. Das Haftkrankenhaus der JVA Brandenburg an der Havel ist so groß, dass das rein praktisch ohne Probleme möglich ist. Sollte dieses Haftkrankenhaus tatsächlich eines Tages - aus welchen Gründen auch immer - so belegt sein, dass die Trennung nicht möglich ist, würde selbstverständlich die Unterbringung dort nicht erfolgen können. Wir werden im praktischen Vollzug unbedingt darauf achten. Die gesetzliche Grundlage, die geschaffen wird, ist aber für eine effektive Behandlung erforderlich.
Das, was aus meiner Sicht sehr positiv aufgenommen worden ist, insbesondere von den Kirchen und den Initiativen in dem Bereich, ist die Einführung eines Beirates. Das wird aus meiner Sicht dazu beitragen, die Zusammenarbeit mit diesen Initiativen weiter zu verbessern, zu intensivieren und vielleicht auch manche Missverständnisse abzubauen, die auch heute in der Debatte zu Tage traten.
Was die Entschließungsanträge angeht, wird es Sie nicht überraschen, dass ich dem Entschließungsantrag von SPD und Linken den eindeutigen Vorzug gebe, aber nicht, weil er sich in einem Teil mit dem anderen Entschließungsantrag deckt - es ist erfreulich, dass es da Konsens gibt -, sondern weil Punkte darüber hinausgehend nicht erfasst sind, die es mir unmöglich machen würden, dem anderen Entschließungsantrag zuzustimmen. Was soll ein Minister - zudem ein Innenminister - sagen, wenn er darauf hinwirken soll, dass keine rechtswidrigen Haftanordnungen von Richterinnen und Richtern ergehen? Wie soll ein Innenminister auf die Justiz, auf die unabhängigen Richter, dahin gehend einwirken, dass sie doch bitte schön rechtmäßig handeln? Das ist ein ganz merkwürdiger Teil.
Wenn dann auch noch die Bundespolizei für rechtswidrige Haftanordnungen die Kosten tragen soll - wohlgemerkt Anordnungen, die ein Richter erlässt -, weiß ich nicht, wie wir das umsetzen sollen.
In der Sache haben wir, wie ich sehe, Konsens: Abschiebungshaft ist Ultima Ratio und wird es im Land Brandenburg und bundesweit bleiben. Die Initiativen auf Bundesebene sehe ich durchaus. Ich möchte aber abschließend sagen: Eine grundlegende vollständige Abschaffung halte ich im derzeitigen System nicht für geboten und für möglich, weil es in der Tat immer Sonderfälle gibt, in denen wir sie brauchen. Da haben wir keinen Konsens. Ich hoffe trotzdem auf eine deutliche - mehrheitliche - Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. - Vielen Dank.
Damit kommen wir, meine Damen und Herren, zur Schlussabstimmung. Als Erstes stimmen wir über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, Drucksache 5/8773, ab. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Damit ist dieser Beschlussempfehlung mehrheitlich gefolgt worden.
Wir sind bei der Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 5/8769. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ohne Enthaltungen ist der Antrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.
Es folgt die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 5/8818. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen oder Enthaltungen? - Ohne Gegenstimmen bei einigen Enthaltungen ist der Antrag mehrheitlich angenommen.
Gesetz zur Neuregelung des Hochschulrechts des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Hochschulge- setz - BbgHG)
Des Weiteren liegt Ihnen der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 5/8813, vor.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Mit der Drucksache 5/8747 liegt Ihnen die Beschlussempfehlung zum neuen Hochschulgesetz für Brandenburg vor. Wir als SPD-Fraktion werben natürlich um Zustimmung, denn mit diesem neuen Hochschulgesetz ist ein wichtiger und, wie wir finden, richtiger Schritt vollzogen worden. Es wird auch für Meister, für beruflich Qualifizierte, für Menschen im Arbeitsprozess und mit Fachhochschulreife möglich sein, ein Studium an unseren Hochschulen aufzunehmen, einen Bachelor- und Masterabschluss zu erwerben. Damit haben wir den offensten Hochschulzugang aller Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland.
Nun wird es nicht gerade dazu führen, dass die Hochschulen überrannt werden von Nichtabiturientinnen und -abiturienten. Erst am Wochenende war in der „Märkischen Oderzeitung“ nachzulesen, dass bundesweit die Rede von 12 400 Nichtabiturienten bei insgesamt rund einer halben Million Studierenden, Erstsemestern ist. Das sind erst 2,5 %, aber es ist ein wichtiger Schritt für die Öffnung der Hochschulen und ein ursozialdemokratisches Anliegen, nämlich die Durchlässigkeit der Bildungssysteme.
Wir wissen, dass wir den Hochschulen damit viel zumuten, aber wir wollen ihnen auch helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen. An der BTU Cottbus-Senftenberg ist dafür bereits eine College-Struktur im Aufbau. Diese soll dann auch für die anderen Hochschulen im Land Pilotwirkung haben.
Wir haben uns in der Anhörung zum Hochschulgesetz mit vielen Themen nochmals beschäftigt und daraus Schlüsse gezogen, mit unserem Antrag manche Dinge auch anders benannt, vorgestellt und zur Beschlussfassung vorgelegt. Insbesondere haben die Fachhochschulen darauf gedrungen, dass es auch weiterhin möglich sein soll, Teile der Lehre von Lehrbeauftragten ausführen zu lassen. Die Einschränkungen haben wir dementsprechend zurückgenommen. Was aber bleibt, ist die klare Ansage, den Status der Lehrbeauftragten nicht zu missbrauchen, um grundständige Lehre abzusichern. Das sind weitere Punkte, die wir unter dem Stichwort „gute Arbeit“ thematisiert haben. So haben wir entsprechend dem Hamburger Hochschul
gesetz Mindestlaufzeiten von zwei Jahren für Beschäftigte an unseren Hochschulen festgeschrieben. Wenn eine Drittmittelvergabe zugrunde liegt, dann soll die Laufzeit auch der Laufzeit der Drittmittel entsprechen.
Was in den Qualifizierungsphasen an den Hochschulen für Promovierende und Habilitierende ganz wichtig ist, ist der Umstand, dass ein Drittel der Arbeitszeit auch wirklich für die eigene Qualifikation genutzt werden kann. Außerdem haben wir bemerkt, dass die familienpolitische Komponente, die im Wissenschaftszeitvertragsgesetz gegeben ist, hier viel zu wenig zur Anwendung kommt, und werben ausdrücklich dafür, diese vermehrt einzusetzen und zu berücksichtigen.
Ich möchte noch zwei Dinge sagen, besonders zum vorliegenden Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Natürlich hat auch die Presse immer ganz besonderen Spaß daran, wenn die Koalitionsfraktionen nicht einer Meinung sind, dieses zu benennen und zu diskutieren. Deshalb noch einige Worte zu der sachlichen Debatte um die 51 Euro Verwaltungskosten: Dabei handelt es sich nicht um Studiengebühren.
(Jürgens [DIE LINKE]: Herr Schierack kann uns doch auch einmal aufklären, was das für eine Gebühr ist!)
Ich habe gesagt, in den Koalitionsfraktionen hatten wir Dissens und darüber gestritten. Daran hat die Presse immer Spaß.
Ja, auch das kommt vor, Herr Senftleben. Es sind eben keine Studiengebühren, sondern Verwaltungskosten, an deren Deckung die Studierenden des Landes Brandenburg in Höhe von 51 Euro pro Semester beteiligt werden. Das ist aus Sicht der SPD durchaus vertretbar, denn diese Kosten fallen für bestimmte, den Studierenden zugutekommende Serviceleistungen an. Dazu zählen unter anderem Immatrikulation, Rückmeldung, Beurlaubung, die allgemeine Studienberatung sowie Leistungen, die durch die akademischen Auslands- und Prüfungsämter erbracht werden. Alle diese Einrichtungen werden von den Studierenden im Laufe ihrer Studienzeit in Anspruch genommen. Deswegen denken wir, dass dieser Verwaltungsaufwand von ihnen auch mitfinanziert werden muss. Darüber hinaus sagen wir, dass 5 Millionen Euro weniger für unsere Hochschulen überhaupt nicht geht. Genau deswegen werden wir auch den Antrag der Grünen ablehnen.
Letzter Punkt: Es gibt von den Koalitionsfraktionen einen Entschließungsantrag, in dem es um den Beauftragten und das Zentrum für Lehrerbildung an der Universität Potsdam geht. Wir haben das nicht ins Gesetz übernommen, weil wir denken, dass das der Autonomie der Hochschule widerspricht. Aber wir legen darauf großen Wert - nicht zuletzt deshalb, weil wir die Lehrerinnen und Lehrer im Land Brandenburg dringend brauchen.