Protocol of the Session on April 2, 2014

- Ja, ja, ja, doch! So ist das. Gehen Sie bitte einmal zu den Mitarbeitern der unteren Denkmalschutzbehörde, die schon in Rente sind. Die sagen ihnen nämlich ehrlich, wie oft sie vor ihren Bürgermeister oder Landrat zitiert wurden, damit sie eben genau diesen Antrag stellen.

Was die Probleme der unteren Denkmalschutzbehörden angeht, so müssen wir uns die Frage stellen: Sind untere Denkmalschutzbehörden im Bauamt einer Kreisverwaltung wirklich richtig angesiedelt? Sind die Mitarbeiter so ausgestattet, dass sie ihren Aufgaben nachkommen können?

Wie gesagt, Kern der Großen Anfrage scheint Frage 45 - Abrissanträge für Gebäude - zu sein. Es stellt sich die Frage, wer schuld ist. Darauf komme ich in den nächsten fünf Minuten zu sprechen, wenn es um Ihren Antrag geht, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion.

Die Fragen 50 bis 53 - es geht um die Denkmalschutzstiftung wurden so beantwortet: Wir haben uns noch kein Bild gemacht. Ich wage zu bezweifeln, dass Sie sich wirklich noch kein Bild gemacht haben. Frau Melior hat es im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur gesagt: Ja, das nehmen wir in unser Wahlkampfprogramm auf. Denkmalstiftung - das kommt! Ich lese dort im Regierungsprogramm nach. Da steht etwas von Denkmalfonds. Das ist etwas ganz anderes.

(Frau Melior [SPD]: Ja!)

Das ist keine Stiftung. Ein Denkmalfonds ist ein Haushaltsansatz. Das ist das, was Minister Enderlein einmal eingestellt, aber Minister Reiche wieder kassiert hat. Genau das ist ein Denkmalfonds. Genau das wird auch wieder passieren.

(Beifall FDP)

Wahlkampfplattitüden ohne Inhalt. Sie machen keine Denkmalstiftung, das haben Sie nicht vor. Damit widersprechen Sie sich selbst. Oder, Frau Melior, haben Sie es bloß nicht in Ihrem Regierungsprogramm durchgesetzt? Ich weiß es nicht.

(Frau Melior [SPD]: Nein, keine Sorge! - Zuruf des Ab- geordneten Bischoff [SPD])

- Na, wir werden sehen. Ich glaube nicht, dass das wirklich kommt. Ich glaube auch nicht, dass die SPD das machen wird. - Danke schön.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lipsdorf. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Herr Abgeordneter Groß erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Werte Gäste! Dieser Tagesordnungspunkt hätte im Grunde genommen auch mit dem darauffolgenden verbunden sein können.

(Frau Melior [SPD]: Genau!)

Ich möchte als Erstes der Landesregierung für die detaillierten, präzisen Antworten auf die von der CDU-Fraktion gestellten Fragen danken.

Liebe Anja Heinrich, bevor ich nachher vielleicht nicht mehr dazu komme, möchte ich sagen: Ich finde, du hast Recht, wenn du dich, was den Erhalt der Kultureinrichtungen anbelangt, hier einbringst. Das ist auch unsere Position. Ein kleiner Hinweis für euch oder für die sachsen-anhaltinischen Verantwortlichen, die zum Beispiel von sechs Theatern drei Theater zu schließen beabsichtigen: Es wäre vielleicht ein Tipp, dies mit den dortigen Kollegen vor Ort zu beraten. Du kannst garantiert gute Unterstützung geben.

Diese Antworten auf die Große Anfrage geben ein gutes Bild über das in den vergangenen 20 Jahren auf dem Gebiet des Erhalts und der Weiterentwicklung von Kultureinrichtungen und kultureller Infrastruktur Geleistete. Sie zeigen auf, wo dringender Handlungsbedarf besteht, wichtige Kulturgüter und Einrichtungen vor dem Zerfall zu retten.

Wir haben es mit einer überaus interessanten Auflistung zu tun, die zahlreiche Initiativen und Aktivitäten aufführt. Vieles von dem ist zwar bekannt, aber so komprimiert dargestellt kann man ermessen, welche Leistungen in den vergangen Jahren vollbracht wurden. Dafür gilt allen Beteiligten Dank und großer Respekt. Vieles konnte gerettet, saniert, erhalten werden. Erinnern an dieser Stelle möchte ich nur an die 250 evangelischen und 66 katholischen Kirchen, die 1 489 Dorfkirchen, die 117 Friedhofskapellen und die 257 Pfarrhäuser.

Seit Gründung des Landes - Frau Heinrich hat schon darauf aufmerksam gemacht - wurden für Investitionen in die kulturelle Infrastruktur ca. 550 Millionen Euro Landesmittel, ca. 276 Millionen Euro Bundesmittel und ca. 215 Millionen Euro EU-Mittel ausgegeben. Dabei sind die Mittel der Kommunen, Maßnahmen der Wirtschaftsförderung in denkmalgeschützte Bauwerke und private Initiativen noch nicht einmal eingerechnet.

Die Antwort auf die Große Anfrage macht außerdem deutlich, wie verzweigt das Netz der Förderprogramme und -möglichkeiten ist - ein wahrer Dschungel, in dem sich ein Laie kaum zurechtfinden kann und der selbst einem Insider bei der Beantragung von Fördermitteln alles abverlangt.

Das macht aus meiner Sicht zweierlei deutlich: Erstens gibt es verschiedene Fördermöglichkeiten, die unter Beweis stellen, welch hoher Stellenwert dem Erhalt der Kultureinrichtungen in

unserem Land beigemessen wird. Zweitens gibt es zeitlich und finanziell begrenzte Möglichkeiten der Förderung. Das macht immer wieder Antragstellungen und bürokratischen Aufwand nötig, um an Gelder zu kommen.

Deshalb plädieren wir dringend für eine kontinuierliche Förderung, weil es nach wie vor zahlreiche Baustellen gibt. Von den 430 denkmalgeschützten Anlagen - darauf ist aufmerksam gemacht worden - sind 149 gefährdet. Das sind immerhin 35 % der Schlösser und Gutshäuser, die sicherungs- bzw. sanierungsbedürftig sind. Daraus abzuleiten, dass das kulturelle Erbe des Landes verscherbelt werde, wie die verehrte Kollegin Anja Heinrich dies in ihrer Presseerklärung am 23.03. verlauten ließ, halte ich nicht nur für eine maßlose Übertreibung, sondern für politisch unverantwortlich.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Natürlich muss bei der Vielzahl der Objekte, die sanierungsbedürftig sind, und den vorhandenen finanziellen Ressourcen genau abgewogen werden, welches Objekt wann genau in Angriff genommen wird. Das ist immer ein Abwägungsprozess, bei dem es auch immer unterschiedliche Standpunkte geben wird.

Die bisherigen Förderinstrumente haben sich bewährt und sollen weitergeführt werden, wovon ja in der Antwort auf die Große Anfrage auch ausgegangen wird. Darüber hinaus sehen wir die Notwendigkeit, den Denkmalschutz auf sichere Füße zu stellen und kontinuierlich zu fördern. Deshalb haben wir in unserem Wahlprogramm die Schaffung eines Denkmalfonds vorgeschlagen - als ernstgemeinte Initiative und nicht, wie von der CDU behauptet, als Placebo gemeint.

Lassen Sie uns also gemeinsam aus der Großen Anfrage die Schlussfolgerung ziehen, dass auf dem Gebiet der Kultureinrichtungen und kultureller Infrastruktur in den vergangenen 20 Jahren Enormes geleistet wurde, dass wir aber noch große Anstrengungen vor uns haben, Denkmäler zu erhalten. Dabei dürfen wir gemeinsam nicht nachlassen. - Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Groß. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Abgeordnete von Halem hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Das Verdienst der CDU, die vorliegende Anfrage eingereicht zu haben, sowie das der Landesregierung bzw. der von ihr vorgelegten Antworten liegt in erster Linie in der Verwirrung. Wir wissen nämlich nicht so genau, was Kultureinrichtungen sind und was kulturelle Infrastruktur. Sicher - bei Denkmalen, Kirchen oder Museen ist die Zugehörigkeit eindeutig. Aber ist ein Hotel, das in einem denkmalgeschützten Gutshaus eingerichtet wurde, oder die Musikschule im 2. Stock der Shopping-Mall der kulturellen Infrastruktur zuzurechnen?

Angesichts der schwierigen Erfassbarkeit dieses Objektes der Neugierde verwundert es dann auch nicht, dass die Fragen

nach Fördermöglichkeiten, Finanzbeteiligungen und Betreiberstrukturen zwar viele Zahlen und Informationen zutage fördern, die Aussagekraft aber schwer fassbar ist. Angefangen damit, dass die Landesregierung für Förderung kultureller Infrastruktur bereichsspezifische und bereichsübergreifende Konzepte und Programme auflistet - es werden 15 verschiedene Konzepte und 20 verschiedene Programme genannt, die auch noch ineinander verzahnt sind. Infrage kommende Drittmittelgeber bleiben noch völlig unerwähnt. Aus Sicht der Landesregierung mag das alles plausibel klingen; schließlich sind die Mittelgeber den unterschiedlichsten politischen Ebenen zuzuordnen. Die Frage, ob ein solcher Dschungel ein investorenfreundliches Klima schafft, kann man wohl nur mit Nein beantworten. Den Hinweis auf eine zentrale Beratungsstelle habe ich jedenfalls nirgends gefunden.

Es gibt aber auch eine positive Dimension der Verwirrung: Kultur betrifft eben alle Lebensbereiche. Wir wären arm, wenn nicht alle politischen Ebenen - EU, Bund, Land, Kommune, Stiftungen, Kirchen und Privatpersonen - sich in mannigfaltiger Weise um Kultur bemühen würden. Das erschwert natürlich die statistische Erfassung, entspricht aber dem Kern des Anliegens.

Als Bildungspolitikerin interessiert mich natürlich immer auch, wie denn gesellschaftliche Fragestellungen Eingang in die Schulen finden. Zwei Programme werden genannt: eines der Deutschen Stiftung Denkmalschutz mit guter Brandenburger Teilnahme und eines, das vom MWFK, vom MBJS und der AG „Städte mit historischen Stadtkernen“ getragen wird. Dieses hatte zum Inhalt, dass Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 bis 13 für die Klassen 1 bis 4 Arbeitsmaterialien zur gebauten Umwelt und zum Denkmalschutz entwickeln. Das klingt nach einem hervorragenden pädagogischen Ansatz: Schüler unterrichten Schüler, noch dazu mit regionalem Bezug. Warum hat dieses Projekt nur zwei Mal Mitte der 2000er-Jahre stattgefunden und dann nicht mehr? Darüber erfahren wir leider gar nichts.

Aus Sicht von uns Grünen gibt es noch einen ganz dicken Minuspunkt beim Thema Klimaschutz. Gut, die CDU hat das nicht interessiert; sie hat nicht danach gefragt. Aber im Gebäudesektor entsteht etwa ein Drittel der deutschen CO2-Emissionen. Seit Jahren wissen wir um die großen Einsparpotenziale gerade dort. Wir wissen auch um die besonderen Herausforderungen, gerade bei denkmalgeschützten Objekten. Dass unter den genannten Förderprogrammen - und das sind sehr viele, wie ich bereits gesagt habe - kein einziges auftaucht, das sich insbesondere der energetischen Sanierung annimmt, das ist ein Armutszeugnis. Die Landesregierung nennt nur ganz lapidar die energetische Sanierung als Aufgabe für die Zukunft. Das ist, meine Damen und Herren, genauso wie bei der Nachhaltigkeitsstrategie. Auch diese enthält blumige Absichtserklärungen, aber wenn es an die konkrete Umsetzung geht, weicht sie dem aus.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU)

„Klimaschutz verursacht keine Kosten“, sagt Klaus Töpfer. Und Recht hat er: Alles, was wir heute nicht investieren, legen wir den nachfolgenden Generationen zur Last. Das gilt natürlich auch beim Denkmalschutz.

Als Letztes noch ein kleiner Beitrag zu der Unübersichtlichkeit, von der ich vorhin geredet habe. Ich hätte mir bei den ein

zelnen Indikatoren einen Blick über den Tellerrand gewünscht. Wie stehen wir eigentlich da im Vergleich zu anderen Bundesländern? Was machen andere Bundesländer? Aber auch das wurde leider weder gefragt noch beantwortet.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Wir setzen mit dem Beitrag des Abgeordneten Dr. Hoffmann fort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist auf jeden Fall zu begrüßen, dass durch eine Große Anfrage in diesem kunstvoll gestalteten Saal über Kultur gesprochen werden kann - unter einem Adler als Kunstwerk in einem Haus als Gesamtkunstwerk, das die Geschichte Brandenburgs und Preußens nicht verleugnet, sich jedoch mit demokratischem Blick kritisch unter anderem mit dem Adler als Symbol von Alleinherrschern auseinandersetzt.

Ja, in der Einleitung zur Großen Anfrage der CDU wird richtig festgestellt:

„Der Umgang mit Kultureinrichtungen zeigt das Kulturverständnis einer Gesellschaft...“

Fragen zu diesem Thema geben natürlich ebenfalls Auskunft über das Kulturverständnis des Fragenden. Für die Antworten gilt das analog. In den Antworten der Regierung wird deutlich, dass Brandenburg ein Kulturland ist und dass große Anstrengungen unternommen werden, um die kulturelle Substanz zu erhalten. Es stimmt: Wir können auf eine lebendige Kulturlandschaft verweisen - sowohl in infrastruktureller Hinsicht als auch bezüglich der kulturellen Vielfalt.

Jedoch können die Antworten kaum besser sein als die Fragen. Deine Rede, liebe Anja, fand ich ja gut, aber in den Fragen selbst ist keine Systematik, ist kein Konzept, ist keine Idee zu erkennen - oder vielleicht doch?

(Lipsdorf [FDP]: Doch, doch!)

Bereits in der Einleitung wird für mich immer wieder eine seltsam museale Sicht auf Kultureinrichtungen deutlich, vielleicht sogar eine restaurative Sicht. Fragen, wie mehr Dynamik in die Kulturpolitik gelangen kann, kommen eher schüchtern zum Zuge.

Doch genau darum geht es - um eine bessere Förderungssystematik und mehr Dynamik.

Konzepte haben wir viele im Land, Beschlüsse auch. Jedoch nicht alle werden ernst genommen, wenn ich nur daran denke, dass der Fonds für kulturelle Bildung trotz Landtagsbeschluss noch immer nicht durch Zahlen und konkreten Inhalt definiert ist. Oder nehmen wir, wie bereits erwähnt, das Gesetz zur Förderung der Musik- und Kunstschulen: mehr Aufgaben für diese Kultureinrichtungen, aber nicht mehr Geld. Probleme bei der Einführung des Gesetzes sorgen nun auch noch dafür, dass nicht einmal die drei bisher bestehenden Kunstschulen mit Bestandsschutz rechnen können. Ein schlechtes Gesetz sorgt eben

manchmal für Kuddelmuddel bei der Exekutive. Antworten kann es hier nicht geben, weil danach gar nicht gefragt wurde.