Das interessiert mich dann einmal in einem ganz toll ausformulierten Antrag; und ich kann nicht sagen, dass wir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - die personelle Stärke hätten, Ihnen da die Arbeit abzunehmen.
Aber als Abgeordnete machen wir das. Ich mache das zum Beispiel auch im Kreistag Oder-Spree. Wir haben es dort mit Kreismitteln tatsächlich geschafft, die Brücke zum polnischen Nachbarland zu ertüchtigen; die Bauarbeiten beginnen jetzt. Wir können nur nicht auch noch das Konnexitätsprinzip hochund runterreiten, vielleicht muss das Land Brandenburg auch einmal eigene Mittel in die Hand nehmen und die Kreise dabei unterstützen. Infrastruktur hoch und runter, immer das Gleiche von vorn und sieben Seiten Entschließungsantrag - ich erwarte ganz konkrete Maßnahmen. Ich erinnere Sie gern an den einen oder anderen Punkt - ob das aus dem Europaausschuss ist oder wenn Sie wieder einmal eine Aktuelle Stunde ohne aktuellen Bezug machen - und bedanke mich jetzt schon für die tolle Zusammenarbeit mit unserem Ministerpräsidenten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei einigen Vorrednern ist es angeklungen: Natürlich waren die letzten Tage von den Ereignissen in der Ukraine, ich will nicht sagen überschattet, aber auf alle Fälle beeinflusst.
Ich habe bei meinem Besuch Anfang der Woche in Warschau gemerkt, dass es natürlich bei dem direkten Nachbarn der Ukraine viel größere Sorge gab, als wir sie vielleicht hier wahrgenommen haben. In Teilen Polens wurden Turnhallen leergeräumt und für Flüchtlinge vorbereitet. Krankenhäuser haben sich auf Verletzte und Verwundete vorbereitet. Kurz gesagt: Man ist davon ausgegangen, dass in der Ukraine ein Bürgerkrieg unmittelbar bevorstand. Deswegen ist auch in Polen der Respekt vor der Leistung der drei Außenminister, der gemeinsamen Initiative des polnischen Außenministers Sikorski, des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier und des französischen Außenministers Fabius, sehr groß. Dass das Ganze hier in diesem Hause etwas ins Lächerliche gezogen wurde, halte ich - auch vor dem Hintergrund der Ängste und Sorgen - für ziemlich respektlos.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man die Gespräche führt und diese Sorgen und Ängste, die übrigens bis zum heutigen Tag nicht ganz verschwunden sind, spürt, dann ist man sehr dankbar, dass an dieser Stelle das Weimarer Dreieck - die deutsch-französisch-polnische Zusammenarbeit hervorragend funktioniert hat. Die europäische Idee hat hier in einer Art und Weise gewirkt, die man wohl auch in der Ukraine, wohl auch bei den Leuten, die auf dem Maidan waren, nicht mehr für möglich gehalten hat. Sie wussten, dass es im Vorfeld auch viel Kritik an der Rolle Europas gab.
Nein. - Deswegen ist es, glaube ich, sehr wichtig, dass wir auch und gerade diese europäische Idee weiter leben, dass wir die europäische Idee pflegen. Und wenn die „Frankfurter Allgemeine“ geschrieben hat: „Vielleicht war das deutsch-polnische Verhältnis nie enger“, dann ist das eine zutreffende Beschreibung, die wir in ihrer Normalität - Deutsche und Polen sorgen gemeinsam in einem Nachbarland Polens mit dafür oder sind ein Mosaikstein in der Entwicklung, einen Bürgerkrieg zu verhindern; das ist schon eine innereuropäische Normalität -, die wir vor einigen Jahren noch für unmöglich gehalten hätten.
Natürlich ist es so, dass man, wenn man die Situation in der Ukraine in den letzten Wochen - man konnte ja nicht anders, sondern musste sie verfolgen - mit dem Herzen verfolgt hat, sich an die Situation in Polen Ende der 70er- und in den 80erJahren und an die Situation in der DDR 1989 erinnert gefühlt hat. Wir haben großen Respekt vor der Leistung, die das polnische Volk im Jahre 1989, aber auch schon in den Jahren zuvor mit seinem Mut, seiner Standhaftigkeit vollbracht hat. Es war nämlich schon im Februar 1989 zur ersten, in Teilen freien
Wahl - ich will das nicht genauer ausführen, die meisten wissen es - in Polen gekommen, und dies war natürlich auch ein wichtiges Element für den Fall der Mauer hier bei uns in Deutschland.
Summa summarum: Wenn diese Entwicklung in Polen in den 80er-Jahren nicht so gelaufen wäre, würden wir alle wahrscheinlich nicht hier - in einem frei gewählten Parlament - sitzen.
Ich habe, als ich in Warschau war, davon gesprochen, dass ich dieses hohe Amt, das mir der Bundesaußenminister antrug und in dem mich das Bundeskabinett bestätigt hat, mit großem Respekt und Demut antrete. Ich habe zwei Dinge nicht vergessen: Ich habe nicht vergessen, was vor 75 Jahren im Zweiten Weltkrieg Deutsche dem polnischen Volk angetan haben. Und ich habe nicht vergessen, was hätte passieren können, als ich im Jahre 1981 in der Nationalen Volksarmee in Cottbus mit erhöhter Gefechtsbereitschaft de facto darauf gewartet habe, den Marschbefehl nach Polen zu bekommen. Ich bin dankbar, dass es 1981 - auch durch mutige Entscheidungen - nicht dazu gekommen ist. Auch deswegen gibt es von meiner Seite große Demut und großen Respekt vor dem, was das polnische Volk geleistet hat.
Für mich war das Jahr 1981, in dem ich als Soldat im Grundwehrdienst der Nationalen Volksarmee war, das Jahr, in dem ich mich von der DDR endgültig verabschiedet habe, weil ich mit einem Staat, der in Kauf nimmt, dass junge Leute in ein anderes Land einmarschieren, nichts zu tun haben wollte, besonders aus meiner persönlichen Geschichte heraus. Mein Großvater war als Wehrmachtssoldat in Polen und in Russland und ist über die Ereignisse niemals hinweggekommen. Dass ich in die Situation hätte kommen können, der nächste aus meiner Familie zu sein, der in ein fremdes Land, in unser Nachbarland Polen einmarschiert, habe ich der DDR nie verziehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute reden wir häufig von Normalität. Normalität darf aber niemals bedeuten, dass wir das Leid, das Deutsche dem polnischen Volk angetan haben, vergessen. Diese deutsch-polnische Geschichte und das, was wir dem polnischen Volk dadurch zu verdanken haben, dass sie die Geschichte nach dem, was vor 75 Jahren passiert ist, mit uns gemeinsam gestalten wollen - nicht zu vergessen: auch in der Zeit der Umwälzungen in Osteuropa hat das polnische Volk eine äußerst wichtige Rolle gespielt -, sind für uns Verpflichtungen für die Zukunft, Verpflichtungen, die wir jeden Tag mit unserer Arbeit einlösen müssen.
Und natürlich - das habe ich bei allen Rednern herausgehört, dafür bin ich sehr dankbar - ist die Jugendarbeit eine ganz besondere Herausforderung für uns. Wir müssen - auch da sind wir uns einig - das Deutsch-Polnische Jugendwerk weiterentwickeln und Augenhöhe mit dem Deutsch-Französischen Jugendwerk erreichen. Das werde ich als erste und wichtigste Maßnahme zu erreichen versuchen; denn gerade vor dem Hintergrund der deutsch-polnischen Geschichte kann man,
glaube ich, Jugendlichen nicht nur die Kultur und damit auch das Interesse an einer Sprache nahebringen, sondern man kann ihnen gerade anhand dieser Geschichte auch den Wert von Freiheit und Demokratie hervorragend erklären.
Weitere Themen werden die Fragen der Infrastruktur sein. Da haben wir - und das sage ich nicht gerne - auf deutscher Seite mittlerweile ein gerüttelt Maß an Nachholbedarf. Das betrifft die Bundesverkehrswegeplanung und andere Dinge mehr; ich möchte jetzt nicht im Einzelnen darauf eingehen, vielleicht sagt Ralf Christoffers dazu noch etwas.
Wir müssen die wissenschaftlichen Netzwerke noch enger ziehen. Da hat sich in den vergangenen Jahren viel entwickelt. Unser Leuchtturm ist hier die Viadrina in Frankfurt (Oder) ein Leuchtturm, der europaweit für Zusammenarbeit zwischen europäischen Staaten steht und der für uns auch weiterhin ein Leuchtturm der deutsch-polnischen wissenschaftlichen Zusammenarbeit sein wird.
Dazu gehört natürlich auch die Frage der inneren Sicherheit. Ich bin in der letzten Woche beim Bundesinnenminister gewesen. Auch und besonders unter Mitwirkung des Landes Brandenburg wird es demnächst zu einem Abschluss der Verhandlungen über das deutsch-polnische Polizeikooperationsabkommen kommen.
Das hat einen wichtigen Hintergrund: Polizei arbeitet immer auf einer sicheren Rechtsgrundlage. Ohne sichere Rechtsgrundlage kann Polizei nicht vernünftig arbeiten. Deswegen ist dieses Abkommen für die Zusammenarbeit immens wichtig. Wir werden gemeinsam mit dem polnischen Nachbarn unsere Anstrengungen verstärken, um die innere Sicherheit in den Grenzregionen zu erhöhen. Wir haben es hier mit einem europäischen, mit einem internationalen Problem zu tun - auch das muss man klar im Fokus haben -, und wir werden dieses Problem so, wie wir es bisher getan haben, weiter ernst nehmen.
Was die vorhin aufgeworfene Frage betrifft, was denn wäre, wenn der Ministerpräsident so viel zusätzliche Zeit brauche, um die Beziehung zu Polen zu pflegen: Ein Blick in die Verfassung des Landes Brandenburg spricht da Bände. Die Zusammenarbeit, die guten Beziehungen zu unserem Nachbarland Polen haben für uns Verfassungsrang.
Deswegen ist das eine Aufgabe, die ich erstens ohnehin zu leisten habe. Zweitens bin ich der festen Überzeugung, und das gilt nicht nur für den östlichen Teil des Landes Brandenburg, dass die Beziehungen zur Republik Polen für die Entwicklung unseres Landes eine essentielle Grundlage darstellen. Sie sind eine wichtige Voraussetzung, um unser Land Brandenburg weiterzuentwickeln. Deswegen ist jeder Ministerpräsident gut beraten, sich um diese wichtigen Punkte besonders intensiv zu kümmern. Das werde ich auch tun.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Willy Brandt hat einmal gesagt: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“ Willy Brandt hat mit seiner Ostpolitik bewiesen, wie richtig dieser Satz war und wie richtig er immer noch ist. Die katastrophale Eskalation in der gar nicht so fernen Ukraine vor ca. einer Woche zeigt uns: Alles kann auch ganz anders kommen. Auch bei uns und in Polen hätte 1989 manches anders kommen können. Darum können wir stolz sein auf das, was wir alle zusammen hier an unserer Grenze, die uns mittlerweile mehr verbindet als trennt, geschaffen haben. Dazu braucht es weiterhin Kompetenz, und es braucht auch guten Willen. Beides habe ich bei meiner Reise nach Polen wie auch hier in Brandenburg an vielen Stellen angetroffen. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist für die Beziehungen zu unserem Nachbarn nach 25 Jahren eine sehr gute Bilanz. Ich wünsche uns dafür weiter viel Erfolg. Alles Gute! - Danke.
Während der Abgeordnete Dombrowski zur Kurzintervention an das Rednerpult tritt, begrüße ich unsere neue Gästegruppe, Schülerinnen und Schüler aus dem Paul-Fahlisch-Gymnasium in Lübbenau. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider hat der Ministerpräsident meine Frage nicht angenommen, deshalb muss ich das so machen.
Herr Ministerpräsident, Sie haben völlig zu Recht auf die Ängste in Polen, auf das besondere Verhältnis von Brandenburg, aber auch Deutschland insgesamt zu Polen hingewiesen. Sie sind der Polenbeauftragte der Bundesregierung. Manchmal wird im Parlament etwas gesagt, was missverständlich ist. Darum würde ich das gerne klargestellt haben: Die Kollegin Kaiser hatte vorgetragen bzw. den Vorschlag gemacht, die Grenzschilder zu Polen zu entfernen und durch Schilder zu ersetzen, auf denen steht: „Dies ist keine Grenze.“
Vor dem vorher von Herrn Lipsdorf, aber auch von Ihnen Gesagten, was die Ängste betrifft, würde ich an Sie als Beauftragten der Bundesregierung für Polen schon einmal die Frage richten, wie Sie das bewerten und ob man nicht vielleicht vorher mit Polen darüber reden sollte. - Nummer 1.
Nummer 2: Sie haben, wie alle Vorredner auch, zum Thema Ukraine gesprochen. Ich hätte mir vorstellen können, dass der Ministerpräsident einen Hinweis darauf gibt, dass man sich seit Montag in der ukrainischen Botschaft in eine Kondolenzliste für die Toten vom Maidan eintragen kann, und zwar sowohl für die zivilen als auch für die Opfer aufseiten der Polizei.
Nummer 3 und abschließend, damit kein Missverständnis aufkommt: Frank-Walter Steinmeier war und ist ein guter Außen
minister. Er hat in der Vergangenheit, aber auch aktuell die Interessen unseres Landes im Ausland gut vertreten. Er tut dies in Sachen Ukraine nicht alleine, sondern verbunden mit anderen; das ist auch vernünftig so. Von daher hat hier niemand die Absicht, Herrn Steinmeier in irgendeiner Weise kleiner zu machen. Allerdings lobt sich Herr Steinmeier nicht so oft selbst, wie andere das tun.
Herr Dombrowski, es ist nicht Aufgabe der Landesregierung und schon gar nicht des Ministerpräsidenten, die Reden von Abgeordneten in diesem Hohen Haus zu beurteilen oder zu bewerten. - Danke.
(Beifall SPD, DIE LINKE und des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE] - Senftleben [CDU]: Das gilt also für immer?)