Protocol of the Session on August 29, 2013

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: So sind die Märker!)

Vor allem hatten wir großes Glück mit unseren Landesvätern. Manfred Stolpe und Matthias Platzeck waren eindrucksvolle Ministerpräsidenten. Manfred Stolpe hat dafür gesorgt, dass unser Land seine Form, seinen Stolz und seine Identität wiedererhält. Er hat Brandenburg mit ruhiger Hand durch die wahrlich schwierigen Anfangsjahre gesteuert. Matthias Platzeck hat ebenfalls die Transformation in den 90er Jahren mitgestaltet. Als Umweltminister hat er die Großschutzgebiete etabliert, etwas, auf das wir heute zu Recht sehr stolz sind. Er hat für einen neuen Ausgleich zwischen Umweltschutz, Wirtschaft und Arbeitsplätzen gesorgt. In seinen über elf Jahren als Ministerpräsident hat Matthias Platzeck Brandenburg in wirtschaftlich stabile Zeiten geführt. Erinnern wir uns: Im Juli 2005 waren in Brandenburg noch gut 240 000 Menschen ohne Arbeit. Es gab Städte, in denen die Arbeitslosigkeit bei 25 % lag. Die Stimmung im Land war entsprechend. Die Arbeitslosenquote lag damals landesweit bei 18 %. Zu Beginn der jetzigen Großen Koalition aus SPD und Linken im Herbst 2009 waren noch 162 000 Menschen arbeitslos. Im letzten Monat waren es 128 000 Menschen. Heute sind die neuen Arbeitslosenzahlen herausgekommen, wir haben im vierten Monat in Folge eine Arbeitslosigkeit von unter 10 %, genau sind es 9,4 %.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Das heißt, es ist uns allen gemeinsam, aber eben auch dieser Landesregierung gelungen, in den letzten acht Jahren die Arbeitslosigkeit zu halbieren. Das ist ein großer, ich würde sagen, auch historischer Erfolg, den niemand in den Jahren 2004/2005 für möglich gehalten hat. Das hat die Stimmung in diesem Land verändert, und zwar zum Positiven. Deshalb liegen Sie, Herr Dombrowski, deutlich daneben, wenn Sie davon reden, dass die Stimmung in diesem Land immer schlechter werde.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Also 128 000 Arbeitslose, eine Halbierung. Ich will aber nicht falsch verstanden werden, das sind immer noch viel zu viele. Aber die Koalition arbeitet hart daran, dass noch mehr Menschen Arbeit haben, und zwar gute Arbeit. Gute Arbeit bedeutet für uns nicht Niedriglohn, sondern Arbeit mit einem Einkommen, das zum Leben ausreicht. Davon sind wir in weiten Teilen noch sehr weit entfernt. Wir haben als Landesregierung hier schon einen Schritt gemacht, nämlich das eben als „ideologisch“ bezeichnete Vergabegesetz. Ich glaube, das, was Herr Dombrowski da eben gesagt hat, muss man für die Brandenburgerinnen und Brandenburger übersetzen. Diese Landesregierung hat ein Vergabegesetz realisiert, das verlangt, dass es, wenn Kommunen und das Land Aufträge erteilen, beispielsweise für Gartenbauarbeiten, für Wachschutzdienste oder Ähnliches, einen Tarifvertrag gibt oder mindestens demnächst 8,50 Euro Mindestlohn gezahlt werden. Wenn die CDU sagt, das ist ideologisch, dann meint sie damit, sie will diesen Mindestlohn nicht, sie will, dass weiterhin Löhne gezahlt werden,

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Dumpinglöhne!)

die unterhalb dieser 8,50 Euro liegen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Das heißt das, was Sie gesagt haben, übersetzt.

(Zuruf von der CDU: Dann haben Sie das nicht verstan- den! - Homeyer [CDU]: Dann sind Sie ganz schön ver- zweifelt!)

- Ich bin überhaupt nicht verzweifelt, ich glaube nur, dass die Leute durch meine Übersetzung gemerkt haben, was Sie wirklich wollen. Sie akzeptieren, dass in diesem Land Löhne in Höhe von 4 Euro oder 5 Euro gezahlt werden.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Genau! - Beifall SPD und DIE LINKE)

Die Menschen in diesem Land akzeptieren das schon lange nicht mehr.

(Zuruf von der CDU: Haben Sie jetzt den Faden verlo- ren?!)

- Nein, ich habe den Faden überhaupt nicht verloren. Ich glaube, dass Sie den Faden schon länger verloren haben, nämlich den Bezug zu den Menschen in diesem Land und den real existierenden sozialen Problemen.

(Oh! bei der CDU - Vereinzelt Beifall SPD)

Heute, wie gesagt, haben wir es erreicht, dass die Arbeitslosigkeit innerhalb der letzten Jahre halbiert worden ist. Das ist ein gigantischer Erfolg, den viele zu verantworten haben.

(Zuruf von der CDU: Die Unternehmer!)

Den nimmt die Landesregierung gar nicht für sich alleine in Anspruch. Natürlich haben Unternehmer ihr Verdienst daran. Daran haben auch die Kommunen Verdienste, der Bund, aber eben auch diese Landesregierung. Wir alle haben etwas erreicht, wovon in der Mitte des letzten Jahrzehnts kaum jemand zu träumen wagte, nämlich einstellige Arbeitslosenzahlen. Aber wir arbeiten weiter. Wir sind noch nicht am Ziel. Bei uns rückt ein weiteres Ziel immer mehr in den Vordergrund: Wir Sozialdemokraten wollen, dass gute Arbeit auch in Brandenburg endlich gut bezahlt wird. Deshalb bleiben wir bei diesem Vergabegesetz längst nicht stehen, sondern wollen wir einen bundesweit einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Und ich würde mich sehr freuen, wenn die CDU endlich Ihren Widerstand aufgeben würde und wir das möglich machen können.

Viele Unternehmen in Brandenburg klagen zunehmend über Facharbeitermangel. Herr Dombrowski hat auch darüber gesprochen, und Sie haben Recht damit. Wir werden diesen Facharbeitermangel aber nur bekämpfen können, wenn in Brandenburg endlich auch genauso gute Löhne wie in NRW oder Bayern gezahlt werden. Auch das gehört zur Wirklichkeit dazu.

(Einzelbeifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Einsicht bei unseren Unternehmen wächst. Wer Menschen, die in den 90er Jahren aus Brandenburg in den Westen gegangen sind, zurückgewinnen will, der muss hier ordentliche Löhne zahlen. Ich bin froh, dass wir eine Landesregierung haben, die das erkannt hat. Ich begrüße deshalb ausdrücklich, dass unser neuer Ministerpräsident für starke Gewerkschaften und starke Unternehmerverbände geworben hat. Auch da mein Appell gerade an junge Arbeitnehmer in Brandenburg: Organisiert euch gewerkschaftlich und engagiert euch in Betriebsräten! Wir brauchen eine starke Sozialpartnerschaft. Der Zusammenhang ist ganz einfach: Hoher gewerkschaftlicher Organisationsgrad ist eine notwendige Voraussetzung für gute Löhne.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir brauchen uns im Land nur umzuschauen: Wo werden gute Löhne gezahlt? Gute Löhne werden gezahlt in den Großbetrieben, wo es auch einen hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad gibt, bei BASF in Schwarzheide, bei EKO in Eisenhüttenstadt, in Hennigsdorf, in Schwedt beim PCK und natürlich auch bei Vattenfall. Dort gibt es hohe gewerkschaftliche Organisationsgrade, deshalb werden dort auch hohe Löhne gezahlt. Deshalb kann ich nur appellieren: Geht in die Gewerkschaften, setzt euch dafür ein! Ich appelliere auch an die Unternehmerinnen und Unternehmer: Akzeptiert es, dass Menschen in dieses Land nur zurückkommen, wenn sie hier mindestens genauso viel verdienen wie in Westdeutschland!

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Diejenigen, die in den 90er Jahren gegangen sind - darunter sind viele, die bereit sind, wieder zurückzukommen -, schauen, wenn sie hierher kommen: Finde ich ordentlichen Wohnraum? Ja, den finden sie mittlerweile. Sie schauen: Finde ich eine gute Unterbringung in den Kitas? Auch das können wir bieten, teilweise besser als in Bayern und Baden-Württemberg. Aber sie gucken dann auch: Was wird gezahlt? Wenn der Unterschied eben noch bei 300, 400, 500 Euro liegt, dann ist die Rückkehrbereitschaft gering. Ich glaube, wenn wir den Facharbeitermangel bekämpfen wollen, müssen wir an dieses Thema dringend heran.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Matthias Platzeck hat unser Land 23 Jahre lang geprägt. Er hat allen Landesregierungen angehört, er war länger in der Verantwortung als jeder andere Landespolitiker. Das waren gute Jahre für Brandenburg. Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass die Brandenburgerinnen und Brandenburger sehr genau spüren, dass eine erfolgreiche Ära zu Ende gegangen ist. Sie haben Matthias Platzeck viele Worte des Dankes entgegengebracht. Auch ich möchte ihm - ich denke, ich spreche hier für die meisten im Saal - sagen: Danke, Matthias. Es war toll, was du hier für dieses Land geleistet hast. Ich bin im Gegensatz zu Herrn Dombrowski auch stolz darauf, dass du weiterhin in unserer Fraktion bist, dass du weiter mitarbeitest. Wir brauchen deine Erfahrung, wir werden sie wertschätzen. Danke.

(Beifall SPD und DIE LINKE - Zuruf des Abgeordneten Dombrowski [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser neuer Ministerpräsident hat jetzt die Leitlinien für die kommenden 13 Monate skizziert. Die rot-rote Landesregierung wird ihre erfolgreiche Arbeit fortsetzen.

Wir werden weiterhin unseren Schwerpunkt auf Bildung legen. In dieser Wahlperiode stellen wir so viele Lehrerinnen und Lehrer ein wie noch nie in der Geschichte unseres Landes,

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Genau!)

zum nächsten Schuljahr voraussichtlich allein etwa 1 000 Lehrerinnen und Lehrer. Das ist eine gigantische Zahl. Das einzige, was der Opposition dazu einfällt, ist, dass das nicht genug sei.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion und auch von den anderen Oppositionsfraktionen, ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir können uns heute hier auch hinstellen und beschließen: Wir stellen 2 000 oder 5 000 Lehrer ein. Wir werden aber bereits große Probleme haben, die jetzt geplanten 1 000 Lehrer auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Das wird die Hauptauseinandersetzung in den nächsten Jahren sein, dass es einen Wettbewerb zwischen den Bundesländern um gute Lehrerinnen und Lehrer gibt. Aber wir werden das hier in Brandenburg - dadurch, dass wir für Beamte ein hohes Attraktivitätspotenzial haben - sicher schaffen.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Im Übrigen - auch das muss ich der Opposition hier sagen, Herr Senftleben hat sich gerade so aufgeregt -: Wir als Brandenburger tun heute bereits viel mehr als andere um uns herum. Schauen wir doch nur in unser Nachbarland Sachsen darauf verweist die CDU ja sehr gern -: Sachsen stellt nur halb so viele Lehrer wie Brandenburg ein, hat aber 30 % mehr Schüler. Das ist eine Wirklichkeit, die wir uns vor Augen halten müssen.

(Zuruf von der CDU: Und PISA?)

In Sachsen regiert die CDU seit 1990. Sie werfen uns vor, wir würden zu wenig Lehrerinnen und Lehrer einstellen. Wir haben die Einstellungszahlen deutlich gesteigert. Sie schauen aber nicht in Ihr Nachbarland, wo Ihre Parteifreunde eben nicht das tun, was wir hier machen, sondern die dramatische Situation dort weiter verschlechtern.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, ehe Sie uns kritisieren, schauen Sie sich lieber an, was Ihre Parteifreunde anderswo machen, und Sie werden feststellen: Diese Landesregierung muss sich wahrlich nicht verstecken.

(Starker Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir haben im Bildungsbereich noch mehr gemacht. Wir wissen nämlich, dass der Altersdurchschnitt unserer Lehrerinnen und Lehrer sehr hoch ist. Deshalb haben wir Lehrereinstellungen vorgezogen, deshalb haben wir auch mit den Gewerkschaften der Ministerpräsident hat darauf hingewiesen - erst kürzlich ein Paket verabredet, das älteren Lehrern die Arbeit erleichtert und mehr jüngere Lehrer an die Schulen holt.

Das ist bei den Lehrerinnen und Lehrern sehr gut angekommen. Es war ein vernünftiges Ergebnis, das wir gemeinsam mit den Gewerkschaften erreicht haben, dass wir einen Teil der Gehaltserhöhungen für Angestellte nicht für die Beamten übernommen, sondern es solidarisch umverteilt haben, mit dem Ergebnis, dass ältere Lehrerinnen und Lehrer künftig bis zu zwei

Stunden weniger arbeiten müssen. Und wir garantieren dafür, dass zusätzlich neue, junge Lehrer eingestellt werden. Das ist ein tolles Beispiel dafür, wie man solidarische Arbeitszeitpolitik organisieren kann,

(Starker Beifall SPD und DIE LINKE)

wodurch junge Leute in den Schuldienst hineinkommen und ältere Kolleginnen und Kollegen entlastet werden. Dann ist auch die Rente mit 67 - eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit verkraftbar, wenn man Erleichterungen schafft.

(Zurufe von der CDU)

Das haben wir gemacht, das ist ein gutes Beispiel dafür, dass Rot-Rot vernünftige Politik macht.

Die SPD-Fraktion begrüßt ausdrücklich die heutige Ankündigung von Ministerpräsident Woidke, zusätzliches Geld gegen den Unterrichtsausfall zur Verfügung zu stellen. Ich finde, Herr Dombrowski, Sie haben das, was heute hier passiert ist, ein wenig heruntergeredet. Der Ministerpräsident hat heute gesagt: Ab Frühjahr 2014 wird die Unterrichtsreserve um 50 % aufgestockt - um 50 %! Das ist nicht nichts! Das ist kein kleiner Schluck aus dem Wasserglas, sondern ein ordentlicher Hieb. Die Entlastung wird deutlich spürbar sein, der Unterrichtsausfall wird dadurch deutlich sinken. Ich glaube, darauf können wir stolz sein.

(Beifall SPD und DIE LINKE)