Protocol of the Session on August 29, 2013

(Frau Lehmann [SPD]: Das soll es geben!)

Aber, meine Damen und Herren: So geht das nicht. Die Politik, die wir hoffentlich gemeinsam gestalten, kann nicht von Wahlperioden abhängig sein. Sie muss weit darüber hinausgehen. Von daher bitte ich Sie: Denken Sie auch darüber nach, ob wir nicht jungen Brandenburgerinnen und Brandenburgern in dem Bereich einen Anreiz geben können, hier im Land zu bleiben, wenn sie ihr Medizinstudium hinter sich gebracht haben.

(Beifall CDU)

Ein weiteres drängendes Problem erwächst aus den steigenden Flüchtlingszahlen. Nicht nur die Unterbringung, sondern auch die soziale Integration, vor allem die der Kinder, die zur Schule gehen und dort etwas lernen sollen, ist eine große Herausforderung. Ich könnte die Aufzählung beliebig fortsetzen.

Dass es so viele ungeklärte Fragen und offene Probleme gibt, bedeutet nicht, dass es Brandenburg schlecht geht. Das behaupten wir auch nicht. Wenn unsere Kritik und unsere Hinweise so gewertet werden, dass wir Brandenburg schlechtreden wollten, dann ist das ein Stück weit denunziatorisch. Wir tragen für dieses Land genauso viel Verantwortung wie jede andere Fraktion auch.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Ich sagte, dass hinter der Benennung von ungeklärten Fragen und offenen Problemen nicht die Behauptung steht, dass es Brandenburg schlecht gehe. Im Gegenteil: Gerade, weil es momentan sehr gute Rahmenbedingungen für ein stabiles Wirtschaftswachstum, niedrige Arbeitslosenzahlen oder unerwartet hohe Steuereinnahmen gibt, müssen jetzt aus einer Position der Stärke heraus die entscheidenden Weichen für die Zukunft gestellt werden.

(Frau Lehmann [SPD]: Na denn!)

Auch die CDU kann nicht zaubern, aber wir können arbeiten.

Wir müssen gemeinsam Prioritäten setzen und den Menschen im Land ehrlich sagen, was geht und was nicht geht.

(Vereinzelt Beifall CDU - Frau Lehmann [SPD]: Was?)

- Ja, Frau Kollegin, den Menschen im Lande ehrlich sagen, was geht und was nicht geht, und nicht so tun, als würde alles irgendwie weitergehen, dabei streichen und allen sagen: Eigentlich wird es mehr. - Das ist keine Ehrlichkeit. Dafür stehen wir nicht zur Verfügung.

(Zurufe von der SPD)

Der neue Ministerpräsident, Dietmar Woidke, hat die Chance dazu ermutige ich ihn ausdrücklich - zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme. Ich hoffe und wünsche, dass er mit seiner sachlichen Art die vielen Baustellen analysiert, bewertet und entsprechend handelt. Es ist daher der richtige Weg, wenn Ministerpräsident Woidke letzte Woche in einem Interview sagte:

„Es reicht nicht abzuwarten, dass sich Probleme von selbst lösen.“

Ja, warum sagt er das wohl? Er hat ja Vergangenheit bewertet und die Aufgaben für die Zukunft dargestellt. Machen Sie sich einmal selbstkritisch Gedanken darüber, was er wohl gemeint haben könnte.

(Frau Lehmann [SPD]: Also wir wissen das!)

Ein erster Schritt ist deshalb, Probleme zu erkennen. Die bisher praktizierte Methode, ein Problem zu ignorieren, sobald es von der Opposition angesprochen wird, führt nicht zum Ziel. Wir, die Opposition, tragen genauso viel Verantwortung für Brandenburg wie Sie, die Regierung und die Regierungsfraktionen. Dieses Land gehört keiner Partei, sondern den Bürgerinnen und Bürgern.

(Beifall CDU - Zuruf von der SPD: So ist es!)

Ministerpräsident Woidke hat auch gesagt, dass er seine eigene Furche durchs Land ziehen möchte. Wir haben einen Berg an Aufgaben, den es abzutragen gilt. Ich hoffe, Herr Ministerpräsident, Sie werden die angekündigte Furche nicht um diesen Berg herumziehen, sondern mittenhindurch.

(Beifall CDU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn der neue Ministerpräsident seine Ankündigungen wahrmacht, werden wir ihn bei der Lösung der Probleme Brandenburgs unterstützen. Aber wir bleiben kritisch und werden genau kontrollieren. Die CDU-Fraktion wird ihre konstruktive Oppositionsarbeit fortsetzen.

(Frau Lehmann [SPD]: Oh je!)

- Wenn Sie „oh je“ sagen, nehme ich das gern auf, weil ich ja heute noch reichlich Zeit habe, denn die erste Aufgabe hat der Ministerpräsident nicht geschafft: nämlich, seine Redezeit einzuhalten, und das zugunsten der nachfolgenden Redner. Aber wenn Sie „oh je“ sagen, sage ich: Wenn Sie meinen, Frau Kollegin, dass die Opposition immer Unrecht hat - ich habe es vorhin schon einmal gesagt

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

und das, was die Opposition sagt, immer Unsinn ist, dann sehen Sie die Dinge falsch. - Im Übrigen, Frau Kollegin, kommt es uns auch nicht darauf an, Sie zu bekehren. Darum geht es nicht. Wenn ich hier zu Ihnen spreche - das darf ich ja heute einmal -, dann hören Sie mir zu, weil Sie Abgeordnete sind und hier sitzen, aber eigentlich richten sich unsere Worte - jedenfalls die Worte meiner Fraktion - an die Bürgerinnen und Bürger im Land.

(Beifall CDU - Zuruf von der SPD: Oh ja!)

Das sind diejenigen, für die wir hier sitzen, für die wir uns Mühe geben, für die wir arbeiten, nicht nur 40 Stunden die Woche, sondern auch 80 Stunden. Wir machen das gern und freiwillig; dafür muss sich niemand bei uns bedanken. Von daher: Nehmen Sie das bitte ernst! Uns geht es darum, dass die Bürger verstehen, was wir hier tun bzw. was wir machen, was wir richtig machen und was wir falsch machen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Wenn Sie der Meinung sind, Sie machen das alles richtig, dann ist das ja schön, dann freue ich mich für Sie, dann haben Sie ein gutes Gefühl. Und wenn wir den Eindruck haben, dass die Bürger das, was wir machen, als Opposition, als CDU-Fraktion, für richtig halten, dann freuen wir uns auch. Wenn jeder zufrieden ist, sind wir alle glücklich hier im Saal

(Vereinzelt Beifall CDU - Frau Lehmann [SPD]: Na, se- hen Sie mal!)

und hoffen, dass die Bürger, wenn Wahltag ist - sei es zur Bundestagswahl oder zur Landtagswahl oder zu anderen Wahlen -, unsere Arbeit bewerten. Da gibt es ja auch Hinweise, was die Bürger verstehen und was ihnen vielleicht eher ein wenig unklar geblieben ist - zum Beispiel Ihre Politik.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, ich habe gesagt, die CDU-Fraktion wird ihre konstruktive Oppositionsarbeit fortsetzen. Dietmar Woidke übernimmt keine Aufgabe als Verwalter der rot-roten Restlaufzeit. Er ist nun Ministerpräsident. Er muss Entscheidungen treffen. Er gibt die Richtlinien der Politik in Brandenburg vor. Wie wichtig gerade jetzt mutige und weitsichtige Schritte sind, zeigt der Blick auf das Jahr 2020. Ich gebe zu, das mag für manchen noch weit entfernt sein. Aber im Prinzip trennt uns nur noch eine Wahlperiode von dieser Zielmarke.

Wir wissen, dass die Schuldenbremse 2020 Nettokreditaufnahmen der Länder verbietet. Wir wissen, dass im Jahre 2020 keine Mittel mehr aus dem Solidarpakt kommen. Wir wissen, dass 2020 ca. 7 % weniger Bürger in unserem Bundesland leben werden und sich der Bevölkerungsverlust dann noch beschleunigt. Die Zinsen für unsere Schulden werden nicht auf dem jetzigen Tiefstand bleiben. Wirtschaft und Konjunktur - und damit die Steuereinnahmen - werden sich nicht immer nur positiv entwickeln. Auch wenn die Landesregierung nur noch ein Jahr im Amt ist, hat sie im Wissen um diese feststehenden Eckwerte eine langfristige Verantwortung, die über den nächsten Wahltag hinausgeht.

Am 6. Dezember 2013 ist nicht nur Nikolaustag, sondern dann werden die ersten 100 Tage mit Dietmar Woidke als Ministerpräsident vorüber sein. Ich hoffe, dass dann auch schon gute Entscheidungen gefallen sind, richtige Weichen gestellt wurden und der neue Ministerpräsident seinen Worten Taten folgen lassen hat.

Herr Ministerpräsident Woidke, nutzen Sie die Gestaltungsmöglichkeit Ihres neuen Amtes! Brandenburg ist ein schönes Land mit vielen Möglichkeiten und fleißigen Menschen. Es lohnt sich, dafür zu arbeiten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall CDU)

Vielen Dank. - Das Wort erhält jetzt die SPD-Fraktion. Herr Ness, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ehe ich mit meinem eigentlichen Redetext beginne, will ich die Gelegenheit wahrnehmen, zwei, drei Sätze zu meinem Vorredner zu sagen. Ich finde, Herr Dombrowski, Sie haben sehr angemessene Worte zum aktuellen Konflikt in Syrien gefunden. Ich fand auch Ihre Worte sehr treffend, die Sie zu Beginn Ihrer Rede zu Matthias Platzeck gefunden haben. Aber dann haben Sie zum Schluss gesagt, Sie hätten nicht zum Parlament geredet, Sie redeten zu den Bürgerinnen und Bürgern draußen. Ich glaube die Bürgerinnen und Bürger draußen, jedenfalls die große Mehrheit der 2,4 Millionen Einwohner hier in Brandenburg, wird sich sehr gewundert haben; denn Sie haben ein Land beschrieben, das es so nicht gibt. Wenn Sie sich hier hinstellen und erzählen, dass die Kinder in unseren Schulen nicht lesen und schreiben lernen, dann stimmt das schlicht und ergreifend nicht.

(Beifall SPD und DIE LINKE und von Ministerin Dr. Münch)

Ich finde, das ist nicht nur eine Beleidigung der Lehrerinnen und Lehrer, sondern ein Zerrbild, das Sie hier zeichnen, das nicht angemessen ist. Nun hat Opposition in der Tat das Recht zu kritisieren, und Sie haben dieses Recht auch ausgiebig wahrgenommen. Aber Sie sollten kein Zerrbild von diesem Land und seinen Menschen zeichnen. Hier in diesem Land wird von vielen Menschen Großes geleistet. Ich glaube, die Stimmung ist anders, als die CDU sie wahrnimmt.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Ich glaube, das wird sich dann auch an den Wahlergebnissen deutlich zeigen.

(Zuruf des Abgeordneten Dombrowski [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gestern einen historischen Tag für unser junges Bundesland erlebt. Erst zum zweiten Mal in der Geschichte des neuen Brandenburg wurde der Staffelstab des Regierungschefs an einen Nachfolger weitergegeben. Nach Manfred Stolpe und Matthias Platzeck ist Dietmar Woidke jetzt der dritte Ministerpräsident unseres Landes. Ich will es gleich am Anfang sagen: Die Brandenburger SPD und auch meine Fraktion werden dafür kämpfen, dass Dietmar Woidke mindestens ebenso lange in seinem Amt sein wird, wie seine Vorgänger es waren.

(Beifall SPD)

Dass es nach 23 Jahren erst den dritten Ministerpräsidenten in diesem Bundesland gibt, zeigt, in welcher Kontinuität und Stabilität Brandenburg seit 1990 regiert wird. Ein Blick in andere Bundesländer zeigt uns, dass das absolut keine Selbstverständlichkeit ist. In Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern gab es seit 1990 jeweils vier Ministerpräsidenten.

(Oh! bei der CDU)

In Hamburg und Baden-Württemberg waren es fünf, in Sachsen-Anhalt und Niedersachen waren es sogar sechs Ministerpräsidenten. Wir Brandenburger haben zum Glück andere Verhältnisse.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: So sind die Märker!)