Protocol of the Session on August 29, 2013

Warum sage ich das? Ganz einfach: Das machen die nämlich immer so. Schauen wir uns die Wahlslogans der FDP der letzten Jahre an. Mein Lieblingswahlslogan ist der aus dem Jahr 1957. Da heißt es: „Steuerzahler, wählt FDP! Weniger Staatsausgaben. Weniger Steuern... Hausfrauen, wählt FDP! Freier Wettbewerb hält die Preise nieder.“ Das hat die FDP in den 70er, 80er und 90er-Jahren auch so getrieben. 1994 hieß es zum Beispiel lyrisch: „Gegen Steuern gegensteuern“. Das zeigt immerhin Lust am Wortwitz.

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

2002 gab es den schönen Dreiklang: „Mehr netto. Mehr Bildung. Mehr Arbeit.“ Kleine Änderung 2005, die Bildung fiel unter die Räder. Da hieß es dann nur noch: „Steuern runter, Arbeit rauf“. 2009 die Verengung auf das monothematische Steuerthema, man klebte: „Mehr Netto vom Brutto“. Nichts mit Arbeit, nichts mit Bildung. 2013 ist es dann die Steuersenkung in Tateinheit mit der Forderung, auf Schulden zu verzichten.

Wir Finanzpolitiker diskutieren ja gerne und mit Inbrunst, ob der Staat ein Einnahmen- oder Ausgabenproblem hat. Aber mit Steuerentlastungen die Haushaltskonsolidierung zu pushen das scheint mir dann doch eine liberale Rechnung mit eingebautem Vorzeichenfehler zu sein. Das ist aber überhaupt kein Problem für die FDP, denn wie die letzten 60 Jahre in der Bundesrepublik zeigen, wird es mit ihr auch in den nächsten vier Jahren bei der Forderung nach Steuersenkungen bleiben. Auch wenn die FDP im Bereich der Wahlslogans wenig kreativ ist, so legt sie sich doch richtig ins Zeug, wenn es gilt, sich eine neue Steuer auszudenken.

Erinnern Sie sich noch an das Sparpaket der schwarz-gelben Bundesregierung von 2010? Genau jenes, welches Kürzungen bei Elterngeld, Heizkosten- und Rentenzuschüssen für Arbeitslose vorsah? Da gab es auch zwei neue Steuern: zum einen die Luftverkehrsabgabe, zum anderen die Brennelementesteuer zwei Steuern übrigens, die aus ökologischer Sicht so gut in die richtige Richtung steuern, dass sie glatt Teil der rot-grünen Steuerpläne sein könnten.

Meine Damen und Herren von der FDP, Steuererhöhungen sind nicht per se schlecht. Ein starker, leistungsfähiger Staat macht eine Gesellschaft stärker und erhöht die Chancen aller Bürger, ein gutes, selbstbestimmtes Leben zu führen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Die Liberalen - das sind die Zahler des Spitzensteuersatzes, das sind die Lobbyisten von Mövenpick und Co., und das ist offensichtlich Ihre Funktion im System der Bunderepublik Deutschland. Aber tun Sie doch nicht so, als sei das im Interesse der Mehrheit aller Deutschen. Die Mehrheit der Deutschen braucht einen starken Staat, der die großen Lebensrisiken - sei es Arbeitslosigkeit, sei es Armut im Alter oder Krankheit - solidarisch versichert. Ein Staat, der stark genug dafür ist, braucht auch unsere Steuern. Dazu stehe ich, und dazu stehen wir. Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Geywitz. - Wir kommen nun zum Beitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Burkardt hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Geywitz, das war ja ein interessanter Exkurs durch die diversen Parolen, mit denen wir Politiker immer wieder versuchen, komplizierte Prozesse auf einen einfachen Nenner zu bringen. Sie haben natürlich in einer Rumpelkiste gegraben. Vielleicht hätten Sie einmal die nächste, danebenstehende Rumpelkiste nehmen sollen. Wie wäre es denn mit dem Satz:

„25 % von x ist mehr als 42 % von nix“? Ich verrate Ihnen nachher auch, von wem er kommt.

(Zurufe von der SPD)

Ich kann Ihnen aber noch die ganz aktuelle Absichtserklärung der SPD vortragen, über einen internationalen Informationsaustausch, Steueroasen trockenlegen zu wollen. Was meinen Sie, was mir bei diesem Thema einfällt?

(Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es ist nicht so, dass wir uns hier um ein Thema bemühen, welches uns in diesem Lande nichts anginge. Nach dem Grundgesetz wirken die Länder an der Gesetzgebung des Bundes mit, und das gilt in Sonderheit für das Steuerrecht - erstens. Zweitens ist es gut, dass wir auch einmal darüber sprechen und nicht nur in den Zeitungen lesen, welche steuerpolitischen Anträge diese Landesregierung im Bundesrat stellt - oder anders: zu unterstützen gedenkt -, und über die Dinge sprechen, von denen wir sonst in der Presse lesen: was der Finanzminister im Bundesrat gesagt hat oder hätte gesagt haben wollen und zu Protokoll gegeben hat. Insofern ist es legitim, dass wir darüber sprechen, und es ist das Verdienst der Großen Anfrage der FDP.

Steuern dienen - ich denke, es ist wichtig, sich das gelegentlich noch einmal in Erinnerung zu rufen - der Staatsfinanzierung. Sie dienen nicht der Umverteilung.

(Beifall CDU)

Das mag in einem anderen System mal anders gewesen sein, aber in der Bundesrepublik Deutschland nicht.

Steuern sind auch ein Instrument der Wirtschaftspolitik. Wer Steuern anheben will, muss sich die Frage stellen: Braucht der Staat mehr Geld? Kommt er mit dem, was er schon einnimmt, nicht aus, und wenn ja, warum? Gleichzeitig muss er sich mit der Frage auseinandersetzen: Wie steht es denn mit der Belastbarkeit der Steuerzahler und welche Auswirkungen hat das auf die Entwicklung der Volkswirtschaft und auf die Arbeitsplätze? Frau Kollegin Vogdt hat bereits darauf hingewiesen.

Wie sieht es also in Deutschland und speziell in Brandenburg aus? Die Steuereinnahmen sprudeln reichlich. Seit 2002, als die Steuerreform von Rot-Grün mit der Absenkung des Spitzensteuersatzes - das kam dann 2005 - und mit der Absenkung des Eingangssteuersatzes - das kam schon etwas früher - gegriffen hat,

(Frau Geywitz [SPD]: Wir haben das gemacht!)

sind die Steuereinnahmen um 35 % bzw. 170 Milliarden Euro also um mehr als ein Drittel - gestiegen. Brandenburg hat allein in dieser Legislaturperiode gegenüber der eigenen Finanzplanung Mehreinnahmen von 2,7 Milliarden Euro erzielt. Zur Haushaltskonsolidierung, die der Ministerpräsident heute Morgen so gerühmt hat - wahrscheinlich hat man ihm die Zahlen vorenthalten -, komme ich noch.

Nachfolgend wird man darauf hinweisen müssen, dass das, worum es beim Spitzensteuersatz geht, den man kippen will, am Ende nicht nur die Millionäre betreffen wird, wie uns eine

Partei weismachen will, sondern breite Schichten der Bevölkerung. Bei den Linken beginnt der Millionär bei 19 000 Euro das Ehepaar mit einem Alleinverdiener. Bei der SPD beginnt die Betroffenheit bei rund 30 000 Euro, sinkend mit einem Kind, und bei den Grünen - Herr Kollege Vogel, das habe ich allerdings mit Genuss zur Kenntnis genommen - bei 43 000 Euro.

(Unruhe bei der SPD)

Dann werden alle Muttis, die von Montag bis Freitag ihre Kinder mit dem Range Rover zur Schule fahren und am Sonntag Grün wählen, nun auf den Golf oder gar den Polo umsteigen müssen, weil Sie jetzt mit Ihren Steuerplänen umverteilen. Bei dieser Gelegenheit wird immer wieder in die märkische Streusandkiste gegriffen. Davor kann selbst Herr Steinbrück zurückschrecken. Bei dem Thema Vermögensteuer wird so getan, als treffe das nur die reichen Millionäre und Betriebsvermögen blieben außen vor.

Herr Abgeordneter Burkardt, lassen Sie eine Frage zu?

Nein. - Vielleicht sollten Sie einfach mal den Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofes zum Thema Erbschaftsteuer lesen. Darin führt der Bundesfinanzhof reichlich aus, was er von den krampfhaften Bemühungen der Regierung, die das zu verantworten hat, hält, das Betriebsvermögen von der Erbschaftsteuer freizuhalten. Wir werden das Urteil in den nächsten Wochen bekommen und alle Fachleute sind sich einig, wie dieses Urteil aussehen wird.

Meine Damen und Herren! Der Staat muss und darf den Steuerzahler nicht weiter schröpfen. Er muss im wahrsten Sinne des Wortes besser haushalten. Brandenburg hat nicht konsolidiert. Die brandenburgische Landesregierung hat - im Gegenteil - im Konsum mehr verprasst. Auch dazu nur zwei Zahlen: Nach dem Finanzplan aus dem Jahr 2010 waren für das Jahr 2014 9,5 Milliarden Euro Ausgaben vorgesehen. Wir liegen bei 10,5 Milliarden Euro. Warum? Weil uns die reichlich sprudelnden Steuergelder dazu in die Lage versetzt haben.

Herr Abgeordneter Burkardt, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich mache Schluss. - Die Differenz ist nicht etwa in die Investitionen gegangen. Vielmehr hat hier Schumpeter gewirkt: Eher legt sich ein Mops einen Vorrat an Wurst zu, als dass ein Politiker Geld behalten kann. - Schönen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Burkardt. Ich bitte um Respektierung der roten Lampe, wenn es um das Einhalten der Redezeiten geht. - Für die Fraktion DIE LINKE wird Herr Abgeordneter Görke die Aussprache fortsetzen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion hat mit ihrer Großen Anfrage zu den rot-grünen Steuerplänen wohl - wenn auch unbeabsichtigt - eine Nachhilfestunde in Sachen Steuergerechtigkeit beantragt. Die Landesregierung hat mit ihrer Antwort die Grundlage geschaffen, dass der Erkenntnisgewinn bei den Liberalen ankommt.

(Heiterkeit der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Ich möchte meine Redezeit nutzen, um der FDP-Fraktion in diesem Haus deutlich zu machen, dass Steuern und Steuergerechtigkeit zu den Notwendigkeiten dieses Staatswesens gehören.

Sie kennen sicherlich das Zitat des früheren US-amerikanischen Politikers Robert Wagner. Er sagte: „Steuern sind der Preis der Zivilisation. Nur im Urwald gibt es keine Steuern.“ Wenn ich den Inhalt und den sprachlichen Duktus der FDP-Anfrage richtig vernommen habe, wollen die Liberalen offensichtlich zurück in den Urwald. Ja, sie erwecken sogar den Eindruck, dass selbst Tod und Teufel weniger Ungemach stiften als die Steuerpläne von Rot und Grün. Dabei sind es keineswegs das wissen wir mittlerweile alle - die rot-grünen Steuerpläne, die Anlass zur Sorge geben, sondern Ihre klientelpolitische Finanz- und Steuerpolitik im Bund. Dazu hat Kollegin Geywitz bereits alles gesagt.

Damit bin ich bei Ihrer Motivation, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, weshalb Sie sich mit dieser Großen Anfrage ins Parlament begeben. Insbesondere die Vorbemerkungen zu einzelnen Fragekomplexen sind ein deutliches Indiz dafür, dass es Ihnen mit Ihrer Großen Anfrage nicht um Antworten ging, sondern um eine parlamentarische Plattform, die rotgrünen Steuerpläne zu verteufeln.

(Zustimmung bei der Fraktion DIE LINKE)

Freilich, gelungen ist das auch mit den Auftritten hier nicht.

Allein die von Ihnen gewählte Überschrift „Rot-grüne Steuerpläne schaden dem Wirtschaftsort Brandenburg“ ist eine inhaltsleere Behauptung, die durch keine einzige Antwort der Landesregierung gedeckt ist.

(Frau Muhß [SPD]: Stimmt!)

Das wird auch nicht besser, wenn man sich dann die Fragen 24 bis 27 anschaut.

(Widerspruch des Abgeordneten Goetz [FDP])

Ich habe gedacht, ich lese nicht richtig, dass Sie wirklich danach gefragt haben, auf welche Höhe sich in Deutschland die Einnahmen aus der Vermögensteuer für die Jahre 2005 bis heute belaufen. Wie gesagt, die Kollegin Geywitz hat es gesagt: Die Vermögensteuer wird seit 1997 nicht mehr erhoben. Das ist ein Armutszeugnis, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Vielleicht sollten Sie als Abgeordnete noch einmal darauf schauen, was Ihnen Ihre Referenten an Fragen aufschreiben, bevor Sie sie hier im Parlament stellen.

(Vereinzelt Beifall SPD sowie Beifall des Abgeordneten Loehr [DIE LINKE])

Übrigens, wie haltlos die FDP-Dauerkritik an Forderungen nach mehr Steuergerechtigkeit und wie notwendig eine stärkere Besteuerung der Spitzenverdienerinnen und -verdiener und Großunternehmen aus verteilungspolitischen Gründen ist, belegen konkrete Zahlen in der Antwort der Landesregierung.

Jetzt nehmen wir doch einmal den Zeitraum 1998 bis 2013. In diesem Zeitraum wurden Alleinstehende mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen in Höhe von 20 000 Euro um 1 270 Euro entlastet. Wer in Brandenburg 200 000 Euro Jahreseinkommen erzielte, wurde um 19 552 Euro entlastet. Das ist ein Unterschied. Die einen - die Kleinen - um etwas mehr als 5 %, die Großen um fast 10 %.

Das ist Ihre Steuerverteilungsphilosophie, die wir nicht teilen.

Auch Ihre Behauptung, die Erhöhung des Spitzensteuersatzes treffe die Brandenburger Mitte der Gesellschaft, ist absoluter Nonsens. Der monatliche Bruttodurchschnittsverdienst in Brandenburg liegt bei 2 383 Euro. Das ergibt ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 28 596 Euro. Bei der selbst von uns befürworteten Spitzensteuersatzanhebung - nicht, wie von Grünen und SPD gefordert, auf 49 %, sondern auf 53 %, wie auch zu Zeiten von Helmut Kohl - würde sich bei einem zu versteuernden Einkommen bis 64 000 Euro für Ledige und von 128 000 Euro für Ehepaare überhaupt nichts ändern.