Protocol of the Session on August 28, 2013

Ich kann es mir einfach nicht erklären - und ich frage, ob es ein anderer kann -, wo der Unterschied liegt zwischen zwei Beamten, die gleichzeitig ihren Dienst bei der Polizei angetreten haben, die ihre Ausbildung - vielleicht bis auf den Unterschied von einem halben Jahr - gemeinsam gemacht haben, die nebeneinander in ihrem Einsatzfahrzeug sitzen und die eigentlich auch gleichzeitig in Pension gehen sollten, dass aber tatsächlich nicht tun, weil der eine Beamte im mittleren Dienst erstaunlicherweise zwei Jahre früher in Pension gehen kann, während der direkt daneben sitzende Beamte im gehobenen Dienst dies nicht kann. Insofern besteht die Frage, was man sich dabei gedacht hat. Eine richtige Erklärung habe ich dafür bisher nicht bekommen und warte weiter voller Spannung auf die weiteren Erläuterungen des Innenministeriums, die dann im Ausschuss erfolgen mögen.

Für den höheren Dienst eine Differenzierung vorzunehmen kann ich mir durchaus vorstellen. Ich kann mir durchaus denken, dass ein Polizeipräsident oder meinetwegen ein Direktionsleiter, ein Direktionschef auch ein Jahr länger an der Spitze der Direktion sitzen und seine Aufgaben dort erfüllen kann. Das ist eine andere Frage. Für den Beamten im Streifenwagen ist das eine andere Situation.

Praktisch ist diese Veränderung des Pensionsalters, die wir haben - bei allen Flexibilisierungen, die Sie ansprachen, Herr Mi

nister, dass man vielleicht auch mit 60 in Pension gehen kann -, nichts anderes als eine Pensionskürzung. Auch das muss man deutlich sagen. Darauf läuft es hinaus. Das ist wesentlicher Inhalt dieses Gesetzentwurfs.

Natürlich bringt diese Regelung, gerade die Differenzierung zwischen mittlerem und gehobenem Dienst, weiteren Unfrieden in die Polizei hinein, weil man sich dann natürlich fragt: Was hat der jetzt, was ich nicht habe, dass er zwei Jahre früher in Pension gehen kann? Das wird weiter demotivieren. Auch da erlebten wir in den vergangenen Jahren die Entwicklung anhand der Krankentage bei unserer Polizei. Wir werden hier einen weiteren Schub zu erwarten haben.

Bereits gegenwärtig scheidet ungefähr jeder achte Beamte vor dem 60. Lebensjahr aus seinem Dienst aus, erreicht also gar nicht das jetzige Regelalter für die Pensionierung. Da darf man gespannt sein, wie das weitergehen wird, wenn dann die Regelpensionierung mit 62 oder mit 64 Jahren erfolgen soll. Man muss kein Hellseher sein, um zu prognostizieren, dass es dann nicht mehr jeder achte Beamte ist, sondern jeder siebte, jeder sechste, jeder fünfte. Wir werden sehen, wo das endet, was die Frühpensionierungen unserer Beamten angeht.

Nun ja. Immerhin haben wir im Land nun einen Ministerpräsidenten, der um die Probleme seiner Polizei weiß. Ich gehe davon aus, dass sich daran von gestern zu heute nichts geändert hat. Wir haben auch gehört, Herr Ministerpräsident, dass Sie gesagt haben, Sie wüssten um die Probleme der Polizei und nähmen das mit in die Staatskanzlei und würden sich auch von dort aus mit Kraft für die Beamten in unserer Polizei einsetzen. Das freut mich. Sie können bereits bei diesem Gesetzentwurf die Gretchenfrage beantworten, wie sie es mit unserer Polizei halten. Es wird an den Pensionsaltersgrenzen deutlich, die eingeführt werden sollen.

(Beifall FDP)

Natürlich ist auch richtig, dass nicht jeder von uns in gleicher Weise mit den Problemen befasst ist. Darum wollen wir uns im Innenausschuss weiter darüber unterhalten. Wir als FDP-Fraktion kündigen bereits an, eine Anhörung zu beantragen, was diese Pensionsaltersgrenzen angeht. Wir würden uns sehr freuen, wenn Vertreter der Polizei und der Gewerkschaften aus der Praxis als unsere Experten dabei sind und die Probleme darlegen, die sich daraus ergeben. Dass man gar nichts wusste, kann niemand sagen; denn für eine erste Anhörung bestand bereits heute früh auf der Straße Gelegenheit, als Polizeibeamte draußen standen und uns in die Hand gegeben haben, was sie am gegenwärtigen Entwurf stört. Sie haben darauf hingewiesen, wo die Probleme liegen. Also: Wer wissen will, der kann.

(Beifall FDP)

Wir stimmen der Überweisung des Gesetzentwurfes an den Innenausschuss zu. Der Korrekturbedarf ist aber erheblich. Darüber reden wir dann im Ausschuss. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Der Abgeordnete Scharfenberg spricht für die Linksfraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Vorgeschichte dieses Gesetzentwurfes ist schon eine ganze Menge gesagt worden. Wir haben ja heute sozusagen den Beamtentag. Ich denke, dass wir gut beraten sind, wenn wir uns bei der Betrachtung dieses Gesetzentwurfes auf die damit verbundene Zielstellung konzentrieren. Es heißt ja, dass damit im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung ein nächster Schritt zur Reform des Dienstrechts gegangen und der öffentliche Dienst im Land Brandenburg zukunftssicher gemacht werden soll. Ich glaube, das sollten wir auch bei der Beratung im Innenausschuss in den Mittelpunkt stellen.

Wir legen großen Wert darauf - das sage ich für die Linksfraktion -, dass diese Ausfüllung von neuem Landesrecht nicht zu einer Schlechterstellung von Beamten in den neuen Ländern gegenüber Beamten in den alten Ländern führen darf,

(Beifall DIE LINKE)

indem das Landesbeamtenrecht nach der unterschiedlichen Kassenlage der Länder unterschiedlich ausgestaltet wird. Das darf nicht sein. Wir alle erinnern uns an die Befürchtungen im Zusammenhang mit der Föderalismusreform.

Die Vorbereitung des Gesetzentwurfes - das wissen wir alle war mit heftigen Auseinandersetzungen und einer Vielzahl von Gesprächen verbunden. Das bezieht sich insbesondere auf die bundesgesetzlich verfügte Anhebung der Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre. Dazu vertritt die Linke bekanntlich eine andere Auffassung, mit der wir uns gegen eine große Mehrheit im Bundestag allerdings nicht durchsetzen konnten.

Die jetzt in Verantwortung des Landes zu treffende Entscheidung über die Lebensarbeitszeit für Landesbeamte konzentriert sich in der Konsequenz auf die Frage, ob das Land Brandenburg mit einer Besserstellung der Beamten des Landes gegenüber den Angestellten des Landes im bundesweiten Vergleich eine Insellösung anstreben sollte. Das ist klar verneint worden.

Meine Damen und Herren! Gegenstand einer intensiven Diskussion war das Problem des besonderen Pensionsalters bei den Polizeibeamten. Ein erster Vorschlag aus dem Innenministerium sah eine deutliche Anhebung des Pensionsalters bei der Polizei über die üblichen zwei Jahre hinaus vor. Im Ergebnis von Gesprächen mit den Polizeigewerkschaften und innerhalb der Koalition konnten deutliche Veränderungen erreicht werden, die auch für die Berufsfeuerwehr und den Justizvollzug Anwendung finden sollen.

Anliegen war es dabei, dass die besonderen Bedingungen des Polizeidienstes auch im Vergleich zu den anderen Ländern angemessen berücksichtigt werden. Grundsatz soll künftig sein, dass Beamte des mittleren Dienstes generell mit 62 Jahren in Pension gehen, Beamte des gehobenen Dienstes mit 64 Jahren und Beamte des höheren Dienstes mit 65 Jahren.

Beamte des gehobenen Dienstes, die unter erschwerten Bedingungen gearbeitet haben, zum Beispiel im Wach- und Wechseldienst, können bis zu zwei Jahre vorzeitig in Pension gehen. Die Polizeigewerkschaften kritisieren anhand von praktischen Beispielen die dadurch entstandene ungleiche Behandlung von

Beamten des mittleren und des gehobenen Dienstes. Sie bemühen sich nach wie vor - das hat die Demonstration heute früh deutlich gezeigt - um eine Gleichstellung. Sie verweisen darauf, dass eine gleiche Regelung für den mittleren und den gehobenen Dienst zumindest mittelfristig für das Land sogar von Vorteil wäre.

(Beifall DIE LINKE)

Ich denke, es lohnt sich, diesen Zusammenhang in den Beratungen im Innenausschuss noch einmal genau zu betrachten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine zweite Frage, die wir noch einmal prüfen wollen, betrifft die in den §§ 10 und 11 vorgesehenen Zugangsvoraussetzungen für den höheren Dienst. Damit werden relativ hohe Hürden für Seiteneinsteiger, also für Hochschulabsolventen mit einem wirtschaftswissenschaftlichen, sozialwissenschaftlichen oder politikwissenschaftlichen Abschluss errichtet. Erforderlich ist ein entsprechender Vorbereitungsdienst, der nach unserer Kenntnis gegenwärtig im Land Brandenburg nicht in ausreichendem Maße angeboten wird.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

In Berlin hat man sich dafür entschieden, Erleichterungen für diesen Zugang zuzulassen. Wir haben den Parlamentarischen Beratungsdienst gebeten, hierzu eine Stellungnahme zu erarbeiten.

Eine letzte Frage, die ich ansprechen möchte, betrifft die in § 123 vorgeschlagene Regelung, nach der die direkt gewählten kommunalen Wahlbeamten durch den Dienstvorgesetzten, also die Gemeindevertretung, in den Ruhestand versetzt werden. Das kollidiert nach unserer Ansicht mit dem Prinzip der direkten Wahl, beispielsweise von Bürgermeistern.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Wir sollten uns auch das genau anschauen, bevor wir einen Beschluss dazu fassen.

Ich freue mich auf die Diskussion in den Ausschüssen.

(Beifall DIE LINKE)

Die Abgeordnete Nonnemacher spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gewerkschaftsvertreter! Von der Koalitionsvereinbarung im Herbst 2009 über den Kabinettsbeschluss im Frühjahr 2012 über die Eckpunkte zur Anhebung der Pensionsaltersgrenze bis zum jetzt vorliegenden Gesetzentwurf ist viel Zeit vergangen. Bei der Altersgrenze für Beamte ist die Regierung einen solchen Schlingerkurs gefahren, dass einem ganz schwindlig werden kann. Im Koalitionsvertrag stand noch:

„Die allgemeine Altersgrenze für Beamtinnen und Beamte wird von 2010 bis 2019 schrittweise an die allgemeine Altersgrenze angepasst, die besondere Altersgrenze wird

für Beamte im Polizeidienst mit mindestens 20-jährigem Wechselschichtdienst schrittweise auf 62 Jahre festgesetzt.“

Dass das Pensionsalter 67 Jahre für Beamte in Brandenburg nach diesem rot-roten Koalitionsvertrag deutlich schneller eingeführt werden sollte als in der gesetzlichen Rentenversicherung, in der die Übergangsfristen bis zum Jahr 2029 laufen, hatte uns schon mächtig gewundert. Das haben wir als ungerecht empfunden, und das soll gelten, obwohl die Linke ansonsten Sturm gegen die Rente mit 67 läuft. Die Angleichung der Regelungen für Beamte an die Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Jahr 2029 bei Sonderregelungen für besonders belastete Vollzugsbeamtinnen und -beamte halten wir aber sowohl für dringend geboten als auch für eine Frage der Gerechtigkeit.

Das sah damals auch die Landesregierung so. Grundsätzlich sollte es keine Privilegierung der Beamten gegenüber Tarifbeschäftigten geben. Das würde kein Bürger verstehen.

Nun liegt uns ein Gesetzentwurf vor, nach dem die Regelaltersgrenze bis zum Jahr 2019 auf 67 Jahre angehoben werden soll, wobei man sich aber nach wie vor ab dem 63. Lebensjahr in den Ruhestand versetzen lassen können soll. Sonderregelungen soll es für die Polizei, den feuerwehrtechnischen und den Justizvollzugsdienst geben. Die bisherige Altersgrenze von 60 Jahren soll gestaffelt nach Laufbahngruppen angehoben werden. Meine Vorredner haben die entsprechenden Regelungen ausführlich referiert; ich muss das nicht noch einmal tun. Außerdem ist ein Vorruhestand zum Zeitpunkt der bisherigen besonderen Altersgrenze mit 60 Jahren möglich.

Meine Damen und Herren! Wo bleibt die Gleichbehandlung mit der sonstigen Bevölkerung, die ebenfalls in körperlich und psychisch anstrengenden Jobs bis zum 67. Lebensjahr arbeiten muss? Mit welcher Begründung werden pauschale Sonderbehandlungen fortgeführt? Wir haben dazu eine klare Meinung: Gleichbehandlung bezüglich der Altersgrenzen, flexible Lösungen für alle Beschäftigten mit besonders belastenden Tätigkeiten, und dabei meinen wir sowohl die Krankenschwester und den Altenpfleger als auch den Polizeibeamten.

(Beifall B90/GRÜNE)

Noch kurz zu den weiteren Änderungen, die der Gesetzentwurf vornimmt: Ein flexibleres Laufbahnrecht und eine Stärkung von Fortbildung, Personalführung und Entwicklung können wir ebenso begrüßen wie die Förderung der Vielfalt in der öffentlichen Verwaltung. Einen Austausch zwischen Beschäftigten der Landesverwaltung und der Kommunalverwaltungen, wie sie zurzeit in der Enquetekommission diskutiert werden, halte ich vor dem Hintergrund der in der nächsten Wahlperiode anstehenden Funktionalreform für sehr wünschenswert.

Was uns aber bei der Neuordnung des Beamtenrechts als Förderung des Personalaustausches zwischen Landesverwaltung bzw. Landesregierung und kommunalen Wahlämtern vorgelegt wird, stimmt mich bedenklich, denn hier soll auch politischen Beamten und Ministern der Einstieg in kommunale Wahlämter nebst Rückkehr erleichtert werden. Da regt sich bei mir gesundes Misstrauen: Sollen so Posten freigehalten und Rochaden ermöglicht werden?

(Zuruf der Abgeordneten Stark [SPD])

- Frau Stark, bei der SPD weiß man nie! Das müssen wir uns noch genauer angucken.

Wir werden selbstverständlich der Überweisung in den Innenund Rechtsausschuss zustimmen und sind gespannt auf die Anhörungen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Meine Damen und Herren, damit ist die Redezeit zu diesem Thema erschöpft. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes in Drucksache 5/7743 in den Ausschuss für Inneres - federführend - und in den Rechtsausschuss. Wer ihr Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und eröffne Tagesordnungspunkt 13:

Einführung von Mindestabständen und -faktoren für Windkraftanlagen zur Wohnbebauung