- Ich verstehe gar nicht, warum Sie das nicht nachvollziehen können; die Verantwortung ist in dieser Bundesrepublik doch verteilt!
Dazu gehört der Erhalt der Präsenz der Bundespolizei, wie es vom damaligen Bundesinnenminister Schäuble im Zusammenhang mit dem Wegfall der Grenzkontrollen zugesagt war.
Da ich selbst an dieser Veranstaltung in Frankfurt teilgenommen habe, kann ich mich gut an die klare Antwort von Herrn Schäuble erinnern, dass der Abbau der Bundespolizei in Abhängigkeit von der realen Sicherheitslage erfolgen sollte. Darauf kann sich jeder seinen Reim machen, wenn er die gegenwärtigen Bedingungen betrachtet.
Meine Damen und Herren, wie fragwürdig die CDU in ihrem Eifer agiert, haben wir erst in der letzten Woche wieder sehen können. Ich gehe auf ein anderes Thema ein: Der Krawall um das Gerichtsmedizinische Institut ist symptomatisch. Die Enquetekommission zur Verwaltungsreform im Land und in den Kommunen hat die Empfehlung gegeben, die Angliederung der Rechtsmedizin an ein Krankenhaus mit Pathologie zu prüfen.
Das ist ohne größere Diskussionen mit großer Mehrheit in der Kommission angenommen worden, da es sich, wie gesagt, um eine Prüfung handelt, die - und da wird es verrückt - von eben der CDU-Fraktion vorgeschlagen worden ist. Es ist unseriös und stellt eine Missachtung der Arbeit der Enquetekommission
dar, wenn die gleiche Fraktion anschließend versucht, aus diesem Vorgang politisches Kapital zu schlagen, indem der Eindruck erweckt oder zumindest bestärkt wird, hier sei die Auflösung dieser Einrichtung beschlossen worden.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wir schreiben den 6. Juni 2013, und langsam machten sich bei der innenpolitischen Sprecherin der Grünen schon schwere körperliche Entzugssymptome bemerkbar.
Zweieinhalb Monate ohne Debatte zur Sicherheitslage des Landes! Glücklicherweise haben die Kollegen der CDU-Fraktion Abhilfe geschaffen und offensichtlich mit dem Zufallsgenerator sicherheitspolitische Versatzstücke zu einer neuen Überschrift der Aktuellen Stunde zusammengebaut.
Nachdem wir schon „Sicherheit gewährleisten“, „Personalabbau stoppen“, „Brandenburgs Bürger schützen“, „Grenzenlose Sicherheit“ - Oh, pardon, das war von der FDP - und „Wirksame Konzepte vorlegen“ durchexerziert haben, gewährleisten wir diesmal die innere Sicherheit und stärken das Sicherheitsgefühl.
Ja, das Sicherheitsgefühl … Neulich gab es auch eine Umfrage zum Glücksgefühl: Dieses ist in Deutschland deutlich geringer ausgeprägt als in Ländern mit niedrigem Lebensstandard. Was sagt uns das? Bauen wir jetzt den Sozialstaat ab und errichten Favelas?
Dann gibt es noch das Krankheitsgefühl: Die Deutschen fühlen sich viel kränker als Menschen in Ländern mit einer Lebenserwartung, die 20 Jahre unter der unsrigen liegt. Konsequenzen? Stellen wir jetzt die Behandlung der Multimorbidität ein?
Ich fühle mich in der Bundesrepublik Deutschland und in Brandenburg sicher, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wenn ich aber gefragt würde, ob ich - als Frau - gerne nachts um 2 Uhr an einer abgelegenen Bushaltestelle stehe, würde ich dies vermutlich verneinen. Nur eines könnte kostengünstig und
schnell das Sicherheitsgefühl stärken: dass Sie endlich aufhören, jede Woche zu trommeln, dass dieses Land im Strudel der Kriminalität untergehe.
Neue fachliche Erkenntnisse liegen nach der ausführlichen Behandlung der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik nicht vor, wenn ich einmal von der Tatsache absehe, dass Herr Lakenmacher durch intensive investigative Abgeordnetentätigkeit herausgefunden hat, dass die Zahl der Einsatzorte, die innerhalb von 15 Minuten erreicht werden, von 41,6 % auf 34,2 % gesunken ist. Kollege Lakenmacher weiß, dass dies an der Polizeistrukturreform und dem hohen Krankenstand der Beamten liegt, und sieht schwarz. Warum sehen Sie eigentlich nicht rot?
Müssen wir hier wirklich über solche Erkenntnisse reden? Nein, wir müssen nicht. Der einzige neue Sachstand besteht darin, dass die CDU Ende Mai ihren Parteivorsitzenden Michael Schierack zum designierten Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2014 erklärt hat. Damit verbunden war die Ankündigung, die CDU wolle sich im Wahlkampf mit den Themen Bildung und innere Sicherheit profilieren. Zur inneren Sicherheit wird Prof. Schierack in der Presse dahin gehend zitiert, dass die Polizeireform auf den Prüfstand müsse - das ist richtig -, eine krasse Sparpolitik bei der Polizei nicht infrage käme, die Polizeiwachen rund um die Uhr geöffnet bleiben müssten und die Personalstärke der Polizei nicht unter 8 000 Beamte rutschen dürfe.
Die Personalzielzahl der Polizeireform der CDU heißt 8 000 und alle Wachen sind unverzichtbar. Aber dann unterscheidet das Konzept zwischen Polizeiführungswachen und normalen Polizeiwachen, die auch „bedarfsorientiert“ betrieben werden können. Sieh an! Wenn ich mir anschaue, dass die Personalzielzahl des Innenministers mittlerweile auf ca. 7 400 korrigiert wurde und weitere Korrekturen zu erwarten sind, so sehe ich eine erstaunliche Konvergenz. Es sind auch noch gar keine Standorte geschlossen worden. Nein, an der inneren Sicherheit dürfte eine Neuauflage von Rot-Schwarz nicht scheitern.
Die CDU wird aber bis September 2014 nicht müde werden, den Untergang des Brandenburger Abendlandes zu propagieren - bei Personalstärken der Polizei, die über denen in ihrem eigenen Konzept liegen. Ich wage die Prognose, dass nach der Evaluierung und nach der Landtagswahl 2014 deutliche Korrekturen an der Polizeistrukturreform vorgenommen werden, was ich aus inhaltlichen Gründen auch begrüße. Dann werden wahlweise die SPD, die CDU oder die Linke die Kurskorrekturen erzwungen und die Welt gerettet haben. Bitte verzeihen Sie mir, dass Debatten zur inneren Sicherheit im nächsten Jahr bei mir mit gewissen Ermüdungserscheinungen quittiert werden, solange kein neuer Sachstand vorliegt.
Ich muss Frau Nonnemacher großen Respekt und Dank aussprechen; ich kann meinen Redebeitrag nun erheblich kürzen.
Zu einer Zeit, wo Hunderttausende Menschen in Brandenburg in großer Sorge leben, zu einer Zeit, wo Tausende Einsatzkräfte im Einsatz sind und teilweise bis zur Erschöpfung arbeiten, zu einer Zeit, wo unter anderem auch Bundeswehrsoldaten und Polizisten im Katastropheneinsatz sind, schaltet die CDU - das alleine spricht für sich - in die Abteilung Agitation und Propaganda um.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich halte das vor diesem Hintergrund - wenn es wirklich so sein sollte, Herr Lakenmacher, dass Sie hier ein Video produzieren und sich damit in der Gesamtbevölkerung darstellen wollen -, für eine Unverschämtheit gegenüber dem Land Brandenburg, gegenüber der Bevölkerung, gegenüber den Menschen, die sich momentan große Sorgen machen.
Jetzt kommen wir zu Ihrer Rede. Sie haben es wiederum geschafft, in einer relativ langen Rede nichts - aber auch gar nichts - zu Zahlen zu sagen, außer zu Personalzielzahlen, wo Sie als CDU ja geflissentlich Ihre eigenen Personalzielzahlen unter den Tisch fallen lassen - Frau Nonnemacher ist darauf intensiv eingegangen.
Sie haben nichts dazu gesagt, dass die Gesamtkriminalität gestiegen ist - in Berlin! In Brandenburg, Herr Lakenmacher, ist die Gesamtkriminalität auf den niedrigsten Stand seit 1994 gesunken. Sie haben nichts dazu gesagt, dass die Aufklärungsquote gesunken ist - in Berlin! In Brandenburg ist die Aufklärungsquote um fast 5 % gestiegen. Und Sie haben nichts dazu gesagt, dass die Gewaltkriminalität gestiegen ist - in Berlin, nach über zwei Jahren CDU-geführten Innensenats! In Brandenburg ist die Gewaltkriminalität seit mittlerweile vielen Jahren - Gott sei Dank - ungefähr auf dem Niveau von BadenWürttemberg - weit in der Bundesspitze. Das alles fehlt in Ihrer Rede und deshalb gehört diese dahin, wo sie herkommt, in Ihre Abteilung Agitation und Propaganda.
Zu den anderen Fachthemen haben wir uns genügend ausgetauscht. Ich denke, wir sollten heute die Zeit mit anderen Problemen verbringen. - Danke schön.
Nun darf für die SPD-Fraktion noch einmal Frau Stark sprechen, wenn sie möchte. - Das ist nicht der Fall. - Für die Frak
tion DIE LINKE darf noch anderthalb Minuten Herr Scharfenberg sprechen, wenn er möchte. - Das ist nicht der Fall. - Für die CDU-Fraktion darf noch anderthalb Minuten Herr Lakenmacher sprechen.
Ich begrüße inzwischen unsere Gäste, Schülerinnen und Schüler des Paul-Fahlisch-Gymnasiums in Lübbenau - herzlich willkommen bei uns im Landtag!