Es war immer üblich, dass wenigstens der Staatssekretär etwas vom Gesundheitsfach versteht. Das ist momentan eben nicht so, meine Damen und Herren.
Die Abteilung Gesundheit, die ich sehr schätze, fristet ein Schattendasein zwischen dem Umwelt- und dem Verbraucherschutz und bekommt nicht die Aufmerksamkeit, die sie eigentlich verdient hätte. Es rächt sich, dass die Abteilung Gesundheit aus dem Sozialministerium entfernt worden ist. Sie bekommen jetzt die Quittung dafür.
Bezeichnend ist der sogenannte Zwischenbericht der Ministerin, der in der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses vorgestellt wurde, in dem es darum ging, eine Bilanz Ihrer Amtszeit, Frau Tack, zu ziehen. Darin steht nichts. Darin findet man mehr oder weniger etwas zu AGnES II. Das ist gut. Alles andere, welche Akzente Sie noch setzen, dazu findet man nichts. Stattdessen steht in dem Zwischenbericht, dass es im Land Brandenburg noch weniger Ärzte und Fachärzte gibt und sich die Wartezeit eben nicht vermindert hat. Damit verschlafen Sie die Gesundheitspolitik in diesem Land.
Wenn Sie davon überrascht sind, dass die Charité die Verträge mit unseren Lehrkrankenhäusern gekündigt hat, dann will ich Ihnen dazu nur sagen: Wenn das Ihre Herzensangelegenheit gewesen wäre, dann wären Sie davon nicht überrascht worden, sondern hätten längst Verträge mit der Charité geschlossen, die verbindlich gewesen wären.
Die Krankenhäuser fühlen sich durch Ihre Politik zu Recht alleingelassen. Mit der Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes hin zu einer Pauschalfinanzierung ist die finanzielle Unsicherheit unserer Kliniken für die Zukunft weiter gestiegen. Sie garantieren eben keine verlässliche und auskömmliche Finanzierung,
weil Sie die Gesamtsumme der Finanzmittel in der langfristigen Finanzierung reduziert haben. Damit setzen Sie die Finanzierung unserer Krankenhäuser aufs Spiel, meine Damen und Herren.
Zur angekündigten Fortschreibung des Masterplans: Vieles hat sich seit der Aufstellung des Masterplans im Jahr 2006 zum Positiven verändert. Schon allein das Bekenntnis zur Gesundheitsregion hat zu einem anderen Fokus auf dieses Thema geführt. Nach Feststellung vieler Akteure in diesem Bereich bedarf es aber einer engeren Verzahnung der Förderpolitik von Berlin und Brandenburg, einer verbindlichen Übereinkunft für die Ausbildung der medizinischen Fachkräfte - also nicht nur der Ärzte - und auch des gelebten Miteinanders von Hochschul- und Hochleistungsmedizin sowie Rehabilitation.
Sie fordern in dem Entschließungsantrag, die zwölf Handlungsfelder stärker zu bündeln. Darin stimme ich Ihnen zu. Sie fordern als regierungstragende Fraktionen von der Regierung
weiterhin, die Brandenburger Interessen stärker zu berücksichtigen. Das wundert mich ein wenig. Das ist wohl selbstverständlich. Ich kann aber verstehen, Frau Lehmann, dass Sie es so sagen. Für das Ministerium, in dem das nicht gelebte Praxis ist, ist es ein klarer und deutlicher Auftrag. Deshalb verstehe ich Ihre Forderung, meine Damen und Herren.
Zum Schluss: Das Gesundheitsministerium ist eben nicht in der Lage, die Probleme der Menschen in diesem Land zu lösen. Wir haben als Oppositionsfraktion immer konstruktive Anträge gestellt.
Ich nenne nur die Förderung des Gesundheitstourismus, ich nenne die verbindlichen Regelungen mit der Charité und ich nenne die Unterstützungsmaßnahmen für Studierende, die im Land bleiben sollen. Sie haben aber alles abgelehnt. Sie haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, diese Anträge an die Ausschüsse zu überweisen. Deshalb sind Sie nicht mehr Akteur in der Gesundheitspolitik, meine Damen und Herren, sondern Sie fordern immer nur von anderen, etwas zu machen. Nutzen Sie die Zeit für Ihre eigene Tätigkeit, aber nicht für Aktuelle Stunden. Die Menschen wollen Entscheidungen und keine klugen Reden hier von diesem Podest. Meine Damen und Herren, packen Sie es an!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Herr Prof. Schierack, ich danke Ihnen sehr. Sie haben durchaus richtige Akzente gesetzt. Ich werde in meiner Rede darauf zurückkommen. Sie verwechseln aber oft Ursache und Wirkung und wer an welcher Stelle die Handlungsbefugnis in der Hand hält.
„Die Potenziale der Gesundheitswirtschaft sollen auch für die Versorgung der Bevölkerung nutzbar gemacht werden.“
Als der Masterplan „Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg“ am 26. Oktober 2007 von der ressortübergreifenden Steuerungsgruppe der Staatssekretäre für Wirtschaft, für Gesundheit und für Wissenschaft sowie der Staats- und Senatskanzleien von Berlin und Brandenburg - zur Erinnerung: damals Rot-Rot in Berlin und Rot-Schwarz in Brandenburg - beschlossen wurde, stand er bei uns Linken in Brandenburg durchaus in der Kritik, und zwar hinsichtlich der Berlinlastigkeit, aber auch wegen der vorrangig wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Gesundheitsbranche als wertschöpfender, wachstumsstarker und beschäftigungsintensiver Branche.
Die Linke begrüßt die Erkenntnis aus der Evaluation des Masterplans, dass die Gesundheitswirtschaft eine besondere Branche sei, dass aber neben den wichtigen Zielen Wirtschafts- und Be
schäftigungswachstum die Optimierung der Gesundheitsversorgung der Menschen in der Region Berlin-Brandenburg zur Erhöhung der Lebensqualität im Mittelpunkt stehe. Damit treffen bei der Weiterentwicklung der regionalen Gesundheitswirtschaft immer sozial- und wirtschaftspolitische Aspekte zusammen.
Wie in dem Evaluationsbericht ausgeführt wird, wird es im Cluster Gesundheitswirtschaft immer stärker auf die Interaktion von Forschung und Entwicklung sowie Anwendungen ankommen. Ein gutes Beispiel liefert die Entwicklung der Telemedizin in Brandenburg. Lassen Sie mich dies am Beispiel des Fontane-Telemedizinprojektes kurz erläutern.
Es geht um ein flächendeckendes telemedizinisches Versorgungsnetz für Menschen mit Herzinsuffizienz ab einem bestimmten Schweregrad. Ziel des Projektes ist es, in ländlichen, strukturschwachen Gebieten die Versorgung für Patienten mit HerzKreislauf-Erkrankungen zu verbessern. Projektpartner sind das Wirtschaftsministerium, das Gesundheitsministerium, die Charité, Robert-Bosch-Healthcare, T-Mobile, das Teltower Unternehmen GETEMED, die AOK und die Kassenärztliche Vereinigung. So konnten drei telemedizinische Zentren entwickelt werden, in Berlin, am Carl-Thiem-Klinikum Cottbus und am Städtischen Klinikum Brandenburg. Damit konnte in der Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg erstmals eine flächendeckende Versorgung für bestimmte Patientinnen und Patienten aufgebaut werden.
Gerade am Beispiel der Teltower Firma GETEMED Medizinund Informationstechnik AG lässt sich die Entwicklung von Wertschöpfungsketten nachweisen. Dort wurden telemedizinische Bausteine für das Telemonitoring der Zentren entwickelt und hergestellt. Diese Produkte können jetzt international vermarktet werden. Das Unternehmen erhielt im Jahr 2010 eine Auszeichnung für seine innovative Leistung in Brüssel.
Das Beispiel zeigt: Neben Produktinnovationen werden auch Prozessinnovationen an Bedeutung gewinnen. Damit einhergehend werden aufseiten des Clustermanagements gesundheitsund versorgungsbezogene Kompetenzen notwendig.
Die Landesregierung hat sich mit der Fortschreibung des Dritten Krankenhausplans dazu bekannt, alle Krankenhausstandorte im Land zu erhalten. Wir begrüßen diese Entscheidung ausdrücklich. Das bedeutet aber nicht, dass alles so bleibt, wie es ist. Krankenhäuser, denen der Bundesgesetzgeber eigentlich nur die stationäre Versorgung mit gesundheitlichen Leistungen zugedacht hat, spielen zunehmend eine Rolle als Anker der gesundheitlichen Versorgung in der Fläche. Meine Kollegin Lehmann hat das gesagt. Wo sich Ärztinnen und Ärzte nicht mehr niederlassen - jetzt sollten Sie zuhören, Herr Kollege Schierack -,
weil die Bevölkerungsstruktur nicht mehr zur ambulanten Niederlassungsstruktur passt, kann die Versorgung nicht mehr zielführend sein.
warum Frau Muster nach sonst wo fahren muss, wenn es auch im Krankenhaus in der Nähe eine Fachärztin oder einen Facharzt für Gynäkologie, für Chirurgie, für Psychiatrie und so weiter gibt, der Frau Muster wesentlich schneller und wohnortnäher versorgen könnte. Warum werden nicht endlich die starren Sektorengrenzen aufgebrochen und Leistungen dort erbracht, wo sie möglichst schnell und in guter Qualität erbracht werden können? Das können Sie keinem Menschen erklären. Das heißt, wir müssen die Angebote den bestehenden Versorgungsformen anpassen. Dazu brauchen wir einerseits die Vernetzung aller Beteiligten in der gesundheitlichen Versorgung, auch sektorenund fachübergreifend, andererseits aber auch die länderübergreifende Kooperation, insbesondere in der Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg.
Mit ihrem Konzept zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung in Brandenburg hat die Landesregierung genau den richtigen Weg eingeschlagen. Trotz Ihrer Kritik, die Sie auch schon im Fachausschuss geäußert haben, dass darin nur die Zahlen angepasst worden seien und darin Ihr neues tolles Landarztgesetz nicht vorkomme, sage ich, dass das Konzept innovativ weiterentwickelt worden ist. Ihr Landarztgesetz war nicht nur eine Sturzgeburt, sondern völlig sinnlos.
Seitdem Sie dieses Gesetz verabschiedet haben, gibt es keine bessere Versorgung im Land Brandenburg, sondern eine schlechtere. Die Versorgungslücken werden größer und die Wartezeiten - Sie haben die Symptome richtig beschrieben - immer länger. Das ist richtig.
Sie haben es auch versäumt, die entsprechende bundespolitische Gesetzgebung anzufassen und auf den Weg zu bringen es sind nämlich bundespolitische Rahmenbedingungen. Das liegt in Ihrem Beritt und da können Sie sich nicht herausreden.
Ich sage noch etwas zu der ganzen Sache, die Sie hier angesprochen haben. Das Landarztgesetz hat eine Möglichkeit geschaffen, nämlich das gemeinsame Landesgremium nach § 90a SGB V. Diese Möglichkeit, die der Bund dem Land in die Hand gegeben hat, hat diese Landesregierung sofort genutzt. Wir diskutieren darüber. Diskutieren Sie innovativ mit! Dieses Gremium hat aber leider nur Vorschlagsrecht, kein Entscheidungsrecht. Das steht im SGB V. Das kann durch die Landesgesetzgebung nicht ausgehebelt werden.
Also setzen Sie da an, wo Sie es können, und nicht da, wo Sie meinen, Sie könnten einmal darüber reden. Den Vorwurf können wir auch umkehren.
Wir haben uns in Brandenburg der Frage der Versorgung gestellt. Wir stellen uns nicht nur der Frage der medizinischen Versorgung, die Sie immer im Fokus haben, Herr Prof. Schierack, sondern auch der Frage der gesundheitlichen Versorgung. Das kommt auch in dem neuen Masterplan zum Ausdruck. Wenn wir an Fachkräfte im Gesundheitswesen denken, denken wir eben nicht nur an Ärztinnen und Ärzte, sondern auch an Pflegekräfte und andere Gesundheitsberufe.
In einer Analyse von 2005 waren die niedrigen Löhne und Gehälter in dem Bereich noch ein Standortvorteil. Heute ist es ein gravierender Standortnachteil. Das ist auch Gegenstand des Masterplans. Frau Lehmann sagte dazu „Optimierung der Arbeitsqualität“, ich sage dazu übersetzt „gute Arbeit“. Hier haben uns auch die Personalräte aus Krankenhäusern erst am Sonnabend wieder ins Stammbuch geschrieben, einmal nachzuschauen, wie wir auch andere Gesundheitsberufe stärken und für die gesamte gesundheitliche Versorgung nutzbar machen können, damit ein Rädchen ins andere greift. Aber dazu werde ich im zweiten Teil kommen, wenn ich noch einmal zum Entschließungsantrag sprechen werde. - Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal - auch wenn es Sie vielleicht verwundert - herzlichen Glückwunsch an die SPD-Fraktion zum Thema dieser Aktuellen Stunde,