Protocol of the Session on January 24, 2013

Ja, gern.

Bitte, Frau Blechinger.

Herr Abgeordneter, wissen Sie, welcher Minister damals für diese Eigentumsübertragung zuständig war und welcher Partei er angehörte? Wissen Sie zweitens, dass vor dem Urteil des Bundesgerichtshofes zwei Instanzen das vom Land gewählte Verfahren ausdrücklich nicht als sittenwidrig bezeichnet hatten?

Ich verstehe, dass Sie jetzt versuchen, sich aus der Verantwortung herauszumogeln. Fakt ist: Die CDU hatte hier mit den Sozialdemokraten eine Regierung gebildet, Sie selbst waren Ministerin. Nach den Unterlagen, die wir im Untersuchungsausschuss sichten konnten, gab es auch Kabinettsbefassungen mit diesem Thema. Ich darf seit kurzem auch an den Kabinettssitzungen teilnehmen. Dort sitzen alle Minister, sowohl die der Linken als auch die der SPD, an einem Tisch. Insofern können auch Sie sich nicht aus der Verantwortung herausmogeln, indem Sie sagen, es seien nur SPD-Minister wie Finanzministerin Ziegler oder der spätere Finanzminister Speer gewesen. Ihr Vorwurf geht ins Leere.

Mit dem vorliegenden Staatsvertrag zur Aufteilung des Finanzvermögens wird geregelt, dass die dem Land zufallenden Bodenreformflächen in Landeseigentum bleiben und dass mit allen Maßnahmen, die die Landesregierung hier schon mehrfach verkündet hat, versucht wird, die rechtmäßigen Erben zu finden. Das ist zu begrüßen. - Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Görke. - Eine Kurzintervention ist angemeldet worden. Herr Abgeordneter Dombrowski, dazu haben Sie jetzt Gelegenheit.

Herr Kollege Görke, der Aufregung hätte es nicht bedurft. Aber mit Ihrer Art tragen Sie doch dazu bei. Egal, worum es geht um das Wetter, um den Haushalt, um den Flughafen -, für Sie ist immer irgendwie die CDU verantwortlich.

(Jürgens [DIE LINKE]: Gucken Sie sich doch mal das Wet- ter draußen an! - Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

Selbst für die Ergebnisse der Bildungspolitik soll die CDU verantwortlich sein, obwohl wir in den zehn Jahren unserer Regierungsbeteiligung nie den Bildungsminister gestellt haben. Besser wäre es gewesen!

Herr Görke, das weckt Zweifel an der Ernsthaftigkeit Ihrer Argumentation. Es ist schön, dass Sie mit am Kabinettstisch sit

zen dürfen. Dadurch wird die Arbeit des Kabinetts aber nicht unbedingt befruchtet.

Sie gehen immer in die Vergangenheit zurück und werfen die Frage auf, wer woran schuld sei. Jetzt, da wir über die Bodenreform sprechen, erwarten Sie doch nicht allen Ernstes von mir, dass ich Ihnen erkläre, wer für die Enteignungen in der ehemaligen DDR zuständig war?

(Lebhafter Beifall CDU und B90/GRÜNE - Holzschuher [SPD]: Das war die sowjetische Besatzungsmacht!)

Sie wissen, dass dies in der Debatte überhaupt nicht weiterführen würde. Es war Unrecht - Unrecht, das die SED nach Ende des Zweiten Weltkrieges durchgesetzt hat. Dass die Menschen in der DDR diese SED nicht mehr wollten, ist ein Fakt. Dass bei der Formulierung des Einigungsvertrages nicht alles bedacht wurde, ist auch ein Fakt. Daraus kann man doch aber nicht zwanzig Jahre später eine Rechtfertigung dafür ableiten, falsch zu handeln. Wir alle sind aufgefordert, Fehler, die erkannt werden, im Interesse der Betroffenen zu korrigieren und nicht erst nach dem Schwarzen Peter zu suchen. - Danke schön.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90 - Jürgens [DIE LINKE]: Aha!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dombrowski. - Gibt es das Bedürfnis, auf diese Kurzintervention zu reagieren, Herr Abgeordneter Görke? - Bitte.

(Zuruf von der CDU: Jetzt wird das Wetter noch schlech- ter!)

Herr Kollege Dombrowski, das Wetter ist schon schlecht genug. - Ich empfehle Ihnen, einen Blick ins Geschichtsbuch zu werfen; das erweitert den Horizont, auch was die demokratische Bodenreform anlangt. Diese hat die sowjetische Besatzungsmacht zu verantworten. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Hessische Landesverfassung, in der eine Bodenreform noch heute legitimiert wird. Diese Verfassung - eines Landes, in dem Sie regieren - ist in einer Volksabstimmung bestätigt worden. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Görke. - Wir fahren in der Rednerliste fort und hören jetzt Herrn Abgeordneten Vogel. Er spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Schülerinnen und Schüler! Ich möchte auf den Kern zurückkommen: Es geht um Bodenreformflächen, konkret: um 5 700 Liegenschaften mit einer Fläche von insgesamt 16 000 ha, deren Verfügungsgewalt nun endgültig an das Land Brandenburg übergehen soll. Diese Flächen von Großgrundbesitzern sind zwischen 1945 und 1949 enteignet und anschließend an sogenann

te „Neusiedler“ übergeben worden, die aber damals für diese Flächen bezahlen mussten. Sie waren meist 8 bis 12 ha groß und dienten der Begründung einer neuen Wirtschaft. Ich wiederhole: Die Neusiedler mussten dafür bezahlen. Sie haben natürlich immer die Ansicht vertreten - so stand es in den Urkunden und sinngemäß auch in der Verfassung der DDR -, dass diese Flächen vererbbar seien.

Dann setzte aber die Zwangskollektivierung ein, und die Flächen mussten in Genossenschaften eingebracht werden. Menschen, die mitunter jahrelang für ihr Eigentum hatten bezahlen müssen, verloren die Verfügungsgewalt darüber.

Im Jahr 1989 brach die friedliche Revolution aus, die Wende fand statt, und wir steuerten auf die Wiedervereinigung zu. Damals hegten viele dieser Menschen - nicht nur die 1949 unmittelbar Begünstigten, sondern auch deren Erben - die Hoffnung, endlich wieder über ihr Land - ihr Eigentum! - verfügen zu können.

(Jürgens (DIE LINKE]: Sie wissen aber, dass die Vereini- gung an Bedingungen geknüpft war?)

In der Tat hat die Modrow-Regierung, die im März 1990 alle Eigentümer und deren Erben zu Volleigentümern erklärte, die Vorleistung dafür geschaffen, dass diese Menschen wieder über die Flächen verfügen konnten.

Was dann passierte, war allerdings ein schlechter Witz, ein Treppenwitz der Geschichte. Mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz, verabschiedet im neuen Deutschland, stellte der Bundesgesetzgeber die Rechtslage, die davor gegolten hatte, auf den Kopf. Das Gesetz formulierte plötzlich kleinteilige Kriterien, die erfüllt sein mussten, um Volleigentümer der Flächen oder deren Erbe zu werden. Diese Kriterien, insbesondere die Mitgliedschaft in einer LPG, konnten von vielen nicht erfüllt werden. Die Erben hätten also in einer LPG gewesen sein müssen, um Erbrecht ausüben zu können.

Menschen, die davon ausgegangen waren, dass ihnen diese Flächen zustehen, die sie teilweise veräußert oder schon wieder in Bewirtschaftung hatten, waren plötzlich vor die Situation gestellt, dass die Länder, auch das Land Brandenburg, auf sie zukamen und sagten: Pustekuchen, Ihr ward nicht in der LPG, jedenfalls nicht 1989; Ihr ward auch nicht vorher zehn Jahre lang das wäre die Alternative gewesen - in der Land- und Forstwirtschaft tätig und in einer LPG. Deswegen fallen diese Flächen jetzt an das Land.

Diese sogenannten „schwarzen Enteignungen“ waren für viele ein Sündenfall, ein Prozess, der für sie viel schlimmer war als die roten Enteignungen der DDR, denn nun setzte sich der Landesfiskus reihenweise als Besserberechtigter ein. Das führte zu einem Flurschaden für das Rechtsempfinden. Man muss sich das vorstellen: Jemand, zum Beispiel eine alte Frau, eine Witwe, hatte fünf oder sieben Hektar geerbt und vielleicht verkauft, wollte sich mit den 24 000 Mark - oder was immer sie dafür bekam - im Alter noch etwas gönnen; aber dann kam das Land und sagte: Wir nehmen Euch das wieder weg! - Oder das Land kam und hat die ganzen Flächen weggenommen.

(Zurufe aus der SPD: Das war ein Bundesgesetz!)

- Ja, das war ein Bundesgesetz, aber es wurde in den Ländern unterschiedlich stark ausgeübt. Das Land Brandenburg hat es

ganz besonders stark betrieben, an diese Flächen zu kommen. Die Konsequenz ist, dass viele dieser Menschen am Rechtsstaat verzweifelten - das ist nun das Problem. Das führte zu Unfrieden im Land, in ländlichen Regionen auch zu einer Abwendung von der Demokratie, zu einem Zweifel daran, ob mit dem Rechtsstaat wirklich alles besser geworden ist.

Das hat jetzt nichts mit den sittenwidrigen Enteignungen zu tun, die das Land Brandenburg vorgenommen hat, sondern es handelt sich um die sogenannten rechtmäßigen Enteignungen, die vorgenommen wurden. Wir sind heute in der glücklichen Situation - und wir begrüßen ausdrücklich diesen Staatsvertrag -, dass diese Flächen nun zur alleinigen Verfügung an das Land Brandenburg fallen. Wir haben jetzt verschiedene Möglichkeiten: Wir haben die Möglichkeit, die BBG weiterwurschteln zu lassen; wir haben die Möglichkeit, diese Flächen zu versilbern; wir haben aber auch die Möglichkeit, einen großen Wurf zu machen, nämlich auf diese Neusiedler-Erben zuzugehen und ihnen diese Flächen rückzuübertragen.

Diese Diskussion werden wir führen. Wir sind heute nicht an einem Schlusspunkt angelangt, sondern haben nur einen Zwischenstopp eingelegt. Ich denke, die Oppositionsfraktionen und ich hoffe, zumindest auch die Linke - werden sich in diese Diskussion einbringen und versuchen, diesen Menschen wieder das Eigentum an ihrem ererbten Vermögen zu verschaffen. Ich bin gespannt auf die weiteren Beratungen. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE sowie der Abgeordneten Prof. Dr. Schierack [CDU] und Jürgens [DIE LINKE])

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Das Wort hat noch einmal die Landesregierung. Herr Minister Dr. Markov, bitte.

Frau Vizepräsidentin, ich mache es kurz. - Herr Vogel, Sie haben das Thema relativ exakt dargestellt, aber mit einem grundsätzlichen Fehler: Die Flächen wurden nicht geerbt, sondern zur Nutzung übertragen! Genau darin liegt das Problem. Was beabsichtigen Sie mit Ihrer Forderung? Sie wollen Boden Leuten zuordnen, denen er nicht gehört, weil sie keinen Erbanspruch hatten.

Im Einigungsvertrag wurde das in dieser Form geregelt. Deswegen wird die rot-rote Regierung für diese Gruppe keine Rückabwicklung der Bodenreform vornehmen. Was wir als Rot-Rot machen - wozu wir uns verpflichtet fühlen -, ist das, was uns der Gerichtsbeschluss auferlegt hat. Was vorher in diesem Land passiert ist - die unrechtmäßige, sittenwidrige Aneignung - korrigieren wir. Aber wir wollen keine Aushebelung der Ergebnisse der Bodenreform.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Markov.

Wir sind am Ende der Aussprache und kommen nunmehr zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzes zu dem Staatsvertrag über die abschließende Auftei

lung des Finanzvermögens gemäß Artikel 22 des Einigungsvertrages zwischen dem Bund, den neuen Ländern und dem Land Berlin, Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 5/6659, an den Hauptausschuss - federführend - sowie an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer dieser Überweisung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Es gibt keine. Damit ist der Antrag einstimmig an die zuständigen Ausschüsse überwiesen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Justizkostengesetzes und zur Aufhebung der Verordnung über Auslagenpauschsätze nach dem Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/6669

1. Lesung

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Ich komme zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Justizkostengesetzes und zur Aufhebung der Verordnung über Auslagenpauschsätze nach dem Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher, Drucksache 5/6669, an den Rechtsausschuss. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Es gibt keine. Damit ist auch dieser Gesetzentwurf einstimmig überwiesen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Evaluation des Gesetzes zur Neuregelung der heimrechtlichen Vorschriften